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16. November 2014 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zu

Junge Welt (jW) vom 5.11.2014:
"Drohungen aus Kiew" von Reinhard Lauterbach

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 8.11.2014:
"Neue Provokation" von Julian Hans und Florian Hassel,

SZ vom 11.11.2014:
"Von Waffenruhe keine Spur" von Julian Hans und Cathrin Kahlweit,

SZ vom 12.11.2014:
"Die neue Mauer" von Cathrin Kahlweit

ARD/ZDF-Mittagsmagazin 13.11.2014

Ukraine, Syrien:
Merkels Worten müssen Taten folgen

Die Kiew-Regierung zeigt keine Vernunft. Die militärische Rückeroberung der Regionen des Donbass in Erwägung zu ziehen, die sich im März als unabhängig erklärten, ist völliger Unfug, reine Unvernunft. Damit verschließt sich Kiew einer Fortsetzung des Dialogs, den die Volksrepubliken angeboten haben. Ihre Forderung an Kiew, sie als Verhandlungspartner anzuerkennen und das ukrainische Militär aus der Region abzuziehen, ist die normalste Forderung der Welt, um die Lage zu entspannen. Nach dem abstoßendem Nationalismus im jüngst geführten Parlamentswahlkampf wäre es ein Signal der Vernunft von Kiewer Politikern, auf solche Angebote einzugehen. Wenn die Kiewer Regierung versuchen sollte, die Donbass-Gebiete zurückzuerobern, bekäme sie es sicherlich direkt und explizit mit Russland zu tun.

Ob Kiew es in dieser Situation kurzfristig riskiert, die Machtfrage im Donbass auch militärisch zu stellen, ist gewiss zweifelhaft. Die ukrainische Armee hat in den Kämpfen des Sommers nach eigenem Eingeständnis etwa zwei Drittel ihrer schweren Waffen und fast die ganze Luftwaffe verloren. Aktuell sind nicht einmal alle ukrainischen Soldaten mit Winteruniformen ausgerüstet.
("Drohungen aus Kiew" von Reinhard Lauterbach, jW, 5.11.2014)
Die NATO-Medien agieren weiter mit Lügen und Diffamierung Russlands und seinem Präsidenten. Anstatt die Gefahr einer unkontrollierten Atommacht wie die USA in Europa zu entlarven, wollen sie ihren Lesern weiß machen, Russland fürchten zu müssen. Polen und Balten, Tschechen, Slowaken und Ungarn werden als Kronzeugen dieser angeblichen "Angst" vor Moskau zitiert. Der Machtanspruch der Supermacht USA besteht für solche dummen Propaganda-Schreiberlinge nicht. Alles bleibt beim Alten in Deutschland und Europa: Die alte Kalte-Kriegsmentalität mit ihrer Lebenslüge dominiert weiter die europäische Szene und ihre rückständigen Medien.

Ein deutscher NATO-General Hans-Lothar Domröse spekuliert über künftige Übungen von bis zu 40.000 Soldaten in Osteuropa und im Baltikum, ohne Reaktion aus dem deutschen Verteidigungsministerium.
("Neue Provokation" von Julian Hans und Florian Hassel, SZ 8.11.2014)
Eine krasse Manifestation der Hardliner, die sich über das Primat der Politik hinwegsetzen wollen. Ein NATO-Befehlshaber schwadroniert von Großmanövern in der Nähe der russischen Grenze wie einst im Kalten Krieg. Das ist völlig kontraproduktiv und inakzeptabel. Düstere Absichten lassen sich dadurch erahnen.

Aus Berlin kommt kein politisches Bremsen. Keine mahnenden Worte. Das Bundeskanzleramt reagiert nicht auf die Ereignisse, das Außenministerium auch nicht. Sie lassen sich von den Ereignissen überrollen, statt sich zu entscheiden, wie sie sich zu ihnen verhalten wollen. Darüber hinaus ist es eine Zumutung, dass es ohne Reaktion aus Berlin bleibt, als die Kiewer Regierung 14 Millionen Euro als Kosten für eine Sperranlage zu Russland avisiert, die einmal 2000 Kilometer lang werden soll.

Berichte von Bewegungen angeblich russischer Truppen im Krisengebiet dienen den Machthabern in der ukrainischen Hauptstadt als Vorwand, den Krieg gegen die eigene Bevölkerung zu eskalieren. Der russische Außenminister Sergej Lawrow betonte daraufhin, die ukrainische Führung müsse ihre angekündigten Maßnahmen für den Frieden verwirklichen.

