20.08.2018 - Das Griechenland-Programm endet, die Verarmungspolitik geht weiter
Erschütternde Bilanz des Umgangs der EU mit Griechenland von Attac Österreich.
Programm war das größte wirtschaftspolitische Verbrechen in der Geschichte der Eurozone
Am Montag, den 20. August endet nach über acht Jahren das europäische Kreditprogramm für Griechenland. Doch für Attac Österreich ist das kein Grund zur Freude. „Nicht nur wurden die griechische Gesellschaft und Wirtschaft zugrunde gerichtet. Die Überwachung und der Zwang zu immer weiterer Verarmungspolitik werden noch Jahrzehnte weitergehen“, sagt Lisa Mittendrein, Referentin für Eurokrise und Finanzmärkte bei Attac.
Verstärkte Überwachung und Kürzungs-Automatismus
Griechenland tritt mit Ende des Programms in eine sogenannte „verstärkte Überwachung“ ein. Bis 75 Prozent der Schulden beglichen sind, wird die Troika weiterhin alle drei Monate in Athen die Einhaltung der Kürzungspolitik prüfen. „Selbst optimistischen Annahmen zufolge wird das bis 2059 der Fall sein. Damit entzieht die EU Griechenland über mehrere Generationen hinweg die politische Souveränität“, kommentiert Lisa Mittendrein.
Griechenland darf in dieser Zeit keine der aufgezwungenen Maßnahmen der letzten Jahre rückgängig machen. Außerdem kann die Kommission neuerliche Einschnitte von Griechenland fordern, wenn der Europäische Rat sie nicht binnen weniger Tage ablehnt. Hinzu kommt die Wirkung eines sogenannten Eventualmechanismus, der mit dem dritten Programm durchgesetzt wurde. Sollte Griechenland das selbst vom IWF als unrealistisch betrachtete Primärüberschussziel von zunächst 3,5% pro Jahr nicht einhalten, werden die Staatsausgaben automatisch im fehlenden Ausmaß gekürzt. „Auf die griechische Bevölkerung kommen also aller Wahrscheinlichkeit weitere von der EU erzwungene Verarmungsmaßnahmen zu“, fasst Lisa Mittendrein zusammen.
[Der Text ging noch weiter. Hier war ein Link zu Attac Österreich, wo der gesamte Text stand. Da er dort aber leider nicht mehr steht, ist hier Schluss :( ]
Filme / Videos zum Thema Griechenland und Eurokrise
Gute und informative Satire zum Thema Griechenlandkrise gab es in der Sendung "Die Anstalt" vom 31.03. 2015.
Sehr umfangreich und informativ offenbart der Film von Harald Schumann: "Macht ohne Kontrolle - die Troika" die verheerenden Machenschaften von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank.
Flughäfen, die Gewinn abwerfen, muss Griechenland an private Betreiber verkaufen, die, die Verluste einfahren darf es behalten. Ein Monitor-Bericht klärt über die Privatisierungen auf, die Griechenland seiner Einnahmen beraubt. (6 min)
Attac-Aktive versuchten in EZB einzudringen
Attac-Aktive haben am 16. Juli 2015 versucht, in die Europäische Zentralbank in Frankfurt zu gelangen, um EZB-Präsident Mario Draghi zu sprechen. Anlass des Go-Ins war Sitzung des EZB-Rats, auf der der weitere Kurs der Zentralbank in der Griechenland-Krise festgelegt wurde. Attac forderte die EZB auf, kurzfristig die am folgenden Montag fällige Schuldentranche Griechenlands auszusetzen sowie die Geldversorgung der Zentralbank und des Geschäftsbankensystems Griechenlands sicherzustellen. Mittelfristig fordert Attac einen Schuldenschnitt und eine europäische Schuldenkonferenz. Die EZB verweigerte den Aktivistinnen und Aktivisten ohne Begründung den Einlass.
Griechenland wurde am Wochenende zuvor erpresst. Mit der Pistole an der Schläfe haben Schäuble und Co. den griechischen Ministerpräsident Alexis Tsipras zur Unterschrift unter ein Kürzungsdiktat gezwungen, das noch mehr Menschen in Not stürzen und die wirtschaftliche Krise in Griechenland verschärfen wird. Kein denkender Mensch kann das eine Einigung nennen.
Wir sagen NEIN! zu einem Gläubiger-Protektorat Griechenland und zur Zerstörung der Demokratie. Der EZB-Rat muss mit sofortigen Nothilfen dafür sorgen, dass die Banken in Griechenland wieder öffnen können und die Menschen an ihr Geld kommen. Und wir verlangen von ihm einen Erlass der Schulden, die Griechenland bei der EZB hat.
