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STILLE MACHT

04.Nov.2016, in der Aula des Nicolaus von Weiss Gymnasiums 

Berliner Compagnie

Eine Lobbyisten-Komödie mit Schmachtfetzen & Evergreens 

Die Mitarbeiter der Lobbyagentur UTTERLY & QUIET Brüssel/Berlin haben´s generell nicht leicht. Keiner mag sie. Schließlich heißt „für die Besitzenden denken“ gegen die Besitzlosen denken. Aber jetzt: Rüstungsexport-Skandal! Und wieder mal steht die Agroindustrie am Pranger! Da gilt es, Nerven zu behalten. Da braucht es Fantasie und einen kühnen Kopf. Aber auch wenn der alte Chef mit seiner Raucherlunge auf der Intensivstation liegt und die junge, ehrgeizige Estelle sich als seine Stellvertreterin im Team erst durchsetzen muss – unsere Profis zeigen Klasse. Sie wollen ein Ziel durchsetzen, das sehr unpopulär ist und für das Sie keine Mehrheiten bekommen? Verpacken Sie Ihr Projekt in ein Freihandelsabkommen! Mit ihm senken Sie nicht nur überflüssige ökologische und soziale Standards bei uns, sondern erobern die ganze Welt! Mit ihm fegen Sie nationale Produzenten aus dem Weg und eröffnen Ihrem multinationalen Konzern bislang streng verschlossene Märkte. Und indem Sie mit Massentierhaltung, dumping-Preisen, Billigexporten und exportiertem Gen-Saatgut die Kleinbauern im Süden in den Widerstand treiben, erhalten Sie dort unten neue Kunden: Sie liefern den Herrschenden das Kriegsgerät, das sie brauchen, um den Widerstand zu brechen.

Allzu zart besaitete Wesen dürfen Sie natürlich nicht sein. Es braucht schon eine biegsame Moral, wer dem heimischen Volk die Zwangsfütterung mit Gen-Food als gesundheitsfördernd, Freihandel als segensreich und Streubomben als „smart-Munition“ verkaufen will. Aber der erfolgreiche Lobbyist wird auch gut bezahlt.

In der jüngsten Produktion der Berliner Theatermacher jedenfalls wird Stress ganz locker abgebaut. Es wird gesungen, es wird getanzt. Und es gibt einiges zu lachen.

Veranstalter: Speyerer Bündnis gegen TTIP und CETA

Eine Enkel-Taugliche Welt

Worum ging es bei diesem Vortrag?
Die öffentliche Kritik an TTIP, CETA und TISA, den geplanten Investitionsschutzund Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den USA und Kanada, ist mittlerweile groß. Was die meisten Menschen hierzulande noch nicht erkennen, sind die zahlreichen Probleme, die schon mit den jetzigen Freihandelsverträgen bestehen und die unser tägliches Leben immer mehr beeinflussen. Diese Verträge verschärfen die Ungleichheit und setzen die Gesellschaften unter Stress. Dies geschieht über Wachstumszwang, Standortwettbewerb und verschärfte Ausbeutung von Mensch und Natur. Die Fähigkeiten zu nachhaltiger Entwicklung werden so zerstört. Dass dann Menschen irgendwann aus den Verliererstaaten und regionen fliehen, ist verständlich. Mit TTIP, CETA und TISA werden diese Probleme weiter zunehmen. Sie dienen der Gewinnsteigerung von Konzernen beiderseits des Atlantiks auf Kosten der Menschen weltweit.

Was müssen wir hier verändern?
Für uns heißt die Alternative zum Freihandel: gerechter Welthandel. Wir müssen dieses System ändern und alternative gesellschaftliche Strukturen schaffen. Regionale Landwirtschaft, Verbraucherschutz und öffentliche Dienstleistungen sowie die Einhaltung von Mindestnormen, sozialen Standards und Menschenrechten sind notwendig. Fairer Handel sichert den Zugang zu so wichtigen Ressourcen wie Grund und Boden für die lokale Bevölkerung und nicht für die globalen Konzerne; darüber hinaus gewährt fairer Handel den Menschen Zugang zu Wissen und Bildung. Es wird genügend Raum für Austausch und Diskussion bestehen. Wir würden uns freuen, Sie an diesem Abend begrüßen zu dürfen.


Harald Klimenta ist Physiker und Autor. Er lebt in Regensburg und ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von Attac.

Was hat ttip mit Speyer zu tun?

