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8. Mai 2012 - attac Frankreich:

Erklärung von Attac Frankreich nach den Wahlergebnissen:

Nach Sarkozys Niederlage:

zu einem europäischen Juni 1936

Attac freut sich über Nicolas Sarkozys Niederlage, die die erste politische Schlappe für die Befürworter einer verschärften Austeritätspolitik in Europa sein könnte. Sie ist die Quittung für die Arroganz eines in Diensten einer Gruppe unersättlicher Oligarchen stehenden Präsidenten. Sie offenbart den Widerstand der Bevölkerung gegen die Austeritätspolitik, der sich in Frankreich bereits durch die große Bewegung gegen die Rentenreform im Jahr 2010 manifestierte. Sie befeuert die Hoffnung der Völker Südeuropas, die den Verheerungen ausgesetzt sind, die die Politik der „Troika“ aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds mit sich bringt. Gleichzeitig zeichnet sich bei den Wahlen in Griechenland ein historischer Durchbruch des linken Widerstands ab, verbunden mit einem Sturz der beiden Regierungsparteien, die eine Einsparungspolitik eingeleitet und den Zusammenbruch des Landes herbeigeführt haben.

Auch wenn die Erleichterung groß ist, bleibt die Hoffnung doch zerbrechlich. Der Druck der Finanzmärkte wird in den kommenden Wochen zunehmen und zum Ziel haben, François Hollande zu zwingen, den von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy durchgesetzten Fiskalpakt zu ratifizieren – und sich mit „Nachverhandlungen“ zu begnügen, die nur einige vage Erklärungen und auf Wachstum zielende europaweite Reförmchen zum Ergebnis haben werden. Der neue Vertrag, der öffentliche Schulden verbietet, grenzenlose Austerität verordnet und von einem blinden Produktionszwang begleitet wird, der die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört und die Arbeitsbedingungen verschlechtert, wird Europa in eine Depression versinken lassen.

Die französische und die europäische Sozialdemokratie hat noch nicht begriffen, welche Brüche dafür notwendig sind, einen Kurswechsel herbeizuführen. Die progressiven Kräfte können sich keinen Fehler erlauben. Im Fall eines Scheiterns in Frankreich werden die rechten und rechtsextremen Kräfte, deren fremdenfeindliche und autoritäre Strömungen  sich deutlich einander nähern, Enttäuschung und Verzweiflung für sich ausnutzen.

Den Bürgerinnen und Bürgern bleibt nur ein Mittel, das zu verhindern: die gesellschaftliche Mobilisierung, die direkte Einmischung in öffentliche Angelegenheiten. Vor dem Hintergrund des Juni 1936, aber heute auf europäischer Ebene, können wir unsere Forderungen nach Beseitigung der sozialen, ökologischen und demokratischen Missstände stellen, die von der aktuellen Politik herbeigeführt wurden. Stärken wir unsere Gewerkschaften, unsere Vereinigungen und unsere fortschrittlichen Parteien, besetzen wir die öffentlichen Plätze und Räume, erzwingen wir eine demokratische Debatte über Wirtschafts- und Sozialpolitik, insbesondere auf europäischer Ebene, und ein Referendum über den Fiskalpakt. Am 18. und 19. Mai werden wir einem Aufruf sozialer Bewegungen in Deutschland folgen und uns zu Zigtausenden in Frankfurt am Main einfinden, um vor der Europäischen Zentralbank zu sagen:

nein zur Austeritätspolitik, ja zu Solidarität!

Deutsche Übersetzung: Werner Horch

[ Original in Französisch ]