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Green New Deal – ein Konzept zur Durchsetzung der sozial-ökologischen Transformation

Im Sonderbericht von 2018 hatte der Weltklimarat eine vollständige Reduktion der Klimagase bis 2050 angemahnt, um gefährlichen Kettenreaktionen bei einer Erderwärmung über 1,5 Grad zu entgehen. Heute fordern die Fridays for Future – gestützt auf neuere Studien  – CO2-Neutralität bis 2035, um das 1,5 Grad-Ziel zu halten. Das aber setzt neben einer ambitionierten Energiewende den zügigen Umbau zentraler gesellschaftlicher Bereiche wie Verkehr, Agrarwirtschaft, Industrie, Gebäudebewirtschaftung voraus.

Die Frage, wie in der verbleibenden Zeit von 10 bis 15 Jahren ein so tiefgreifender Strukturwandel politisch durchgesetzt und sozial gerecht vollzogen werden kann, führt uns zum Nachdenken über Green New Deal, verstanden als strategischer Konkretisierung von sozial-ökologischer Transformation.

Der Begriff "Green New Deal" ist nicht neu. Er knüpft historisch am New Deal des US-Präsidenten Roosevelt aus den 1930er Jahren an, der nach der großen Depression von 1929 regulierend in das Wirtschaftsgeschehen eingegriffen und durch öffentliche Investitionsprogramme Arbeitsplätze und die Grundlagen des amerikanischen Sozialstaates geschaffen hatte. Seit den späten 1980er Jahren werden unter "Green New Deal" verschiedene Modelle sozialökologischer Reformpolitik diskutiert. In Debatten der Grünen wurde das Konzept bisweilen auf eine ökologische Reform des neoliberalen Kapitalismus reduziert.

Mit Zuspitzung der Klimakatastrophe und der sozialen Krise wurde der Green New Deal politisch neu akzentuiert. Wegweisend dafür waren u.a. das Buch der kanadischen Journalistin Naomi Klein von 2019 ("Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann") sowie von der Klimabewegung inspirierte (partei-)politische Debatten in den USA und England. Forderungen nach Beendigung des Neoliberalismus und einer sozialökologischen Wende, wie sie in den USA von Alexandria Ocasio-Cortez und Bernie Sanders im Wahlprogramm der Demokraten sowie von Jeremy Corbyn für die britische Labour Party formuliert wurden, fanden auch Eingang im Konzept Green New Deal für Europa des europäischen Bündnisses DiEM 25.2.

Bei einigen Unterschieden lassen sich folgende gemeinsamen Programmpunkte ausmachen:

    • Demokratisch eingebettete staatliche Regulierung der Wirtschaft,
    • öffentliche Investitionsprogramme zur Finanzierung einer sozial strukturierten Energiewende, Verkehrswende, Agrarwende sowie Konversion der Auto- und Rüstungsindustrie,
    • Beschäftigungsgarantien, Umschulungsprogramme, neue Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor,
    • Regionalisierung der Wertschöpfung,
    • Rekommunalisierung von öffentlichen Versorgungsstrukturen,
    • Ausbau des Sozialstaates und Demokratisierung der Gesellschaft.

Eine wichtige Rolle hinsichtlich der Finanzierung des Green New Deal mit öffentlichen Mitteln spielt bei diesen Konzepten die postkeynesianistische Geldheorie Modern Monetary Theorie (MMT). Die Besteuerung großer Vermögen ist als Regulierungsinstrument angedacht.

Inspiriert durch die US-amerikanische und britische Debatte scheint auch das Konzept eines Linken Green New Deal von Bernd Riexinger, das ebenfalls in der Tradition Roosevelts auf umfangreiche öffentliche Investitionen und staatliche Regulierung setzt. Im Unterschied zu den vorgenannten Konzepten sieht dieser Entwurf zur Finanzierung öffentlicher Investitionen jedoch nicht staatliche Geldschöpfung im Sinne von MMT vor, sondern Vermögens- und Konzerbesteuerung.

Von öffentlichen Investitionen und einem sozial strukturierten ökologischen Umbau weit entfernt ist der European Green Deal der EU. Für dieses Programm wurde lediglich das Wording der neu aufgeflammten Green-New-Deal-Debatte aufgegriffen und mit neoliberalen Inhalten besetzt.

Wir laden ein zur Strategiedebatte und kritischen Auseinandersetzung: Online-Seminarreihe des Attac-Rats zu Green New Deal (GND) und Sozial-Ökologischer Transformation (SÖT)

Alle Termine

Donnerstag, 18. Februar, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr
Der GND – Ausweg aus dem sozialen und ökologischen Desaster
mit Vincent Welsch aus Frankfurt, Mitglied des deutschen Kampagnenteams Green New Deal für
Europa von DiEM25

Donnerstag, 04. März, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr
GND-Debatte – Finanzierung der SÖT (Teil 1)

mit Dr. Dirk Ehnts, Vertreter der Modern Monetary Theory (MMT)

Donnerstag, 08. April, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr
GND-Debatte – Finanzierung der SÖT (Teil 2)

mit Prof. Dr. Rudolf Hickel, Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik und
des wissenschaftlichen Beirats von Attac

Donnerstag, 18. März, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr, Auftakt zum Attac-Frühjahrsratschlag
Klimagerechte Mobilitätswende als internationale Herausforderung

mit Achim Heier (Attac-Kampagne einfach.umsteigen): Öffis statt Autos – aber wie?, Manuela Kropp (rls Brüssel): Abhängigkeiten in der europäischen Autoindustrie, Bernhard Knieriem (Bahn für alle): Ausbau des europäischen Schienenverkehrs

Donnerstag, 01. April, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr
Agrar- und Ernährungswende: Wie wir weltweit unsere biologischen Lebensgrundlagen schützen müssen!

mit Jutta Sundermann, Journalistin und Agrar-Aktivistin

Donnerstag, 15. April, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr
Industrie- und Rüstungskonversion – ökologisch, sozial und friedlich, entlang problematischer nationaler und internationaler Wertschöpfungsketten
Wir diskutieren mit Hans-Jürgen Urban, Vorstand der IG Metall

Donnerstag, 29. April, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr
Die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels ist möglich – Konsequenzen aus der Machbarkeitsstudie des Wuppertal Instituts für Fridays for Future
Wir diskutieren mit Vertreter*innen der Forschungsgruppe

Donnerstag, 06. Mai, 19:00 bis ca. 20:30 Uhr
Ohne sozial und ökologisch gerechten Welthandel kein GND
Wir diskutieren mit Attac BAG Welthandel und WTO

Alle Termine und dazugehörige Materialien in der Übersicht