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Drei Tage Spaß, ziviler Ungehorsam und viel Polizei

Eine Gruppe von Heilbronner Attacies beteiligte sich vom 17. bis 19. Mai an den Protesten in Frankfurt gegen die Europäische Krisenpolitik und für echte Demokratie in Europa.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir mit unserer Beteiligung an verschiedenen Aktionen zum Erfolg der Protesttage beigetragen haben. Dieser Erfolg gewinnt noch dadurch an Gewicht, dass trotz massiver Hetze, die z.B. mit der Ankündigung von 2.000 erwarteten Gewalttätern im Vorfeld Angst verbreiteten wollte und trotz illegaler Festnahmen und Platzverweisen, die Protesttage friedlich und fröhlich verliefen.

Unseres Erachtens muss bei der Kritik am Polizeieinsatz zwischen der Rolle des Staates und derjenigen der Polizei unterschieden werden, die unserer Einschätzung nach bei ihrem Einsatz instrumentalisiert wurden. Etlichen Medien war es wichtiger „von anrückenden Wasserwerfern" zu berichten, die zwar vor Ort waren, sich aber dezent im Hintergrund hielten, als über die Hintergründe der Proteste zu berichten.

Den Veranstaltern ging es nämlich darum die Rolle der Troika (EZB, Europäische Kommission und IWF) ins Visier zu nehmen, die mit ihrer neoliberalen Politik (in Deutschland begonnen mit der Schröder-Agenda) Europa auf Kosten der Bürger wettbewerbsfähig machen will und sich der Diktatur der Finanzmärkte beugt.

Die Protesttage stellen eine Fortsetzung der Aktionen vom 15.10.2011 dar, die zum ersten Mal den Kapitalismus selbst ins Zentrum der Kritik stellten.

Die Tage im Einzelnen:

Donnerstag, 17.05.2012

Am Donnerstag ging es in erster Linie um die Durchsetzung des Rechts auf Versammlungsfreiheit auf dem Paulsplatz und dem Römer. Mehr als 1.000 Menschen ließen sich von den restriktiven Maßnahmen der Stadt Frankfurt nicht beeindrucken, die sämtliche angemeldeten Veranstaltungen an diesem Tag verboten hatte. Viele Leute hielten das Grundgesetz in die Höhe, um damit auf das Recht auf Versammlungsfreiheit hinzuweisen.
(Paulsplatz: http://youtu.be/-2RgPvhs0do)

Paulskirche und Römer wurden mehrere Stunden lang besetzt gehalten, Occupy-Leute schlugen ihre Zelte auf, verschiedene Samba-Trommel-Gruppen (u.a. auch unter Teilnahme von Mitgliedern der  Heilbronner Gruppe) sorgten für gute Stimmung, es wurde getanzt und jongliert
(Samba-Trommeln auf dem Paulsplatz: http://youtu.be/7KA2A8bVZ7I ).

Als die Polizei den Römerplatz abriegelte und eine Samba-Gruppe, die auf den Platz wollte nicht durchließ, näherte sich von der anderen Seite eine andere Gruppe. Beide Gruppen synchronisierten ihre Rhythmen und der eine oder andere Polizist, der nun zwischen den feiernden Menschen stand, schien sichtlich beeindruckt und ratlos. So manchem war anzusehen, dass er lieber auf Seiten der Demonstranten gestanden hätte, als dagegen.

Insgesamt waren die Versammlungen auf beiden Plätzen eine eindrucksvolle Demonstration, der die Polizei allerdings gegen 18:00 Uhr durch eine zwangsweise Räumung ein Ende setzte.
(Räumung Römer: http://youtu.be/rXqaG_eeb3Q  )

Freitag, 18.05.2012

Am Freitag waren die vielen, aus nah und fern Angereisten eigentlich gar nicht mehr notwendig gewesen um das Bankenviertel zu blockieren. Dafür hatte schon die Polizei durch die aufgebauten Absperrgitter selbst gesorgt.
Die Polizeikräfte sorgten auch für Ärger bei verschiedenen Anwohnern, die sie nicht durch die Absperrgitter ließen, den Leuten aber auch nicht sagen konnten, wie sie zu ihren Wohnungen gelangen sollten.

Auch an diesem Tag gab es viele Bewegungen der Polizei, Sirenengeheul den ganzen Tag, Straßensperrungen, Kontrollen von LKWs und Transportern. Von verschiedenen Demonstranten wurden die Personalien aufgenommen und Platzverweise ausgesprochen, wenn sie sich nach Aufforderungen der Polizei nicht entfernten.

Auch die Samba-Truppe wurde eingekesselt und nach langer Wartezeit die Namen erfasst und ein (wahrscheinlich illegales) Platzverbot ausgesprochen (http://youtu.be/wH7KYV7IENU).

Wenn die für Donnerstag und Freitag angemeldeten Veranstaltungen nicht verboten worden wären und stattfinden hätten können, hätte man auf die Polizei ganz gut verzichten können. Durch die Verbote hat die Stadt Frankfurt den ca. 5.000 PolizistInnen zwei arbeitsreiche Tage beschert.

Samstag, 19.05.2012

Die Demonstration am Samstag war die einzige Veranstaltung die genehmigt worden war
(Impressionen von der Großdemo: http://youtu.be/ReF_V2Q7iJE ).

Die hessische Innenpolitik und Polizei haben es sich dennoch nicht nehmen lassen, selbst am Samstag früh noch Busse auf dem Weg nach Frankfurt aufzuhalten und die Reisenden mit überzogenen, langwierigen Durchsuchungen zu schikanieren.

Der friedliche Ablauf der Demonstration mit über 25.000 Beteiligten zeigt, dass es gelungen ist, mit klaren Absprachen im Vorfeld und während der Aktionstage den Aktionskonsens "von uns gehen keine Eskalationen aus" einzuhalten - das ist eine wichtige gemeinsame Erfahrung der linken Spektren.

Dass es friedlich geblieben ist, ist vor allem den wirklich besonnenen Menschen im Antikapitalistischen Block zu verdanken. Sie haben die Provokationen der Polizei ignoriert und keine Möglichkeit geschaffen, sich als rückblickende Rechtfertigung für die polizeistaatlich anmutenden Zustände der Blockupy-Tage instrumentalisieren zu lassen
(Relation Polizei / Demonstranten: http://youtu.be/XQnlxDkzOu8 ).

Leserbrief von Hans Oette:

Neben den gut 25 000 Teilnehmern (laut ARD) der Abschlussdemo am Samstag ragten die Türme der Großbanken in den Himmel. Ihrer Macht wollten sich Menschen aus ganz Europa entgegen stellen und zum Teil auch Verbote ignorieren, die harten Konsequenzen in Kauf nehmend. Ein Transparent sprach für alle: Wichtiger als das Vertrauen der Finanzmärkte ist das der Menschen. Die 5000 in ihrer Kampfausrüstung schwitzenden Polizisten möchte man um Verständnis bitten: Dem Sog des Geldes muss ein Druck von unten entgegen gesetzt werden.

Durch die auf die Finanzmärkte strömenden Milliarden an nicht investierten Ersparnissen ist die Politik in eine Sackgasse geraten. Dieses Geld lässt sich nur durch Verschuldung in die Realwirtschaft zurückholen, weil sich die Industriestaaten aus Egoismus in Unterwürfigkeit gegenüber den Märkten überbieten. Wer das Geld durch Besteuerung zurückholen will, den bestrafen die Märkte. Hier hilft ein weiteres Motto der Demonstranten: Internationale Solidarität.

Indes würgt das Merkelsche Spardiktat die Volkswirtschaften ab, denn die Unternehmen leben von der Nachfrage. Von den Einzelschicksalen in Südeuropa ganz zu schweigen. Unser Exportüberschuss reduziert hier die Arbeitslosigkeit, erhöht sie dafür aber in andern Ländern. Und mit der Schuldenübernahme per Rettungsschirm bezahlt unser Staat (auf Pump) unsere Exporte nachträglich selbst. Angesichts Staatsverschuldung, Entmachtung der Parlamente, Sozialabbau, Umweltzerstörung, Land- und Nahrungsspekulation und Schönrederei wurde gefordert: Holen wir uns unsere Zukunft zurück! Oder wollen wir unseren Kindern ein Chaos hinterlassen?

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