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27. November 2012 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zur

Deutschlandfunksendung vom 25.11.2012 um 8 Uhr:
Nächstes Jahr Konferenz über den Nahen Osten als atomwaffenfreie Zone in Helsinki.

UN-Nuklearwaffen-Abrüstungsabkommen unterschreiben

Die jüngsten vernichtenden Angriffe Israels gegen Gaza acht Tage lang (14. bis 21.11.2012) lassen in aller Deutlichkeit die Gefahr einsehen, die ein höchst bewaffnetes Land darstellt, das zumal in Besitz von mehr als 200 Atombomben ist. Die arabisch-islamische Welt ist sich dessen voll bewusst. Ein Partner der USA hat kaltblütig mit unvorstellbarer, unmenschlicher Brutalität in Gaza jedes Vertrauen zerstört. Der US-Präsident steht vor der Frage, wie er jetzt ein zügelloses Israel bremst. Wie zwingt er ein längst entgleistes widerspenstiges Land zum Frieden? Die Frage, ob der US-Präsident mit der EU, mit Deutschland rechnen kann, um diese gewaltige Herausforderung zu meistern, bleibt immer noch offen.

Schon Präsident George W. Bush stand vor dieser Frage, und er versuchte etwas zu tun, als er sich in seinen letzten Tagen im Amt explizit weigerte, dem Bedrohungskurs Israels gegen den Iran zu folgen, weshalb der neue Präsident Barack Obama den Verteidigungsminister Robert Gates in seinem Amt bestätigte.

Die UN-Charta verbietet eindeutig nicht nur die Anwendung, sondern auch die Drohung mit Gewalt. Ein Verstoß gegen die UN-Charta sind nicht nur unverhältnismäßige, völlig disproportionierte Angriffe mit Bomben, Aufmarsch von Truppen, Bewaffnung und Finanzierung von Terror-Banden, sondern auch die verbale Drohung, die Vertreter der Regierung Israels weiter fast täglich manifestieren.

Die deutsche Außenpolitik wird im Kanzleramt konzipiert. Man vermisst aber von der Kanzlerin die volle solide Unterstützung dieser zivilisierten Prinzipien des Völkerrechts, die Grundlage der Außenpolitik sein sollten. Eine konsistente entsprechende Stellungnahme des Bundeskanzleramtes ist in diesem Sinn längst fällig.

Der damalige SPD-Kanzler, Gerhard Schröder sah zu Recht die Frage des Besitzes von Massenvernichtungswaffen nicht lediglich auf den Irak reduziert, denn die Forderung des internationalen Rechtes richtet sich ja nicht an einzelne, sondern an alle Staaten. Dieser dem Völkerrecht gemäße Standpunkt ist sicherlich im Kanzleramt allgemein bekannt. Der ehemalige Außenminister Joschka Fischer sah ebenso den Nahost-Konflikt als das wichtigste Problem der Nahost-Region. Folglich ist zu erwarten, dass man im Bundeskanzleramt und im Außenministerium die Situation nüchtern betrachtet und die richtigen Konsequenzen zieht, anstatt sich dem falschen Konstrukt der israelischen Regierungspolitik immer wieder anzuschließen. In dieser Haltung liegt das Scheitern der EU begründet. Sie diskreditiert sich deshalb an der Seite der Netanjahu-Regierung im Nahen-Osten.

Die große Lüge und Fälschung über Massenvernichtungswaffen im Irak ist heute weltweit entlarvt. Dieselbe Masche wird heute tendenziös gegen den Iran orchestriert. Die Falschheit ist in allen internationalen Konferenzen bloßgestellt. Es gab keine Atomwaffen - weder damals im Irak noch heute im Iran, weniger noch Pläne dazu. Diese Tatsache ist bei der UN bekundet worden, wie schon vor Jahren der damalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan wiederholt bestätigte. Dagegen gibt es keinerlei Fortschritte bei der Schaffung einer von Massenvernichtungswaffen befreiten Zone im Nahen Osten.

Sowohl die Resolution 687 (1991) als auch die Resolution 1284 (1999) proklamieren ausdrücklich dieses Ziel der UNO. Die Resolution 687 stellt fest, dass "von den Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten eine Gefahr für den Frieden und die Sicherheit ausgeht, und es notwendig ist, dahin zu wirken, im Nahen Osten eine Zone frei von Massenvernichtungswaffen zu schaffen."

