Gemeinsame Eklärung
von
Bürgerinitiative BenzÄcker erhalten! / NaturFreunde Bezirk Ludwigsburg / attac Besigheim-Ludwigsburg / BUND Bezirksverband Stromberg-Neckartal
Änderung des Regionalplans zur Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes Benzäcker
Mit Entsetzen stellen wir fest, dass die Verwaltung des Verbandes Region Stuttgart unbeirrt an ihrem Vorhaben zur Vernichtung von 20 Hektar wertvollstem Ackerbodens in den Benzäckern, Gemeinde Mundelsheim festhalten will.
In der Sitzungsvorlage RV-097/2024 samt der dazugehörigen Anlagen wird deutlich, dass praktisch alle vorgebrachten Bedenken in diesem Verfahren bei der Verwaltung des VRS auf taube Ohren gestoßen sind, selbst wenn diese von Öffentlichen Stellen vorgebracht wurden. Dies kann wie folgt belegt werden:
- Die Gemeinde Großbottwar lehnt die Änderung des Regionalplans aus naturschutzrechtlichen Gründen ab (Anlage 1 lfd. Ident-Nr. 26) und weist u.a. zudem darauf hin, dass die vorgesehene Kompensation der Reduktion des regionalen Grünzuges nicht dem Schutzniveau der ursprünglichen Planung entspricht.
- Auch das Landratsamt Ludwigsburg weist darauf hin, dass mit der Rücknahme der vorgenannten 7 ha im Anschluss an das Gewerbegebiet „Ottmarsheimer Höhe“ und Erweiterung des Regionalen Grünzugs sowie der Vorbehaltsgebiete für Landwirtschaft und Landschaftsentwicklung die geplante Flächeninanspruchnahme jedoch nicht aufgewogen wird (Anlage 1 lfd. Ident-Nr. 79); so u.a. auch der BUND u.a..
- Zudem erhebt das Landratsamt aus Sicht der Landwirtschaft sowohl wegen der hervorragenden Bodenqualität in diesem Gebiet als auch des nennenswerten Verlustes landwirtschaftlicher Flächen für neun Betriebe Einwände gegen die Planung (ebenda). Auf diese Problematik einschl. einer möglichen Existenzbedrohung eines Betriebes weist auch das Regierungspräsidium in seiner Stellungnahme hin.
- Das Regierungspräsidium Stuttgart äußert in seiner Stellungnahme (Anlage 1 lfd. Ident-Nr. 83) erhebliche Zweifel am nachzuweisenden Bedarf, zudem weist es auch auf die bereits im Regionalplan ausgewiesenen Gewerbeschwerpunkte hin (Zitat: „Inwieweit sich ein konkreter Gewerbeflächenmangel abzeichnet, sollte noch genauer dargestellt werden“). Tatsache ist aus unserer Sicht, dass sich seitdem dieses Vorhaben auf den Weg gebracht worden ist, das bestehende Angebot an Gewerbeflächen ja sogar noch erhöht hat. Wir verweisen auf die Brachfläche in der Ludwigsburger Weststadt, die früher von der Fa. Stihl genutzt wurde. Auch das Areal von BOSCH Automative Steering in Bietigheim-Bissingen steht leer, weitere bisher genutzte Flächen der Automobilindustrie und deren Zulieferern werden im Zuge der Transformation vom Verbrennungsmotor zur Elektromobilität zweifellos frei werden. Mit einer ganzen Reihe bereits frei gewordener Gewerbeflächen (Mann+Hummel, Borg-Warner, GETRAG, Wüstenrot, Franck-Areal Ludwigsburg sowie BOSCH Lenksystem Bietigheim-Bissingen) haben auch die NaturFreunde (siehe Anlage 1 lfd. Ident-Nr.: 117) belegt, dass der behauptete Bedarf gut im Bestand befriedigt werden kann, hinzu kommt in Ludwigsburg nun ja noch das STIHL-Areal.
