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Änderung Regionalplan von 2009/ Region Stuttgart zur Aufhebung Grünzug Bereich Benzäcker zur Ermöglichung Gewerbegebiet

Bei den parallel vorangetriebenen Verfahren zur Durchsetzung des Gewerbegebiets Benzäcker ist der Regionalplan die allen Ebenen übergeordnete Festsetzung. Derzeit (Mai 2023) steht dem 20 ha großen Gewergebiet noch ein Grünzug "im Weg".

Am 28.7.2021 hatte die Regionalversammlung des Regionalverbands Stuttgart beschlossen, eine Änderung des Regionalplans zur Festlegung der Benzäcker als Gewerbeschwerpunkt einzuleiten. Im Oktober 2021 erfolgte dann die frühzeitige Unterrichtung der öffentlichen Stellen. Der BUND, RP Freiburg - Forstdirektion, Großbottwar, Bauernverband, LNV. Landratsamt LB und andere antworteten (Siehe in den Dokumenten unten 06-Sonstige-Unterlagen_Stn_fruehz_Unterrichtung.pdf)

Vom 24.4.2023 bis 26.5.2023 lagen nun die Dokumente zur Öffentlichkeitsbeteiligung bei den Ämtern aus (Planentwurf mit Text + Karte, Begründung, Umweltbericht, Sitzungsvorlage, Frühzeitige Unterrichtung). Bis 26. Juli 2023 sind Stellungnahmen möglich!! Alle Plandokumente stehen nun auf dieser Attac-Seite zum Download  bereit.

Während des gesamten Zeitraums des Verfahrens bis 26. Juli können die Plandokumente auch von https://www.region-stuttgart.org/gewerbe   abgerufen werden.

Stellungnahme  - von jedermann  - gegenüber dem Verband Region Stuttgart, Kronenstr. 25, 70174 Stuttgart an:

Die Darstellung des Regionalverbands, dass durch die Aufgabe eines Teils des Gewerbeschwerpunkt Ottmarsheimer Höhe (7 ha) und Ausweisung als Grünzug die Aufhebung des Grünzugs im Bereich Benzäcker gegengerechnet und ausgeglichen werden könne ist ein falscher Taschenspielertrick. Denn die „Erweiterung“ des Grünzugs Ottmarsheimer Höhe sichert lediglich den Bestand der bereits existierenden Äcker und Obstanbau, keine Mehrung an offener Flur. Somit bleiben 20 Hektar neues Gewerbegebiet auch in der rechnerischen Bilanz 20 Hektar wegfallender Grünzug.

Ebenso ist es falsch, wenn der BI BenzÄCKER erhalten entgegnet wird, die Sache sei nach dem Bürgerentscheid 2022 entschieden, das Gewerbegebiet komme. ALLE VERFAHREN SIND ERGEBNISOFFEN. Auch dieses Verfahren zur Aufhebung des Grünzugs auf den Benzäckern kann rechtlich auch zum Schluss kommen, diese dumme Planung aufzugeben und den Landwirten, Böden, Feldflur, Tieren Bestandssicherheit zu geben.

Dieses und weiteres finden Sie als Anregung zu den Stellungnahmen unten und im Flyer.

Downloads

Der neue Flyer Mai 2023 zum Beteiligungsverfahren Änderung des Regionalplans 2009 für die Region Stuttgart: Festlegung eines Schwerpunkts für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungseinrichtungen in der Gemeinde Mundelsheim mit Stellungnahmen bis 26. Juli 2023

Wieder mit Texthilfen zur Stellungnahme

Download PDF

Der Flyer hier zur Ansicht:

Argumente, Anregung Stellungnahmen aus dem Flyer + Ergänzung

Landwirtschaft und Böden

Das Gewerbegebiet würde unwiederbringlich Böden, die als besonders wertvoll eingestuft wurden, und damit Ackerfläche von sehr hoher Schutzwürdigkeit  vernichten. Diese würden somit für den Anbau von Lebensmitteln, zur Naherholung oder als Versickerungsfläche zur Regeneration des Grundwassers fehlen.
Den Landwirten wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Da sich viele Bauern nur gepachtete Flächen leisten können, liegen große Teile Ackerland in Pächterhand. Die Landwirte verlieren ihre Lebensgrundlage, weil Ersatzflächen in unserer Region nicht zu bekommen sind. Dieses bedeutet einen Verlust an Arbeitsplätzen.

