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27. September 2011 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Dass zum jetzigen Zeitpunkt scheinbar mehr oder weniger aus heiterem Himmel ein deutscher Ex-NATO-General, namens Egon Ramms, in der Süddeutschen Zeitung eine NATO-Propaganda-Plattform bekommt, macht stutzig und gibt Anlass zu folgender Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 22.9.2011, Rubrik Außenansicht: 
„Die NATO als Lebensversicherung“ von Egon Ramms 

Gebot der Stunde: 
Austreten aus der menschenfeindlichen Militärorganisation NATO,
die mächtigste kriminelle Vereinigung der Welt

Eine Unrechtsorganisation wie die NATO als Lebensversicherung zu bezeichnen, ist eine Ungeheuerlichkeit.

Eine humanistische, christliche Gesellschaft hat keine „Wertegemeinschaft“ mit einem militärischen Bündnis, das sich gegen das Recht erhebt, die Welt mit Massenvernichtungswaffen bedroht und Völker mit unzähligen Kriegen auslöscht. Zur reinen Barbarei gehört die seltsame Idee, durch massenmörderische Mittel „ureigenste Interesse“ zu schützen. Das Militär ist dem Primat der Politik unterzuordnen. Mindestens in einem demokratischen Rechtsstaat. In einer Diktatur ist es anders. Die Darstellung des Generals a.D. Egon Ramms gehört zu einer Diktatur, nicht zu einer Demokratie, schon gar nicht zu einem Rechtsstaat, der seine Beziehungen mit anderen Völkern und Länder auf die Grundlage des Rechts pflegen muss, vor allem, wenn es um Interessen geht, die unter einander zu regeln sind. Ja, die Politik muss sich dem Recht unterordnen. Und jedes Militär das Primat der Politik erkennen. Sonst degenerieren Militär und Politiker in eine Räuberbande, wie es mit der NATO längst geschehen ist, vor allem nach ihrem bestialischen Raubüberfall auf Libyen, das größte Verbrechen dieses Jahrhunderts. Das scheint den General Egon Ramms gar nicht zu stören. Die NATO korrumpiert Menschen und Politik. Deshalb ist es ein für ein zivilisiertes Europa das Gebot der Stunde, aus dieser militärischen menschenfeindlichen Organisation auszutreten. Massenvernichtungswaffen und Angriffe gegen Menschen gehören nicht zur Zivilisation. Egon Ramms sollte sich die Lehren aus den Nürnberger Prozesse aneignen. Oder waren die Nürnberger Prozesse für ihn umsonst?

Redaktionen müssen ihre Befangenheit, was Denkkategorien militärischer Gewalt betrifft, durchbrechen. Das ist ihre Pflicht gegenüber einer zivilisierten friedfertigen Gesellschaft sowohl in Europa wie in Amerika. Die Flucht in propagandistische Sprachregelung wie eine angebliche Terror-Gefahr, um die NATO zu rechtfertigen und die Missachtung von Entscheidungen, die multilateral unter Gleichberechtigten von einer anerkannten Weltorganisation wie die Vereinten Nationen getroffen werden, sind besorgniserregende Indizien aus einem neokonservativen-republikanischen Amerika, welche die Öffentlichkeit alarmieren müssen. Wie viele Angriffskriege hat die NATO ausgelöst? Die NATO hat keinen Terror bekämpft, weil sie selbst wiederholt Bomben-Terror verbreitet hat. Es handelt sich um die mächtigste kriminelle Vereinigung der Welt, deren Abschaffung noch vor uns steht. Sobald wie möglich, um dieser Terrorgefahr ein Ende zu setzen.

Die offene, erschreckende Verachtung der Völkergemeinschaft seitens der amerikanischen Falken führt die USA zunehmend in die Isolation. Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, vor allem die des Sicherheitsrats, müssen sich endgültige Klarheit darüber verschaffen. Sie benötigen Entschlossenheit, um sich gegen die einzige Supermacht der Welt zu stellen.

