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Erste Europäische BürgerInneninitiative erfolgreich!

03.05.2013. PM von AG Privatisierung und Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB)

Seit gestern ist die erste Europäische BürgerInneninitiative erfolgreich, die sich für Wasser als Menschenrecht und gegen Wasserprivatisierung ausspricht. Nachdem das erforderliche Quorum auch in Luxemburg, Finnland und Litauen erreicht worden ist, sind die nötigen sieben EU-Staaten für die Initiative beisammen. Insgesamt haben bis jetzt und damit knapp ein halbes Jahr vor dem Ablauf der vorgegebenen Zeit über 1.400.000 EU-BürgerInnen die Initiative unterstützt. Neben den drei oben erwähnten Ländern haben Deutschland, Österreich, Belgien, Slowenien und die Slowakei das Quorum erreicht.

Dazu Dorothea Härlin von attac AG Privatisierung und im Unterstützerkreis der BürgerInneninitiative: „Es ist bemerkenswert, dass die erste erfolgreiche Europäische BürgerInneninitiative sich gegen Privatisierung wendet. Das ist ein großer Erfolg für die BürgerInneninitiativen, die seit Jahren gegen Wasserprivatisierung kämpfen, und ein klares Signal an die PolitikerInnen in Deutschland und der EU. Ihrem Vorhaben, die Privatisierung des Wassers mit der neuen Konzessionsrichtlinie zu voranzutreiben, wurde damit eine unübersehbare rote Karte gezeigt.“

Mit der Einführung dieses neuen Instruments der Mitbestimmung, der Europäischen BürgerInneninitiative, wurde im April 2012 ein kleiner, aber wichtiger Schritt zur Demokratisierung der Entscheidungsfindung auf der EU-Ebene gemacht.

Dazu Laura Valentukeviciute von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB): „Jetzt liegt es an der Europäischen Kommission, dieses Instrument ernst zu nehmen, den BürgerInnenwillen zu respektieren und entsprechend zu handeln. Dazu gehört auch, die Herausnahme der Wasserversorgung aus der neuen Konzessionsrichtlinie.“ Laura Valentukeviciute weiter: „Jetzt sollen die Trilog-Verhandlungen stattfinden. Dort hat die Politik noch die Chance, die richtigen Weichen zu stellen.“

Zur Gemeinsamen Presseerklärung des UnterstützerInnenkreises der BI.

Europäische Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht"

European Citizens' InitiativeSeit dem 1. April 2012 ist es den BürgerInnen der EU möglich, über eine Europäische Bürgerinitiative die politische Agenda der EU aktiv mitzugestalten. Wenn innerhalb eines Jahres mindestens eine Million EU-BürgerInnen aus mindestens 7 der 27 Mitgliedstaaten für eine Europäische Bürgerinitiative mobilisiert werden können, muss sich die Europäische Kommission mit dem Anliegen der Initiative befassen.

Mit einer der ersten Europäischen Bürgerinitiativen soll nun die Kommission dazu aufgefordert werden, allen Mitgliedstaaten verbindliche Ziele zu setzen, um die Anerkennung und Umsetzung des universellen Rechts auf Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung in Europa und in der Welt voranzutreiben.

Die Vereinten Nationen haben dieses Recht im Juli 2010 anerkannt (Resolution 64/292). Wasser und sanitäre Grundversorgung sind danach ein Menschenrecht und die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und eine funktionierende Abwasserwirtschaft wichtige Faktoren für die Einhaltung der Menschenrechte insgesamt. Die Resolution fordert Staaten und internationale Organisationen auf, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen sowie Kapazitätsaufbau und Technologietransfer zu unterstützen, damit für alle Menschen sicheres, sauberes und bezahlbares Trinkwasser und eine ebensolche sanitäre Grundversorgung zur Verfügung stehen. Die Resolution wurde mit 122 Ja-Stimmen und 41 Enthaltungen angenommen. Zu den Ländern, die sich der Stimme enthielten, zählten beschämenderweise 17 (!) EU-Mitgliedstaaten.

Grund genug also, von der EU-Kommission zu fordern, sich verstärkt mit diesem Thema auseinanderzusetzen und entsprechende Gesetzesinitiativen zu unterbreiten.