Der Willen der Bevölkerung im Donbass ist nicht nur vom Kreml zu respektieren, sondern auch von allen anderen europäischen Kanzleien, seitdem die Unabhängigkeitserklärung der Republiken Donezk und Lugansk in der Donbass-Region mit der Gründung des Volksrepublik Donezk am 7.4.2014 und der Volksrepublik Lugansk am 28.4.2014 zustande kam. Dadurch folgte am 24.5.2014. die Gründung des föderativen Staates Neurussland. Die gewählten Führer der unabhängigen Volksrepubliken müssen jetzt zwei unterschiedliche Ziele ernsthaft abwägen, und zwar einen Beitritt zur Föderation Russlands über den föderativen Staat "Neurussland" oder die Existenz als zwei autonome Volksrepubliken innerhalb der Ukraine.

Im Vorfeld des Gipfeltreffens G-20 in Australien (14. bis 16.11.2014) lässt der westliche Militärpakt und seine Medien lautstark über alle Kanäle provokative Inszenierungen gegen Russland laufen. Aus Polen und Estland lassen sich am meisten irrsinnige Provokationen hören. Eine Drohkulisse gegen Moskau soll zügig errichtet werden. Für die angedachte massive Aufrüstungsrunde müssen das eifrig gepflegte Feindbild Russland und natürlich der Kreml-Chef persönlich herhalten. Die reaktionäre Wut aus der extremen US-republikanischen Neocon-Ecke rührt aus ihrer nicht zu verbergenden Frustration, weil zu dem G-20-Gipfel im australischen Brisbane auch Russlands Präsident Wladimir Putin eingeladen wurde und natürlich präsent ist. Die bei solchen Anlässen ganz normale Marinepräsenz in internationalen Gewässern wird deshalb in den Medien im Falle Russlands hochgespielt, die ebenso normale US-Präsenz kommt aber nicht vor. Diese ganze Medien-Hype geht so weit, dass die SZ nicht davor zurückschreckt, sich mit ihrem Aufmacher lächerlich zu machen: "Putin demonstriert der Welt seine Macht". Na ja, was tut man nicht alles in der SZ-Redaktion, um sich seinen Ruf aufrecht zu erhalten, das Zentralorgan des Pentagon in Deutschland zu sein.

Die Regierung in Canberra nimmt aber die Luft aus dem medialen NATO-Ballon:

"Die Bewegung dieser Schiffe steht völlig im Einklang mit den Vorschriften der internationalen Gesetze, wonach sich Militärschiffe in internationalen Gewässern frei bewegen können".
Zu Recht erklärte der russische UN-Botschafter bei der dringlichen Sitzung des UN-Sicherheitsrat in New York:
"Es geht gar nicht um eine konstruktive Lösung in der Ukraine, sondern um nichts weiter als um neue Propaganda."
(ARD/ZDF-Mittagsmagazin 13.11.2014)

Zutreffend erklärte Andrej Hunko, MdB, Mitglied im Europa-Ausschuss für die Fraktion DIE LINKE im Bundestag am 5.11.2014:

25 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion können wir sehen, wie die EU im Verbund mit der NATO entgegen allen damaligen Versprechen ihren Einflussbereich immer weiter nach Osten ausbaut. ... Anstatt auf die Entweder-Oder-Entscheidung zwischen Russland und der EU zu drängen, wäre von allen Seiten eine Politik des Ausgleich notwendig.
("Abgeschrieben", jW, 6.11.2014)

Diese Stimme der Vernunft kommt bezeichnenderweise in der SZ oder anderen führenden deutschen Medien nicht vor.

Der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) sprach sich für einen Neuanfang in den Beziehungen zu Moskau aus. Die gemeinsamen Interessen des Westens und Russlands seien "erheblich größer" als die Differenzen, meinte Genscher in Bild am Sonntag vom 9.11.2014.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte beim Staatsakt zum 9.November in Berlin:

"Wir haben die Kraft zu gestalten, wir können die Dinge zum Guten wenden, das ist die Botschaft des Mauerfalls. In diesen Tagen richtet sich diese Botschaft an die Ukraine, an Syrien, an den Irak und an viele, viele anderen Regionen der Welt."

Merkels Worten müssen Taten und diplomatische-politische Initiative folgen, vor allem was Syrien betrifft. Die Bundeskanzlerin sollte ihren Außenminister nach Damaskus schicken, um dort die diplomatischen Beziehungen mit der syrischen Regierung wiederherzustellen.

Während internationale Medien ihre Berichterstattung auf die US-geführten Verbände fokussieren, die in Syrien und im Irak versuchen, den Daisch (Dschihadisten) in die Schranken zu weisen, kämpft die syrische Armee gleichzeitig an mehreren Fronten: Hauptschauplätze sind der Golan, das Damaszener Umland und Aleppo.