Auch die Bürgerinitiativen-Netzwerk-Neckar (BINN) weisen auf die mangelnde Berücksichtigung vorhandener freier Gewerbeflächen hin (Anlage 1 lfd. Ident-Nr. 187). Das wichtigste Gegenargument des VRS ist, dass sich viele dieser Flächen in Privateigentum befinden. Ist dies ein Argument dafür, dass diese Flächen für die im Zuge der Transaktion der Wirtschaft benötigten Flächen nicht zur Verfügung stehen? Warum sollten Eigentümer von Gewerbeflächen diese dauerhaft der weiteren Nutzung entziehen?
- In seiner Stellungnahme bemängelt das RP auch den fehlenden Nachweis, dass der ausgewählte Standort Benzäcker tatsächlich der bestgeeignete sei (ebenda – Zitat: „Es sollte auch ausgeführt werden, … aus welchen Gründen und im Vergleich zu welchen anderen Standorten es sich bei den geplanten Benzäckern um den „raumstrukturell bestmöglich angebundenen Standort“ handelt.“). Außerdem wird eine nicht ausreichende Berücksichtigung des Anbindegebots an vorhandene Siedlungsflächen bemängelt. Das RP macht den Vorschlag, angesichts der Tatsache dass von der vorgesehenen Bruttofläche von 20 Hektar tatsächlich ‚nur‘ 14 Hektar bebaut werden sollen, dafür aber 7 Hektar planerisch am Gewerbeschwerpunkt „Ottmarsheimer Höhe“ aufgegeben werden sollen, doch besser das bestehende Gewerbegebiet um z.B. 10 Hektar zu erweitern. Mit dieser Zielrichtung äußern sich eine ganze Reihe weiterer Stellungnehmer.
- Zudem verweist das RP auf die Starkregenproblematik. Der VRS räumt auch ein, dass diese Problematik durch eine Versiegelung der Benzäcker für Mundelsheim verschärft werden würde. Hierauf verweisen etwa auch die BI „Benzäcker erhalten“ sowie mehrere weiterer Stellungnehmer.
- Des weiteren weist das RP darauf hin, dass die L 1115 westlich der Autobahn hochbelastet ist, was dort bereits jetzt zu täglichen Stauungen im Straßenverkehr führt. Ein weiterer Anschluss, zu den bereits vorhandenen Anschlüssen, könnte demnach zu einem Defizit in der Verkehrsqualität führen.
- Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg weist u.a. darauf hin, dass eine mögliche Ansiedlung eines Gewerbeschwerpunktes auf Markung Mundelsheim nicht mit dem Gebot der Eigenentwicklung für Gemeinden außerhalb von Siedlungsachsen übereinstimmt und deshalb auch bei Ausweisung eines interkommunalen Gewerbegebietes der dortige Standort einer besonderen Begründung erfordere (Anlage 1 lfd. Ident-Nr.: 90). Zudem wird auf die Gefahr einer durch ein neues Gewerbegebiet verursachte über die Regeln der Eigenentwicklung hinausgehende Wohnraumnachfrage in Mundelsheim hingewiesen (Zitat: „Die Unterlagen lassen insbesondere nicht erkennen, wie die in der Folge der Ansiedlung eines Schwerpunktes für Gewerbe, Industrie und Dienstleistungseinrichtungen in Mundelsheim ggf. bzw. voraussichtlich entstehende Dynamik des Wohnflächenbedarfs (über die der Gemeinde an sich zustehende Entwicklung aufgrund des inneren Bedarfs) in Bezug auf die Festlegung als Gemeinde beschränkt auf Eigenentwicklung bewältigt werden kann.“). Sprich: Es ist zu befürchten, dass infolge eines Gewerbegebiets Benzäcker in Mundelsheim weitere bisher unbebaute Flächen zukünftig für Wohnbebauung benötigt werden!
- Auch weist das Ministerium auf die nicht existente Nahverkehrsanbindung dieses Bereichs hin. Aus diesem Grunde wendet sich der Verkehrs- und Tarifverbund (VVS) in seiner Stellungnahme mit sehr großer Deutlichkeit gegen die Ansiedlung von Gewerbe in den Benzäckern und empfiehlt stattdessen eine Ausweitung der „Ottmarsheimer Höhe“ (Anlage 1 lfd. Ident-Nr. 173, Zitat: „Aus ÖPNV-Sicht wäre jedwede Erweiterung des bestehenden Gewerbestandorts „Ottmarsheimer Höhe“ gegenüber der Ausweisung eines neuen isolierten Standorts zu bevorzugen gewesen. … Zu den Verkehrswendezielen des Landes, bis 2030 die Fahrgastzahlen im ÖPNV zu verdoppeln und 50% der täglichen Wege zu Fuß oder per Rad abzuwickeln, vermag die Planung daher leider keinen Beitrag zu leisten.“)
- Ein privater Stellungnehmer verweist zutreffend auf auf Artikel 20 a des Grundgesetzes. Der Staat hat demnach die Pflicht, die natürlichen Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen und für Tiere zu schützen. Diesem Argument begegnet der VRS vor allem mit dem Hinweis auf ökonomische Belange. Geldinteressen werden also (wie bisher üblich) vor die Erhaltung unser aller Lebensgrundlagen gestellt – wie lange wird dies noch gut gehen?
- U.a. wird eingewendet (z.B. Anlage 1 Ident-Nr. 195), dass der Wert Regionaler Grünzüge durch den Umgang des VRS selbst mit ebendiesen Grünzügen infrage gestellt wird. Letztendlich erweckt der VRS durch die Aufhebung eines Regionalen Grünzugs an dieser Stelle den Eindruck, ganz so ernst sei es ihm mit dem Schutz dieser Grünzüge dann doch nicht.
- Auch dass das Klima im betreffenden Gebiet und die Versorgung mit Kaltluft voraussichtlich beeinträchtigt werden wird, ist Gegenstand mehrerer Stellungnahmen. Diese Gefahr wird vom VRS auch ausdrücklich bestätigt, was ihn jedoch nicht abhält, an diesem Vorhaben festzuhalten.
- Dasselbe gilt für die erhebliche Beeinträchtigung der Schutzgüter Flora, Fauna, Biodiversität, die von zahlreichen Stellungnehmern bemängelt werden. Obwohl dies im Umweltbericht und auch vom VRS ausdrücklich bestätigt wird, soll das Vorhaben weiterverfolgt werden.
- Auch die von zahlreichen Stellungnehmern beeinträchtige Erholungsfunktion sowie das zukünftig noch stärker beeinträchtigte Landschaftsbild zählen für den VRS nicht.
Insgesamt müssen wir enttäuscht feststellen, dass die eingegangenen Stellungnahmen im laufenden Verfahren lediglich eine Alibifunktion im Rahmen des juristisch festgelegten Verfahrens haben, am politisch bereits vorher feststehenden Willen, dort unbedingt weitere 20 Hektar dem scheinbar unantastbaren Götzen Wirtschaftswachstum zu opfern, jedoch nichts ändern konnten.
Die Unterzeichner fordern die Regionalversammlung auf, dieser unsäglichen Änderung des Regionalplans die Zustimmung zu verweigern!
Wir werden unserer Haltung auch am 17.04.2024 vor der Sitzung der Regionalversammlung Nachdruck verleihen.
Für die Unterzeichner:
Marianne Bäuerle
(Bürgerinitiative BenzÄcker erhalten)
Gerhard Jüttner
(stellv. Vorsitzender NaturFreunde Bezirk Ludwigsburg)
Christa Proissl
(attac Besigheim Ludwigsburg)
Sabine Kumkar
(BUND Bezirksverband Stromberg-Neckartal)