Kalkulierter Wahnsinn. Wie EU-Kommission, Bundesregierung und IWF Europa in den Ruin treiben
Im Kampf um die Zukunft Griechenlands und der Eurozone sind die Masken gefallen. Immer deutlicher zeichnen sich die hässlichen Konturen eines Europas ab, das seine demokratischen Hüllen abstreift. Die „Verhandlungen“ der letzten Wochen und Monate haben unmissverständlich gezeigt, wer im europäischen Haus das Sagen hat, wer die Bedingungen diktiert, wer der Souverän ist. Die Bevölkerungen Europas sind es nicht. Wenn Christine Lagarde, Mario Draghi und Jean-Claude Juncker einem Alexis Tsipras gegenüber stehen, dann ist der Grieche, wie die Journalistin Ulrike Herrmann kürzlich treffend bemerkte, mit drei Figuren konfrontiert, die keine oder nur eine äußerst klägliche demokratische Legitimation besitzen. Kein Bürger hat je eine IWF-Chefin, einen EZB-Präsidenten oder einen Kommissionspräsidenten gewählt. Und doch diktieren sie einer frisch gewählten Regierung die Wirtschaftspolitik, den Staatshaushalt, die Renten- und Gesundheitspolitik, die Innen- und Steuerpolitik, und zwar bis ins Detail. Sie entscheiden – oder glaubten bis vor wenigen Tagen entscheiden zu können –, dass profitable Flughäfen und Häfen privatisiert werden, dass die 50 Prozent der griechischen Rentner, die schon jetzt unterhalb der Armutsgrenze leben, noch weiter gedrückt werden, dass die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel weit über das durchschnittliche europäische Niveau steigen soll, obwohl schon heute immer mehr Kinder in Griechenland nicht ausreichend ernährt werden. Sie tun dies ohne auch nur einen Hauch von Legitimation außer der des Geldes. Wenn Du mir Geld schuldest, bist Du mir vollkommen ausgeliefert, lautet ihr Gesetz. Wer Schuldtitel in seinen Händen hält, hat die Macht über ganze Staaten, Regierungen und Bevölkerungen, ja sogar über Leben und Tod. Es ist eine perverse, abstoßende Ordnung.
Das Schauspiel wird aber noch grotesker und hässlicher, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass das Erpressungsspiel gegen Griechenland in vieler Hinsicht vollkommen irrational ist und nicht einmal den unmittelbaren Gläubigern dient. weiterlesen
Text von Fabian Scheidler auf Kontext TV
Pressemitteilung von Attac Deutschland
Pressemitteilung
Attac Deutschland
Frankfurt am Main, 13. Juli 2015
* Deutsche Regierung als Totengräberin Europas
* Forderung nach bedingungsloser Unterwerfung Griechenlands unter Austeritätsdiktat kommt Staatsstreich gleich / Geldgeberkolonialismus setzt Demokratie außer Kraft
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac wirft der deutschen Regierung vor, Europa zu zerstören. „Mit ihrer Forderung nach einer bedingungslosen Unterwerfung Griechenlands unter das Austeritätsdiktat werden Schäuble, Merkel und Gabriel zu den Totengräbern Europas“, sagte Werner Rätz vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. „Aus der europäischen Idee einer immer intensiver werdenden Gemeinschaft macht die Bundesregierung ein Monstrum aus sozialem Kahlschlag und Demokratieabbau. Jeder Versuch einer Alternative zur Kaputtsparpolitik wird mit Gewalt unterbunden. Mit Recht sprach einer der griechischen Verhandler in Brüssel von einer an den Kopf gehalten Pistole.“ (Text der Eurogruppe:
http://s.kathimerini.gr/resources/article-files/draft1600_final.pdf)
Oberstes Ziel von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sei offensichtlich die Entmachtung der griechischen Regierung und die Aussetzung der Demokratie in Griechenland. Nach dem Motto „Friss oder stirb“ werde versucht, die griechische Regierung zu zwingen, der faktischen Umwandlung Griechenlands in ein Protektorat der Eurozone zuzustimmen. Unter der Führung von Schäuble fordern die Finanzminister der Eurozone, dass griechische Gesetzesinitiativen künftig im Vorfeld von der auferstandenen Troika abgesegnet werden.
„Das kommt einem Staatsstreich gleich. An Griechenland wird offenkundig ein Exempel statuiert, um all jene Menschen zu entmutigen, die sich einen Politikwechsel auch in anderen europäischen Ländern wünschen. Es ist eine Schande, dass Sigmar Gabriel, Martin Schulz und die SPD-Fraktion im Bundestag diese schändliche Politik unterstützen, statt die Koalition zu verlassen" sagte Detlev von Larcher, Mitglied der Attac-Projektgruppe Eurokrise und ehemals SPD-Bundestagsabgeordneter.
Aufgabe der sozialen Bewegungen in Europa sei es nun, dieser Erpressung ein deutliches „Oxi“ entgegenzusetzen. Detlev von Larcher: “Wir sagen Nein zur neudeutschen Kolonialisierung Europas und zum Versuch, eine missliebige demokratisch gewählte Regierung eines Landes zu zerstören.
Und wir sagen Nein zur massiven Verletzung der Souveränität eines demokratischen Parlaments durch ein Protektorat der Gläubiger.“
Attac fordert eine europäische Schuldenkonferenz sowie einen Schuldenschnitt für Griechenland. Notwendig sei zudem eine grundsätzliche Kurskorrektur der europäischen Wirtschaftspolitik. Nicht nur die europäische Kürzungs- und Verarmungspolitik, auch die Pläne für einen „Wettbewerbspakt“, die völlig unzureichende Bekämpfung der Konzernsteuertricks oder das TTIP-Abkommen zielten auf den Abbau jahrzehntelang erkämpfter sozialer Errungenschaften ab. Um die Krise zu überwinden, sei stattdessen eine koordinierte Lohnpolitik gegen das Lohndumping von Überschussländern wie Deutschland nötig, eine koordinierte Besteuerung von Vermögen, Gewinnen und Kapitalerträgen, ein Ende von Steuertricks von Konzernen sowie die Schrumpfung und Regulierung des Finanzsektors.