Die europäische Bürgerinitiative "Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht!" wird getragen vom Europäischen Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) und dessen europäischen Mitgliedsgewerkschaften (in Deutschland Verdi) und wird von vielen Gruppen und Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter auch Attac, unterstützt. Mit ihr soll die Europäische Kommission zur Vorlage eines Gesetzesvorschlags aufgefordert werden, der das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung entsprechend der Resolution der Vereinten Nationen durchsetzt und eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als existenzsichernde öffentliche Dienstleistung für Alle sicherstellt.

Die Forderungen im einzelnen

  1. Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alle Bürgerinnen und Bürger das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung haben.
  2. Die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen darf nicht den Binnenmarktregeln unterworfen werden. Die Wasserwirtschaft ist von der Liberalisierungsagenda auszuschließen.
  3. Die EU verstärkt ihre Initiativen, einen universellen Zugang zu Wasser und sanitärer Grundversorgung zu erreichen.

Punkt 2 bedeutet auch, dass die Wasserver- und Abwasserentsorgung gemeinwohlorientiert erfolgen soll und nicht kommerziellen Gewinnmaximierungsinteressen unterworfen werden darf. Beispielsweise wäre die Absicht der EU-Kommission, für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge Konzessionsvergaben nach den Regeln des Wettbewerbs durch eine Konzessionsrichtlinie zwingend vorzuschreiben, in der Wasserwirtschaft dann nicht umsetzbar.

Die Kampagne für die Europäische Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht" wird in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten durchgeführt, und zwar sowohl im Internet als auch direkt auf der Straße.

Unterschriften können auf der Website der Kampagne geleistet werden. Alternativ können auch Unterschriftenlisten aus Papier augefüllt werden (Papierlisten ausdrucken und zurückschicken an: Verdi, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin). Auf beiden Webseiten gibt es auch aktuelle weitergehende Informationen.

Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht!

Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware!

Bitte unterschreibt die Europäische Bürgerinitiative!


Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will

Im Juli 2010 haben die Vereinten Nationen den Zugang zu sauberem Wasser zu einem Menschenrecht erklärt. Wasser ist ein Allgemeingut und keine Ware!


 

Die Politik der Europäischen Union steht mit dem Menschenrecht auf Wasser in Opposition. Der Internationale Währungsfond, die Europäische Union und die Europäische Zentralbank – kurz die Troika – fordern von den so genannten 'Krisenstaaten' im südlichen Teil Europas nicht nur massive Sparmaßnahmen, sondern auch weitreichende Privatisierungen im öffentlichen Sektor. In der Folge sind Länder wie Portugal und Griechenland gezwungen, ihre Wasserversorgung zu privatisieren. Indizien dafür lassen sich insbesondere im "Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe" (kurz: Baukonzessionen und Dienstleistungskonzessionen) gibt es Hinweise darauf, dass mit den geforderten Privatisierungsmaßnahme auch die Wasserversorgung im Binnenmarkt gemeint ist (vgl. insbesondere Seite 10, 12, 15).


 

Die Europäische Bürgerinitiative "Wasser ist ein Menschenrecht" richtet sich genau gegen diese Pläne der Europäischen Union. Attac unterstützt diese vom Europäischen Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) und dessen europäischen Mitgliedsgewerkschaften (in Deutschland ver.di) getragene Bürgerinitiative. Mehr Informationen, Unterschriftenlisten usw. gibt es hier.


 

Am 13. Dezember strahlte der Monitor unter dem Titel "Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will" einen sehenswerten Bericht zum Thema aus. Diesen könnt ihr hier anschauen. Neben der Sendung finden sich weitere Hintergrundinformationen auf der Webseite.

Wasser - ein Menschenrecht auch aus gewerkschaftlicher Sicht

Die Zukunft der Wasserwerke: Monopoly statt Daseinsvorsorge? (Foto: Ulrich Zillmann, FotoMedienService, Quelle: Böckler)

Die EU-Kommission will die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen neu regeln. Gewerkschafter und Kommunalpolitiker befürchten eine Liberalisierung durch die Hintertür. Von Lukas Grasberger 

Ein Konzern aus dem Ausland macht das Rennen bei der Ausschreibung der Wasserversorgung einer deutschen Stadt. Die neuen Herren bringen eigenes Personal mit, Dutzende Stadtwerke-Mitarbeiter verlieren ihre Arbeit. Ein paar Altgediente mit Know-how werden übernommen - zu deutlich schlechteren Konditionen. Die Leitungen warten Leiharbeiter zum Billigtarif. Als nach zehn Jahren die Konzession ausläuft, hinterlässt der Konzern den Bürgern hohe Wasserpreise und ein vernachlässigtes Leitungsnetz. Gern würde die Kommune nun die Versorgung wieder in die eigene Hand nehmen - doch dies ist schwer: Zu viel Know-how ist verloren gegangen. 

Es ist ein Schreckensszenario, das nach Befürchtungen von Gewerkschaftern und Bürgermeistern in gar nicht ferner Zukunft Wirklichkeit werden könnte - sollte ein Vorschlag der EU-Kommission Wirklichkeit werden, zu dem der Binnenmarktausschuss des Parlaments noch in diesem Jahr eine Vorentscheidung fällen soll. Der Richtlinienentwurf sieht vor, dass die Vergabe der Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, aber auch Dienstleistungen für Energie, Abfall und Verkehr künftig zwingend europaweit ausgeschrieben werden müssen. "Internationale Konzerne könnten regionale Stadtwerke dann aus dem Markt drängen", sagt Reinhard Klopfleisch, Referatsleiter Ver- und Entsorgungspolitik bei ver.di. Es drohe schlechtere Wasserqualität zu höheren Preisen. Ein "Hauen und Stechen" zulasten der Bürger und der kommunalen Beschäftigten befürchtet Norbert Portz vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB). 


SCHLECHTERE QUALITÄT, HÖHERE PREISE

Wenn derzeit Stadtwerke und Regionalversorger ihre Kunden mit Strom, Erdgas und Wasser versorgen, so tun sie dies auf Basis von Dienstleistungskonzessionen: Kommunen übertragen dabei eigene Aufgaben an öffentliche oder private Unternehmen. Diese Konzessionäre bekommen dafür kein Geld, sie finanzieren sich wesentlich über Einnahmen beim Endkunden. Bislang sind Städte, Gemeinden und Kreise recht frei, welchem Anbieter sie nach welchen Kriterien Konzessionen erteilen. Sie können soziale oder ökologische Aspekte dabei berücksichtigen, die EU gibt rechtlich lediglich die Vergabekriterien Gleichbehandlung, Transparenz und Nichtdiskriminierung vor. Bei sogenannten wirtschaftlichen Tätigkeiten der Daseinsvorsorge wie der Wasserversorgung ist der Wettbewerb ohnehin eingeschränkt: Kommunen können Konzessionen bisweilen direkt ohne Ausschreibung an gemeindeeigene Unternehmen vergeben.

Doch nun will die EU-Kommission die kommunalen Dienstleister in einen Wettbewerb zwingen. "Wir wollen, dass sich alle Firmen, vor allem kleinere und mittlere, in anderen EU-Staaten um Konzessionen bewerben können", sagt Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Schon ab einem geringen Auftragswert von fünf Millionen Euro soll europaweit ausgeschrieben werden, die Kommunen sollen nur noch nach dem "wirtschaftlich günstigsten" Angebot vergeben dürfen. Besonders im sensiblen Bereich der Wasserversorgung winkt ein hohes Auftragsvolumen: Nach Angaben von ver.di-Bundesvorstand Erhard Ott laufen in den nächsten Jahren in Deutschland annähernd 1000 Wasser- und mehr als 200 Konzessionen für Stadtwerke aus. 