Bei der Sicherheitsratssitzung am 14.4.2003 machte der Außenminister von Syrien sehr präzis darauf aufmerksam, dass die Abrüstung der ganzen Region bis Indien noch bevorsteht, Israel eingeschlossen.

Die Nutzung der nuklearen Energie für friedliche Zwecke ist ein Recht jedes Landes, auch des Irans. Das nukleare Programm Teherans ist infolgedessen absolut legitim. Die Wissenschaft ist ein universelles Gut, nicht etwas Restriktives für einige industrialisierte reiche Länder. Jeder Dialog zwischen dem Iran und einem anderen Staat, auch mit den Vereinigten Staaten, muss auf einer gleichberechtigten Basis und der Anerkennung der festgeschriebenen Rechte stattfinden.

Die Öffentlichkeit muss sich jetzt den Massenvernichtungswaffen in Israel widmen, ein Arsenal von über 200 Atomwaffen. Den Nahen Osten als eine atomwaffenfreie Zone zu schaffen, verpflichtet Israel, sein enormes disproportioniertes Atomwaffenarsenal aufzugeben. Sonst wird eklatant gegen UN-Resolutionen verstoßen: Nr. 687 und Nr.1284 unter anderen. Von einer Friedensbedrohung durch den Iran kann keine Rede sein: Iran bedroht weder die USA noch seine Nachbarstaaten mit Krieg. Der Iran stellt keine wirkliche Gefahr dar. Wenn die EU-Staaten wirklich entschlossen sind „für Frieden und Stabilität in der Region und für eine anständige Zukunft aller ihrer Völker zusammenzuarbeiten", dann muss man nicht den Druck auf den Iran verstärken, sondern auf Israel, um es zum Frieden und zur Abrüstung zu zwingen. 

Ein glaubwürdiger Schritt der neuen US-Regierung auf der Suche nach einem stabilen Frieden im Nahen Osten besteht darin, eine Zone frei von Massenvernichtungswaffen im gesamten Nahen Osten zu schaffen. In diese Aufgabe sind alle Länder der Region zu integrieren. Der Iran und Syrien haben schon die Initiative dazu vorgelegt. Diese Initiative ist in vollem Einklang mit dem Ziel des US-Präsidenten Barack Obama, das Völkerrecht an erster Stelle der Außenpolitik gelten zu lassen und auf dieser Basis dem UN-Gewaltverzicht-Prinzip absolute Geltung zu verschaffen. Es ist auch der Weg, die gesamte Region in die richtige Richtung zu lenken, nämlich für Frieden und Aufbau.

Der UN-Sicherheitsrat befasste sich mit dem Thema Abrüstung und Nicht-Verbreitung von Atomwaffen am 24.9.2009. Dazu wurde eine Sicherheitsratssitzung von höchster und auf höchste Ebene, vom US-Präsident Barack Obama einberufen, nur sieben Monate nach seinem ersten Amtsantritt. Staatschefs, und Regierungschefs der 15 Sicherheitsratsmitglieder waren zustimmend aktiv anwesend. Abrüstung ist eine wichtige Priorität der Außenpolitik des US-Präsidenten, wie er von Anfang an erklärte. Und eine wichtige Priorität der Vereinten Nationen seit der Agenda 2000. Jahrzehntelange Inaktivität hinsichtlich dieser dringlichen Aufgabe ist eine Schande. Die verlorene Zeit ist eine beschämende Anklage gegen Verantwortungsträger, die dieses Ziel vernachlässigt haben.

Der Atomwaffensperrvertrag (NPT) ist das zentrale Instrument für die atomare Abrüstung. Dessen voll bewusst legten die USA einen Resolutionsentwurf vor, der alle Länder aufruft, ihre Atomwaffenarsenale aufzugeben. Der USA-Entwurf wurde einstimmig als UN-Sicherheitsratsresolution verabschiedet im Oktober 2009. Der Aufruf der einstimmig verabschiedeten Resolution richtet sich sowohl an die fünf offiziellen Atommächte, wie auch an Indien, Pakistan und Israel, die den NPT-Vertrag nicht unterschrieben haben. Befangen in der jüngsten deutschen Geschichte versagten die Medien hierzulande, die Tragweite dieser bemerkenswerten Anstrengung der US-Regierung gerecht zu bewerten. 