Wir bedanken uns für das große Interesse an unsere Veranstaltung mit Frau Dr. Trommer. Das Thema Freihandel wird uns auch noch in Zukunft beschäftigen. Denn Problematisch für Kommunen wie Speyer könnte werden, dass im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge noch mehr ins Visier der Privatwirtschaft gerät (Energieversorgung, Wasser, Entsorgung, Rettungsdienste, Schulen, Krankenhäuser) Diese werden potenzielle Beute der Konzerne und Investoren. Zum Nachteil der Bürger. Die Menschen sehen nicht ein, warum Investoren das Recht bekommen sollten, Staaten zu verklagen, wenn sie ihre Gewinne durch staatliche Maßnahmen beeinträchtigt sehen.

Wer nicht dabei sein konnte, kann die wesentlichen Punkte bei SpeyerAktuell nachlesen:

Druck auf die Kommunen wird steigen

Gespräch mit der Politikwissenschaftlerin Dr. Silke Trommer

In Sachen Freihandelsabkommen (TTIP, CETA, TiSA) besteht unter anderem die Sorge, dass deutsche und europäische Standards etwa im Umwelt- und Nahrungsmittelbereich abgesenkt werden könnten und dass nicht-demokratisch legitimierte Schiedsgerichte hinter verschlossenen Türen Vereinbarungen zu Lasten unserer Staaten und zum Wohle von international tätigen Konzernen aushandeln könnten. Den besonderen Schwerpunkt unserer Veranstaltung mit Dr. Silke Trommer wollen wir auf die Frage legen, ob und was TTIP und Co. mit Speyer zu tun haben?

• Was sind Freihandelsabkommen und inwieweit können sie die Rahmenbedingungen für die lokale und regionale Politik beeinflussen?

• Sind konkrete Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung und die kommunale Wirtschaftstätigkeit zu erwarten (Stichworte: Wasserversorgung, Gesundheitsversorgung)?

• Wie stehen Bürger in anderen europäischen Ländern und in den USA zum Thema TTIP? Es wird genügend Raum für Austausch und Diskussion bestehen. Wir würden uns freuen, Sie an diesem Abend begrüßen zu dürfen.

Dr. Silke Trommer ist Politikwissenschaftlerin an der Universität Helsinki, Finnland. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf den Themen Welthandelspolitik, internationales Handelsrecht, Handel und Entwicklung. Sie publiziert und lehrt in diesen Bereichen international und bewegt sich zu Forschungszwecken weltweit in internationalen Handelsinstitutionen und zivilgesellschaftlichen Kreisen. Silke Trommer ist gebürtige Speyrerin und kehrt für diesen Vortrag in ihre Heimatstadt zurück.

"ZUM EWIGEN FRIEDEN“ IST GERECHTER FRIEDE MACHBAR?

Am 4.3.2015 veranstalteten wir im Ägidienhaus einen Vortrag mit Pfarrer Martin Huhn:

In seiner Einleitung sprach Herr Huhn über aktuellen Kriege und die Weltweit 50 Millionen Menschen auf der Flucht – mehr als zu irgendeinem Zeitpunkt nach dem Ende des 2. Weltkrieges.

„Und wir sitzen hier in der ehrwürdigen Domstadt Speyer und betrachten aus vermeintlich sicherer Distanz die Weltlage. Doch wir wissen auch, dass wir selbst Teil des Problems sind. Wir verbrauchen mehr Ressourcen dieser Erde als die meisten Mitbewohner unseres Planeten und wir zahlen Steuern an einen Staat, der es zum drittgrößten Rüstungsexporteur weltweit gebracht hat. Und wir lassen uns von einer Koalition regieren, die –entgegen den selbst aufgestellten Regeln- Waffen in hochexplosive Krisenregionen liefert und das nicht nur an völkerrechtlich legitimierte Staaten, sondern auch an nichtstaatliche Organisationen.“

Dann gab uns Herr Huhn einen Abriss über die Ideen Immanuel Kant, die dieser in seiner Schrift: „Zum ewigen Frieden“ veröffentlichte. Darunter die „Präliminarartikel zum ewigen Frieden unter Staaten“.( http://de.wikipedia.org/wiki/Zum_ewigen_Frieden)

Die Frage „Ist gerechter Friede machbar?“ ist eine Umkehrung der Formel vom gerechten Krieg. Eine Formel die bis heute als Alibi und Kriegsgrund herhalten muss damit „Krieg als Mittel der Politik“ gerechtfertigt werden kann. Die sogenannten „humanitären Interventionen“

„Jeder Kriegseinsatz der letzten Jahre wurde mit einem Lügengebilde begründet, das hinterher in sich zusammenfiel. Und häufig liegen die Ursachen für Kriege in Fehlern, die irgendwann in der Vergangenheit gemacht worden sind.“

Herr Huhn stellte hier eine Parallele zum aktuellen Konflikt in der Ukraine her. Anders als in der „Charta von Paris“ im November 1990 noch verkündet – hat sich die NATO schrittweise nach Osten ausgedehnt – mit der Folge einer zunehmenden Isolation Russlands.

