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„Energiekolonialismus? Namibia und der grüne Wasserstoff“ Bericht zum Film + Vortrag 24.9.2025 in der Kinemathek

Im Rahmen der Reihe "Klima / Krisen / Utopien" zeigten wir den ARTE-Film "Operation Afrika - die Jagd nach den Rohstoffen der Zukunft". Nach dem Film referierte Dr. Boniface Mabanza Bambu über die neuesten Entwicklungen des umstrittenen Energieprojekts “Namibia und der grüne Wasserstoff”. Er war im Frühjahr 2025 in Namibia und hat sich mit den Akteuren vor Ort über den Sinn und Zweck, die Fallstricke für Namibia und seine Bevölkerung ausgetauscht. Welchen Gewinn, welchen Verlust, welches Risiko tragen die ungleichen Handelspartner wenn Deutschland in Namibia grünen Wasserstoff herstellen möchte um ihn dann mit größtem Energieverlust nach Europa zu transportieren?

ARTE-Film: Operation Afrika - Die Jagd nach den Rohstoffen der Zukunft

Link zum Film (52 Minuten). Projekt Hyphen Minute 22 bis 40

www.zdf.de Operation Afrika - Die Jagd nach den Rohstoffen der Zukunft

(c) Arte. Solarfelder
(c) Arte. Wasserstoffanlage
(c) Arte. Empfindliche Natur
Dr. Boniface Mabanza Bambu
Dr. Boniface Mabanza Bambu rerefrierte im Anschluss des Films
Diskussion nach dem Film

Deutschland, ja Europa braucht grünen Wasserstoff um klimaneutral zu werden, insbesondere für industrielle Prozesse. Deutschland investiert deshalb in Namibia in ein 10 milliardenschweres Wasserstoffprojekt. Diese Summe entspricht dem gesamten BIP von Namibia.
Wasserstoff entsteht durch die Aufspaltung von Wassermolekülen durch Elektrolyse. Windräder und gigantische Solarfelder in der Wüste Namibias sollen den Strom dafür liefern. Mit diesem grünen Strom sollen dann Elektrolyseanlagen betrieben werden, die aus dem entsalzten Meerwasser wertvollen Wasserstoff gewinnen. Das Gas wird verflüssigt und in Ammoniak umgewandelt um dann mit Exportschiffen und einem Energieverlust von 30% nach Europa transportiert zu werden.
Ideale klimatische als auch wirtschaftliche Bedingungen könnten eine Win-Win-Situation für beide Länder darstellen: Namibia erfährt eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung, neue Arbeitsplätze - raus aus der Armut? Offensichtlich nicht für diejenigen, die bereits in Armut leben, denn das Vermögen ist sehr ungleich verteilt und Fachkräfte findet man selten in dieser Gesellschaftsschicht.
Das vordergründig namibische Unternehmen Hyphen Hydrogen Energy, das das gigantische Wasserstoffprojekt betreut, kommt aber nicht aus Namibia.

Doch wie grün ist der grüne Wasserstoff aus Namibia wenn er aus einem geschützten Nationalpark kommt? Wohin mit der Salzlake vom entsalzten Meerwasser? Gab es eine Risikobetrachtung?
Und: wurde die namibische Zivilgesellschaft eingebunden? Welche Verbindlichkeiten übernimmt der namibische Staat? Und: tragen wir angesichts der deutschen Kolonialgeschichte nicht auch eine besondere Verantwortung? Wie passt es da zusammen, dass an einem Ort, an dem vor über 100 Jahren von deutscher Seite aus ein Völkermord an den Herero und Nama begangen wurde nun eine Infrastruktur für grüne Wasserstoffproduktion aufgebaut werden soll?

Dr. Boniface Mabanza Bambu von der  Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika in Heidelberg referierte im Anschluss des Films. Bei Betrachtung des Films und aus dem Vortrag von Bambu ergibt sich das Resümée, dass das Projekt eher als Fortführung des Kolonialismus zu werten ist. Denn braucht man den Wasserstoff? Sinnvoller wäre die Deckung des Strombedarfs ganz Namibias mit dezentraler Energieerzeugung aus Solar- und Windkraft. So wird es aber zentrale großflächige Anlagen geben, die auch in den Tsau-Khaeb-Nationalpark gehen und Lärm und Emissionen abgeben.

Die geplanten Hafenanlagen würden zudem Gedenkstätten an den durch Deutsche verübten Völkermord an den Herero und Nama zerstören.

Stichworte zu Wasserstoff aus Namibia und Hyphen

Grüner Wasserstoff aus Namibia - Text der Rosa Luxemburg Stiftung aus "Grüne Fassade, Dreckige Geschäfte"

In der Publikation Grüne Fassade, Dreckige Geschäfte der Rosa Luxemburg Stiftung erschien folgender Artikel von Sophie Bisping und Fabian Loriais.

Grüner Wasserstoff aus Namibia - Ungleiche Partner? Risiken und Realitäten der deutsch-namibischen Wasserstoffkooperation

Der Artikel zeigt auch noch mal die lokale Einordnung des Projektes Hyphen. Die vorgesehenen Flächen sind keineswegs in unbedeutendem leeren Wüstenland. Hier gibt es Natur und Gebiete der Nama und Herero.

 

Weitere Entwicklung: RWE steigt aus Hyphen aus

Kurz nach unserer Veranstaltung kam die Meldung, das sich RWE aus dem Projekt zurückzieht. Begründet wurde dies mit zu geringer Nachfrage nach Wasserstoff und Ammoniak in Europa. 

Attac Kampagne Rohstoffenergiehunger stoppen!

Die Attac Kampagne Rohstoffenergiehunger stoppen! wurde 2024 auf den Weg gebracht. Der Flyer thematisiert auch Wasserstoff aus Namibia