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20. Juni 2015 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Bevorstehendes NATO-Treffen nächste Woche und die in ARD- und ZDF-Fernsehen unterschlagene Position der deutschen Regierung zum Verhältnis US-NATO zu Russland geben Anlass zu folgender Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 16.6.2015:
"40 neue Atomraketen" von Frank Nienhuysen und
"Anlauf zum Wettrüsten" von Florian Hassel ,

SZ vom 19.6.2015:
"Die NATO zeigt, was sie können will" von Daniel Brössler,

Junge Welt vom 19.6.2015:
Erklärung von Wolfgang Gehrcke, MdB - "Abgeschrieben"

Merkel:
Dauerhafte Stationierung von NATO-Kampftruppenin Osteuropa
Verstoß gegen die NATO-Russland-Grundakte - ARD/ZDF dazu stumm

Washington hat vor, 1.200 Militärfahrzeuge in Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und Bulgarien zu stationieren, vielleicht auch in Ungarn. So die New York Times. Wohin diese neue Zuspitzung und militärische Eskalation Washingtons führt, lässt sich durch die prompte Reaktion des russischen stellvertretenden Verteidigungsminister in Moskau erkennen: Zutreffend warf er der NATO vor, "einen neuen Rüstungswettlauf zu provozieren." Und fügte hinzu: "Wir werden darauf reagieren."

Es handelt sich jetzt nicht nur um rhetorische Konfrontation, sondern auch um unverantwortliche und kalkulierte militärische US-amerikanische Drohgebärden mitten in Europa in der Nähe Russlands. Dass Polen und Litauen für die Stationierung schwerer Waffen auf ihrem Territorium mit der US-Regierung liiert sind, spricht für ihren Wahnsinn, nämlich ganz Europa, vor allem sich selbst und ihre Nachbarstaaten wie Deutschland und Belgien zu gefährden. Es sind Regierungen, die aus dem Verlauf der Geschichte nichts gelernt haben und auch die heutige Realität nicht wahrnehmen können.

Wer war der Anfänger des Rüstungswettlaufs und der nuklearen Konfrontation in der Nachkriegszeit? Nicht Russland als damalige Sowjetunion mit dem Warschauer Pakt sondern die Vereinigten Staaten mit ihrer NATO, die als Militärpakt zuerst existierte, und die bis heute noch nach bald 25 Jahren der Auflösung des Warschauer Paktes (31.3.1991) mit nuklearen Waffen und anderen weiter droht. Eine derartige starke Präsenz der NATO mitten in Europa ist nicht zu verantworten. Ohne mit der Wimper zu zucken, nimmt Washington durch seine NATO die Auslöschung des Kontinentes in Kauf genauso wie damals mitten im Kalten Krieg, als die Vernichtung Zentral-Europas, Polens, der Tschechoslowakei, Österreichs und Deutschlands von Washington in Kauf genommen wurde (siehe akademische Forschungsveröffentlichung "Danger Nuclear War" von Jonathan A. Leonard, Washington). Der US-amerikanische Verteidigungsminister Robert McNamara wusste das und warnte davor. Selbst Winston Churchill, ein Realist, wollte den Kalten Krieg beenden, wissend, dass die nukleare Gefahr unermesslich und durch nichts zu rechtfertigen ist. Aber trotz aller Warnungen dauert der Wahnsinn immer noch an und droht jetzt mehr denn je, jeder Kontrolle zu entgleiten, weil das Weiße Haus die angespannte Lage mit seinen Bauernfiguren in Polen, in den baltischen Staaten und anderswo auf dem Schachbrett Europa anheizt und eskalieren lässt. Die extreme Zuspitzung der Spannungen in Europa, die das Weiße Haus skrupellos betreibt, weist auf eine unkontrollierte, unverantwortlich fahrlässig handelnde Regierung Obama, der alles zuzutrauen ist. Obama hat Radikale und Extremisten aus seinem eigenen und republikanischen, neokonservativen Lager nicht im Griff. Ihre große Wut, vor allem John Kerrys Wut, entspringt der Tatsache, dass die Krim den US-Plänen für einen US-Militärstützpunkt definitiv entzogen wurde, nämlich durch die Krim-Angliederung an Russland, die auch noch aufgrund des manifestierten Willens der Krim-Bevölkerung geschah. Diese Krim-Angliederung ist für die russische Regierung endgültig. US-Amerikaner können schreien, bis ihnen die Stimme bricht, die Krim wird ihnen nicht in die Hände fallen, eher findet die nukleare Apokalypse statt, wie Erklärungen aus Russland zu bewerten sind. Haben die USA verstanden, womit das enden könnte?