Herr Huhn konstatierte, dass Krieg auch in der deutschen Politik leider wieder ein erlaubtes Mittel der Politik geworden ist. Dem entspricht es, die Bundeswehr als Mittel der Außenpolitik zu verstehen. Der im Grundgesetz verankerte Verteidigungsauftrag wurde Schritt um Schritt erweitert zu einer „Armee im Einsatz“. Auf der Berliner Sicherheitskonferenz sagte der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg unverblümt: „Der Bedarf der aufstrebenden Mächte an Rohstoffen steigt ständig und tritt damit mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz.“ Und weiter: „da stellen sich Fragen auch für unsere Sicherheit, die für uns von strategischer Bedeutung sind.“

Was Pazifismus heute bedeutet resümiere Herr Huhn so: Nein zu Militäreinsätzen und Rüstungsexporten und zugleich ein klares Ja zu ziviler Konfliktbearbeitung und zu begrenzter Polizeigewalt, die international von den Vereinten Nationen geführt wird oder unter ihrem Mandat stattfindet.

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Europaweiter, dezentraler Aktionstag gegen TTIP, CETA, TiSA und die Freihandelsagenda!

Schon vor dem Start machten wir am 27.9.14 unseren ersten Infostand vor dem Altpörtel in Speyer. Der Zuspruch der Passanten war sehr groß. Viele waren empört über das Vorhaben der EU.

Am 11.10.14, dem offiziellen Aktionstag und Start der Selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative sammelten wir dann an einem weiteren Infostand viele Unterschriften.

Weitere Infos zu den Freihandelsfallen: http://www.attac.de/kampagnen/freihandelsfalle-ttip/freihandelsfalle-ttip/

Gutes Leben in einer Welt ohne Wirtschaftswachstum

Am 26.6.14 Veranstalteten wir einen Vortrag mit Niko Paech

- Wie wir (noch) den absehbaren Kollaps durch Klimawandel und Umweltzerstörung vermeiden können -

Die lang gehegte Hoffnung, dass wirtschaftliches Wachstum durch technischen Fortschritt nachhaltig oder klimafreundlich gestaltet werden kann, bröckelt. Weiterhin scheint ein auf permanente ökonomische Expansion getrimmtes System kein Garant für Stabilität und soziale Sicherheit zu sein. Darauf deuten nicht nur die Eskalation auf den Finanzmärkten und die Schuldenkrisen hin, sondern auch die Verknappung jener Ressourcen („Peak Everything“), auf deren unbegrenzter und kostengünstiger Verfügbarkeit das industrielle Wohlstandsmodell bislang basierte.

Zudem nährt die sog. „Glücksforschung“ den Befund, dass Steigerungen des monetären Einkommens ab einem gewissen Niveau keine weitere Zunahme des subjektiv empfundenen Wohlbefindens hervorruft. Folglich ist es an der Zeit, die Bedingungen und Möglichkeiten einer Postwachstumsökonomie auszuloten. Letztere ist das Resultat eines prägnanten Rückbaus arbeitsteiliger, geldbasierter und globalisierter Versorgungsmuster.

Stattdessen werden Suffizienz und urbane Subsistenz als Ergänzung eines merklich reduzierten und zugleich umstrukturierten Industriesystems bedeutsam sein. Aus Konsumenten werden souveräne Prosumenten, die mittels reaktivierter Subsistenzressourcen (z.B. Handwerk) zur gemeinschaftlichen Versorgung beitragen. Zudem ist die Postwachstumsökonomie durch Sesshaftigkeit gekennzeichnet, also durch Glück ohne Kerosin.

Niko Paech

ist einer der bedeutendsten deutschen Wachstumskritiker und er lebt seine Visionen einer „entschleunigten und entrümpelten“ Welt. Der Volkswirtschaftler ist seit 2010 außerplanmäßiger Professor am Lehrstuhl für Produktion und Umwelt an der Universität Oldenburg. Er ist Vorsitzender der Vereinigung für Ökologische Ökonomie (VÖÖ) und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Attac.

