Tax the Rich! Für eine Vermögenssteuer!

Wir fordern den Deutschen Bundestag auf, die Vermögenssteuer auf alle Vermögensarten wieder zu aktivieren. Vermögen über einem Freibetrag von 1 Million Euro sollen progressiv besteuert werden. Der Eingangssteuersatz soll 1 Prozent betragen und schrittweise wie folgt ansteigen: Über 5 Mio. € 2 Prozent, über 10 Mio. € 5 Prozent, über 20 Mio. € 10 Prozent, über 200 Mio. € 15 Prozent und ab 1 Mrd. € 20 Prozent.
Das Versprechen der neoliberalen Globalisierung allgemeinen Wohlstand für alle zu erzeugen, hat sich als Irrweg erwiesen. Während die Vermögensbestände 2021 in Deutschland ein neues Rekordniveau erreichten (1), konstatierte der Paritätische in seinem Armutsbericht für das Jahr 2022, dass 16,8 Prozent der Menschen in Deutschland – oder 14,2 Millionen Menschen in Armut leben müssen. (2)
Die enormen Vermögenszunahmen stammen aus Unternehmensprofiten, Veräußerungs- und Kursgewinnen aus Aktien, Dividenden, Zinsen sowie aus Miet- und Pachterlösen und kommen im Wesentlichen den 10 % der Reichsten zugute, die nach Angaben der Bundesbank über 56% des gesamten Nettovermögen in der Bundesrepublik verfügen. (1) Die Konzentration des Reichtums fällt bei den Überreichen noch dramatischer aus. Das DIW stellte in einer Studie 2020 fest, dass das reichste Prozent der Bevölkerung rund 35 % des Vermögens auf sich vereint. Und das sind vor allem Männer.
Das sich die Kluft zwischen Arm und Reich im Laufe der letzten Jahrzehnte so vertiefen konnte, lag einerseits an der neoliberal geprägten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Auf der anderen Seite wurde das Steuersystem so deformiert, dass Kapitaleinkommen immer weniger und Arbeitseinkommen immer stärker besteuert wurden. Dadurch zahlen Überreiche im Verhältnis weit weniger Steuern als Normalverdiener*innen.
Nicht erst seit den jüngsten Ereignissen in den USA wird klar, welche Einflussmöglichkeiten Überreiche auf die Politik haben. Auch die deutsche Geschichte ist voller Beispiele auf allen Ebenen. Erinnert sei an die Flick-Affäre der 70er/80 er Jahre wo der Flick-Konzern eine Steuerbefreiung auf Aktienveräußerung mit großzügigen Parteispenden durchsetzte. (4) Nach der Bundestagswahl 2009 versuchte die Hotellobby vergeblich mithilfe der FDP den Steuersatz für Hotelübernachtungen zu senken. (5) Michael Stoschek, einer der reichsten Männer Deutschlands, setzte im fränkischen Coburg die Umbenennung einer Straße nach seinem Großvater durch, der tief im NS-System verstrickt war. (6, 7) Eine maßlose soziale Ungleichheit zerstört früher oder später jede Demokratie. Die soziale Substanz einer Gesellschaft ist das entscheidende Fundament echter demokratischer Verhältnisse.
Häufige Flugreisen, große Häuser und deutlich mehr Konsum charakterisieren das Verhalten vor allem der Überreichen. Laut einer Untersuchung der Organisation Oxfam verursachten die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung 2019 die Hälfte aller weltweiten CO2-Emissionen. (8)
Mit einer Vermögenssteuer würde der weitere Anstieg von Überreichtum gestoppt und die Einflussmöglichkeiten der Überreichen begrenzt. Das aus dieser Steuer generierte Geld würde für die Finanzierung öffentlicher Ausgaben wie Infrastruktur, sozialem Ausgleich und Klimaschutz zur Verfügung stehen. Durch den Freibetrag von 1 Million Euro pro Person in einer Haushaltsgemeinschaft, würden 99 Prozent der Menschen in Deutschland von der Vermögensteuer nicht betroffen sein.
Die Zeit ist reif: Vermögen gerecht besteuern!
(1) Deutsche Bundesbank: Vermögen und Finanzen privater Haushalte in Deutschland: Ergebnisse der Vermögensbefragung 2021
https://www.bundesbank.de/resource/blob/908138/5fa52fcaa9ad19972391d3c8c1bb82ce/mL/2023-04-vermoegensbefragung-data.pdf
(2) Paritätischer Armutsbericht 2024
https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/paritaetischer-armutsbericht-2024/
(3) DIW Wochenbericht 29 / 2020
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.793785.de/20-29-1.pdf
(4) Flick-Affäre
https://de.wikipedia.org/wiki/Flick-Aff%C3%A4re
(5) Steuergeschenk auf Abruf, SZ
https://www.sueddeutsche.de/politik/fdp-mehrwertsteuer-vorteil-fuer-hotels-steuergeschenk-auf-abruf-1.1064387
(6) Coburg will NS-Wehrwirtschaftsführer ehren, Kontraste 2015
https://www.rbb-online.de/kontraste/ueber_den_tag_hinaus/diktaturen/gekaufte-strassenschilder.html
(7) Michael Stoschek, Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Stoschek
(8) Oxfam, Klima der Ungleichheit
https://www.oxfam.de/system/files/documents/20231120-oxfam-klima-ungleichheit.pdf
Ungleichheit in unserem Land
Deutschland ist nicht nur eines der reichsten Länder der Welt, sondern auch eine der ungleichsten Gesellschaften Europas.
Bestünde die Gesellschaft aus zehn Menschen, dürfte sich der reichste Mensch sechs Stücke vom Kuchen nehmen, vier Personen teilen sich die weiteren Stücke; für die Hälfte bleiben Krümel.
Einer der zentralen Gründe, warum der Anteil der Reichen und Superreichen am Nationaleinkommen weltweit so dramatisch angestiegen ist, ist eine Steuerpolitik, die Löhne immer mehr und Kapitaleinkommen immer weniger besteuert. Dazu kommen Steuervermeidung durch zahlreiche Schlupflöcher und Steuerflucht.
Zur globalen Situation siehe auch Bericht zur weltweiten Ungleichheit 2018
Steuern, Abgaben und Umverteilung
Position der Attac-AG Finanzmärkte und Steuern
Beschlossen auf dem attac-Frühjahrsratschlag 2022 in Frankfurt a.M.
Wer zahlt? - Reiche Erben besteuern!
Eigentlich sollen Erben von großen Vermögen mehr Erbschaftssteuer zahlen als andere. Die Realität sieht anders aus. Das ist zutiefst ungerecht und widerspricht dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes. So sieht das
auch das Bundesverfassungsgericht. Es hat mehrfach das Erbschaftssteuerrecht als nicht verfassungsgemäß bewertet und Änderungen gefordert.
Stadtrundgang: Steuertricks in Wesel
Am Samstag, den 26. Mai 2018 machten Mitglieder des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac-Niederrhein auf die Steuertricks großer Konzerne aufmerksam. Bei einem Stadtrundgang durch Wesel wurden an markanten Punkten die verschiedenen Steuertricks der großen Konzerne erklärt, die es trotz Milliardengewinnen schaffen, nahezu keine Steuern zu zahlen. Weltweit gehen dadurch laut der UN rund 500 Milliarden Euro jährlich verloren. Die Leidtragenden sind oftmals die ärmsten Länder der Welt. In Deutschland sind dies rund 17 Milliarden Euro jährlich.
Schnell wurde deutlich, dass nicht nur Internetkonzerne wie Google oder Apple kaum Steuern zahlen. Mc Donalds, die Deutsche Bank und die Commerzbank tricksen ebenfalls, was das Zeug hält. Wie aus dem Jahresbericht 2016 hervorgeht, unterhält die Deutsche Bank weltweit etwa 500 Niederlassungen in Steueroasen. Die Commerzbank hat sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an „Cum-Cum“-Transaktionen beteiligt und hat vorsorglich 10,5 Millionen Euro zurückgestellt, da sie möglicherweise Kapitalertragssteuer zurückzahlen muss. Denn seit 2016 ist dieses Steuerschlupfloch geschlossen.
Bei dem Rundgang stand auch die Steuerpolitik der Bundesregierung in der Kritik. Vor dem Finanzamt Wesel wurden die Unternehmenssteuerarten benannt, die in den letzten Jahren massiv gesenkt oder ganz abgeschafft worden sind.
Stattdessen wurde 2007 die Umsatzsteuer von 16 auf 19% erhöht. Das bedeutet vor allem eine Belastung für die Einkommensschichten, die für ein Sparkonto kein Geld übrighaben. Für Norbert Müsch aus Rees „gibt es dafür kein einziges rationales Argument, außer man will umverteilen von unten nach oben“.
Am Ende des Rundganges ging es zu einem Buchladen auf der Brückstraße. In Deutschland kontrolliert Amazon inzwischen 50 bis 70 Prozent des Onlinehandels mit Büchern. Eine solche Marktmacht hat es im Bereich des Buchhandels noch nie gegeben. Amazon beteiligt sich durch Verschieben seiner Gewinne nach Luxemburg an den Steuertricks. „Darunter leiden nicht nur die öffentlichen Haushalte, sondern auch kleinere Konkurrenten wie die Buchläden in Wesel, die bei diesem Steuerdumping nicht mitmachen können.“ meint Gudrun Bryk aus Dinslaken.
Attac Niederrhein fordert von den politisch Verantwortlichen ein konsequentes Vorgehen gegen Briefkastenfirmen und Steueroasen. Attac setzt sich für eine Gesamtkonzernsteuer ein, bei der jeder Konzern als eine Einheit betrachtet wird und die Aktivitäten sämtlicher Töchter in allen Ländern offengelegt werden müssen. Außerdem verlangt Attac ein Unternehmensstrafrecht, dass es bislang in Deutschland nicht gibt. Dadurch könnten Unternehmen bei illegalen Steuertricks zur Rechenschaft gezogen werden. Bisher ist das nur eine Ordnungswidrigkeit, die von der Staatsanwaltschaft nicht verfolgt werden muss.