Verkehr
Ein neues Gewerbegebiet erzeugt zusätzlichen Straßenverkehr. Gerade bei den dort gewünschten großen Unternehmen ist mit viel Lieferverkehr auf der heute schon überlasteten A81 zu rechnen, von den Beschäftigten gar nicht zu reden.
Auch ein Ausbau der „neuen“ B328 zwischen Backnang und der A81 würde nur noch mehr Verkehr anlocken und zu weiteren Belastungen führen.
Stattdessen muss der Straßenverkehr – auch der mit E-Mobilen – insgesamt gewaltig reduziert werden, nicht nur im Hinblick auf die Pariser Klimaziele. Ohne Schienenanschluss darf deshalb nirgends mehr ein Gewerbegebiet dieser Größe entstehen.

Wirtschaft und Arbeitsplätze

Der Arbeitskräftebedarf der Elektromobilität wird gegenüber den Verbrennern deutlich geringer sein. Die Transformation der Automobilindustrie kann daher auf den vorhandenen Flächen erfolgen. Die künftig leeren Werkshallen bei Getriebe-, Zylinder- oder Einspritzpumpen-Herstellern müssen genutzt werden.
Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen ihre Fachkräfte vom bisherigen Standort mitbringen. Auch deswegen ist von einer „Reduzierung des Pendleraufkommens“ durch die „dezentrale Lage“ eines solchen Gewerbeschwerpunktes (s. Umweltbericht S. 6) ist keinesfalls auszugehen. Auch entstehen in aller Regel keine neuen Arbeitsplätze, sie werden nur verlagert. Meist werden durch Rationalisierung sogar Arbeitsplätze abgebaut.
Solange nicht klar ist, welches Gewerbe in die Benzäcker kommen soll, sind auch die wirtschaftlichen Konsequenzen nicht abzuschätzen. Klar ist aber: Große Unternehmen zahlen durch Steuervermeidung oft sehr wenig Steuern. Zuverlässig Gewerbesteuer zahlen nur lokale Betriebe. Diese bräuchten keine derart großen Flächen und sind sowieso von vornherein „dort oben“ ausgeschlossen.

Klima

Angesichts der zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels ist der Erhalt von Gebieten mit starker Frisch- und Kaltluftproduktion besonders wichtig. Eine Bebauung auf den Benzäckern würde daher zu einer Verringerung der Frischluftzufuhr insbesondere hinunter ins Neckartal führen.
Zudem verschlechtert jedes neue Baugebiet die CO2-Bilanz. Neben dem großen Biss ins Gelände und in den Bodenkörper wird der Betonverbrauch eine erhebliche CO2-Last erzeugen. Das dürfen wir uns gar nicht mehr erlauben, da das laut Bundesklimaschutzgesetz verfügbare CO2-Budget regelmäßig überschritten wird. Da wir trotzdem noch im Innenbereich bauen und sanieren müssen, bleibt nichts
anderes, als auf den Neubau auf der Grünen Wiese zu verzichten.

Arten und Biotope

Für den Artenschwund, insbesondere das Insektensterben, ist vor allem das Verschwinden von Lebensräumen durch Bebauung und Versiegelung verantwortlich. Die Benzäcker und Umgebung haben eine große Bedeutung für die Tierwelt, z.B. als möglicher Wildkatzenkorridor oder für Feldlerchen. Sogar Rebhühner wurden vereinzelt wieder beobachtet. Diese Individuen wie auch ihre Fortpflanzungsstätten sind nach neuen EuGH-Urteilen vom 4.2.2021 und 28.10.2021 noch weitgehender auf den Benzäckern selber geschützt, als dies die üblichen Gutachten mit Verweis auf Ersatzflächen und Populationen handhaben wollen. Dies gilt ausdrücklich auch für Arten, die nicht auf einer Gefährdungsliste stehen“. (Quelle: IDUR)

Im Detail zu den EuGH-Urteilen:

Gravierend ist die Missachtung der jüngsten EuGH-Urteile von 2021 für Arten und Lebensräume in der deutschen Praxis:
1. Mit EuGH-Urteil vom 28.10.2021 gilt ein viel weiteres Vernichtungs- und Beschädigungsverbot als die für Bauvorhaben praktische enge Auslegung des Naturschutzgesetzes. Es gilt ein bleibender Schutz von Fortpflanzungsstätten, wenn deren erneute Nutzung Wahrscheinleich ist. Die ökologischen Funktion des Umfeldes muss erhalten bleiben. Dies ist unabhängig von stichprobenartigen Erfassungen beispielsweise der Feldlerche. Den Feldern wo die Feldlerche brüten behaupten dann die Gutachter und Umweltbehördern, das seien nur potentielle Fortpflanzungsstätten und könnten mit Feldlerchenstreifen einige Felder weiter ersetzt werden.
siehe IDUR-Schnellbrief 232, lfd Seite 26: https://idur.de/wp-content/uploads/2022/06/2022-IDUR-Schnellbrief-232.pdf


2. Mit EuGH-Urteil vom 4.2.2021 sind Arten auch mit günstigem Erhaltungszustand geschützt, da das Gesetz den Schutz des Individuums vorsieht. Entgegen deutscher Praxis muss man nicht warten, bis Arten auf einer Gefährdungsliste stehen. Die übliche populationsbezogene Betrachtung mit der Aussage, in der Region gäbe es noch genügend Brutpaare steht im Widerspruch zum EuGH.
Siehe Idur-Schnellbrief 229, lfd Seite 54, https://idur.de/wp-content/uploads/2022/01/2021-IDUR-Schnellbrief-229gesch1.pdf

So aber steht auf Seite 63 des Umweltberichts: Mit der Beseitigung des Oberbodens und der Bebauung der Fläche gehen auch die vorhandenen Lebensräume verloren. Da auf Grund der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung die Lebensraumfunktion der Fläche nicht besonders hoch eingeschätzt wurde, ist zunächst nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung zu rechnen; allerdings werden Bruthabitate der streng geschützten Feldlerche sowie Habitate der Zauneidechse beseitigt, so dass der regionalplanerisch vorbereitete Eingriff dann doch als erheblich einzustufen ist.

Wie üblich bewertet der Umweltbericht also die Lebensraumfunktionen der Felder als gering, um möglichst wenig ausgleichen zu müssen. Die Feldflur hat ihren eigenen Wert für Offenlandarten. Das sind nicht nicht nur die erwähnten Feldlerche, sondern die gesamte Fauna inkl Hasen. In der gängigen Praxis genießen nicht gelistete Arten keinen Schutz, was aber eine falsche Rechtsauslegung ist. Ziel ist das Mehren der Biodiversität, das BauGB unterstützt dies mit Verweis auf die Ziele.

Wasser und Starkregengefahren

Die Benzäcker (= Binsenäcker) wurden früher von der Höhe her mit reichlich Wasser durchflossen. In der Senke der Landesstraße standen Binsen, noch heute gibt es dort feuchteliebende Pflanzen. Bei einer Versiegelung wäre zu befürchten, dass aufgrund  mangelnder Versickerung der heute sowieso schon niedrigere Grundwasserspiegel weiter absinken würde.
Mundelsheim ist (nicht nur) in den letzten Jahren bei Starkregen-Ereignissen mehrfach von der Höhe her mit Schlamm und Geröll bis zur Landesstraße hinunter überflutet worden. Keine noch so raffinierte bautechnische Lösung, wie sie von den Befürwortern eines Gewerbegebietes versprochen wird, könnte derartige Wassermassen jemals bewältigen. Bei einer Beibehaltung der offenen Fläche dagegen wäre durch entsprechende Bodenmodellierung und Bepflanzungen eine Verlangsamung des Abflusses und Wasserhaltung auf der Fläche sehr viel effektiver und nutzbringender erreichbar.

Naherholung und Landschaftsbild

Am Rande vorbeiführende Rad- und Wanderwege, die Qualitäten der Landschaft und des weiten freien Raumes machen das Gebiet der Benzäcker zu einem wertvollen Raum für Erholung und Freizeit.
Die Landschaft dort besteht nicht nur aus Äckern, sondern auch aus Obstgehölzen, Hecken und Gärten. Insbesondere vom oberen Bereich gibt es teilweise weite Ausblicke zum Kälbling und in verschiedene Bereiche des Neckartals. Anstatt dieses schöne Landschaftsbild durch einen Bebauung für immer zu zerstören, ist dieses Gebiet als freie Fläche auch angesichts des immer weiter wachsenden Bedarfs nach Räumen für die Naherholung unbedingt zu erhalten.