Weitere Infos 
zur Postwachstumsökonomie unter:
http://postwachstumsoekonomie.org/html/paech_grundzuge_einer_postwach.html

DAS TRANSATLANTISCHE FREIHANDELSABKOMMEN

- Wie die totalitäre Herrschaft der transnationalen Konzerne durchgesetzt werden soll -Roland Süß erläuterte in seinem Vortrag und in der anschließenden Diskussion die Hintergründe des geplanten TTIP.

Hinter unserem Rücken wollen EU und USA mit einem umfassenden Pakt eine transatlantische Freihandelszone erschaffen. Verkauft wird uns die geplante Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) als gigantisches Wachstumsprogramm – in Wirklichkeit müssen es die BürgerInnen in EU und USA bezahlen mit einem beispiellosen Abbau von Produktionsstandards, Verbraucherschutz- und ArbeitnehmerInnenrechten, Senkung des Lohnniveaus, Umwelt- und Sozialauflagen, ja sogar unserer demokratischen Rechtsstaatlichkeit. Konkret bedeutet dies: Konzerne können Staaten schadensersatzpflichtig machen wenn z. B. neue Umwelt- oder Sozialgesetze, aber auch Streiks oder andere Widerstandsaktionen (z.B. Bürgerinitiativen verhindern Fracking) ihre Gewinnerwartungen schmälern. Die Entscheidung darüber fällt ein Gremium von Lobbyisten, die von der Industrie ernannt werden. Die betroffenen Staaten haben in den Verfahren keine Möglichkeit Einsicht zu nehmen und müssen jeden Schuldspruch akzeptieren. Damit sind die Staatskassen zur Plünderung durch die transnationalen Konzerne freigegeben.

Das geplante Freihandels-Abkommen TTIP zwischen der EU und den USA dient alleine den Interessen der Konzerne und nicht uns Bürger/innen:

- TTIP höhlt Demokratie und Rechtsstaat aus: Ausländische Konzerne können Staaten künftig vor nicht öffentlich tagenden privaten Schiedsgerichten auf hohe Schadenersatzzahlungen verklagen, wenn sie Gesetze verabschieden, die ihre Gewinne schmälern.

- TTIP öffnet Privatisierungen Tür und Tor: Das Abkommen soll es Konzernen erleichtern, auf Kosten der Allgemeinheit Profite bei Wasserversorgung, Gesundheit und Bildung zu machen.

- TTIP gefährdet unsere Gesundheit: Was in den USA erlaubt ist, würde auch in der EU legal – so wäre der Weg frei für Fracking, Gen-Essen und Hormonfleisch. Die bäuerliche Landwirtschaft wird geschwächt und die Agrarindustrie erhält noch mehr Macht.

- TTIP untergräbt die Freiheit: Es droht noch umfassendere Überwachung und Gängelung von Internetnutzern. Exzessive Urheberrechte erschweren den Zugang zu Kultur, Bildung und Wissenschaft.

- TTIP ist praktisch unumkehrbar: Einmal beschlossen, sind die Verträge für gewählte Politiker nicht mehr zu ändern. Denn bei jeder Änderung müssen alle Vertragspartner zustimmen. Deutschland allein könnte aus dem Vertrag auch nicht aussteigen, da die EU den Vertrag abschließt.

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RETTET DIE RENTE - WIE SIE RUINIERT WURDE UND WIE SIE WIEDER SICHER WIRD –

Am 06.02.2014 veranstalteten wir einen Vortrag mit Martin Staiger:

Sinkende Renten und wachsende Altersarmut sind keine Naturkatastrophen. Sie sind Folgen einer Politik, der das Wohl von Banken und Versicherungen wichtiger ist als das Wohl älterer Menschen. Der Abbau der gesetzlichen Rente ist eines dieser “Reform”projekte, die auch von der neuen Regierung fortgesetzt werden. Die Auswirkungen über die nächsten Jahrzehnte werden sich immer katastrophaler im sozialen Klima hierzulande niederschlagen. Viele Menschen werden noch im hohen Alter Nebenjobs ausüben müssen, um mit den zunehmend niedrigeren Renten ihr Dasein finanzieren zu können. Diese Politik gibt vor, für die Jüngeren zu handeln und stiehlt dabei allen Generationen die Zukunft. Der Rentenexperte Martin Staiger entlarvte die Mythen und Interessen einer Rentenpolitik, die sich als alternativlos darstellt und schilderte dann realistische Alternativen, damit alle im Alter gut leben können.

Martin Staiger, geb. 1967 in Stuttgart, studierte Theologie und Sozialarbeit an den Hochschulen Tübingen, Bochum, Heidelberg und Ludwigshafen, war lange als Schuldnerberater tätig und arbeitet inzwischen als freier Journalist und Autor (Schwerpunkte Sozialpolitik und Sozialrecht). Martin Staiger ist außerdem in der Fortbildung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern tätig und ist Lehrbeauftragter für Sozialrecht der Hochschulen Ludwigsburg und Darmstadt.

Die Vorsorgelüge – Wie Politik und private Rentenversicherungen uns in die Altersarmut treiben!

Zusammenfassung unserer Veranstaltung vom 17.10.2013:

In einer messerscharfen Analyse mit vielen empörenden Fallbeispielen sezierten die Referenten Holger Balodis und Dagmar Hühne die Vorsorgelüge:

Politiker, Finanzlobbyisten und Wissenschaftler haben die gesetzliche Rente demontiert, um die private Vorsorge anzukurbeln. Doch Kunden verlieren jährlich Milliarden, weil private Rentenversicherungen in wichtigen Punkten zu ihrem Nachteil konstruiert sind. Der durch Schröder und Riester vollzogene Wechsel zu mehr privater Altersvorsorge bei gleichzeitiger Kürzung der gesetzlichen Rente wird zu mehr Altersarmut führen. Trotz Riester-Rente droht Millionen Rentnern der Gang zum Grundsicherungsamt.

Mehr Privatvorsorge mit Lebensversicherungen führt bei gleichzeitiger Absenkung der gesetzlichen Rente nicht zu weniger, sondern zu mehr Armut.

Die Lebensleistungsrente und die Solidarrente nutzen nur wenigen. Die Voraussetzungen: 45 oder 40 Versicherungsjahre! Die Belohnung: eine Rente knapp oberhalb der Grundsicherung. Aktuelle Lage: Die Zugangsrente im Jahr 2011 beträgt für langjährig Versicherte (mind. 35 Versicherungsjahre): 953 Euro. Im Jahr 2000 sind es noch 1021 Euro gewesen. Berücksichtigt man die Geldentwertung, bekommen Neurentner heute 20 bis 25 Prozent weniger als zur Jahrtausendwende unter Rot-Grün. Geplant ist eine weitere Kürzung des Rentenniveaus um rund 14 Prozent bis 2030. Die Betrachtung des Rentenniveaus schönt die wirkliche Lage meist noch: Wer keine 45 Versicherungsjahre hat, wer Phasen von Arbeitslosigkeit hat, wer unterdurchschnittlich verdient, für den wird es noch schlimmer kommen. Auch die Rentenabschläge für vorzeitige Inanspruchnahme drücken sich im offiziellen Rentenniveau nicht aus. Wer beispielsweise mit 65 statt mit 67 aussteigt, bekommt 7,2 Prozent Abschlag.

Was droht 2030? Eine Bruttolohn von 2.200 Euro monatlich (immerhin etwas mehr als 12 Euro die Stunde) bringt nach 40 Jahren im Jahr 2030 eine Rente von 688 Euro. Aktuell verdienen rund 12 Millionen der versicherungspflichtig Beschäftigten 2.200 Euro oder weniger. Die Zahl der Betroffenen ist jedoch weitaus höher: Millionen Scheinselbständige, Minijobber und Dauerarbeitslose. Geschätzte 20 Millionen und damit rund die Hälfte der heute Erwerbstätigen werden künftig Renten unterhalb des Grundsicherungsniveaus beziehen.

Die Kürzungen bei der Rente wurden ohne Not vorgenommen. Die Absicht war, breiten Bevölkerungsschichten Finanzprodukte nahe zu legen, die bis dahin in dieser Form noch völlig unbekannt waren: Privatrenten.

Die Gesamteinnahmen der Versicherungswirtschaft pro Jahr inklusive Pensionskassen: rund 90 Milliarden Euro. Die Kunden dagegen machen mit privaten Rentenverträgen zu 80 bis 90 Prozent effektiv Verluste: Kosten: Durchschnittlich 10 bis 20 Prozent der Einzahlungen gehen für Kosten verloren. In besonders ungünstigen Verträgen bis zu 50 Prozent. Storno: private Altersvorsorgeverträge werden zu 80 Prozent vorzeitig gekündigt. Nur 20 Prozent halten durch. Wer kündigt, erleidet hohe Verluste. Prof. Oehler (Bamberg) schätzt den Schaden bundesweit pro Jahr auf 16 Mrd. Euro. Lebenserwartung: Es hängt alles davon ab, wie lange die Kunden wirklich leben und welche Annahmen der Versicherer hierüber getroffen hat. Tatsächlich kalkulieren die Versicherer mit Annahmen zur Lebenserwartung, die mindestens 10 Jahre über denen des statistischen Bundesamtes liegen. Das sorgt jedes Jahr für milliardenschwere „Sterblichkeitsgewinne“ bei den Konzernen.

Zum Demografieargument: Wir leben immer länger, bekommen immer weniger Kinder. Eine Entwarnung: Aktuell hat das statistische Bundesamt das dritte Jahr in Folge einen Bevölkerungswachstum durch Zuwanderer gemeldet: Wir werden mehr statt weniger! Und das funktioniert auch langfristig: Es gab mehrere Zuwanderungswellen, ein höhere Erwerbstätigkeit der Frau und eine Produktivitätsentwicklung, die es erlaubte, die Beitragssätze ohne Wohlfahrtsverluste zu erhöhen. Es gibt keinen Grund, dass dies nicht auch in Zukunft bei unverändert niedrigen Geburtenraten gelingt.

Wie hoch die Beiträge wirklich steigen, das hängt nicht, wie immer behauptet wird, von dem Verhältnis jung zu alt ab. Es kommt auf das Verhältnis Beitragszahler- Rentner an. Hier gibt es ein gewaltiges Potenzial: 3 Millionen Arbeitslose, mindestens 1,5 Millionen stille Reserve, 5 Millionen Personen, die ausschließlich einen Minijob machen, 2,5 Millionen Solo-Selbständige, 1,6 Millionen Beamte, 2 Millionen Beschäftigungsreserve unter Frauen und Älteren. Macht ein Potenzial von 15,6 Millionen Personen, die in die Sozialkassen einzahlen könnten. Würde ein Drittel davon genutzt, wäre die demographische Lücke im Jahr 2030 gefüllt. Die Aufstellung zeigt auch: wenn wir an die Strukturen gehen, wäre auch eine Rente mit 67 verzichtbar.

Wir brauchen eine Wiedererfindung der gesetzlichen Rente.

Sie ist die beste Absicherung gegen Altersarmut, denn sie ist resistent gegen Finanzkrisen und Inflation. Die Riester-Rente muß gestoppt werden. Wir müssen zurück zum alten Rentenniveau. Ein Einfrieren des heutigen Niveaus reicht nicht. Es müssen sämtliche Kürzungen, die sich bis 2030 auf rund ein Drittel aufsummieren, rückgängig gemacht werden. Die Ziele: Die Einführung einer Bürgerversicherung (Einbeziehung auch von Selbständigen und Beamten). Erhöhung oder Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze. Eine Standardrente von 60 Prozent des durchschnittlichen Netto-Arbeitnehmereinkommens. Anhebung der Erwerbsminderungsrente. Erhöhung der Kleinverdienerrenten auf 75 % des Durchschnitts.

Gewinner wären die Rentner. Gewinner wären aber auch die Beitragszahler. Die zahlen trotz höherer Rentenbeiträge unterm Strich weniger, weil die Riesterbeiträge wegfallen. Langfristig auch durch die Einbeziehung weiterer Personengruppen. Verlierer wäre die Finanzwirtschaft. Etwas mehr belastet würden die Arbeitgeber. Sie würden bei der Rückkehr zum alten Rentenniveau wieder voll paritätisch herangezogen. Das wäre nicht nur gerecht, das könnten sich die Arbeitgeber angesichts der massiv gesunkenen Lohnstückkosten auch leisten.

Für alle Interessierten dieses Themas gibt es von den beiden Autoren einen regelmäßigen Infobrief per E-Mail den man kostenlos unter:http://www.vorsorgeluege.de/newsletter/abo/index.html anfordern kann.

 

Das Märchen der Deutschen - Vom Leben nach Suppenkasperkriterien -

14.02.2013, Vorführung des Dokumentarfilm und anschließender Diskussion mit dem Macher Ralph T. Niemeyer sowie Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE, MdB) die ebenfalls in dem Film mitwirkte und unseren Gästen

Vielen Dank an alle unsere Gäste für Ihren Besuch zu unserer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Rosa-Luxemburg-Club Speyer. Die Resonanz auf den Film und die anschließende Diskussion war hervorragend.

