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Was kostet das Vorzeigeprojekt „Berufskollegs am Dortmunder U“ und warum scheut die Stadtverwaltung die Bezeichnung ÖPP?

Die Stadtoberen wollen auf jeden Fall vermeiden, dass die Berufskollegs am Dortmunder U und die Kitaneubauten als das bezeichnet werden, was sie sind: nämlich PPP-Modelle. Stattdessen nennt man sie "Immobiliengeschäfte, bei denen Grundstücke an Private veräußert werden, um darauf erstellte Gebäude für öffentliche Zwecke anzumieten".
Der Grund: Dadurch, dass das wirtschaftliche Eigentum in den genannten Fällen den privaten Investoren anheimfällt, müssen die Investitionskosten nicht unter "kreditähnlichen Geschäften" im Haushalt verbucht werden, wie bei den vorherigen PPP-Projekten, sondern können an anderer Stelle im Haushalt versteckt werden.
Der behauptete wirtschaftliche Vorteil für die Stadt entpuppt sich dabei bei näherer Betrachtung als reine Luftnummer. Siehe anliegende Bewertung der "Wirtschaftlichkeitsberechnung", die der Vorlage für den Ratsbeschluss im November 2009 zugrundegelegt wurde.

 

Die Bauindustrie hat mit dem Begriff ÖPP weniger ein Problem. Im Gegenteil: Sie wirbt damit:


Foto aus einem Artikel im Handelsblatt vom 17.2.2014, in dem das Vorstandsmitglied der Europasparte von Hochtief und Chef des Arbeitskreises ÖPP des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Graf von Matuschka, die Vorzüge von ÖPP für den Staat anpreist.

 

 

 

Auch der Investor, cordea savills,  wirbt mit dem Begriff PPP im Internet um Anleger. Er weist darauf hin, dass der Fonds das Projekt von einer Zweckgesellschaft im Besitz von Hochtief PPP Solutions, Hochtief Projectentwicklung und Kölbl Kruse erworben hat:

 

 

Die Privatisierung der Daseinsvorsorge in Dortmund schreitet schleichend voran, wenn auch im neuen Gewand. Da der Begriff ÖPP inzwischen nicht mehr einen so guten Klang hat, verwendet man jetzt den Begriff „Investorenauswahlverfahren“ bzw. „Immobiliengeschäfte, bei denen Grundstücke an Private veräußert werden, um darauf erstellte Gebäude für öffentliche Zwecke anzumieten“. So in einer Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion.


Wo ÖPP drauf steht, ist auch ÖPP drin!

Angebliche Anmietung ist ÖPP-Mietmodell

Der von der Stadt nach langem Rechtsstreit 2013 im Rahmen einer Rahmenvereinbarung erteilte Bauauftrag umfasst „Grundstückserwerb, Planung, Bau, Finanzierung sowie teilweisen Betrieb“ und entspricht damit dem ÖPP-Mietmodell des im Auftrag der Finanzministerkonferenz von 2007 herausgegebenen Leitfadens zu Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP.


Geheimniskrämerei um Beschaffungskosten

Schon die dem Rat vorgelegte Beschlussvorlage auf Basis der „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ der Firma Audalis enthielt keine nachvollziehbare Aufstellung der voraussichtlichen Kosten für Bau, Instandhaltung und Betrieb der beiden Berufskollegs über 25 bzw. 30 Jahre – weder für die „Investorenvariante“ noch für die Eigenrealisierung. Siehe „Bewertung“. Es ist also nicht zu erkennen, wie die jährliche Miete für die angeblich wirtschaftlichere Investorenvariante von 4,6 Mio € ermittelt worden ist. Schon um die Baukosten kreist ein Geheimnis. Ursprünglich mit 46-56 Mio € angesetzt, tauchen sie in Presseberichten jetzt mit 80 Mio € auf. Offiziell will sich die Stadt lieber gar nicht dazu äußern.


Transparenz über zukünftige Kostenentwicklung?

Man sollte meinen, dass eine Stadt, die ein Allgemeingut wie öffentliche Schulen aus Gründen einer angeblich größeren Wirtschaftlichkeit in ein Anlageprodukt für renditeorientierte Privatanleger verwandelt, besonders darauf achtet, wie sich die zukünftigen Kosten entwickeln werden.

Da sich die Stadt jedoch weigert, im Gegensatz zum Bau und Betrieb der Feuerwache 4 Bau und Betrieb der Berufskollegs als ÖPP einzustufen und die Kosten unter „kreditähnlichen Rechtsgeschäften“ auszuweisen, will sie sie offensichtlich als reine Anmietung verbuchen. Es sind daher Zweifel angebracht, ob ein empfohlenes Projektcontrolling während der Laufzeit der Verträge durchgeführt wird, um zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß die mit der Entscheidung für ÖPP verbundenen Ziele der Kostenersparnis erreicht werden.


Vorprogrammierte Kostenerhöhungen

Die vereinbarte Indexmiete sorgt jedenfalls automatisch für jährliche Kostensteigerungen.

Noch größeren Spielraum räumen zukünftige Vertragsanpassungen ein, die wegen veränderter Rahmenbedingungen erforderlich sein können. Hier kann der private Partner seinen Wissensvorsprung nutzen, um höhere Kosten durchzusetzen, während die Stadt durch den Zwang, den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten verbunden mit der Nichtöffentlichkeit der Verträge erpressbar ist.


Fazit

Die Stadt hat ein Stück ihrer Gestaltungsmacht aufgegeben, ohne von niedrigeren Kosten zu profitieren. Die mit der Beschaffung verbundenen Schulden werden nicht offen ausgewiesen. Die Mehrkosten werden in künftige Haushalte verlagert. Fehlende Transparenz macht eine Haushaltskontrolle durch den Rat unmöglich und fördert Klientelpolitik zum Nachteil der Bevölkerungsmehrheit.

Der Schriftwechsel mit der Stadt ist nachzulesen in

fragdenstaat.de/account/go/5161/d6071e4b11e150fccbd362335b34d9b3/a/10751