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Gegendarstellung zum Bericht von Radio Siegen über den Informationsabend „Stromnetze in Bürgerhand“

Am 12.07.2011 fand im LYZ ein Informationsabend über die Möglichkeit einer Rekommunalisierung des Stromnetzes in Siegen statt. Radio Siegen sendete am darauffolgenden Tag drei Beiträge zu diesem Thema, die einige völlig unzutreffende Aussagen und Einschätzungen enthielten. Der Versuch von attac, mit den Redakteuren an einer Richtigstellung zu arbeiten, wurde von Radio Siegen abgewiesen. Daher kann attac sich nur auf seiner Homepage um eine wirklichkeitsgetreue Darstellung bemühen.

Im Folgenden sind die drei Meldungen von Radio Siegen abgedruckt. In eckigen Klammern […] finden sich die richtigstellenden Hinweise und Ergänzungen. Ein zusammenhängender Kurzbericht über den Informationsabend findet sich ebenfalls auf der Homepage von attac Siegen.

1. Beitrag von Radio Siegen:

„Verschiedene heimische Umweltverbände setzen sich für ein Stromnetz in Bürgerhand in Siegen ein. Dazu haben gestern rund 70 Besucher bei einer Infoveranstaltung im Siegener Lyz diskutiert. Hintergrund ist das Ende des Strom-Konzessionsvertrages zwischen Siegen und dem RWE im nächsten Jahr.

Wirklich spannend wurde die Diskussion erst, als sich zwei Besucher aus dem Publikum als RWE-Mitarbeiter der oberen Etage outeten.“

[Obwohl es sich um ein kompliziertes Thema handelte, war der gesamte Informationsabend äußerst spannend. Den Referenten gelang es hervorragend, die finanziellen und ökologischen Vorteile der Rekommunalisierung des Stromnetzes für die Städte und ihre Bürger darzustellen. In der Diskussionsrunde konnten die interessierten Bürger hilfreiche praktische Informationen über die Anwendung der Erkenntnisse auf die Siegener Verhältnisse erhalten. Referate und Diskussion dauerten zusammen beinahe drei Stunden – und erst ganz am Ende leisteten die RWE-Vertreter ihren Beitrag].

„Ihr Angebot, man könne auch mit dem RWE als Netzbetreiber mehr für erneuerbare Energien tun, nahm ihnen kaum jemand ab. Stattdessen gab es stellenweise Schmunzeln und offenes Gelächter. Viel Neues gab es bei der Diskussion nicht.“

[Für die meisten anwesenden Bürger gab es eine Fülle von neuen und hilfreichen Informationen. Die positiven Folgen der Rekommunalisierung in Wolfhagen und die vielen weiteren Städte und Stadtverbünde, die die Stromnetze zurückgekauft haben oder noch dabei sind, machten den Siegener Bürgern Mut, sich auch in Siegen dafür einzusetzen.]

„Die Stadt verhandelt ausschließlich mit RWE über einen neuen Vertrag“

[Dies trifft in der Tat zu und ist sehr erstaunlich, denn im Allgemeinen ist das Verhandlungsergebnis besser, wenn mit mehreren möglichen Vertragspartnern verhandelt wird. Ein möglicher Grund dafür wurde durch die Aussage eines RWE-Vertreters deutlich, dass RWE im Falle der Rekommunalisierung zahlreiche Siegener Arbeitsplätze in Städte verlagern würde, deren Stromnetz RWE betreiben darf.]

„Eine Kommunalisierung des Stromnetzes wird es in den nächsten 10 Jahren wahrscheinlich nicht geben!“

[Es wird nicht erwähnt, dass am Ende des Informationsabend zu einer Beteiligung an einer Unterschriftenaktion eingeladen wurde, die darauf abzielt, einen Übergangsvertrag abzuschließen, damit die Stadt Siegen nicht 10 volle Jahre auf die erheblichen Vorteile warten muss, die sich durch einen Rückkauf der Stromnetze ergeben würden. Ob diese Initiative erfolgreich ist, hängt von dem Interesse der Siegener Bürger an dieser Frage ab. Dadurch, dass Radio Siegen diesen Punkt verschwiegen hat, hat der Sender mit dazu beigetragen, dass die Siegener Bürger keinen Zugang zu diesen für sie so wichtigen Informationen haben.]