Die Krim ist wieder russisch, wie sie es historisch seit Katharina, die Große, immer war. Es handelt sich ganz klar um die Selbstentscheidung des Krim-Parlaments, und wie dort gewollt, später um die Entscheidung der ganzen Bevölkerung, eine Entscheidung, die zu respektieren ist, auch wenn sie der EU oder der USA nicht passt. Darüber hat Außenminister Sergej Lawrow seinen Kollegen John Kerry bei ihrem Treffen in Genf April 2014 ausführlich aufgeklärt. Kerry musste akzeptieren, dass seine Zumutung bei diesem Genfer Treffen, Russland aufzufordern, die Krim zurückzugeben, im Sande verlief. Daher seine später folgende unbeherrschte Wut gegen Moskau mit der ausgelösten medialen Propaganda-Masche gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Kriegshandlungen sind inakzeptabel für Europa. Washington muss sich besinnen und seine Abnormität überwinden: Kriegshandlungen sind zu bremsen. Diese klare Botschaft ist an Washington zu richten. Die USA müssen Europa respektieren lernen und akzeptieren, dass Europa seinen eigenen Takt hat und seine eigenen Interessen. Sonst müssen die USA Konsequenzen spüren. Übrigens sind politische Feigheit und Unentschlossenheit ein Handicap gegen jede verantwortliche Außenpolitik, die primär die Sicherheit des Kontinentes garantieren sollte. Mut und nüchterner Realismus sind angebracht.

Deutschen Medien und Politiker versäumen, die russische Position sachlich wahrzunehmen und zu begreifen. Ein Blick auf die Landkarte genügt, um zu erkennen, dass die Annäherung der NATO an die russische Grenze für Russland inakzeptabel ist. Schon die NATO-Osterweiterung fand als Rechtsbruch statt, denn sie erfolgte gegen alle politischen Abmachungen und Versprechungen. Kein Land der Welt würde passiv dulden, dass eine aggressive Macht wie die NATO es einkreist wie jetzt der NATO-Versuch mit Russland. Es ist für die Zukunft der Ukraine entscheidend, diese außenpolitische Wahrnehmung Russlands zu erkennen. Für Russlands Wahrnehmung seiner Sicherheit ist klar, dass die Ukraine keineswegs in die Hände der EU/NATO fallen darf. Im Osten und Süden der Ukraine widersetzt sich die Bevölkerung dem prowestlichen Kurs der von Faschisten durchsetzten Putschisten aus der Westukraine, die in Kiew die Macht übernommen haben.

Kanzlerin Angela Merkel machte deutlich, sie lehne eine dauerhafte Stationierung von NATO-Kampftruppen in Osteuropa als Verstoß gegen die NATO-Russland-Grundakte von 1997 ab, die eine Stationierung größerer Kontingente in Osteuropa verbietet. Auf dieser Grundlage haben die NATO-Staaten völkerrechtliche Verpflichtungen gegenüber Russland. Berlin versucht diese Verpflichtungen gelten zu lassen und opponiert deshalb zur unzulässigen Stationierung schwerer Waffen einer inkursiven NATO. Die fast totale Kontrolle deutscher Medien durch US-amerikanische Stellen lässt diese klare und deutliche Ablehnung der deutschen Bundeskanzlerin vor der deutschen Öffentlichkeit unterschlagen. ARD-Tagesschau und ZDF-Heute bleiben dazu stumm. Stattdessen war Außenminister John Kerry im ZDF und ARD zu sehen und zu hören, als ob er sich wirklich große Sorgen über den Rüstungswettlauf machte. US-amerikanische Falschheit und Zynismus sind grenzenlos und unübertroffen: Der Täter hinter dem Richter. Sie beschuldigen die Russen für ihre normale Reaktion auf das inakzeptable aggressive NATO-Säbelrasseln. Bisher haben sich die Russen gegenüber den ständigen Provokationen der NATO sehr zurückhaltend verhalten. Jetzt meldet das russische Verteidigungsministerium, es werde reagieren: Sollten die USA Waffen in die Nähe der russischen Grenze bringen, werden sie das Raketensystem Iskander im Gebiet von Kaliningrad stationieren. Iskander sind keine interkontinentalen Raketen, sondern Kurzstreckenraketen. Das Gebiet von Kaliningrad ist vollständig von EU-Territorien umgeben. Welche Ziele mögen also für solche Raketen vernünftig und besonnen vorgemerkt sein? Diese Frage sollten sich verantwortliche Politiker und Journalisten einmal stellen.