Das Treffen zwischen dem UN-Sondervermittler für Syrien, Staffan De Mistura, und dem syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad am Montag 10.11.2014 ist in deutschen Medien auch verschwiegen worden. De Misturas Vorschlag, den Konflikt um die Stadt Aleppo "einzufrieren", um den Menschen humanitäre Hilfe bringen zu können, der vor dem Wintereinbruch dringend gebraucht werde, wurde von Assad aufgeschlossen erhalten. Die Regierung und die Armeeführung befürworten einen Waffenstillstand in Aleppo. Allerdings "müsse de Mistura die Kämpfer überzeugen", den Plan zu akzeptieren. Wichtiger sei jedoch, die Staaten zu überzeugen, die die Kämpfer unterstützen, insbesondere die Türkei, so der Chefredakteur der syrischen Tageszeitung Al-Watan im Gespräch mit AFP.
("Preis des Krieges. Syrien: Sondervermittler De Mistura in Damaskus. Regierung prüft UN-Initiative. Oppositionelle Gruppen kritisierten Vorschläge"
von Karin Leukefeld, Damaskus, jW, 12.11.2014)

Die Bundesregierung sollte sich von den "Oppositionellen" der sogenannten "Nationalen Koalition" völlig distanzieren, die aus Istanbul die weitere Destabilisierung Syriens anstreben und den UN-Plan De Misturas, örtliche Waffenstillstandszonen einzurichten, boykottieren wollen. Umso dringender sind diplomatische Beziehungen mit Damaskus zu normalisieren, um den gewaltsamen Wahnsinn gegen die institutionelle Regierung Syriens ein Ende zu setzen. Das ist der Anfangspunkt, um die Dinge zum Guten zu wenden, wie die Bundeskanzlerin wörtlich vorhat.

Internationale Sanktionen gegen Russland stehen nicht mehr auf der Tagesordnung für das Treffen der EU-Außenminister am kommenden Montag 17.11.2014 Realismus ist angesagt.

Angesichts der Sicherheitsinteressen Russlands, die durch eine EU/NATO-Expansion im Rahmen der geplanten Einverleibung der Ukraine auf dem Spiel stehen, hat sich der Kreml, auch unter dem Druck der westlichen Sanktionen, nicht gebeugt. Letztere sind laut US-Vizepräsident Joseph Biden auf Druck Washingtons weitaus stärker ausgefallen, als es den meisten EU-Europäern lieb war. ... Hinzu kommen die Auswirkungen der Maßnahmen, die Russland im Gegenzug gegen den Westen verhängte. ... Inzwischen wachsen die Bemühungen vieler EU-Länder, entweder gemeinsam oder unilateral Wege zum Ausstieg aus den kostspieligen Sanktionen zu finden. ... Derweil haben die Chefs deutscher Großkonzerne in Moskau bereits darüber konferiert, wie man unter legaler Umgehung der EU-Sanktionen weiter mit den Russen im Geschäft bleiben kann. Offensichtlich wollten die deutschen Bosse nicht länger warten, bis sich die Politiker endlich in Richtung Sanktionsabbau bewegen. Zumal mit erheblichen Sperrfeuer aus Washington und von den russophoben Regierungen der östlichen EU-Mitglieder zu rechnen ist.
("EU-Kater nach Ukraine-Party" von Rainer Rupp, jW, 14.11.2014)

Der Brite David Cameron schwadroniert mit großer anti-russischer Klappe daher, aber seinem hysterischen Geschrei folgt niemand. Dieses Scheitern der extremen Radikalen ventiliert sich durch mediale Infamie und Schuldzuweisung an Russland für alle erdenklichen Katastrophen.

Das ungewöhnlich lange Gespräch der Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Präsident Russlands, Wladimir Putin, in Australien am 15.11.2014 zerschneidet die infame propagandistische angelsächsischen Schlinge und lässt auf einen Ausweg hoffen.

Die Annäherung von Präsident Barack Obama an den russischen Präsident Wladimir Putin am Rand des APEC-Gipfels in Peking geschah auch nicht im Sinne der Russophoben. Beide Präsidenten haben schon in Peking über das Ukraine-Problem und auch über Syrien und Irak gesprochen. Das bestätigte das Weiße Haus und die russische Delegation. Bei den Zusammenkünften ging es unter anderem auch um den Iran und die Beziehungen zwischen den USA und Russland, wie Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte.
(dpa, jW, 12.11.2014)

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait