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6. Dezember 2011 - attac Frankreich:

Neuer Merkel-Sarkozy-Vertrag führt zu einem Crash der Demokratie

Nicolas Sarkozy und Angela Merkel haben soeben ihren Willen kundgetan, schon im März einen neuen europäischen Vertrag ratifizieren zu lassen. Danach sollten den Staaten, deren Defizit 3% des BSP übersteigt, „sofortige“ und „automatische“ Sanktionen auferlegt werden. Diese 3%-Richtlinie ist schon Bestandteil des Maastrichter Vertrages, sie wurde auch in den Lissabon-Vertrag übernommen, aber der neue Vertrag würde diese Regelungen erheblich verschärfen.

Dieser neue Vertrag würde explizit eine Restrukturierung der öffentlichen Schulden ausschließen, und dies, obgleich es sich schon für Griechenland gezeigt hat, dass Verhandlungen über die Schulden nötig sind. Ein solcher Vertrag sieht auch gar keinen Beitrag der Finanzmärkte und der Banken vor, trotz der erheblichen Risiken, die sie für sich und für die Gesellschaft eingegangen sind.

Dieser Vertrag würde die unterzeichnenden Staaten dazu animieren, sich gegenseitig mit ihren Streichungen von Staatsausgaben zu überbieten, was zu immer größeren Ungerechtigkeiten führt und außerdem ineffektiv ist. Ungerecht, weil die Bürger die Schulden, die durch die Finanzkrise und die Geschenke an die Privilegierten entstanden sind, zahlen müssen; ineffektiv, weil solche Maßnahmen die Rezession noch vertiefen und daher die Defizite vergrößern und damit jegliche Zunahme der ökologischen und sozialen Investitionen verhindern.

Ein Merkel-Sarkozy-Vertrag, der unter dem Druck der Ratingagenturen innerhalb weniger Wochen beschlossen wird, der von den unterwürfigen Parlamenten ratifiziert wird – ohne Befragung der Bürger –, wäre ein regelrechter Crash der Demokratie. Statt die Neugründung eines solidarischen Europas zu ermöglichen, würde er die Konkurrenz durch Etatkürzungen organisieren und schließlich den Zusammenbruch der Euro-Zone. Wir fordern ein Referendum in Frankreich, damit die Bürger entscheiden können.

Zweifellos hat der Lissabon-Vertrag die Europäische Union in die Sackgasse geführt und wir brauchen einen neuen Vertrag. Aber nicht, um die Finanzmärkte zu beruhigen, sondern um Europa aus ihren Klauen zu befreien! Der EZB muss es erlaubt werden, den Mitgliedsstaaten direkt Geld zu niedrigen Zinsen oder sogar zinslos zu leihen. Eine grundlegende Steuerreform mit einer starken Steuerprogression muss durchgeführt werden; eine soziale und steuerliche Angleichung nach oben ist in Gang zu setzen, ein echter europäischer Staatshaushalt ist aufzubauen, indem die Finanztransaktionen, die Gewinne der transnationalen Konzerne und die CO2-Emissionen besteuert werden. Das wären Schritte für Europa hin zu einer Reduzierung der Ungleichheiten und zu einem ökologischen Übergang.

Ein neuer europäischer Vertrag kann nicht von einigen Regierungschefs vorbereitet werden, sondern muss im Respekt des Willens der europäischen Völker erarbeitet werden. Heute brauchen wir einen breiten demokratischen Prozess zur Erarbeitung eines neuen Vertrags, in dem nicht die Belange der Märkte, sondern diejenigen der Völker zum Ausdruck kommen, die eine solidarische Gestaltung Europas wollen.

Übersetzung: Redaktion von „Sand im Getriebe“