Bis wann toleriert Berlin ein solches Spiel mit dem Tod, das Washington von Anfang an mit Europa den ganzen Kalten Krieg entlang skrupellos gespielt hat? Ist nicht der Moment längst gekommen, dem Weißen Haus eine rote Linie aufzuzeigen? Bis zu welchem Punkt toleriert Russland die wahnsinnigen Provokationen Washingtons? Was will Washington damit erreichen? Seit langem protzen Washington und sein NATO-Generalsekretär in Brüssel mit einer feindlichen Rhetorik gegenüber Russland. Aber nicht nur das. Aus der anmaßenden beleidigenden Rhetorik folgen feindliche hinterhältige Akte aus dem Weißen Haus gegen Russland: Sanktionen, jetzt ihre Verlängerung (17.6.2015), eine von US-Stellen kontrollierte und gesteuerte Medien- und Propaganda-Maschinerie in ganz Europa, militärische Installation von Kriegsgerät aller Art, auch schwere Waffen in osteuropäischen Ländern, die sich verräterisch für solche inakzeptable militärische US-Installationen hergeben. All das unter der grotesken Falschheit, Europa zu "schützen". So der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und sein Instrukteur, US-Außenminister Kerry.

Ständig erlebt Europa die Aggression und das Diktat der USA auf dem Kontinent. Viel gefährlicher und schlimmer als im Kalten Krieg, in dem es keine diplomatische Erstarrung gab. Niemals während des Kalten Krieges war es so einfach wie heute, mit schweren Waffen in die Nähe Russlands vorzurücken. Moskau hat viel Geduld und Besonnenheit gezeigt trotz der ständigen und groben NATO-Provokationen. Derselbe Mann, der eine diplomatische Erstarrung zu verantworten hat, manifestiert sich "besorgt" und warnt vor einer Rückkehr in die Logik des Kalten Kriegs. Ein Zynismus ohnegleichen. US-Außenminister Kerry verbreitet schon seit langem seine irrsinnige Kalte-Kriegs-Logik gegen Russland, und zwar die Logik der Gewalt und Androhung mit Gewalt, indem er angebliche "Ängste" von Polen und Balten medial theatralisch aufgeblasen in Szene setzen lässt und ausnutzt. Ohne Rücksicht auf Europa, auf Deutschland, Österreich, Tschechien und andere zentral-europäische Länder nimmt Kerry die nukleare Verrottung dieser Länder in Kauf.

"Im Übrigen sind es die USA selbst - und nicht Russland - die das strategische Gleichgewicht zwischen den beiden Ländern zuerst gestört haben: Im Jahr 2002 verließen sie den ABM-Vertrag, der den Einsatz von Raketenabwehrsystemen begrenzte. Die USA wollten sich damit den juristischen Freiraum schaffen, um eine Raketenabwehr aufzubauen und sich dadurch zu immunisieren gegen mögliche Angriffe aus Russland..."

Nicolas Richter sieht das Ungleichgewicht zugunsten der USA völlig richtig in seiner Kolumne "Kalter Kaffee", SZ 18.6.2015. Und Daniel Brössler bemerkt diesbezüglich auch zutreffend:

"In der Tat ist die NATO in Bewegung wie seit langem nicht".
(SZ 19.6.2015)

Aber bei der SZ-Redaktion fehlt die Betrachtung des jüngsten SIPRI-Berichts, um das militärische Ungleichgewicht, ja, die absolute Unverhältnismäßigkeit zwischen der militärischen Kraft der NATO-Staaten und Russlands sachlich und insgesamt klarzustellen.