Ausgleichsmaßnahmen

Mit keiner wie auch immer gearteten Maßnahme kann irgendein Ausgleich für eine Versiegelung von bisher offenen Flächen geschaffen werden! Selbst eine Entsiegelung von Flächen an anderer Stelle bringt keinen Ersatz!
Im Umweltbericht (S. 71 ) wird als „schutzgutbezogene Ausgleichsmaßnahme“ der Auftrag „humosen Oberbodens auf weniger fruchtbaren Ackerböden“ vorgeschlagen. Hierfür sei die digitale Suchraumkarte „Bodenauftrag“ der LUBW zu verwenden. Mit Sicherung und Auftrag guten Oberbodens an anderer Stelle wird aber kein Ersatz für verlorene Bodenfläche geschaffen! Außerdem gerät damit der Bodenkörper als Ganzes (mit Organismen und Gefüge) durcheinander. Eine Verbesserung der i.d.R.
bisher bereits landwirtschaftlich genutzten Fläche ist somit fraglich. Mit einem solchen Oberbodenmanagement wird über die Ökopunkte-Regelung hauptsächlich angestrebt, möglichst viel „Kompensation“ pro Quadratmeter zerstörter Fläche rauszuholen. Die beste Sicherung der Böden ist das Unterlassen des Vorhabens!


Detail zum Oberbodenmanagment:

Das Oberbodenmanagment dient nicht der Sicherung der Böden, sondern ist einer der größten Möglichmacher zum Flächenfraß.

Dabei wird aus der Ökokontoverordnung, Anlage 2 Bewertungsregeln die Maßnahme „Oberbodenauftrag“ angewandt. Je Quadratmeter Bodenauftrag auf schlechtere Böden außerhalb des Gebiets mit Auftragsschicht 20 cm gibt laut Ökokontoverordnung 4 Ökopunkte.
In der Praxis wird zu einem Vermehrungstrick gegriffen, der nicht in der Ökokontoverordnung steht:
Vom Boden des betroffenen Gebiets werden 30 cm Abtrag gerechnet, die auf die 20 cm Auftrag verteilt werden. Es werden also nicht 10000 qm Abtrag = 10000 qm Auftrag gerechnet. Sondern 10000 qm mit Abtrag 30 cm = 15000 qm mit Auftrag 20 cm. Für Zerstörung von einem Hektar gibt es mit der Flächenvervielfachung um 1,5 dann nicht 40000 ÖP, sondern 60000 ÖP für das Oberbodenmanagement, also 150% des Betrags als bei 1:1 Rechnung.



Umweltbericht S. 70: „Hinweise für sinnvolle Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen enthält das Freiraumkonzept, das im Rahmen des  Bürgerdialogs erstellt wurde.“ Dieses Konzept ist in unseren Augen "Augenwischerei" und enthält kaum sach- und fachgerechte Anregungen. Die dort enthaltenen Maßnahmen zur Wasserrückhaltung, zur Eingrünung, zur Verbesserung des dortigen
Wildkatzenkorridors und der Naherholungsmöglichkeiten sind kein Ausgleich für die geplanten Eingriffe in die Natur.


Auch eine teilweise Gegenrechnung mit einer "Erweiterung" des Regionalen Grünzugs an Stelle des bestehenden GE-Schwerpunktes "Ottmarsheimer Höhe" schafft keine neue offene Fläche, sondern sichert lediglich deren Bestand, da dort bisher immer noch Obst- und Ackerbau betrieben wird.

Zusatzmaterial zum Flyer: Neue Verwaltungsvorschrift stärkt Schutz fruchtbarer Böden vor Zugriff

Die neue Verwaltungsvorschrift „VwV Standort-eignungskartierung und Bodenbilanz“, vom 31. März 2022 gibt den Flächen der Vorrangflur (Ackerzahl-Punkte größer 60, Besonders landbauwürdige Flächen) und der Vorbehaltsflur I (Ackerzahl-Punkte 45 bis kleiner 60, landbauwürdige Flächen) einen besonderen Schutz. Das setzt zwar kein neues Recht, muss sich dies auf die Abwägung mit stärkerer Gewichtung des Schutzgutes Boden vor Interessen zum Gewerbegebiet auswirken.