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Demonstration zur Wirtschaftsnobelpreisträger-Tagung in Lindau

 

 

10 Fragen von Bürgern und Attac-Mitgliedern der Bodenseeregion

   an die Nobelpreisträger und Wirtschaftswissenschaftler

   anlässlich des 4. Treffens in Lindau (23.-27. August 2011)

 

1. In wieweit ist die Unabhängigkeit der Staaten von den „systemrelevanten“ Großbanken seit der Krise 2008 größer geworden, so dass diese nicht mehr von den SteuerzahlerInnen mit hohen Milliardenbeträgen gerettet werden müssen?

2. Bei der zunehmenden Staatsverschuldung erleben wir einen massiven Sozialabbau; gleichzeitig nimmt der private Reichtum in der Hand einer kleinen Minderheitüberproportional zu. Welche wirtschaftspolitischen Änderungen müssen eingeleitet werden, um diesen Prozess zu stoppen oder zu korrigieren? Welche Lösungen gibt es, die unsere Generation leisten kann? Wie sind Vermögens- und Erbschaftssteuer zu bewerten?

3. Wie ist der Bewertungsmaßstab des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zur Bemessung der Wirtschaftsleistung weiter zu entwickeln/zu ergänzen/abzulösen, damit er besser mit dem tatsächlichen Wohlergehen der Bevölkerungund der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen korreliert? Welche Bedeutung messen Sie anderen bereits entwickelten Indices bei wie dem Genuine Progress Indicator (GPI) oder dem Nationalen Wohlfahrtsindex (NWI)?

4. Die BürgerInnen stellen den Unternehmen Werte zur Verfügung in Form von z.B. Schul- und Universitätsbildung, Infrastruktur, öffentlicher Ordnung, Sicherstellung eines Gesundheitswesens. Aus den sich stark steigernden privaten Gewinnen einer Minderheit und den zunehmenden Schulden der Bevölkerungsmehrheit in Form von Staatsschulden (wobei die privaten Gewinne die Staatsschulden deutlich übersteigen), ist zu schließen: In der Gesamtbilanz bekommen die Unternehmen und Investoren offensichtlich mehr Leistung vom Staat als sie ihm in Form von Steuern oder anderen Abgaben zurückgeben. Durch welche wirtschaftlichen Mechanismen oder andere Regularien ist diesem die Gesellschaft zunehmend destabilisierenden Ungleichgewicht gegenzusteuern?

5. Wie kann das Primat der Politikund der Demokratie (durch unabhängige Entscheidungen der demokratisch gewählten Volksvertreter) im Interessenkonflikt mit international agierenden Großbanken und Investoren wiederhergestellt werden?

6. Wie können Demokratie und Menschenwürde sichergestellt werden, wenn Großkonzerne und internationale Investoren unter Ausnutzung international unterschiedlicher Gesetzgebungen zu Umweltschutz, Arbeitsrecht, Sozialabgaben und Steuerrecht zur Gewinnmaximierung die Staaten gegeneinander ausspielen? Wie sind die Grenzen marktwirtschaftlicher Handlungsfelder zu definieren?

7. Wie kann verhindert werden, dass sich die Geldwirtschaft (Kapitalmarkt) von derRealwirtschaft (Märkte für Waren und Dienstleistungen) löst und „Blasen“ bildet? Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und kürzlich auch der Präsident der Europäischen Kommission Jose Manuel Barroso fordern die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Werden hierdurch „Spekulationsblasen“ verhindert? Wie ist sie zu organisieren, dass sie wiederum der Demokratie, Menschenwürde und dem Gemeinwohl dient?

8. Die zunehmende Ausrichtung der Unternehmen auf Profitmaximierung führt zu Ausbeutung von Menschen und der Natur. Brauchen wir eine neue Ethik des Wirtschaftens bzw. Verhaltenscodizes, die sich am nachhaltigen Gemeinwohl orientieren? 
 

9. Müssen wir uns angesichts der Begrenztheit der Ressourcen dieser Welt und des Ungleichgewichts zwischen Verbrauch und natürlicher Regeneration vom puren Wachstum als Wirtschaftsziel verabschieden? Wie können besser angepasste Ziele des Wirtschaftens definiert werden?

10. Das Wirtschaften in dieser Zeit scheint häufig von Konkurrenz, Neid, Gier und Konsumzuwachs geprägt, ja sogar getrieben. Die Glücksforschung belegt, dass gelingende soziale Beziehungen wesentlicher zur Lebenszufriedenheit beitragen. Wie ist der Forschungs- und Ergebnisstand zurGemeinwohlökonomie, bei der Kooperation, Pflege sozialer Beziehungen und eine gesunde Umwelt als Ziele des Wirtschaftens verankert sind?

 

BürgerInnen und Attac-Mitglieder der Bodensee-Regionalgruppen