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12. August 2010 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Israel sucht den Konflikt mit der UN, wie auch der Titel einer Kolumne in der Süddeutschen Zeitung anfängt. Dazu ein Kommentar zur  

Kolumne in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 11.8.2010:

„Israel sucht Konflikt mit UN. Premier Netanjahu droht Gaza-Kommission Boykott an“ von Julia Amalia Heyer

Israels Politik vor der Weltstaatengemeinschaft delegitimiert

In ihrem Artikel in der Süddeutschen Zeitung: „Israel sucht Konflikt mit UN. Premier Netanjahu droht Gaza-Kommission Boykott an“ vom 11.8.2010 arbeitet die Journalistin Julia Amalia Heyer sachlich professionell das widersprüchliche Vorgehen Israels heraus, was das Völkerrecht betrifft. Dagegen spielt ein anderer SZ-Journalist das trügerische Spiel Israels und versucht erneut die Öffentlichkeit von diesem Themenkomplex abzulenken, und zwar mit dem Fingerzeig auf den Iran am selben Tag, als die UN-Untersuchungs-Kommission zum israelischen Angriff auf die Gaza-Flotille ihre Arbeit begann (10.8.2010). Ein Tag später dient zur Ablenkung von diesem zentralen Thema das Herausstellen der Person Hassan Nasrallah, Chef der Hisbollah (11.8.2010). Zu plump und ungeschickt von Tomas Avenarius.

Woher der Wind weht, ist leicht zu spüren: Israel als Angreifer und als Staat, der immer wieder den Iran mit einem Angriff droht, ist längst weltweit öffentlich an den Pranger gestellt worden und soll vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag angeklagt werden. Israel muss sich darüber hinaus einer internationalen Untersuchungs-Kommission stellen wegen seines Überfalls auf die Gaza-Flotille am 31.5.2010 gemäß einer Resolution des UN-Sicherheitsrates in einer Sondersitzung desselben Tages. Das alles möchte Israel vertuschen, indem es hartnäckig versucht, in der Öffentlichkeit andere Themen zu setzen. Schlagzeilen und Kommentare sollen Israel nicht zum Thema haben. Stattdessen: Iran und Hisbollah. Für Israel ist Deutschland ein Glücksfall. Nirgendwo sonst gibt es so viele einfach gestrickte Journalisten und Politiker, die sich vor Israels Karren spannen lassen. Die Dreistigkeit Israels kennt keine Grenze.

Der israelische Botschafter in Portugal beschwerte sich in rüdem Ton in einem Interview am 13.7.2010 darüber, dass der Außenminister Portugals seinen iranischen Kollegen in Lissabon empfangen hatte. Schließlich sei Iran ein „Paria-Staat“ und ein Gespräch mit einem iranischen Minister verstoße gegen die Richtlinien der EU, so der anmaßende Israeli. Die portugiesische Regierung reagierte sofort mit Verärgerung und bestellte den unverschämten zügellosen israelischen Botschafter in Lissabon ins Außenministerium ein.

Die Hetzkampagne gegen den Iran erhält in Europa ihre orchestrale Wirkung durch unterschiedlichste Personenkreise: Da sind die Profiteure aller Militäraktionen aus der deutschen und global agierenden Rüstungsindustrie, Kriegsanhänger aller Couleur und einige Zionisten, aber da sind auch gutmeinende, nützliche Ignoranten in der Politik und in den Kirchen wie der SPD-Politiker Gert Weisskirchen, und da sind europäische Faschisten wie der frühere spanische Premierminister José María Aznar. Diese dubiosen Elemente spielen das Spiel Israels mit gezinkten Karten.

Die Untersuchung der Militäraktion Israels vom 31.5.2010 durch die Vereinten Nationen begann am Dienstag 10.8.2010: Ihr hatte sich Israel lange Zeit widersetzt, wie die SZ-Journalistin Julia Amalia Heyer präzis berichtet: „Erst Anfang August hatte Israel auf internationalen Druck hin einer unabhängige Untersuchung... zugestimmt.“ Allerdings will die israelische Führung verhindern, dass israelische Soldaten zu ihrem Einsatz gefragt werden dürfen. Die UN-Untersuchungskommission wird vom früheren neuseeländischen Ministerpräsidenten Geoffrey Palmer und dem scheidenden kolumbianischen Präsidenten Alvaro Uribe geleitet. Das Gremium sollte Mitte September einen ersten Zwischenbericht vorlegen. Die SZ-Kolumne vom 11.8.2010: „Israel sucht Konflikt mit UN. Premier Netanjahu droht Gaza-Kommission Boykott an.“ trifft den Nagel auf den Kopf: „Die Abneigung der Israelis gegen die Vereinten Nationen ist bekannt. Noch größer als die Abneigung gegen die UN als solche ist allerdings das israelische Unbehagen gegenüber internationalen Untersuchungsausschüssen, die sich mit Vorfällen beschäftigen, bei denen die israelische Armee eine maßgebliche Rolle spielt.“ Dazu gehört der Goldstone-Bericht.

Der Gaza-Krieg 2008/2009 kommt trotz aller israelischer Ablenkungsmanöver immer wieder ans Licht der Weltöffentlichkeit: Das massenweise Töten von Zivilisten, die Zerstörung von Häusern, einschließlich Schulen und Moscheen, die Anwendung grausamer Waffen, die Verweigerung medizinischer Hilfe für die Verletzten, das Blockieren von Fluchtwegen und vieles mehr. All das kam ans Licht und hat weltweit einen Schock ausgelöst. Das weit entfernte Gaza wurde zum Mittelpunkt der Weltaufmerksamkeit. Zu Recht: Dort leben auch Menschen wie wir.

Die UNO ernannte eine Untersuchungskommission. Der Verteidigungsminister Ehud Barak zwang die Regierung, die Untersuchungskommission, die von einem jüdischen Richter aus Südafrika geleitet wurde, Richard Goldstone, zu boykottieren. Aber die Kommission machte ihre Arbeit trotzdem. Ihre Ergebnisse klagten Israel wegen detaillierter Kriegsverbrechen an. Statt sie zuzugeben, sich zu entschuldigen und Schadensersatz zu zahlen, begann der Verteidigungsminister Ehud Barak eine Kampagne persönlicher Diffamierung gegen den südafrikanischen Richter Goldstone. Verspätet begann die israelische Armee dann doch noch mit eigenen Untersuchungen, die vor kurzem die Hauptergebnisse des Goldstone-Berichts bestätigten.

Der kriminelle Vorfall mit der Gaza-Flotille enthüllt die Unfähigkeit der israelischen Regierung, sich für eine unabhängige notwendige Aufklärung einzusetzen und dafür zu sorgen, dass israelische Institutionen Recht und Gesetz einhalten. Das willkürliche und inakzeptable Vorgehen der israelischen Führung delegitimiert den Staat Israel vor der Weltstaatengemeinschaft. Israels aggressive kriminelle Aktionen schaffen tatsächlich eine Menge stichhaltiger Gründe, dem Staat Israel die Rechtmäßigkeit abzusprechen.

In der Tat ist die Legitimität Israels unter der rechtsextremen Regierung Netanjahus in vielen Ländern irreparabel untergraben. Der Außenminister Avigdor Liebermann wird in der ganzen Welt als hemmungsloser Rassist angesehen. Viele seiner Kollegen in aller Welt weigern sich, in seiner Gesellschaft gesehen zu werden. Sie meiden ihn wie die Pest. Liebermann bezeichnete Schweden und Norwegen als antisemitisch. Er beleidigte den türkischen Premier Erdogan und die türkische Nation. Die Türkei ist mittlerweile zu einem scharfen Kritiker der Politik Tel Avivs geworden. Der seltsame Außenminister Liebermann hat dem Präsident Ägypten „zur Hölle“ geschickt. Es gibt kaum noch ein Land der Welt, das ihn empfangen möchte, es sei denn unter großem Druck. Kein anderer israelischer Außenminister könnte der Legitimität seines Landes mehr Schaden zufügen.

Nur Liebermanns Kollege, der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak, hat es geschafft: In den vergangenen Tagen gelang ihm, die Spannung im Nahen Osten ins Extrem zu treiben und zusätzlich die libanesische Armee in einen Feind zu verwandeln. 2006 veröffentlichte Israel praktisch ein Ultimatum, in dem es verlangte, dass die libanesische Armee an der Grenze zu Israel eingesetzt wird. Es war eine israelische Bedingung, um den zweiten Libanon-Krieg zu beenden. Nur die libanesische Armee könnte für Ruhe an der Grenze sorgen, glaubte man in Tel Aviv. Die israelische Führung behandelte die UN-Blauhelme UNIFIL mit kaum verhohlener Verachtung. Nach der jüngsten Schießerei vom Dienstag 3.8.2010 bat UNIFIL Israel zur Zurückhaltung. Die israelische Armee weigerte sichund sandte einen Bulldozer.

Luz María De Stéfano de Lenkait