Grüne Kreuze auf deutschen Äckern
Es geht die Angst um in unserem Land und jüngst auch in der Landwirtschaft.
Bauern errichten bundesweit hunderte grüne Kreuze auf ihren Äckern und Feldern, um auf das "Höfesterben" in ihrer Zunft aufmerksam zu machen.
In ganz Deutschland sind Tausende Bauern mit ihren Traktoren aufgebrochen, um in zahlreichen Städten gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung zu protestieren.
Die Demonstrationen der Landwirte richten sich gegen die Pläne unter anderem für mehr Natur- und Tierschutz in der Landwirtschaft und zum Schutz des Grundwassers vor Nitrat, das etwa durch Überdüngung in den Boden gelangt.
Die aktuelle Politik gefährde Familienbetriebe, warnten die Bauern. Sie sehen zudem "von der derzeitigen Umwelt- und Landwirtschaftspolitik die Wirtschaftskraft und den sozialen Frieden im ländlichen Raum in Deutschland gefährdet".
Außerdem führe "Bauernbashing", also etwa herablassende Äußerungen über Landwirte, in vielen Bereichen zu Ärger in der Berufsgruppe.
· Ja, wir nehmen die Angst der Bauern vor weiteren Hofschließungen ernst, ihre Befürchtung, dass sie und ihre nächste Generation die Tätigkeit des Landwirts möglicherweise nicht erfolgreich weiterführen können.
· Nein, wir verstehen jedoch nicht, dass sich der Protest gegen die Behörden und verantwortlichen Personen richtet, die sich, über die Qualitätssicherung der Erzeugnisse hinaus, für den Erhalt der Lebens- und Produktionsbedingungen der Landwirte und ihrer nächsten Generationen einsetzen.
· Ja, wir können nachvollziehen, dass staatliche Auflagen die Betriebsablaufprozesse stören und die tägliche Praxis der Landwirte erschweren.
· Nein, das "Hofsterben" (1960 gab es in Deutschland noch 1,5 Mio. Betriebe, 2016 waren es knapp 275 000; aus Agrarbetrieb. 08.2019) ist aber in erster Linie kein Ergebnis der staatlichen Regulierungen, sondern vielmehr eine Folge der exzessiven industriellen Agrarwirtschaft, die in der Massentierhaltung und der monokulturellen Landwirtschaft neben der Belastung von Mensch und Tier u.a. durch Pestizide, Herbizide, Insektizide, Nitrate, Antibiotika etc. in einem Optimierungszwang im besten Falle die Quantität der Erzeugungen steigert, den Fortbestand der Produktionsstandorte jedoch nicht sichert.
· Ja, wir verstehen, dass die Bauern auf ihre Situation mit Transparenten wie z. B. "Farmers for Future" an ihren Treckern aufmerksam machen wollen, um mit dieser bekannten Parole auf ihre Sorgen und Zukunftsangst hinzuweisen.
· Nein, die Anlehnung an "Friday for future" funktioniert jedoch nicht, weil die junge Generation anders als die protestierenden Landwirte erkannt hat, das die Fehlentwicklungen der industrieller Landwirtschaft mit Massentierhaltung und Monokultur mit ihren Folgen ein wesentlicher Teil der Klimakrise sind, gegen die sie sich auflehnt.
· Ja, wir respektieren die Arbeit und schätzen die Bedeutung der Landwirte für unsere Lebensmittelversorgung und wir können nachvollziehen, dass sie von Subventionen abhängig sind, um ihre Betriebskosten zu senken.
· Nein, wir können jedoch nicht verstehen, dass die Landwirte, durch ihren Bauernverband vertreten, nicht etwas gegen die unsägliche Praxis der europäischen Flächensubventionierung unternehmen, welche sie zwingt, immer mehr Quantität statt Qualität zu erzeugen, was einerseits den Preisverfall beschleunigt und zusätzlich durch die Überproduktion von Lebensmittel mit ihrem Export in viele Länder dort zu einem Problem werden lässt, indem durch die europäische Subventionierungspolitik verbilligten Erzeugnisse heimische Agrarstrukturen in den Importländern behindert oder zerstört, was u.a. auch einer der Faktoren von Fluchtursachen dortiger Einheimischer nach Europa ist.
· Ja, wir finden ein "Bauernbashing" genauso wie Verallgemeinerungen wie "die Bauern, die Verbraucher, die Politiker" für unsachlich und nicht zielführend.
· Nein, wir denken aber, dass jede Kritik an der Wirtschaftsweise und ein Hinweis auf die Verantwortung der Landwirte für Natur und Gesundheit, als "Bauernbashing" zu brandmarken ebenso dem Ernst der Lage nicht gerecht wird.
· Ja, wir können nachvollziehen, wie wichtig die Nutzung moderner Technik heutzutage auch in der Landwirtschaft geworden ist und dass z. B. Jungbauern mehr Spaß haben mit einer GPS-gesteuerten Landwirtschaftsmaschine in Übergröße über die Äcker zu fahren und dass man versucht sie so für eine zukünftige Arbeit auf dem elterlichen Hof zu motivieren.
· Nein, wir verstehen jedoch nicht, dass Landwirte, die täglich in der Natur sind, das Artensterben offensichtlich nicht wahrnehmen, den Zusammenhang von Fruchtfolge und natürlichen Bestäubungsvorgängen offensichtlich nicht ernst genug nehmen, indem sie wichtige Bestandteile des natürlichen Gleichgewichts, in Unkräuter und Ungeziefer einteilen, diese mit Unterstützung der Pharma-Industrie seit Jahrzehnten dezimieren und so das Artensterben vor allem von Insekten in Kauf nehmen; damit tragen sie zu einer Entwicklung wie in China bei, wo bereits in manchen Gegenden tausende von Menschen zur künstlicher Bestäubung von Pflanzen eingesetzt werden müssen.
Wir verstehen nicht, warum die Bauern die Überdüngung der Böden nicht einstellen und den Insekten und anderen Kleintieren den Lebensraum zerstören, anstatt mehr Blühstreifen und andere Biotope zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts anzulegen und ihre und unsere wichtigste Lebensgrundlage, das Wasser, nicht schützen.
· Ja, wir teilen die Kritik, dass die deutschen Verbraucher im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie z. B. Frankreich oder Italien im Schnitt viel weniger für Lebensmittel ausgeben und damit den Unterbietungswettlauf der Handelsketten bei den Erzeugerpreisen mit befeuern.
· Nein, wir glauben aber nicht an die vereinfachte Formel , dass die Nachfrage allein das Angebot steuert und somit die Bauern, durch den Preisdruck gezwungen, das Ende der Kette sind, die dann nur weiter billige Erzeugnisse herstellen müssen.
Wenn billige (oft auch minderwertige) Produkte angeboten werden, werden diese sicher immer von vielen bevorzugt. Werden jedoch mehr hochwertige Produkte, mit Informationen über Qualität, Herkunft, Produktionsbedingungen etc. angeboten und weniger minderwertige Erzeugnisse, wird sich das Kaufverhalten mittelfristig verändern.
Wir verstehen daher nicht, warum sich die Bauern nicht mit ihren Verbänden stärker für eine Deklarierungspflicht auf ihre Erzeugnisse zur Information der Verbraucher einsetzen.
Freiwillige Labels der Industrie und Handelsketten dienen eher der Imagepflege, führen mehr zur Verunsicherung der Verbraucher und behindern dadurch ihre Verhaltensänderung
Ökobauern, die früher häufig für ideologisch motiviert gehalten und als ewig Gestrige belächelt wurden , stehen heute und zukünftig häufig wirtschaftlich stabiler da, weil sie seinerzeit nicht auf das schnellere sondern auf das langsamere und dadurch gesündere Pferd gesetzt haben.
Der Berufsstand der Landwirte war, ist und bleibt wichtig; viele Bauernweisheiten, z. B. in der Wettervorhersage, lassen sich heute wissenschaftlich nachweisen. Diese stammen allerdings aus einer Zeit, als die Bauern die (Vor)Zeichen der Natur noch lesen konnten und ihnen häufig gefolgt sind.
Wenn der Volksmund sagt: "Die dümmsten Bauern ernten die dicksten Kartoffeln" sollten doch heutzutage die klügeren Bauern lieber die kleineren, aber dafür qualitativ besseren Produkte anbauen und zum Verkauf anbieten.
Fazit:
Verbraucher sollten ihre Prioritäten überdenken, mehr Geld für qualitative Lebensmittel, anstatt für Billig-Urlaubsreisen, SUV´s in Großstädten oder den neusten elektronischen Schnick-Schnack auszugeben!
Politiker sollten als Volksvertreter das Volk vertreten und ihren ordnungspolitische Auftrag ernstnehmen und Rahmen vorgeben, die das Leben heute und in der Zukunft für alle, inklusiv der Minderheiten, und nicht nur für einzelne Lobbyfraktionen, lebenswert machen!
Bauern sollten bei der Versorgung der Bevölkerung die Qualität ihrer Erzeugnisse mehr im Blick haben als ihren kurzfristigen Gewinn und den Naturschutz nicht als Bedrohung ihrer Existenz, sondern als notwendige Grundlage ihres Wirkens ansehen.
Verbraucher, Politiker und Bauern sind Opfer und Täter zugleich
und stehen alle in der Verantwortung,
ihr Handeln der Kritik auszusetzen
und gegebenenfalls zu verändern.
Stand: November 2019