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Über die laufenden Verhandlungen zu den Abkommen TTIP und TiSA wird nur wenig bekannt. CETA ist zwar auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt, doch das vereinbarte Ergebnis der Verhandlungen ist inzwischen veröffentlicht worden.

Der Stand der Beratungen wird bewusst geheim gehalten. Gewerkschaften, Kirchen und Interessenverbände der Bürger dürfen nicht mitreden. Auch das EU-Parlament und die nationalen Parlamente sind nicht beteiligt, ihnen werden Informationen systematisch vorenthalten. Es ist lediglich eine Ratifizierung der Abkommen durch das EU-Parlament vorgesehen. Ob auch die nationalen Parlamente in der EU an der Entscheidung über die Verträge beteiligt werden, ist derzeit noch umstritten.

Derzeit geht es um folgende Abkommen:

  • Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA (TTIP). Bestandteile sind u.a.

  • die Harmonisierung von Vorschriften durch gegenseitige Anerkennung von Standards,

  • der Abbau von Regeln und Subventionen,

  • die Schaffung eines Investitionsschutzverfahrens (ISDS).

Der Abschluss der Vereinbarung ist für 2015 geplant.

  • Transatlantisches Handelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der EU und Kanada (CETA): Das Abkommen gilt als Blaupause für das TTIP. Der Vertragsentwurf liegt inzwischen vor und wurde veröffentlicht. CETA soll bereits im Oktober 2014 ratifiziert werden und könnte das TTIP überflüssig machen.

  • TiSA, das Trade in Services Agreement oder auch Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen, ist eines der wichtigsten derzeit verhandelten Abkommen. Am 8. Juli 2014 begann die zweite Verhandlungsrunde zwischen der EU und 21 anderen Ländern (darunter die USA, Türkei, Kanada, Mexiko, Australien und Japan), um den Handel mit Dienstleistungen zu liberalisieren. Damit werden nationale Märkte für ausländische Investoren geöffnet, die teilweise sogar ihre eigenen Arbeit-nehmer mitbringen können. Nicht nur die Gefahr der Liberalisierung öffentlicher Güter wie Abfallentsorgung, Bildung und Gesundheit oder anderer Dienstleistungen wie Datenschutz ist problematisch. Im TiSA geht es um den Kern der europäischen Wirtschaft, um den Dienstleistungssektor, der mittlerweile rund drei Viertel der Wirtschaftsleistung ausmacht und in dem etwa drei von vier Arbeitnehmern beschäftigt sind. TiSA drängt auf die Privatisierung vieler Bereiche, wobei die Möglichkeit einer Rekommunalisierung ausgeschlossen ist. Die Privatisierungsmöglichkeiten können auch Sparkassen und Volksbanken betreffen, die in Deutschland unter einem besonderen Schutz stehen.



Im Fokus der geheimen Verhandlungen zwischen der EU und den USA steht derzeit das Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership), kurz TTIP. Es geht bei diesem Freihandelsabkommen nur am Rande um das, was in klassischer Weise unter Freihandel verstanden wird, nämlich um die Abschaffung der (ohnehin geringen) Zölle. Vielmehr sind fast alle Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge betroffen:

  • In den ländlichen Kreisen und Gemeinden würde die bäuerliche Landwirtschaft geschwächt und es würden genetisch manipulierte Pflanzen zugelassen

  • Das von Kommunen und Kreisen sowie Wasserverbänden unterstützte Fracking-Verbot oder –Moratorium der Landes- und Bundesregierung droht damit vereitelt zu werden

  • Die Wasserversorgung und –entsorgung sowie der Gewässerschutz in kommunaler Hand ist gefährdet

  • In die lokale und regionale Energie- und Klimapolitik wird eingegriffen

  • Bei öffentlichen Ausschreibungen und Auftragsvergaben sind die üblichen Auflagen (beispielsweise für tarifgerechte Bezahlung, Erhaltung von Umwelt- und Qualitätsstandards) gefährdet

  • Die Subventionierung örtlicher Bildungs- und Kultureinrichtungen (VHS, Theater, Museen, freie Schulen etc.) ist in Gefahr.



„Die Privatisierung von Wasserversorgung, Gesundheit und Bildung droht. (…). In seiner Stellungnahme zum TTIP vom November 2013 bringt der Bayerische Städtetag seine Sorge zum Ausdruck, dass mit dem TTIP der Privatisierungsdruck auf Städte und Gemeinden zunehmen wird. (…). Die EU hat in ihrem Verhandlungsmandat definiert, dass nur wenige öffentliche Dienstleistungen wie Justiz, Polizei, Strafvollzug u. ä. von der Liberalisierung ausgeklammert werden sollen, nicht aber Bildung, Kultur, Wasser und Abwasser. (…) Damit würde die Privatisierung der Wasserversorgung, um die es in der Vergangenheit in der Bundesrepublik eine breit geführte öffentliche Debatte gegeben hat und die von der Bevölkerung abgelehnt wird, durch die Hintertür erzwungen“.1


