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27. Mai 2011 - Barcelona, Spanien:

Uniformierte Schläger des Repressionsapparats im Einsatz: 

Plaça Catalunya

[ Video ] [ Säuberung auf spanische Art ] [ Bericht im  Tagesspiegel ] [ 

Mai 2011 - Madrid, Spanien:

Übersetzung (*) einer Erklärung der Protestierenden in Madrid:

Wer sind wir?

Wir sind ein spontaner Zusammenschluss von empörten Bürgern, die sich unabhängig von den etablierten politischen Organisationen Organisieren, um eine Wandel und eine Regeneration auf gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Ebene herbeizuführen. Wir möchten, dass diese Initiative eine weltweite Bewegung wird, so mach mit!

Warum sind wir empört?

Nach Jahren von unkontrolliertem Spekulantentum explodierte im Sommer 2008 eine weltweite Finanzkrise. Milliarden an Steuergeldern wurden weltweit zur Rettung der Banken bereitgestellt, während soziale Errungenschaften immer weiter abgebaut wurden. In Spanien konkret ist diese Entwicklung beängstigend: Lockerung der Kündigungsbedingungen, Rente ab 67, Gehaltskürzungen bei Beschäftigten im öffentlichen Dienst, Verringerung des Arbeitslosengeldes. Dazu kommt eine allgemeine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und eine Arbeitslosigkeit von 20%, die Jugendarbeitslosigkeit beträgt sogar 40%. Die Mieten in Spanien sind immer noch unbezahlbar, so kostet ein (normales) Zimmer in einer WG in Madrid oder Barcelona gut 400 €. Gleichzeitig regieren in Spanien Politiker, die absolut losgelöst von diesen Bedürfnissen der Bürger sind. Entscheidungen werden nur noch im Interesse der großen Wirtschaftshaie Spaniens, allen voran die großen Bänker, getroffen. Außerdem ist Kor
ruption in den Institutionen ein alltägliches Problem: für die Kommunal- und Landeswahlen am Sonntag treten mehr als hundert Kandidaten an, welche in Strafverfahren wegen Korruption verwickelt sind. Ein Wandel der politischen Klasse in Spanien steht an. Das sind einige der Gründe, warum wir Spanier so empört sind, doch diese Probleme betreffen nicht nur uns: vom Volke losgelösten Politiker, die nur noch dem Diktat der Finanzmärkte, Energiekonzerne oder anderer Wirtschaftshaie folgen, gibt es auch in Deutschland und Europa. Diese Tendenz ist zu bekämpfen , um unseren Sozialstaat zu erhalten, eine wahre Demokratie gilt es herzustellen: Wir Bürger müssen wieder im Mittelpunkt des politischen, gesellschaftlichen und sozialen Geschehen stehen. Wichtige Entscheidungen sind mit uns und in unserem Sinne zu treffen, nicht im Interesse skrupellos gewinnmaximierender Konzerne!

Wofür stehen wir?

Die spanische Protestbewegung ist sehr heterogen zusammengestellt, es gibt sehr unterschiedliche Positionen, zentral ist immer die Schaffung einer wahren Demokratie , in der die Bürger im Mittelpunkt stehen, in dem Sinne werden folgende Forderungen immer wieder gestellt:

1. Beseitigung der Privilegien der Politiker:
- Kontrolle der Arbeitsabwesenheit
- Angleichung der Lohnbedingungen der Politiker an die der anderen Mitarbeiter
- Veröffentlichung ihres Vermögens
- Kontrolle der beliebigen Ernennung öffentlicher Ämter
2. Gegen Arbeitslosigkeit
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- Rente mit 65
- Vergütung für Unternehmen mit einem niedrigen Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse
- Begrenzung der betriebsbedingten Kündigungen in großen Konzernen, wenn die Profite noch sprudeln
- Wiedereinführung des Arbeitslosengeldes für Langzeitarbeitslosen
3. Recht auf eine Wohnung
- Enteignung des Wohnungsbestandes
- Wohngeld
4. Bessere öffentliche Leistungen
- Mehr Geld für Gesundheitswesen und Ausbildung
- - Senkung der Studiengebühren
- - Öffentliche Finanzierung der wissenschaftlichen Forschung
- - bezahlbare, nachhaltige öffentliche Verkehrsmittel
5. Bankenaufsicht
- Verbot von Rettungspaketen für Banken
- Rückzahlung des für die Rettungen benutzten Geldes
6. Finanzielles:
- Begrenzung jeglicher Form von spekulativer Wirtschaft
- Strengste Verfolgung von Steuerhinterziehung jeglicher Art
- Einführung einer Finanztransaktionssteuer (z.B. Tobin-Steuer)
- Mehr Steuern für die größeren Einkommensklassen
- Wiedereinführung der Vermögenssteuer
7. Mitbestimmung der Bürger im politischen Geschehen
- Gewährleistung eines freien Internets, ohne staatlicher Kontrolle
- Volksentscheide bei allen wichtigen Entscheidungen (z.B. bei der Atomenergie)
- Reform des Wahlrechts , um den in Spanien faktisch existierenden Biparteiensystem zu verhindern und eine wirklich repräsentative Sitzverteilung im Parlament zu erreichen
- Die Gewaltenteilung ist ernst zu nehmen
- Interne Demokratie innerhalb der Parteien
8. Weniger Militärausgaben

*: Dieses Flugblatt ist bei der Solidaritätsdemonstration in Berlin (Brandenburger Tor) am 21.5.2011 verteilt worden, es sei eine Übersetzung einer Erklärung der Protestierenden in Madrid.

(Redaktion von „Sand im Getriebe“)