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Polizei bei der Anti-Nazidemo

Die friedlichen DemonstrantInnen ...
und die martialischen PolizeibeamtInnen

Leserbrief zum Polizeiverhalten beim der Anti-Nazidemo am 30.06

Die Gegendemonstrationen gegen den Naziaufmarsch in Herford verliefen meiner Meinung nach friedlich, nicht wegen der Polizei, sondern weil der Großteil der Gegendemonstranten friedlich und diszipliniert war und sich nicht von der Polizei hat provozieren lassen. Ich habe mehrere Ereignisse mitbekommen, welche eher den Eindruck von Gewaltbereitschaft von Seitens der Polizei aufkommen lassen.

Erstens gab es bei der Kundgebung an der Mindener Straße eine Handlungsweise von der Polizei, welche meines Erachtens leicht zur Eskalation hätte führen können, wenn nicht der Wille von den Demonstranten vorhanden gewesen wäre, dieses auf jeden Fall zu vermeiden. Eine hinter den Demonstranten stehende Gruppe von ca 20-30 Polizisten lief plötzlich nach vorne in die Demonstration hinein um dann mit einer einzelnen minderjährigen Demonstrantin wieder hervorzukommen. Angeblich war diese Demonstrantin vermummt. Wenn sie es war, dann hätte eine einzige Polizistin ausgereicht um sie unauffällig bei Seite zu nehmen und sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie gegen das Vermummungsverbot verstößt. Es wirkte geradezu lächerlich, wie 20-30 Polizisten eine 16-jährige wie einen Schwerverbrecher abführten. Verständlicherweise waren viele Demonstranten auf Grund dieser Aktion ziemlich wütend. Zum Glück hat Irmgard Pehle sich daraufhin vom Lautsprecherwagen klar gegen diese Maßnahme der Polizei ausgesprochen, so dass die Demonstranten wieder einigermaßen beruhigt wurden. Es tauchte allerdings kein Pressesprecher oder Konfliktmanager von der Polizei auf, welcher die Gründe für diese Aktion erklärt hätte.

Zweitens wurde beim Rückweg zum Bahnhof Pastor Keunecke verhaftet und zwar nur weil er sich die Dienstnummer eines Beamten notieren wollte, welcher ihn als Vollidiot beschimpft hatte. D.h. er hatte nur von seinem Recht gebraucht gemacht sich nach der Dienstnummer zu erkundigen. Freigelassen wurde er meines Erachtens nur, weil die Polizei erfahren hatte, dass er Pastor ist und sich Amnesty International der Sache angenommen hatte.

Drittens hatte ein Gewerkschafter im Bahnhof beobachtet, wie ein 17 jähriger von der Polizei misshandelt wurde nur weil er "Nazis raus" gebrüllt hatte. Die Polizei hat diesen Vorfall damit entschuldigt, dass viele Polizisten schon am Vortag angereist wären und deswegen schlecht geschlafen hätten. Ich denke, dass Polizisten, welche nur weil sie eine Nacht schlecht geschlafen haben sich nicht mehr unter Kontrolle haben, nicht geeignet sind für diesen Job.

Für mich bleibt der Eindruck, dass der Staatsschutz autonome Gewalttäter herbei phantasiert hat (auch auf Grund der Aussagen des Pressesprechers der Polizei beim letzten Bündnistreffen), die Polizei die Berichte des Staatsschutzes ohne sie zu hinterfragen übernommen hat und sie daher auf Phantomgefahren reagiert hat. Soviel mir bekannt ist sind die einzigen Aktionen, welche geplant waren, dass Besetzen der Straße um den Aufmarsch der Neonazis zu verhindern. Dieses ist übrigens keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Im Vergleich dazu hat die Bielefelder Polizei beim dortigen Neonaziaufmarsch letztes Jahr viel besonnener reagiert. Dort wurde eine Straße vor einer Unterführung von Bürgern besetzt, wo die Nazis marschieren wollten. Die Polizei hat damals eine Räumung unterlassen, so dass die Neonazis nicht marschieren konnten. Dieses ist auch die beste Möglichkeit um den Neonazis die Lust an ihren Aufmärschen zu nehmen, wie dem Interview mit Jan Raabe aus der NW zu entnehmen ist.

(rh, juli 2007)