Menü

Intervention und Präsenz der USA
auf dem europäischen Kontinent

Die EU pocht auf Neutralität und auf die territoriale Integrität Georgiens. Ihre Ambivalenz, ihr Doppel-Standard stellen die Unglaubwürdigkeit der EU bloß. Ihr Versuch, sich als Vermittlerin einzuschalten, schlägt deshalb fehl von Anfang an. Hat sie eigentlich die territoriale Integrität Serbiens respektiert? Mit Recht entgegnete der russische Botschafter in der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York seinem amerikanischen Kollegen, als dieser wagte, Moskau vorzuwerfen, die Souveränität Georgiens verletzt zu haben: "Welche Souveränität haben die USA mißachtet, als die NATO Belgrad 1999 bombardierte?" Eine prompte zutreffende russische Reaktion. Der Botschafter Rußlands vor den Vereinten Nationen trifft damit den Nagel auf den Kopf.

Eine verheerende EU-Politik an der Seite der US-Regierung desavouiert vollkommen die EU als Vermittlerin in einem Konflikt, wo der Angreifer, der Aggressor von den USA und der EU von Anfang an in Schutz genommen worden ist. EU-Truppen sind deshalb fehl am Platz. Keine Vermittlung aus einem solchem Konglomerat wäre glaubwürdig, denn die jetzige Zuspitzung im Kaukasus geht auf das Konto der NATO-Staaten, von denen die meisten EU-Staaten sind.

Die von der EU betriebene Kosovo-Abspaltung war nicht nur falsch, ungerecht und völkerrechtswidrig, sondern sie zeigt vielmehr, was für ein skrupelloses Europa die Souveränität Serbiens mißachtet und sich immer noch entgegen der Eigenständigkeit Serbiens in dessen Angelegenheiten einmischt. Daß dieses Europa zusammen mit den USA zur kriminellen Gewaltanwendung imstande ist, hat der Bombenkrieg 1999 hinreichend bewiesen.

Der französische Präsident als EU-Ratspräsident hat erfolgreich interveniert, um die Situation im Süd-Kaukasus zu stabilisieren. Mit dem Rückzug Georgiens aus den kaukasischen Autonomie-Regionen führt der Plan zur Waffenruhe. Die Gegengewalt von Rußland ist auf diese Weise gestoppt. Sie hat keinen weiteren Grund. Allerdings ist die unberechenbare georgische Führung schon gewarnt, daß Rußland im Fall neuer Angriffe reagieren würde. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen beiden Länder hatte Rußland zusammen mit anderen GUS-Mitgliedsstaaten in Südossetien eine Friedenstruppe stationiert. Diese Friedenstruppe bleibt nach dem Plan des EU-Ratspräsidenten Sarkozy bestehen. Die zusätzlichen russischen Truppen, die Georgiens Aggression bekämpft haben, ziehen sich zurück.

Merkel hat jetzt in Moskau nichts zu suchen. Sie hat vielmehr hierzulande etwas zu tun. Wäre sie als Außenpolitikerin effizienter, würde sie versuchen, eine agitierende NATO der Falken im Hauptquartier Brüssel zu bremsen. Die EU muß sich besinnen und ein dezidiertes Wort der Vernunft sprechen. Im europäischen institutionellen Raum gibt es keinen Platz für einen Aggressor. Georgien wurde von den USA seit langem aufgerüstet. Dahinter steht die verhängnisvolle Strategie der USA und der NATO, ihren militärischen Einfluß immer dichter an die Grenze Rußlands heran auszudehnen. Europa darf auf keinen Fall diesen militärischen Expansionismus weiter dulden, der die in Jahrzehnten aufgebauten gegenseitigen Vertrauensmaßnahmen zwischen Europa und Rußland unterminiert, ja zerstört und alle Abmachungen zunichte macht. Die fremde Intervention und militärische Präsenz der USA auf dem europäischen Kontinent durch ein expansionistisches Militärbündnis an der Grenze Rußlands bringt Unruhe und sät Konflikte, die Europa destabilisieren. Polen und die baltischen Staaten müssen an die Leine genommen werden, damit sich ihre Russophobie nicht weiter schädigend auf die EU auswirken kann. Schon die Pläne der USA, Raketen in Polen zu stationieren, haben Moskau gereizt. Solange ein US-Störfaktor mitten in Europa geduldet wird, kommt der Kontinent nicht zur Ruhe und wird weiterhin destabilisiert. Die US-Regierung gehört ein für alle Male ausgebremst, die sich immer noch die Frechheit herausnimmt, sich unverschämt in europäische Angelegenheiten ganz kriminell einzumischen. Dazu ist ein unberechenbarer georgischer Präsident sehr nützlich. Daß vom NATO-Generalsekretär zu hören ist, die Aufnahme Georgiens in die NATO bleibe für die Zukunft offen, sagt alles. Diese völlig taktlose deplazierte Erklärung eines aggressiven Bündnisses läßt vermuten, daß der georgische Angriff eine mit der NATO und den USA abgesprochene Provokation gewesen war. Mit dem Szenarium eines russisch besetzten Georgiens sollte offenbar eine westliche Militärintervention herbeigeführt werden. Das hat nicht funktioniert, also versucht man es jetzt über den Umweg der UN, obwohl sich dort in den kaukasischen Autonomiegebieten schon seit 1992 Friedenstruppen unter völkerrechtmäßigem GUS-Mandat befinden, in der Mehrzahl aus Rußland, aber auch aus anderen Ländern der GUS, der Organisation ehemaliger Sowjetrepubliken (ohne baltische Staaten), aus der jetzt plötzlich Georgien den Austritt angekündigt hat, wahrscheinlich um dieses bestehende GUS-Mandat auszuhebeln und dann US-hörige UN-Truppen ins Land zu bekommen, natürlich ohne russische Truppen. Es bleibt zu prüfen, ob das von Sarkozy vorgelegte Abkommen und die europäische Diplomatie solche Tricksereien mit Hilfe der UN verhindern will und kann.

Rußland und Deutschland sind fundamentale Säulen für eine stabilisierte Integration Europas. Sicherheitsprobleme, die in Europa entstehen, betreffen alle Länder des europäischen Kontinents. Deswegen haben die Russen auch berechtigten Anspruch auf das Mitentscheiden. Eine NATO-Osterweiterung war ein Schritt gegen die Integration des Kontinentes. Niemand in Europa sollte zusätzliche Barrieren aufbauen wollen, sondern das Gegenteil. Was die US-Interessen vermeintlich bedeuten, steht auf einem anderen Blatt.

Luz María De Stéfano de Lenkait,

Juristin und Diplomatin a.D.