Nach seiner Wiederwahl scheint Präsident Barack Obama sich von dem bremsenden kontraproduktiven Einfluss der israelischen Lobby befreien zu können ebenso wie seine Außenministerin Hillary Clinton, die aufgrund der Erfahrung mit der gescheiterten Regierung ihres Mannes hinsichtlich eines Friedensprozesses im Nahen-Osten diese Sache anders anzugehen weiß.

Jede zionistische Propaganda gegen den erwünschten UN-Zweck ist mit der größten Skepsis entgegenzutreten. Angesichts des Ausmaßes der aktuellen internationalen Krise, wäre es ratsam, reaktionären radikalen Stimmen in der deutschen Öffentlichkeit keinen Raum mehr zu geben. Es ist gerade dieses reaktionäre Umfeld, das eine sachgemäße verantwortungsvolle deutsche Außenpolitik bremst. Es ist an der Zeit, solchen Leuten mindestens in den Medien keinen Zugang mehr zu gestatten. Sonst fügen sich die Medien dem Spiel fremder Manipulation, das in einem solchen rückständigen Milieu fruchtbaren Boden findet. Betonköpfe wollen eine erfolgreiche amerikanische Diplomatie mit Druck, massiven Druck auf Israels Regierung nicht zulassen.

Europa und vor allem Deutschland müssen ihr generelles Verhalten überdenken.

Es geht um Abrüstung. Die Abrüstung ist in der Agenda 2000 der Vereinten Nationen niedergeschrieben und damit ein weltweit wichtiges Ziel. Die Abrüstung muss als höchste Priorität vorangetrieben werden, und zwar in allen Ländern. Die UN-Vollversammlung muss sich damit befassen. Sie ist dieser längsten Priorität verpflichtet und zuständig. Vor mehr als zehn Jahren rief noch einmal eine erhebliche Staaten-Majorität zu multilateralen Verhandlungen zur Verbannung von Kernwaffen (9.12.1997) auf. Und noch einmal waren es NATO-Staaten, die gegen die Abrüstungsresolution stimmten.

Ein Ausweg aus der ständigen Blockierung wäre, den Vorschlag des UN-Botschafters von Mexiko anzunehmen, nämlich das Nuklearwaffen-Abrüstungsabkommen, das seit 1997 auf dem Tisch der UN-Vollversammlung liegt, zu unterschreiben und vor der Weltpresse diejenigen Staaten, die sich verweigern, bloß zu stellen. Das hieße im Klartext, alle NATO-Staaten stünden am Pranger.

Wenn die europäischen Eliten und politischen Gremien weiterhin in dieser Angelegenheit längst überfälliger Abrüstungsmaßnahmen untätig bleiben, stellt sich die Frage nach ihrer Zurechnungsfähigkeit, eine Frage, die sich schon lange japanische Geschäftsleute angesichts der Erfahrungen von Hiroshima und Nagasaki in Bezug auf Europa stellen.

Abrüstung und Gewaltverzicht sind die einzige Lösung, die einzige glaubwürdige Garantie für den Frieden in der Golf-Region und in jeder anderen, Europa, Russland und Amerika eingeschlossen. Ein fruchtbares Feld für weitere konkrete Absprachen und vertragliche Beziehungen zu diesem existentiellen Ziel gerade jetzt, was Europa und den Nahen Osten angeht. Die Zeit ist reif genug für Abrüstung, eine schon viel zu lange vernachlässigte internationale Aufgabe. Israel wird sich ihr nicht entziehen können. Aber es wird alle Tricks und Ablenkungsmanöver konstruieren und seine Politik der Zweideutigkeit weiter betreiben. Gerade hier muss die deutsche Öffentlichkeit nachhaken, um sich nicht selbst in solche Manöver verwickeln lassen.

Die Verfügbarkeit deutschen Territoriums für nukleares Massenvernichtungspotential muss aufhören. Rechtlich betrachtet darf es für fremdes kriegerisches Eingreifen gegen ein drittes Land keine Stützpunkte geben. Die Konsequenzen aus dieser flagranten Illegalität müssen gezogen werden. Nicht nur die deutsche Bundesregierung wird sich hier eindeutig im Sinne des Völkerrechts positionieren müssen, sondern auch der Deutsche Bundestag. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass sich die relevanten Ausschüsse mit dem Thema der Atomwaffen erneut befassen und der Bundestag zu einer Beschlussfassung kommt, der als Ziel auch die Schaffung eines atomwaffenfreien Europas haben muss und dafür Fristen setzt, angefangen bei der überfälligen Beseitigung aller Atomwaffen und Zubehörs von deutschem Territorium. 

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait