Menü

Frühzeitige Beteiligung im Zuge der Erstellung eines Bebauungsplanes für ein geplantes Gewerbegebiet „Benzäcker“ Sabine Kumkar, 74354 Besigheim

18.01.2023

Stellungnahme

Hierzu gebe ich folgende Stellungnahme ab:


Den Bebauungsplan für ein Gewerbegebiet „Benzäcker“ lehne ich in Gänze ab!


1. Eine weitere Versiegelung von bisher offenen Flächen ist nicht vereinbar mit den Pariser Klimazielen und dem Bericht des IPCC und entspricht nicht dem Urteil des BVG vom 29.4.2021. Die Landesregierung strebt eine deutliche Reduzierung des Flächenverbrauchs an, bishin zur „Netto-Null“. - Für jeden sichtbar hat sich inzwischen die Lage in allen für das Leben auf der Erde relevanten Bereichen dramatisch weiter zugespitzt. Der Krieg in der Ukraine und auch andere schwerwiegende Ereignisse mit all deren vielfältigen Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft und nicht zuletzt für Klima und Umwelt tun ihr Übriges.


Angesichts dessen und angesichts der Folgen des Klimawandels, des Verlusts der Artenvielfalt und insbesondere für den Erhalt unserer Lebensmittelsicherheit ist es unverantwortlich, weiterhin landwirtschaftliche genutzte oder nutzbare Flächen (und auch andere Grünflächen) zu versiegeln. - Laut §1a Abs 2 BauBG soll die landwirtschaftlich genutzte Fläche nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden und die Notwendigkeit der Umwandlung derartiger Flächen soll begründet werden. Es ist nicht ersichtlich, dass in unserer Region die noch vorhandenen Ackerflächen, oder auch nur Teile davon, nicht mehr benötigt werden!


Jeder nicht versiegelte Boden bietet durch seinen Humusaufbau die Möglichkeit, große Mengen an Kohlenstoff zu binden. Jeder Quadratmeter zählt für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen. Das alles muss jetzt, hier und heute, konkret werden und sich in den aktuellen Planungen niederschlagen!


Jede Ackerfläche, die hier verloren geht, bedeutet weitere Importe an Lebensmitteln. Das hat auch in den Exportländern oft gravierende Auswirkungen auf Klima und Versorgungssicherheit und verschärft dort nicht zuletzt soziale Krisen (nicht nur im Amazonasgebiet mit den für uns alle katastrophalen Rodungen!). Auch das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren!


Für einen wie auch immer gearteten sogenannten „Ausgleich“ müssten weitere Flächen gefunden und umgenutzt werden. Diese stehen in unserer zersiedelten und belasteten Region nicht mehr wirklich zur Verfügung.


2. Dass ein unbedingt notwendiger Umbau in der Produktion von wirklich nötigen und sinnvollen Gütern Raum braucht, ist unbestritten. Umso mehr ist es an der Zeit, angemessene Ideen dafür zu entwickeln, wie Bedarf und Möglichkeiten mit den gegebenen Voraussetzungen und den o.g. Forderungen an unseren Umgang mit unseren Lebensgrundlagen zusammen gebracht werden können. Der nötige Raum muss auf schon bisher vorhanden Flächen gefunden werden, ob in unserer Region oder anderswo. - Innovation muss heute heißen: Intelligenz, Kreativität und Erfindergeist dafür nützen, Natur und Landschaft zu erhalten - statt ständig weitere Flächen zu versiegeln! - Für eine Übergangszeit von wenigen Jahren darf auf keinen Fall wertvolle Natur für immer geopfert werden!


Nicht erst im Hinblick auf das zukünftige Leben, sondern auch schon auf die heutigen Verhältnisse hier in der Region, aber auch im Land und darüber hinaus, ist eine Ansiedlung von Gewerbe inmitten grüner unverbauter Landschaft nicht verantwortbar und abzulehnen. - 20,1 Hektar neu zu versiegeln, darf heute absolut nicht mehr sein.


3. Eigentlich erübrigen sich daher alle weiteren Argumente und Details. - Trotzdem möchte ich hier noch einige Punkte ansprechen:
a. Für die in frage stehende Fläche wird im Umweltbericht des FNP-Entwurfs eine sehr hohe Leistungsfähigkeit der Böden bescheinigt, ist daher für die Erzeugung von Lebensmitteln unbedingt zu bewahren.
b. Die Fläche ist als wichtiger Kaltluft-Produzent für das Klima im Umfeld, bis in verschiedene Bereiche des Neckartals hinunter, unbedingt zu erhalten.
c. Die im Bebauungsplan angekündigten Regenwassermanagement-Maßnahmen wären für die in Zukunft eher noch häufigeren und stärkeren Starkregen-Ereignisse völlig unzureichend sein und für Mundelsheim entsprechende Gefahren bedeuten. Bei Erhalt der landwirtschaftlieben Nutzung und mit fachgerechten Gestaltungen und Anbaumethoden ist ein viel besserer Schutz zu erreichen, der kostengünstiger ist und gleichzeitig den Wasserhaushalt der Ackerböden angesichts der zunehmenden Trockenperioden verbessern hilft.
d. Das Gebiet bietet ein wertvolles und reizvolles Landschaftsbild mit teilweise weiten Ausblicken in unterschiedliche Richtungen, z.B. zum Pfahlhofwald hinauf und zum Kälbling, in Richtung Murrtal sowie in verschiedene Bereiche des Neckartals und darüber hinweg (Lemberg etc.). Durch die relativ kleinteilige Gliederung mit Äckern, Obstgehölzen, Hecken und Gärten drumherum stellt sich die Landschaft einerseits vielseitig und doch weitläufig dar. Durch eine Bebauung/Nutzung als Gewerbefläche würde dieses wertvolle Landschaftsbild für immer zerstört, sowohl im Bereich der Fläche selbst als auch im Umfeld.
e. Durch eine Bebauung würden sich die Lebensräume geschützter Arten weiter verringern und notwendige Verbindungen zwischen diesen Lebensräumen durchtrennt! Wenn insgesamt immer weniger Fläche zur Verfügung steht, könnte auch z.B. eine nötige Umsiedlung bedrohter Arten nicht erfolgreich sein. - Von den für alle Lebewesen (einschließlich uns Menschen!) so wichtigen im Boden selbst lebenden Arten einmal ganz abgesehen!


Auch wenn sich im Planungsbereich selbst keine ausgewiesenen Schutzgebiete befinden, so gibt es solche doch im direkten Umfeld, für die die Offenhaltung der betroffenen Fläche eine große Bedeutung hat. Z.B. als Wildkatzenkorridor (innerhalb des Wildkatzen-Projektes des BUND) und ebenso als Vernetzungs-/Verbreitungsweg für andere entsprechende Tierarten. Auch für den angestrebten Biotopverbund auf 15% der offenen Landesfläche und als Gebiet mit immerhin mittlerer Bedeutung für Offenlandbrüter, mit Eignung für freibrütende, höhlenbrütende und bodenbrütende Vogelarten (Feldlerchen!), ist ein Erhalt der offenen Flächen notwendig.
f. Durch vorhandene Rad- und Wanderwege, durch die Qualitäten der Landschaft und des weiten freien Raumes sind die Benzäcker und ihr Umfeld für Erholung und Freizeit überaus wertvoll. Daher sind sie angesichts des immer weiter wachsenden Bedarfs nach Räumen für die Naherholung auch für die Menschen aus den Nachbarkommunen dringend als Grünzug zu erhalten!
g. Im Falle der Errichtung eines Gewerbegebietes sind sehr hohe zusätzliche Verkehrsmengen zu erwarten, sowohl im Individualverkehr durch Beschäftigte und Kunden als auch durch LKW-Transporte. Autobahn und Autobahnanschluss sowie die Landesstraße sind heute schon sehr stark belastet. D.h. es wäre ein weiterer Ausbau der Straßeninfrastruktur nötig, was weiteren Flächenverbrauch nach sich ziehen würde - von Kosten und Umweltbelastungen für die Bevölkerung einmal ganz abgesehen! - Koalitionsvertrag der Landesregierung, S. 138: „Die Siedlungsentwicklung – auch die gewerbliche Entwicklung – werden wir an den Entwicklungsachsen und der Eisenbahninfrastruktur ausrichten.“ - Ein Eisenbahnanschluss ist weit und breit nicht zu sehen, ein sonstiger ÖPNV-Anschluss ist auch nicht vorhanden! Auch an einer Entwicklungsachse liegt das Gebiet nicht!


Sabine Kumkar
Besigheim