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14. November 2012 - Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB):

Aktions- und Solidaritätstag
des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB)
‒ für einen europäischen Sozialpakt

Erklärung des EGB-Exekutivausschusses vom 17. Oktober 2012

1. Der EGB-Exekutivausschuss beschloss bei seiner Sitzung am 17. Oktober 2012 einen Aufruf zu einem Aktions- und Solidaritätstag. Er soll am 14. November 2012 stattfinden und Streiks, Demonstrationen, Versammlungen und andere Aktionen beinhalten. Ziel ist es, die europäische Gewerkschaftsbewegung für eine Unterstützung der EGB-Politik zu mobilisieren, wie sie im europäischen Sozialpakt formuliert ist.

2. Der Ausschuss erklärt seinen entschiedenen Widerstand gegen die Kürzungsmaßnahmen, die Europa in eine wirtschaftliche Stagnation, ja eine Rezession treiben, sowie gegen die fortdauernde Zerstörung des europäischen Sozialstaatsmodells. Diese Maßnahmen sind weit davon entfernt, Vertrauen wiederherzustellen, und führen nur zu einer Vergrößerung der Ungleichgewichte und begünstigen Ungerechtigkeit.

3. Der Exekutivausschuss befürwortet zwar eine solide Haushaltsführung, ist jedoch davon überzeugt, dass die Rezession nur gestoppt werden kann, wenn Haushaltsbeschränkungen gelockert und Ungleichgewichte beseitigt werden und darauf hingewirkt wird, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen, den sozialen Zusammenhalt zu fördern und die in der Grundrechtecharta niedergelegten Werte zu achten.

4. Die Haushaltskonsolidierung hatte schlimmere Auswirkungen, als von Institutionen wie der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erwartet worden waren. Der IWF räumt mittlerweile sogar ein, dass die Auswirkungen der Kürzungsmaßnahmen auf das Wachstum völlig falsch eingeschätzt wurden. Diese Fehleinschätzung hat erhebliche negative Auswirkungen auf das tägliche Leben der vom EGB vertretenen Arbeiter/-innen und Bürger/-innen und stellt die mit dem Fiskalpakt vorangetriebene und von der Troika auferlegte Austeritätspolitik komplett infrage.

5. Der Exekutivausschuss konstatiert einen wachsenden Widerstand der Bürger/-innen und Arbeiter/-innen in den betroffenen Ländern und bekräftigt seine Unterstützung der Mitgliedsgewerkschaften im Kampf um menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen. Die Situation ist auf eine mangelnde Koordination der Wirtschaftspolitik und das Fehlen sozialer Mindeststandards für ganz Europa zurückzuführen. Das beförderte im Zusammenspiel mit einem freien Kapitalverkehr einen zügellosen Wettbewerb zwischen den Staaten, vor allem auf den Gebieten Besteuerung, Arbeitskosten und Sozialleistungen.

6. Die Mitglieder des Exekutivausschusses wiederholen, dass der gesellschaftliche Dialog und Tarifverhandlungen ein zentraler Bestandteil des europäischen Sozialstaatsmodells sind. Sie widersetzen sich energisch den Frontalangriffen auf solche Rechte, auf nationaler und auf europäischer Ebene, und fordern die sofortige Annahme und Umsetzung der zurzeit vom Rat behandelten europäischen Sozialpartnerschaftsvereinbarung.

7. Sie erinnern daran, das die Union vertraglich an Folgendes gebunden ist: „Sie wirkt auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität hin.“ Sie erinnern außerdem daran, dass die Befürwortung des Lissabonvertrags durch den EGB hauptsächlich von der Verfolgung dieser Ziele abhing.

8. Sie nehmen zur Kenntnis, dass in den Institutionen und Regierungen derzeit Überlegungen über die Erforderlichkeit weiterer Vertragsänderungen angestellt werden. Ein Richtungswechsel ist notwendig. Eine Lösung der Krise in Übereinstimmung mit den drei Eckpunkten des vom EGB vorgeschlagenen und zunehmende Unterstützung erfahrenden europäischen Sozialpakts sollte Priorität genießen. Er beinhaltet den gesellschaftlichen Dialog und Tarifverhandlungen, eine auf nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Beschäftigung ausgerichtete Wirtschaftspolitik sowie wirtschaftliche, steuerliche und soziale Gerechtigkeit.

9. Sie betonen, dass aktive Solidarität, sozialer Fortschritt und demokratische Verantwortung integrale Bestandteile des europäischen Projekts sein müssen. Sie halten es für unerlässlich, dass das Ziel sozialer Fortschritt ein integraler und operativer Bestandteil jedes neuen Vertrags ist. Der EGB wird jeden weiteren Schritt zur europäischen Integration auf dieser Grundlage prüfen.

http://www.etuc.org/a/10439
Aus dem Englischen übersetzt von Werner Horch