Tobias Stein, Nachrichtenredaktion

2. Beitrag von Radio Siegen:

„Rund 70 Bürger haben gestern im Siegener Lyz über die Möglichkeit eines Stromnetzes in Bürgerhand in Siegen diskutiert. Das Anti-Globalisierungsnetzwerk attac [globalsierungskritisches Netzwerk] und verschiedene Umweltverbände hatten dazu eingeladen. Hintergrund ist, dass der Vertrag zwischen der Stadt und dem Netzbetreiber RWE Ende Mai 2012 ausläuft.

Der spannendste Vortrag des Abends kam aus Wolfshagen (sic). Die Kleinstadt in Nordhessen hat vor 5 Jahren ihr Stromnetz zurückgekauft und ist seitdem selbst Netzbetreiber. Mit gutem Erfolg: 100 % des Stroms kommt aus erneuerbaren Energien, die Verbraucherpreise sind vergleichsweise niedrig und die Stadt macht Gewinne. Aber: Wolfshagen ist acht mal kleiner als Siegen, die Gegebenheiten ganz andere als hier. Ob das System also nach Siegen übertragen werden kann, ist zumindest fraglich; in den nächsten 10 Jahren sogar eher unwahrscheinlich.“

[Der zweite Vortrag ging schwerpunktmäßig auf die Frage der Anwendbarkeit auf Siegener Verhältnisse ein. Dabei wurde deutlich, dass wesentlich kleinere Städte als Siegen ökologische und finanzielle Vorteile vom Rückkauf der Stromnetze haben, dass sich aber auch größere Städte um eine Rekommunalisierung bemühen, wie etwa Stuttgart, Hamburg und Berlin. Auch für mehrere Städte oder Stadtverbünde, die etwa die Einwohnerzahl von Siegen haben, ist die Rekommunalisierung vorteilhaft gewesen: Hochsauerland-Energie GmbH, Gemeinsame Stadtwerke Münsterland, Darmstadt, Recklinghausen, Herne und Detmold. Die Rekommunalisierung ist ein deutschlandweiter Trend bei Städten in allen Größenordnungen.]

Tobias Stein, Nachrichtenredaktion

3. Beitrag von Radio Siegen:

„Rund 70 Bürger haben gestern im Siegener Lyz über die Möglichkeit eines kommunalen Stromnetzes in Siegen diskutiert. Das Anti-Globalisierungsnetzwerk attac und verschiedene Umweltverbände hatten zu dem Info-Abend eingeladen. Hintergrund ist, dass der Stromnetz-Vertrag zwischen der Stadt und Netzbetreiber RWE Ende Mai 2012 ausläuft.

Mehr Transparenz, mehr Bürgerbeteiligung, mehr Einnahmen für die Stadt und mehr erneuerbare Energien. Das alles spricht für attac und seine Verbündeten für den Wechsel von RWE zur Stadt als Netzbetreiber. Siegens Kämmerer Reinhold Baumeister sieht vor allem das unternehmerische Risiko und hohe Kosten.“

[Auch auf diese Frage wurde im Diskussionsteil eingegangen: Andere Städte haben die Erfahrung gemacht, dass der bisherige Netzbetreiber in den Verhandlungen meistens stark überhöhte Preise für den Rückkauf des Stromnetzes verlangte. Durch anschließende Gerichtsverfahren wurde der tatsächliche Kaufpreis auf 50% oder sogar 33% der ursprünglichen Forderung festgelegt. Insofern ist das finanzielle Risiko sehr viel geringer als der Stadtkämmerer vermutet.]  

„Ein bisschen Wind nahmen auch die Expertenvorträge den Befürwortern des Projekts aus den Segeln. Sie waren sich einig, dass die Kommunalisierung des Stromnetzes mindestens 3 Jahre Vorlaufzeit braucht. Siegen hätte bis 2012 aber nur noch 1 Jahr Vorbereitungszeit.“

[Diese Tatsache war den Organisatoren schon bekannt. Deshalb wird die Stadt Siegen in der Anregung gemäß §24 der Gemeindeordnung dazu aufgefordert, einen Interimsvertrag für zwei bis drei Jahre abzuschließen, der die Vorbereitung der Netzübernahme ermöglicht.]

Tobias Stein, Nachrichtenredaktion

Attac Siegen hofft, dass diese Richtigstellung den Siegener Bürgern hilft, die Frage der Rekommunalisierung besser beurteilen zu können. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, dass Radio Siegen in Zukunft sorgfältiger recherchiert und dazu bereit ist, unzutreffende Informationen richtig zu stellen, wo es erforderlich ist.