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Kapitalismuskritik muss Teil politischer Bildung sein

Nach Tagung: Politische und ökonomische Bildner*innen vernetzen sich

Ob im Schulunterricht oder in der Erwachsenenbildung: Kapitalismuskritik muss Teil einer vielfältigen politisch-ökonomischen Bildung sein. Dieses Fazit ziehen politische und ökonomische Bildner*innen aus der Tagung "Dirty Capitalism – Politische Ökonomie (in) der politischen Bildung", die das Forum kritische politische Bildung zusammen mit Attac und der Professur Didaktik der Sozialwissenschaften der Universität Gießen ausgerichtet hat. 

Als ein weiteres Ergebnis der Online-Konferenz haben sich Teilnehmer*innen zu einer losen Arbeitsgruppe  mit dem Arbeitstitel "Kritische ökonomische Bildung" zusammengeschlossen. Ihr Ziel: die Diskussion und Verbreitung kritischer Bildungsmaterialien. Zudem wollen sie die gesellschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen in den Blick nehmen, mit denen sich kritische ökonomische Bildung konfrontiert sieht. Diese Vernetzung kritischer Bildner*innen ist ein Novum. 

Unternehmensnahe Stiftungen fluten Schulen mit kostenlosem Material 

Sie reagieren damit auf ein schon länger bekanntes Problem: In den Schulen werden politische Fragen zunehmend zugunsten einer scheinbar neutralen "Wirtschaftslehre" im Zeichen der neoklassischen Theorie verdrängt. Hinzu kommt eine Fülle oft einseitiger kostenloser Materialien von unternehmensnahen Institutionen. Über die wenig bekannten Tätigkeiten unternehmensnaher Stiftungen im Bildungsbereich referierte Anja Hirsch auf der Tagung. Diese sind wenig transparent, finanzieren einschlägige Unterrichtsmaterialien und fördern Stiftungsprofessuren in der Wirtschaftsdidaktik. Zudem betreiben sie politisches Agenda Setting, sind aber – im Gegensatz zu Attac – dennoch meist als gemeinnützig anerkannt.

Als weiteres Problem diskutierten die Tagungsteilnehmer*innen, wie kritische Debattenräume bedroht werden, indem mit Hilfe von Schlagworten wie "Extremismusprävention" oft auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus behindert wird. Um dieses Thema wird es auf der nächsten Tagung des Forums kritische politische Bildung in zwei Jahren gehen. 

Kritik der politischen Ökonomie muss zeitgemäß aktualisiert werden

Große Einigkeit gab es auf der Tagung,  dass die Bildungsarbeit wieder an die Kritik der politischen Ökonomie anknüpfen sollte. Dies erfordert eine zeitgemäße Aktualisierung, die Sonja Buckel, Lukas Oberndorfer und Ruth Sonderegger unter dem Stichwort "Dirty Capitalism" diskutierten. "Schmutzig" meint dabei, dass der Kapitalismus nicht als "reines" Wirtschaftssystem von anderen gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen wie Rassismus, dem Geschlechterverhältnis, (Post-)Kolonialismus oder der Ausbeutung der Natur getrennt werden kann.

Wichtige Impulse kamen auch aus dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac: Bettina Lösch diskutierte mit Jan Niggemann die Bedeutung von Klassenverhältnissen für die politische Bildung. Stefanie Hürtgen plädierte für eine ökonomischen Lehre, in der Alltagserfahrungen in Beziehung zur kapitalistischen Produktionsweise gesetzt werden. Und Alex Demirović machte sich für einen demokratisierenden Zugriff auf Wirtschaftsprozesse insgesamt stark. Denn, so der Soziologe: Unsere Zukunft dürften wir nicht den anonymen Prozessen des Marktes überlassen.

Kontakt Vernetzung "Kritische ökonomische Bildung": bildung@attac.de