Die USA und Europa bleiben die höchst aufgerüstete Region der Welt. Russlands Militärausgaben sind dagegen weit vermindert. Nicht einmal die jetzt ausgewiesene 30% Erhöhung des Verteidigungsetat Russlands (heute 720 Milliarden Dollar für sein Rüstungsprogramm) schafft einen Ausgleich mit dem hoch aufgerüsteten Westen, was die USA/EU Aufrüstung angeht. Dem jüngsten bekannten SIPRI-Bericht (2014) mit seinen absoluten Zahlen sollten die Medien nachgehen, um dieses enorme Ungleichgewicht gegenüber Russland zugunsten der USA/EU zu erkennen und darüber zu informieren, so dass die verheerende NATO-Propaganda mit Fakten und Daten fair und sachlich konterkariert wird.

Wie viele Militärstützpunkte haben die USA und ihre Alliierten in der Welt, wie viele Russland oder China? Diese Recherche allein genügt, um die Lüge, die grobe Falschheit, die verkehrte und verstörte Sicht von Kerry, seines NATO-Sekretär Jens Stoltenberg und anderen Kriegswahnsinnigen zu entlarven. In Europa gibt es zudem immer noch US-Militär-Infrastruktur, wie das Raketenabwehrsystem, taktische Nuklearwaffen und konventionelle Kräfte, die die regionale und globale Lage destabilisieren. Es ist notwendig, mit Realismus und ohne Filter das krude US-Verhalten und ihres industriellen Militärkomplex wahrzunehmen, um nicht weiter in Selbsttäuschung und Täuschung der Öffentlichkeit zu verfallen.

In diesem Zusammenhang klingen die Worte vom Außenminister Walter Steinmeier absolut daneben, wenn er die ständige Modernisierung der nuklearen NATO-Arsenale und ihre Stationierung in Europa nicht öffentlich an den Pranger stellt, sondern sie sogar bedenkenlos hinnimmt, als ob das zur Entspannung der internationalen Beziehung beitrüge. Man sieht erneut, wie Steinmeier und sein Umfeld tickt, nämlich voller Minderwertigkeitskomplexe gegenüber US-Personal und US-Institutionen. Er wagt sich nicht, eine krude realistische Position gegenüber der höchst gefährlichen US-Europapolitik öffentlich einzunehmen, sondern singt lieber unwürdig als treuer Vasall den Gesang des fremden Herrschers und unerwünschten Interventionisten. Angesichts der angespannten Lage Europas benötigt die Bundeskanzlerin einen anderen Vertreter ihrer Außenpolitik. Dieser Posten ist von zu großer Tragweite als ihn einem kleinkarierten SPD-Funktionär zu überlassen, der nicht imstande ist, seinem zynischen Kollegen Kerry sachlich aufgrund der Fakten und richtig gemäß der völkerrechtlichen Verpflichtungen gegenüber Russland Kontra zu geben.

"Aus der bipolaren Welt nach dem Zweiten Weltkrieg, ist eine unipolare Welt geworden, dominiert von den USA. Das Recht des Stärkeren bedrängt oder verdrängt gar die Stärke des Rechts. ... Von einer Neuordnung der Beziehungen zwischen Europa und den USA könnten auch Obama und die USA profitieren. ... CDU und FDP hatten sich 2009 in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt, sich für den Abzug der Atomwaffen einzusetzen. Geschehen ist allerdings das genaue Gegenteil, im Mai 2012 stimmte die Bundesregierung der Modernisierung der in Büchel stationierten Atomsprengköpfe zu. Die Stationierung der US-Atomwaffen in Deutschland ist ein Relikt aus dem Kalten Krieg, sie müssen sofort abgezogen werden!"
(Wolfgang Gehrcke, MdB, stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion DIE LINKE)

Am Donnerstag 18.6.2015 kritisierte Wolfgang Gehrcke die Konfrontationspolitik gegen Russland:

"Die Manöver im Westen Russlands verschärfen die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen mit Russland.... Das NATO-Manöver ist Teil einer koordinierten Konfrontationspolitik gegen Russland.... Die NATO wirft mit der geplanten Stationierung von schweren Gerät, also Panzerkampfverbänden, in den baltischen Staaten und Polen alle Vereinbarungen der NATO-Russland-Akte über Bord.... Die deutsche Außenpolitik trägt dafür eine große Mitverantwortung. Vor dem Hintergrund dieser Konfrontationspolitik hat die Modernisierung der russischen Atomwaffen reaktiven Charakter.... Offensichtlich soll die Strategie der NATO im Kalten Krieg, die Sowjetunion sich totrüsten zu lassen, neu aufgelegt werden. Dieser unheilvolle Teil der Geschichte Europas darf sich ebenso nicht wiederholen wie die Kanonenbootpolitik Kaiser Wilhelms. Die Konfrontation und das Wettrüsten müssen beendet und ein Dialog mit Russland muss eingeleitet werden.
("Abgeschrieben", Junge Welt, 19.6.2015)

Die Zuspitzung und das tödliche Theater mit der Modernisierung von nuklearen Waffen seitens der US-Regierung und ihrer NATO, ihre aggressive Drohung durch angemeldete Waffen- und Truppen-Stationierungen im Umkreis Russlands findet genau dann statt, als sich die NATO in einem notorisch prekären Zustand befindet. Es ist plausibel, dass hier der wahre Grund für das medial aufgeblasene Getue, für die Drohgebärden, Protzerei und hysterischen Medieninszenierungen Washingtons liegt. Es ist öffentlich bekannt, dass man in Frankreich ernsthaft erwägt, aus der NATO auszutreten. Und nicht nur in Frankreich. Wahrscheinlich auch in Italien, Belgien und den Niederlanden ergibt sich diese vernünftige Erwägung. In Griechenland mit Sicherheit auch. Berlin scheint ebenso längst die rote Linie seiner Geduld mit Washington überschritten zu haben.

Es ist zu erwarten, dass die richtige Schlussfolgerung aus dem fortwährenden Rechtsbruchs des US-amerikanischen Gegners nicht auf die lange Bank geschoben wird. Deutschland muss gemäß seiner vollen Souveränität handeln und die existentiellen Interessen seiner Bevölkerung und der Bevölkerung ganz Europas vor der US-amerikanischen Drohgebärde schützen. Die Sanktionen gegen Russland und auch die Sanktionen gegen Syrien sind endlich aufzuheben. Alle diese unmenschlichen Fehlentscheidungen sind Konsequenz des Washingtoner Diktats, das die EU immer noch befolgt, eine inakzeptable Einmischung, die Europa völlig unterordnet und als Subjekt des internationalen Rechts in den weltweiten Staatenbeziehungen nichtig macht. Die EU dürfte keine weiteren Sanktionen beschließen. Sanktionen sind feindliche Maßnahmen, die noch nie und nirgends konstruktiv gewirkt haben. Vielmehr sind sie Vorstufe zum Krieg, wie die Geschichte lehrt.

Rund 77 Prozent der Deutschen lehnen ein Eingreifen von NATO-Truppen in der Ukraine ab, selbst wenn Russland Gebiete in der Ukraine besetzen sollte. Dieses Forsa-Umfrage-Ergebnis von Anfang April 2014 ist ein erfreuliches Zeichen von politischer Vernunft und Realismus in der deutschen Bevölkerung. Besonders angesichts der seit Monaten in den Medien und von führenden Politikern befeuerten antirussischen Stimmungsmache. Berlin hat immer laviert zwischen der aggressiven Haltung Washingtons und der rechtmäßigen Position Moskaus. Die Bundeskanzlerin zeigt sich außenpolitisch immer dann schwach, wenn sie das Völkerrecht über Bord wirft und die Außenpolitik ohne Boden, ohne Säule lässt und deshalb verletzlich und labil gegenüber jeden Druck seitens der USA, der NATO oder aus anderer radikaler Ecke. Das darf jetzt in dieser angespannten Lage Europas nicht mehr geschehen.

Wenn ein US-Kerry in bester Gangster-Manier wagt, Russland und darüber hinaus internationale Konferenzen wie vormals die G8-Konferenz zu bedrohen, als ob er Herr der Welt sei, ist es offensichtlich, dass es Europa mit einem skrupellosen Gegner und keinen Partner zu tun hat. Hier ist die rote Linie gegenüber den USA überfällig. Verhandlungen und politische Gespräche müssen auf dem Boden des Völkerrechts stattfinden. Sonst landet die Außenpolitik in dem Dschungel von Mafia-Bossen, Spionage-Diensten, verdeckten Operationen, Mordkommandos und Armeen, genau der Dschungel, in dem sich das Weiße Haus jetzt verzweifelt und unkontrollierbar bewegt.