Besonders umstritten sind die geplanten Regelungen zum Investitionsschutzverfahren. (ISDS). Damit sollen die Gewinne (oder auch nur die Gewinnerwartungen) ausländischer Investoren abgesichert werden in Fällen, in denen beispielsweise ein neu festgesetzter Mindestlohn, die Anhebung der Gewerbesteuer, ein Fracking-Verbot oder andere Regelungen zum Schutz der Verbraucher, der Umwelt, der Kultur oder des Sozialsystems Gewinneinbußen zur Folge haben könnten. Ausländische Investoren können in solchen Fällen eine mit spezialisierten Juristen besetzte Schiedsstelle anrufen, die hinter verschlossenen Türen berät und deren Entscheidung nicht anfechtbar ist. Diese Gremien sollen feststellen, ob ein ausländischer Investor unfair behandelt wurde – oder ob die Regelung doch dem Allgemeininteresse entspricht. Was im Allgemeininteresse liegt, entscheiden damit die spezialisierten Juristen – nicht mehr Parlamente und ordentliche Gerichte. Diese Schiedsstellen können Staaten zu Schadensersatz verpflichten.

Die Reversibilität von Entscheidungen ist ein Grundpfeiler jeder Demokratie. Daher fordern Kritiker der Freihandelsabkommen eine grundlegende Evaluation der Verträge nach zehn Jahren und eine Klärung, wie Bestimmungen in den Abkommen zurückgenommen werden können.

Im Schatten des Freihandelsabkommens TTIP steht aktuell im Blickpunkt das europäisch-kanadische Handelsabkommen CETA. Der Vertragsinhalt von CETA übertrifft die Befürchtungen der Kritiker dieses Abkommens. CETA ist ein Geschenk für Konzerne – vor allem jenes Kapitel, das sich mit dem Schutz von Unternehmen beschäftigt, die im jeweils anderen Wirtschaftsraum investiert haben. CETA gilt als Vorläufer und Blaupause für TTIP, über das noch verhandelt wird. Risiken und Gefahren für die öffentliche Daseinsvorsorge, wie sie im geplanten TTIP-Abkommen enthalten sein werden, haben ihren Niederschlag in dem jetzt fertig ausgehandelten europäisch-kanadischen Vertrag CETA gefunden. Das gilt auch und gerade für den in diesem Vertrag ausgehandelten Investitionsschutz.

Es wird deshalb jetzt entscheidend darauf ankommen, alle Kräfte zu bündeln, um die im CETA-Vertrag erkennbaren Risiken und Gefahren abzuwehren und Einfluss zu nehmen auf das anstehende parlamentarische Verfahren, bei dem nun die Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten und letztlich das Europäische Parlament abstimmen sollen. Wobei die Notwendigkeit der Beteiligung der Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten derzeit noch umstritten ist.

Freihandel gehört zu einer Marktwirtschaft. Aber es ist Sache der Bürger, ihm Grenzen zu setzen, wenn sie das wollen.

1 Thomas Eberhardt-Köster, „Was hat TTIP mit den Kommunen zu tun?“ 13.07.2014, www.theorieblog.attac.de

Quellen:

Fritz, Thomas (2014): TTIP vor Ort, Folgen der transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft für Bundesländer und Kommunen, blog.campact.de/wp-content/uploads/2014/09/Campact_TTIP_vor_Ort.pdf

DasErste.de (Hg): „Exclusiv im Ersten: Der große Deal – Geheimakte Freihandelsabkommen“, Sendung vom 04.08.2014, 21:40 h.

Die Zeit (Hg), „Was handeln wir uns da ein?“, Heike Buchter, Petra Pinzler, Wolfgang Uchatius, Die Zeit Nr. 27 vom 26.06.2014, Seite 13

Eberhardt-Köster, Thomas (2014): „Was hat TTIP mit den Kommunen zu tun?“ Veröffentlichung vom 13.07.2014, www.theorieblog.attac.de

SPD-Landesparteitag Bremen (Hg.), Beschluss A 08 vom 21. Juni 2014: Freihandel mit Augenmaß – Verhandlungen über TTIP aussetzen

Krajewski, Markus: „Stellungnahme zur Frage, ob das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Peru und Kolumbien als sog. Gemischtes Abkommen abgeschlossen werden muss“, Schreiben vom 16.3.2011, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Süddeutsche Zeitung (Hg.): „Freihandel – mehr Licht!“, Alexander Hagelüken, Text vom 21.06.2014

Süddeutsche-Online (Hg.) (2014): „Rote Karte für TTIP und CETA“, Alessa Hartmann, Ernst-Christoph Stolper und Maritta Strasser, Text vom 05.08.2014, www.sueddeutsche.de/politik