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Eine Marburger Weihnachtsgeschichte

 

Der 17.12.2005 war ein ganz gewöhnlicher Weihnachtsmarkt-Samstag in der Marburger Altstadt. Glühwein an der Elisabethkirche, Bratwurst am Marktplatz, Shopping in der Oberstadt, Menschen suchten verzweifelt nach Geschenken für ihre Liebsten. Abends in der Tagesschau konnte man dann erfahren, ob man den Erwartungen des Einzelhandels auch dieses Jahr gerecht wurde oder ob man doch wieder zu wenig konsumiert hatte.

Ein ganz gewöhnlicher Vorweihnachtssamstag also? So wäre es wohl gewesen, wären da nicht sechs Attacies, in orangefarbenen Bauarbeiterwesten, aufgetaucht, die eine gar merkwürdige, überdimensionierte Kiste auf zwei Latten sänftenartig durch die Menge trugen. „Vorsicht wächst!“ stand dort geschrieben, in großen Lettern. Und ein Haufen Logos von großen Unternehmen zierten das Monstrum... Jetzt wollte man doch wissen, worum es geht. Und so schnappten sich zahlreiche Passanten ein Flugblatt und fingen interessiert an zu lesen: „Unser auf Wachstum basierendes Wirtschaften sprengt Öko- und Sozialsysteme“; „angetrieben von endlosem Konsum bestimmt es unser Leben und die Natur“. Mit solchen Sätzen sahen sich die Interessierten konfrontiert. „Wir brauchen ein anderes Wirtschaftssystem“, „besuchen Sie unsere Internetseite und kommen Sie zu unserem VHS-Vortrag am 18.1.06“ konnte man auf der Rückseite lesen. Die Reaktionen darauf reichten von Irritation über wütende Ablehnung bis hin zu Solidarität und Zustimmung. Aber fast immer wurde Interesse geweckt. Es mussten zweimal Flyer nachgedruckt werden, da 200 Stück bei weitem nicht für alle ausreichten und so ging es quer durch die Oberstadt, zu Ahrens, durch das Schlossbergcenter und wieder zurück.

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Am Ende dieses Tages gingen die Mitglieder des Arbeitskreises „Wachstums- und Konsumkritik“ von Attac Marburg geschafft und zufrieden in ihre Bettchen. Vielleicht gab es an dem Abend ja den ein oder anderen Marburger, der vor der Tagesschau sitzend den kleinen gelben Flyer aus seiner Manteltasche fischte, den ihm die Kistenmenschen auf dem Marktplatz in die Hand gedrückt hatten, so dass er sich sicher sein konnte, dass diese groteske Kiste nicht doch nur ein Traum gewesen war.

Ausführlicher Bericht

Bericht über die Attac-Aktion am 17.12.05. in der Marburger Oberstadt.

Der AK Wachstums- und Konsumkritik hat sich überlegt, dass gerade die Vorweihnachtszeit eine gute Gelegenheiten dafür bietet das Konsumverhalten der WeihnachtseinkäuferInnen zu reflektieren. In diesem Zusammenhang wollten wir auf die Problematik einer ständig wachsenden Wirtschaft aufmerksam machen, die ja auf die Grundlage des Massenkonsums gebaut ist. Einen Konflikt sehen wir darin, dass auch ein ausbleiben des Wirtschaftswachstums in dem zurzeit herrschendem System zu Problemen, besonders für die „schwachen“ der Gesellschaft, führt.

So beschloss der AK eine große Kiste zu bauen, die an Holzlatten befestigt, wie eine Art Sänfte, durch die Stadt getragen werden sollte. Auf dieser Kiste befanden sich verschiedene Firmenlogos und am oberen Rand war zwischen schwarz gelbem Klebeband „Vorsicht wächst“ zu lesen. Die Kiste wurde von zwei Personen getragen und mehrere andere Akteure liefen drum herum und verteilten Flyer, mit denen auf die Probleme einer exponentiell wachsenden Wirtschaft kurz und prägnant aufmerksam gemacht wurde. Die Flyer sollten zum Nachdenken anregen und die Passanten zu einer weiteren Beschäftigung mit dem Thema motivieren. Als Einstiegsmöglichkeit in die Diskussion um Wirtschaftswachstum und Alternativen wurde auf einen Vortrag in der Volkshochschule („Alternative Ansätze der Wirtschafts- und Gesellschaftsgestaltung“) hingewiesen, der von dem AK am 18.1.06 um 18:30 Uhr dort gehalten wird. Des Weiteren bietet ein (Wachstumspapier) auf der Homepage des Ak`s die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit dem Thema.

In der Oberstadt erregte die Kiste viel Aufmerksamkeit, denn sie ragte schließlich zwei Köpfe über die TrägerInnen hinaus und war daher schon von weitem zu erkennen.

Es gab Reaktionen von, „Macht dass ihr weg kommt und geht lieber arbeiten!“ über „Interessant aber das ist viel zu pauschal….“ bis hin zu „Vielen Dank, dass ihr euch dafür einsetzt…“ Aber die häufigste Reaktion war wohl Verwunderung und Neugierde, denn viele Passanten konnten mit der Aufschrift „Vorsicht wächst!“ nichts anfangen. So kamen einige Leute neugierig auf die Kiste und die Personen in den orangenen Westen zu und wollten von sich aus die Flyer lesen.

Abschließend waren sich alle beteiligten Personen einig, dass es eine gelungene Aktion gewesen sei.