Die Öffentlichkeit steht vor einer medialen Eskalation. Heerscharen von US-hörigen PR-Spezialisten und Redakteuren heizen die Lage um die Ukraine an, eine medial inszenierte Konfrontation gegen Russland, was der deutschen und europäischen Außenpolitik absolut widerspricht und sie offen sabotiert. Bestimmte EU-Kreise schlagen unter Washingtons Orchestrierung den aggressiven Ton an und erschweren damit maßlos die diplomatischen Bemühungen Berlins. Es sind Kreise, die gegen das Interesse Europas arbeiten und eine Befangenheit von "Kaltem Krieg" zwischen "dem Westen und Russland" errichten wollen. Bei allen propagierten politischen und medialen Erklärungen hat sich diese konfrontative destruktive Haltung gegenüber dem Kreml als purer Blödsinn öffentlich manifestiert. Es gibt keine russische Aggression, weder gegen die Ukraine noch gegen irgendein anderes europäisches Land. Russland ist auch nicht gegen die Ukraine eingestellt. Von der Hysterie aus Polen und einigen anderen osteuropäischen Staaten müssen sich die anderen europäischen Regierungen klar distanzieren und sich besinnen.

Vor diesem Hintergrund war vor mehr als einem Jahr die recht kurze Abschlusserklärung der NATO-Verteidigungsminister bei ihrem Treffen zur Ukraine am 26.2.2014 ein weiterer diplomatischer Erfolg Deutschlands. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen konnte die deutsche Position durchsetzen und in konstruktiver Weise die harte, konfrontative Linie Washingtons gegenüber Russland stoppen. Spanien stellte sich an die Seite Deutschlands. Die Abschlusserklärung vom 26.2.2014 ebnet den Weg zu einer einvernehmlichen Lösung mit Russland und läuft den destabilisierenden, machtpolitischen Plänen der USA zuwider. Mit dieser eingeschlagenen Linie der deutschen Regierung und ihren Schlussfolgerungen wird auf der kommenden NATO-Sitzung (Mittwoch, 24.6.2015) zu rechnen sein, trotz aller Verwirrung stiftender und abstrus wirkender Öffentlichkeitsarbeit.

Eines muss klar sein: Kein NATO-Land wird jemals mit militärischer Gewalt für ein NATO-Mitglied einstehen. Das Gegenteil wäre völlig irrational und Irrationalität ist glücklicherweise nicht generell durchsetzbar, sondern die Ausnahme. Abschreckung ist eine obsolete Kategorie genauso wie "kollektive Sicherheit" oder "Bündnisfall". Politiker wie die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und deutsche Medien erschienen in der Vergangenheit weder vorbereitet noch bereit, die Bedeutung und Tragweite dieser unanwendbaren überholten Ideen sachlich zu begreifen. Die in ihnen enthaltenen unermesslichen, unkontrollierbaren Gefahren sind zu erkennen und entsprechend ist zu räsonieren.

Kollektive Sicherheit führt zum totalen Krieg gegen einen. Der sogenannte Bündnisfall ist längst überholt. Er ist eine Eskalationsstufe, die das Primat der Politik beseitigt und liquidiert. Damit dient die NATO der Eskalation, und keiner Entschärfung eines Konfliktes. Schlimmer kann es nicht sein. Gerade jetzt steht Europa vor der unkontrollierten Lage seitens einer unzurechnungsfähig wirkenden Obama-Regierung. Selbst wenn es tatsächlich eine Aggression gäbe, würde der sogenannte Bündnisfall als reiner Wahnsinn wirken. Das ist völlig unvereinbar mit dem Zweck der internationalen Friedensordnung, nämlich den Frieden zu bewahren durch das Primat der Politik, die sich in einem effektivem vernünftigen Krisenmanagement erweisen sollte. Auch deswegen ist die NATO schon tot, und sie muss in Ruhe bleiben.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait