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Sendung vom 12. September 2022


Krieg, Klimawandel und Kapitalismus

In unserer Septembersendung geht es wieder um Krieg und Frieden, um den Zusammenhang von Krieg, Klimawandel und Kapitalismus.

Der Hauptteil umfasst den Vortrag von Rainer Braun "Zum Krieg in der Ukraine, den Atomwaffen und dem Klimawandel"
„Die Uhr tickt und wir bewegen uns auf einen doppelten Selbstmord hin“, sagt Reiner Braun am Weltfriedenstag, den 1.9.2022, in München.
Reiner Braun, Journalist und Friedensaktivist, Mitautor des Krefelder Ap­pels, des größten Aufrufs gegen die atomare Aufrüstung gegen die Stati­onierung von atomaren Mittelstreckenraketen in Europa, und Vize-Präsi­dent des International Peace Bureau in Genf sprach am 1.9. in München über den zwingenden Zusammenhang von Krieg und Klimawandel.
Zur Zeit beschreiten wir den Weg in einen doppelten Selbstmord.
Teil 1 des Selbstmords sind die Atomwaffen und Teil 2 der Klimawandel. Beide sind voneinander nicht zu trennen.
Ein Atomkrieg ist nicht auszuschließen, da die Gefahr besteht, dass eine Eskalation nicht mehr aufzuhalten ist, zumal wenn man meint, Atom­waffen begrenzt einsetzen zu können. Trotz des Atomwaffensperrver­trags können 5 Atommächte ihre Atomwaffen behalten, und 45 Län­der verfügen über die Technologie der Herstellung von Atomwaffen. Be­sitz und Drohung des Einsatzes von Atomwaffen bedeuten, dass ein „Holocaust“ des Atomkriegs über uns schwebt.
Die schwelenden Konflikte zwischen China und Taiwan einerseits und Indien und Pakistan andererseits können neben dem Ukraine-Krieg zu weiteren kriegerischen und atomaren Auseinandersetzungen führen. Atomwissenschaftler stellten in ihrem Bulletin of Atomic Scientist die Doomsday Clock der Atomuhr auf 100 Sekunden vor 12 Uhr. Der Untergang der bipolaren Welt nach dem Mauerfall und des Endes der unipolaren der von den USA dominierten Welt sowie der Übergang in eine multipolare Welt schaffen ein unübersehbare Gefahrensituation, in der Vernunft und Maß jeder Zeit aufgekündigt werden können.
Zu Teil 2, dem Selbstmord auf Grund des Klimawandels, verweist er auf eine millionenfache Flüchtlingswelle, die durch die Vernichtung von Lebensbedingungen in Teilen dieser Erde verursacht und zwangsläufig zu kriegerischer Abwehr führen wird. Wenn wir die weltweiten Folgen des Klimawandels einigermaßen beantworten wollen, brauchen wir globale Kooperation. Konfrontation und Kriege blockieren jeden Kontakt, schaffen unüberbrückbare Gräben und reißen die kleinsten diplomatischen Brücken nieder.
Deshalb sind Friedensbewegung und der Kampf gegen den Klimawandel nicht voneinander zu trennen.

https://www.muenchner-friedensbuendnis.de/Video-Antikriegstag-2022-Muenchen

Im zweiten Beitrag dieser Sendung gehen wir näher auf den Zusammenhang von Kapitalismus und Krieg ein. Dazu haben wir Teile eines Artikels aus der jungle world aus dem Jahr 2002 verwendet.
Der Knall der Moderne
Mit Moneten und Kanonen
Von Robert Kurz
Wie wir schon in der letzten Sendung von Fabian Scheidler gehört haben, hat die Entdeckung der Feuerwaffen einen großen Einfluss auf die Entstehung des Kapitalismus gehabt. Darauf baut der folgende Beitrag auf.
Es stellte sich sehr schnell heraus, dass die Innovation der Feuerwaffen keineswegs bloß auf eine Veränderung der militärischen Technologie beschränkt blieb.
Das Kriegshandwerk wurde zum spezialisierten Berufsstand und die Armee zu einer ständigen Einrichtung, die die übrige Gesellschaft zu dominieren begann.
Es verschlang nicht nur einen unverhältnismäßig großen Teil des gesellschaftlichen Produkts, sondern gab auch der, bis dahin sehr begrenzten, Geldwirtschaft den entscheidenden Schub.
Die permanente Rüstungsökonomie der Kanonen und strukturell verselbständigten Großarmeen wurde gesellschaftlich in eine entsprechende Ausdehnung der Geldvermittlung übersetzt.
Aus dem Geldhunger der frühmodernen Militärdespotien wurde das Prinzip der »Verwertung des Werts«, dass seit dem frühen 19. Jahrhundert als Kapitalismus firmierte.
Für die heutigen Weltmarktdemokratien ist der »herausgelöste« Selbstzweck von Wertverwertung und abstrakter Arbeit als eine längst verinnerlichte Zumutung vollends selbstverständlich geworden. Sie haben nicht nur die Monetarisierung aller Lebensbereiche, sondern auch die dazugehörige bürokratische Menschenverwaltung auf die Spitze getrieben. Alle Rechte und Freiheiten, alle angebliche Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, alle Politik und alle Parteiprogramme sind immer schon auf dieses stumme Apriori bezogen.
Krieg und Kapitalismus gehören also zusammen.
Wollen wir Frieden auf der ganzen Welt, müssen wir den Kapitalismus los werden.
Schaffen wir es den Kapitalismus zu überwinden, ist nicht automatisch der Krieg beendet. Mit Kapitalismus ist ein weltweiter Frieden nicht möglich.

https://jungle.world/artikel/2002/02/mit-moneten-und-kanonen