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Leserbrief (Entwurf) zum Thema Übergriffe auf Flüchtlinge, Helfer und Politiker

Brutale Überfälle auf Flüchtlinge, Politiker und Helfer führen in kaum erträglicher Art die Rückkehr des Nazitums  in unserem Land vor Augen. Bei aller Freundlichkeit und Offenheit des anderen Teils unseres Volkes huldigt völlig ungeschminkt ein guter Teil der Deutschen wie im Dritten Reich einem bösartigen, fremdenfeindlichen und gewalttätigen Nationalismus - als hätte es die vergangenen 70 Jahre nicht gegeben. Der Fremdenhass als Ausdruck einer primitiven Entwicklungshemmung der menschlichen Evolution feiert fröhliche Urständ. 

 

Nachdem ich vor über 60 Jahren meine ersten Lebensjahre in einem grossen Flüchtlingsanlage für alle Menschendie der letzte Weltkrieg zusammen ver- und getrieben dort an den Nordseerand gespült hatte, erleben durfte - habe ich wirklich nicht gedacht - jemals wieder zu erleben, dass ein brauner Pöbel  das Land überzieht, in östlichen Gefilden gar die Straße zu beherrschen scheint. Dieser tobende Wutbürger kennt keinen Respekt vor den staatlichen Institutionen, vor politischen Gremien, den Menschen die dort wirken und vor der Demokratie im Ganzen. 

 

Auch die Leserbriefseite dieser Zeitung erscheint in grossen Teilen dem mühsam rational verbrämten Hass gegen den demokratischen Staat, seinen Institutionen und jedes reflektierte, aufgeklärte und offene Denken zum Opfer zu fallen. Die digitalen Kommunikationskanäle quellen über vor geifernden Wut - es hat sich Stück um Stück eine rückwärtsgewandte und brandgefährliche Parallelöffentlichkeit gebildet - die jetzt in den Flüchtlingen den passenden Sündenbock für ihren Irrsinn gefunden hat. Damit ist ein Kreislauf geschlossen, der in unserer Gesellschaft wie ein Weimarreflex wirken kann mit völlig unvorhersehbaren Konsequenzen. Noch steht dem die wirtschaftliche Stärke entgegen, wenn jedoch die immense  soziale Ungerechtigkeit in unserem Land voll zum Tragen kommt -  ist auch diese Bremse defekt!

 

Joachim Bernecke