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Bielefeld steigt aus ? ... nur 10000 Unterschriften für einen BürgerInnen-Bescheid

"Atomkraft macht sprachlos", Bericht von einem Mitglied der Bürgerinitiative Bielefeld steigt aus von einer Podiumsdiskussion über die Beteiligung der Stadtwerke Bielefeld an dem AKW Grohnde und einem möglichen Verkauf dieser Anteile.:

Nach der Podiumsdiskussion "Energiewende jetzt - Steigt Bielefeld aus?" am 2. November 2010 verfestigt sich meine Überzeugung, dass aktive, fordernde und protestierende Menschen nötig sind, um den Horizont der PolitikerInnen für jetzt schon mögliche Alternativen zu erweitern.

Die CDU und die Stadtwerke Bielefeld hielten es nicht für nötig VertreterInnen zur Diskussion zu senden, obwohl der Stadtrat bzw. die Stadtratsmehrheit (vertreten durch die Rot-Grün-Gelbe Koalition) angeblich entscheidet, was die Stadtwerke Bielefeld zu tun oder zu lassen haben. Der Vertreter der FDP glaubte nachher den Grund für die 
Unsichtbarkeit der Stadtwerke in den schwierigen Schlichtungsverhandlungen mit den Stadtwerken Bremen zu erkennen. Der Rückkauf der 49,9 % Anteile an den Bielefelder Stadtwerken droht nämlich gerade am unverhofften Reichtum, durch potenziell verlängerten Atomstrom, zu scheitern. Gibt es da vielleicht ein hohes 
finanzielles Risiko, durch die Atomkraftnutzung?

Der Moderator vermutete hingegen, dass der Einfluß der Politik doch nicht so groß ist, wie von der SPD behauptet, da er nichts "unwirtschaftliches" erzwingen darf. Als "wirtschaftlich" wird anscheinend angesehen, den Atomstrom aus Grohnde (nicht nur nach Bielefeld) zu exportieren, denn die erzeugte Menge ist wesentlich größer als der lokale Verbrauch. Ignoriert werden muss dann, dass die Stadt Bielefeld bei einem Unfall im AKW Grohnde, je nach Windrichtung, zum unbewohnbaren oder teilverstrahlten Gebiet werden könnte. Aufgrund der geringen Haftungsgrenzen für Atomkraftwerksbetreiber ständen Flüchtende ohne Besitz da. 
Geschätzte Entschädigungssumme pro Kopf wären 2000 Euro, für Menschen die Haus und Hof und Land verloren haben, wenn sie mit dem Leben davonkommen.

Wenn ein solcher, schwerwiegender Unfall eintritt, dann ist es zugegebenermaßen nebensächlich, ob jetzt 0 oder 16 oder 32 Prozent des Unfallkraftwerks der Stadt Bielefeld gehörten... Wenn man jetzt aber meint, das Szenario sei übertrieben, Grohnde sei sicher und ein von E.ON am 13.08.2010 entdecktes und wieder gestopftes, radioaktives Leck im inneren des AKW, sollte man nicht so ernstnehmen, dann muss man die VertreterInnen des Stadtrats z.B. fragen: Woher  kommt das Uran in Grohnde? Etwa aus dem Niger, wo große Landflächen durch den Abbau verseucht wurden, ein Kohlekraftwerk den Strom für die Urangewinnung liefert und Menschen an den Folgen der Strahlung leiden. Ist das finanziell kalkulier- und menschlich verantwortbar? Wie sieht es mit der Lagerung von Atommüll aus? Alles kein Problem?

Wäre es nicht sinnvoller einzugestehen: PolitikerInnen (lokal und im Bund) und die Stadtwerke-Geschäftsführung haben sich vor langer Zeit für eine Sackgasse entschieden und es ist besser jetzt umzukehren und einen neuen Weg zu beschreiten. Realpolitik mag hartes Brot sein, aber wenn alle Verantwortung auf die Bundespolitik geschoben wird und lokales nicht-Handeln damit zu rechtfertigen versucht wird, dass "die Stadt Bielefeld durch die Beteiligung am AKW Grohnde ein Korrektiv der Macht der Energiekonzerne" ist, dann kann ich mir eine machbare und wünschenswerte 100%-Erneuerbare-Energien-Region-OWL mit diesen  PolitikerInnen nur mit sehr viel Druck von der Straße vorstellen. Die  Abschaltung des AKW Grohnde zum Jahr 2018 war schon ein schlechter Deal, dass dieser jetzt vorläufig nicht mehr gilt, und im schlimmsten Fall die Laufzeit bis 2032 verlängert wird, macht es nicht besser.
Versuchen wir doch mal den Stadtrat und die Stadtwerke per BürgerInnen-Entscheid zum schnellen Umdenken zu zwingen: Die Initiative "Bielefeld steigt aus!" sammelt Unterschriften zu diesem Zweck. Wenn die Grenze von 10.000 Unterschriften erreicht wird, kann vermutlich eine Abstimmung über die Zukunft der Bielefelder Energiepolitik stattfinden oder ein Gerichtverfahren für öffentlichkeitswirksame Aufrufe zum Stromanbieterwechsel genutzt werden. Die Kündigung bei den Stadtwerken Bielefeld ist dann ein Happening, hin zu zukunftsorientierten, echten Ökostromanbietern.

Ein Beispiel für einen solchen sind die Elektrizitätswerke Schönau, die als  Bürgerinitiative begannen und nach 9 Jahren und zwei BürgerInnen-Entscheiden die Übernahme des örtlichen Stromnetzes erkämpften. Die von den BürgerInnen gegründete Genossenschaft "Netzkauf EWS eG" ist mittlerweile stolze Besitzerin des örtlichen und angrenzender Strom- und Gasnetze geworden. Zudem gibt es eine Netz- und eine Vertriebs-GmbH, wobei letztere bundesweit ökologisch erzeugten  Strom vermarktet und fördert.

Ein weiteres, eher zweifelhaftes Event ist für das Frühjahr 2011 angekündigt. Dann wird in Grohnde eine Lieferung mit plutoniumhaltigen MOX-Brennelementen aus dem englischen Sellafield erwartet. Auch diese Lieferung bietet sich für pressetaugliche Protestaktionen an, die die Marketingabteilung der Stadtwerke Bielefeld dann hoffentlich nicht mehr stillschweigend ignorieren kann. (Benno)

Quelle: http://no-budget.knup.de/index.php