Sebastian Frech, Sprecher des Rosa-Luxemburg-Clubs Speyer: „Es ist wichtig, dass wir in Speyer klare Analysen und Informationsangebote schaffen, um zu erklären wer wieso sozial benachteiligt und von der Teilhabe ausgeschlossen wird“,

Die Politik der EU und auch der Bundesregierung in den Zusammenhang mit der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger zu setzen ist das Ziel der Veranstaltungsreihe, die in einem ständigen Projekt zur kritischen Auseinandersetzung mit Kommunalpolitik in Speyer münden soll. Der Aufruf von attac und Rosa-Luxemburg-Club, sich an diesem Projekt zu beteiligen ergeht an alle sozialen Einrichtungen, politische Parteien und Gewerkschaften.

Dr. Werner Gallo von attac dazu: „Es sollen Bürgerinnen und Bürger aber auch Organisationen dazu angeregt werden mitzumachen. Unser Ziel ist es, der Verarmungspolitik und dem Sozialabbau entgegenzuwirken. Wir wollen das neoliberale Mantra von der „Alternativlosigkeit“ entlarven mit dem das Kaputtsparen auch in den Kommunen begründet wird und echte Alternativen aufzeigen.“

Umverteilung verkehrt: Wie ausgerechnet der Sozialstaat Armut produziert

Am 13.03.2013 luden wir zusammen mit dem Rosa-Luxemburg-Club Speyer zum Vortrag von Sozialrichter Dr. Jürgen Borchert ein

Borchert wies in seinem Vortrag auf die zahlreichen Missstände und Ungerechtigkeiten in unserem Staat hin und orientierte sich in seiner Argumentation sehr stark an Professor Oswald von Nell-Breuning, der bereits in der noch jungen Bundesrepublik die beginnenden „Neoliberaliserung“ anprangerte. Insbesondere ging Borchert auch auf die Auswirkungen des sog. Lambsdorff-Papiers ein, welches 1982 die angeblich zu hohen Kosten des Sozialstaates monierte. Hierzu zitiere Borchert erneut Nell-Breuning, der damals die Frage stellte, ob denn die Wirtschaft den Menschen diene, oder ob es nicht umgekehrt sei. Träfe nämlich Ersteres zu, wären die Kosten des Sozialstaates geradezu die Erfüllung der Wirtschaft. Und: "Wirtschaftswunder nicht trotz des Sozialstaats, sondern wegen des Sozialstaats!"

Deutlich ging Borchert auch auf die grassierende Kinderarmut in Deutschland ein, die er eine doppelte Armut nannte. Also für die Gesellschaft wegen dem Rückgang der Geburtenrate und für die betroffenen Kinder, die am Existenzminimum leben müssen. Die systemische Ungerechtigkeit prangerte er mit deutlichen Worten an: „Nicht dass noch jemand glaubt, es ginge in diesem Land gerecht zu!“

Anhand der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungen und einer beispielhaften Steuertabelle trat Brochert den Beweis an, dass der Arbeitgeberbeitrag schlicht vorenthaltener Lohn sei und vom Wirtschaftsmodell der sozialen Marktwirtschaft nichts mehr übrig ist. Mit dem Hinweis auf die äußerst negativen und ungerechten Auswirkungen der regressiven indirekten Steuern und der Beitragsbemessungsgrenzen für die Sozialversicherungsbeiträge zeigte er weiter auf, dass der Staat zum weit größeren Teil von der lohnabhängigen Bevölkerung finanziert wird, als von den Reichen. „Mitten in Deutschland lacht der blaue Himmel der Schweiz für einige wenige Reiche“ so Borchert.

Weiter nahm er sich der Staatsverschuldung an, die nichts anderes ist als ein weiteres Mittel der Umverteilung von unten nach oben. Anstatt angemessene Steuern von den Reichen einzuziehen, leiht sich der Saat dieses Geld bei den Reichen und verzinst es noch. Damit ist der Steuergerechtigkeitsgrundsatz gleich doppelt verletzt.

Zur Person: der weithin als "Sozialrebell" bekannte Referent ist Sozialrichter in Hessen und seit Jahrzehnten als Politikberater quer durch alle Lager unterwegs. Auf seine Initiative gehen mehrere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zurück - unter anderem das Hartz IV-Urteil vom 9.2.2010. Im Jahr 2011 wurde ihm der Regine-Hildebrand-Preis der Stiftung Solidarität verliehen.

Am gleichen Tag, an dem Herr Borchert bei uns seinen Vortrag hielt, gab er zwei Interviews zu diesem Thema.
Hier nachzulesen:

Warum die Agenda 2010 als Erfolg begriffen wird, ist mir ein Rätsel
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sozialrichter-juergen-borchert-warum-die-agenda-als-erfolg-begriffen-wird-ist-mir-ein-raetsel-1.1623776

Die Agenda-Politik beschädigt unsere Demokratie
http://www.rnz.de/rnzInterview/00_20130314112949_103566174_Die_Agenda_Politik_beschaedigt_unsere_Demokrat.php

Aufruf: Höchste Zeit zum Umfairteilen

Am 13 April 2013 zum bundesweiten Aktionstag UmFairTeilen zogen wir mit unserem Infostand vor das Altpörtel

Wir fordern eine dauerhafte Vermögenssteuer sowie eine einmalige Vermögensabgabe, um reiche Haushalte in Deutschland deutlich stärker als bisher für die Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen. Denn ob fehlende Kita-Plätze, geschlossene Bibliotheken, mangelhafter Nahverkehr oder so genannte freiwillige soziale Leistungen – der öffentlichen Hand fehlt das Geld für wichtige Investitionen. Die Schere zwischen Reich und Arm in Deutschland klafft immer weiter auseinander. Allein die privaten Vermögen des reichsten einen Prozents der Bundesbürger sind höher als alle Schulden von Bund, Ländern und Kommunen zusammen.
http://umfairteilen.de

IPPNW Info-Stand

Deutschland ist nach den offiziellen Statistiken der drittgrößte Waffenschieber der Welt. Die Rüstungslobby dominiert die Politik und der "Staat" garantiert der Rüstungsindustrie die Umsätze und Gewinne. Demokratie und Volk bleiben - wie so oft, außen vor - diese Geschäfte laufen in der Regel unter Ausschluß der Öffentlichkeit.

Zu diesem Thema hatten wir am 24. August 2013 zusammen mit der IPPNW einen Info-Stand auf der Hauptstraße. IPPNW = Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. http://www.ippnw.de

Presseartikel speyer-aktuell: Schwärende Wunde - attac und Ärzteorganisation informieren über deutsche Waffenexporte

 

Ein anderes Europa ist möglich!

Im Rahmen der Interkulturellen Woche Speyer veranstalteten wir am 27.9.2012 einen Abend unter dem Motto: Ein anderes Europa ist möglich!

"Pleitegriechen" oder „Sündenböcke „? Glaubt man der öffentlichen Meinungsmache in Deutschland, dann sind die Griechen mit ihren Staatsschulden für die EU-Finanzkrise verantwortlich. Als Ursache der Schulden wird der griechische Sozialstaat genannt, der angeblich ein „Schlaraffenland“ sei, und die soliden Deutschen müßten dafür bezahlen. 

Sicherlich hat Griechenland strukturelle Probleme - wie andere EU-Länder auch. Die Schulden Griechenlands sind ebenso wie die anderer EU-Länder durch die marktradikale Wirtschaftspolitik der letzten 15 Jahre mit Steuergeschenken an die Reichen, einerfragwürdigen Staatsfinanzierung über Privatbanken und schließlich in der Übernahme der gigantischen Schulden maroder Banken und Spekulanten entstanden. 

Billionen Dollar und Euro wurden so in die »Stabilisierung der Finanzmärkte« gepumpt. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft beziffert schon 2010 den weltweiten Umfang der staatlichen Hilfen auf rund drei Billionen USDollar (3 000 000 000 000 $).

Um von diesen eigentlichen Ursachen der Krise abzulenken, werden die Griechen für die EU-Pleite verantwortlich gemacht. Doch die Griechen sind nicht schuld an dieser Krise, sondern sie sind nur die ersten Opfer, denen weitere folgen werden. 

Alle Bereiche der Gesellschaft werden auf ihre ökonomische Verwertbarkeit überprüft. Nationen und Bevölkerungsteile (z.B. Junge gegen Alte, Arbeitende gegen Arbeitslose) werden gegeneinander aufgehetzt. Rassismus und Sozialdarwinismus werden als Erklärungen für Krisenphänomene herangezogen. Die Nation wird als eine "Leistungsgemeinschaft" definiert, die gegen „unproduktive“ Elemente vorgehen müsse: von den renitenten Griechen über faule Arbeitslose bis zu den Migranten. Die pseudo-humanistischen Masken fallen...

Programm: 

Griechischer Alltag aus der Sicht einer Deutschen 
mit Lebensbezug zu Griechenland mit Lilo Wessel 

Die Krise in Europa - Ursachen – Lösungen mit 
Stephan Lindner (Koordinierungskreis Attac Deutschland)