Am akutesten treffen würde die Neuregelung Stadtwerke, die im Laufe der Jahre einen privaten Partner mit an Bord geholt haben. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) schätzt ihre Zahl auf mehrere Hundert. Laufen ihre Konzessionen aus, so müssten diese ultimativ europaweit ausgeschrieben werden. Doch selbst vollständig kommunal kontrollierte Wasserwerke und Zweckverbände, denen Kommissar Barnier eigentlich zugesichert hatte, sie würden vom europaweiten Ausschreibungszwang ausgenommen, bleiben verunsichert. "Die Richtlinie ist nach wie vor sehr komplex und nicht eindeutig", klagt Hubert Barth vom Zweckverband Wenzlesmühle, der sechs Gemeinden mit insgesamt 30 000 Einwohnern mit Wasser versorgt. Der kleine lokale Anbieter aus dem Schwäbischen steht stellvertretend für die feingliedrige und vielfältige Struktur der Wasserwirtschaft, die vor allem Bayern und Baden-Württemberg prägt. 

Nach Brandbriefen aus den süddeutschen Kommunen fügte die Kommission zwar Vorschriften ein, die diesen dezentralisierten deutschen Strukturen Rechnung tragen sollen. "Wenn man sich die Regelungen genauer anschaut, kommen diese Ausnahmen für Versorger in rein kommunalem Besitz gar nicht oder nicht in ausreichendem Maße zum Tragen", sagt DStGB-Fachmann Portz - zumal zudem die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte solchen Sonderstellungen enge Grenzen setze. Denn Stadtwerke erzielten eben nicht im Wasserbereich das Gros des Umsatzes der Leistungen, die sie für die Eignerkommune erbringen, wie für eine Ausnahme erforderlich, sondern mit der Energieversorgung. Da diese Mehrsparten-Versorger damit bereits in einem Markt tätig seien, könne ihnen auch beim Wasser keine privilegierte Position - und damit das Recht für Direktvergaben ohne Ausschreibung - zugestanden werden. Dies betrifft dem DStGB zufolge 800 Stadtwerke in Deutschland, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen. Schränke die Kommission so die Handlungsfreiheit kleinerer Kommunen massiv ein, ihre Wasserversorgung selbst oder im Verbund mit Nachbargemeinden zu organisieren, drohen Portz zufolge "tief greifende Strukturveränderungen".

"WASSER IST MENSCHENRECHT"

"Es muss den Städten und Gemeinden selbst überlassen bleiben, wie sie diesen Bereich der Daseinsversorge organisieren", fordert der bayerische SPD-Europaabgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler. Der Vertrag von Lissabon habe das Recht der Kommunen auf Selbstverwaltung gestärkt - was durch die Konzessionsrichtlinie konterkariert würde. Bei einer Liberalisierung befürchtet Kreissl-Dörfler "enorme Kaufkraftverluste". Statt dem Handwerker vor Ort bekämen billige Subunternehmer Aufträge für Reparaturen und Instandhaltung. "In dem Moment, in dem die Wasserversorgung entnationalisiert oder entkommunalisiert wird, haben die Beschäftigten dort schlechte Karten." Eine Sorge, die ver.di-Mann Klopfleisch teilt. Es könnte dann ein ausländischer Bieter kommen, der keinem Tarifvertrag unterliege - und dann dank des Kostenvorteils den Zuschlag für die Konzession bekommen. Wirtschaftlicher als früher die Stadtwerke könne er aber nur durch soziale Abstriche arbeiten: "Zulasten von Tariftreue, der Übernahme von Azubis, von Arbeitsbedingungen im weitesten Sinne, die in einen Sog nach unten geraten würden." 

Klopfleisch verweist daher auf das erste europäische Bürgerbegehren "Wasser ist keine Ware, Wasser ist Menschenrecht!", das von ver.di mitinitiiert wurde. Mit der Sammlung von mehr als einer Million Unterschriften will die Initiative die Kommission zu einem Gesetzesvorschlag bewegen, der Wasser- und Abwasserversorgung als öffentliche Dienstleistung für alle sicherstellt. 
(Quelle Magazin Mitbestimmung 11/2012)

 

ein zweiminütiges Video zum Thema gibt es bei ver.di

hier geht's zur 'Brunnenaktion 21. Juni 2012

 

 

weitere Informationen zum Thema 'Wasser ein Menschenrecht' gibt es bei

der Bundeszentrale für politische Bildung

der Zeit-Online: Gespräch mit der Aktivistin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Maude Barlow, über die globale Wasserkrise

bei Spiegel-Online

beim Auswärtigen Amt und 

bei Kontext.TV: der Kampf ums Wasser