Weil die Abrüstung und der Ausschluss von Massenvernichtungswaffen zu verwirklichen sind, wie der deutsche Außenminister Guido Westerwelle richtig das NATO-Problem einschätzt, müsste man umgehend eine Abrüstungskonferenz für Europa organisieren, so wie schon für 2012 eine für die gesamte Nahost-Region vorgesehen ist, Israel eingeschlossen, das am höchsten bewaffnete Land in der Nahost-Region. Von Massenvernichtungswaffen ist jede Region der Welt zu befreien, Europa und USA eingeschlossen. Selbstverständlich ist die NATO-Abschreckungsstrategie völlig inkongruent mit dem Abrüstungsziel, das dank des deutschen Außenministers als NATO-Pflicht in Lissabon 2010 eingeführt wurde.

Massenvernichtungswaffen müssen abgeschafft werden. Man weiß inzwischen zu gut, wie sie unermesslich der Hauptfeind der Zivilisation sind. Die Staatsrepräsentanten bei den Vereinten Nationen haben schon das verlogene Spiel der USA durchschaut. Amerika ist entlarvt und muss allein die Konsequenzen seiner weltweit fehlgeschlagenen Außenpolitik tragen. Genauso wie schon einmal Richard Nixon als der schlimmste Schurke ist George W. Bush als der größte Versager in die USA-Geschichte eingetreten. Neben ihm ist Barack Obama an der Reihe. Barack Obama muss sich in der Tat mit einer viel zu lang andauernden verhängnisvollen Last konfrontieren, und es fehlt ihm an Unterstützung im amerikanischen Kongress, das Übel gründlich zu bekämpfen, weil gerade die Verursacher dieser verhängnisvollen Last im Kongress an Gewicht gewonnen haben.

Jetzt sind Selbstverantwortung und Selbstbewusstsein gefordert. Die Europäer müssen folgerichtig handeln. Dazu gelten nicht Worte, sondern Taten und die faktischen Möglichkeiten. Deshalb sollte dieses Territorium in Mitteleuropa von Nuklearwaffen befreit werden. Die Abrüstung ist eine schlüssige Sache für Deutschland, wie der Außenminister Guido Westerwelle eindeutig im Bundestag erklärte (11.11.2010). Dank seiner diplomatischen Anstrengungen konnte die Pflicht zur Abrüstung zum ersten Mal als NATO-Aufgabe in der NATO-Gipfel-Erklärung von Lissabon festgeschrieben werden (20.11.2010) .

Ein umfassender Abrüstungsprozess sollte in Europa und im gesamten Nahen Osten angestrebt werden, ohne gewaltige Kriegsmaschinerien, die den Automatismus zum Krieg in sich bergen. Hier kommen wir zum Punkt: Die Auflösung der NATO wäre nur zu begrüßen. Sie hat im 21. Jahrhundert endgültig ihre Existenzberechtigung verloren und schon zu viel Verwüstung und Schmerz verursacht. 

Menschenrechte und demokratische Rechte sind schon lange Fundament der europäischen Politik. Ihr Erhalt heißt aber nicht, die fundamentalen westlichen Werte und Vorstellungen mit der Kontingenz eines Szenariums der Nachkriegszeit zu verwechseln, ein Szenarium, das schon vor langem hätte verschwunden sein müssen. Wenn diese zunehmend fragwürdig werdende Bindung Europas an eine Nachkriegsordnung durch zerstörerische feige US- und NATO-Kriegsangriffe (gegen Jugoslawien, gegen Irak, gegen Afghanistan, gegen Libyen) zerbricht, ist die Chance zu nutzen, endlich eine echte Europa-Bindung zu schaffen. Dazu sind reife demokratische Regierungen vonnöten, welchee die europäische Friedenslogik des OSZE-Prozess tatsächlich verinnerlicht haben und anerkennen. Dass es keine nennenswerte Spielräume für neue NATO-Interventionen gibt, war schon eine Hoffnung: Das Übel schien mindestens begrenzt zu bleiben. Umso verderblicher der Alleingang Frankreichs gegen Libyen und dann die Kehrtwendung der USA unter Obama, der nicht davor zurückschreckte, die NATO als Aggressor gegen Libyen zu benutzen.

Solange die Reife und politische Bereitschaft, sich an einen europäischen Lebenskodex zu halten, nicht präsent sind, ist die Spaltung sowohl der EU wie die der Gesellschaften nur folgerichtig und bietet die Chance wirksamer gesellschaftlicher Erneuerungen. Seltsame pro-faschistische Fremdfiguren repräsentieren nicht mehr ihre friedfertigen Bevölkerungen. Das sind alles gute hoffnungsvolle Anzeichen für ein zukünftig starkes Europa, denn die europäische Integration muss auf festen Pfeilern und Werten ruhen und auf Mechanismen, die keine Existenz-Vernichtung, keine Lebensauslöschung in sich tragen. 

Ein fremdes Hybrid gegen eine harmonische gemeinsame Konzeption des Friedens in Europa, ihr Fortbestand im Rahmen der noch in Kraft befindlichen "Sicherheitsstrategie" der Selbstvernichtung - ein Konzept zu massenhaftem Selbstmord - ist vollkommen unvereinbar mit unseren christlichen und humanistischen zivilisatorischen Werten, mit dem Grundgesetz und der UN-Charta. Weniger noch ist eine solche Strategie durch die christliche Ethik zu rechtfertigen. Diese gravierende finstere Drohung gegen einen gemeinsamen Frieden und gegen die Bewahrung der Schöpfung ist jetzt ein für allemal zu beseitigen durch reihenweisen Austritt aus einer künstlichen Organisation, die sich in ein Manipulations- und Machtinstrument der USA gegen die notwendige europäische Einheit verwandelt hat. Die NATO hat keine Legitimation. Wo auch immer und wie auch immer. Die längst fällige Frage, was sie ohne identifizierten Gegner eigentlich noch soll, bleibt unbeantwortet. Nüchtern präzis bemerkte einmal der SZ-Journalist Martin Winter: „Die meisten Pläne für eine mächtige und eigenständige Nato sind auf dem Friedhof der Illusionen gelandet.“ (SZ-Leitartikel vom 20.11.2010)

Ein Glück, dass der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zusammen mit seinen europäischen Kollegen den NATO-Anspruch bremsen konnte, in jedem auch noch so entfernten Winkel der Welt agieren zu wollen. In seiner Partei weiß man nur zu gut, wie präpotent gewisse Vertreter der USA auftreten können, wenn sie ihre Interessen gegen andere durchsetzen wollen, eine unangenehme, aber lehrreiche Erfahrung, die der FDP-Außenminister Dietrich Genscher mehrfach machen musste. 

Die Vereinten Nationen können nur gestärkt sein, nachdem die Friedensstörer isoliert worden sind. Und wenn entschieden ist, den Hauptsitz der Vereinten Nationen auf ein neutrales Territorium zu verlegen: z.B. Genf oder Brasilien.

Die UNO wurde nicht gegründet, damit die Großmächte die Weltordnung bestimmen. Im Gegenteil war daran gedacht, den Frieden in der Welt auf der Basis der Zusammenarbeit aller Länder zu fördern, ohne zwischen großen und kleinen Staaten zu unterscheiden. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle spricht diesen wichtigen Standpunkt in seinem Interview mit Financial Times an (17.11.2010 www.ft.com/westerwelle). 

Eine Anomalie gegen die Grundidee der Vereinten Nationen ergibt sich im UNO-Sicherheitsrat, in dem die ständigen fünf Mitglieder einen Monopoleinfluss ausüben. Zu den aller wichtigsten Aufgaben der UNO gehören die unablässigen Anstrengungen, das Leben auf der Erde zu bewahren. Aber nach wie vor werden die großen UNO-Vorhaben wie die Erhaltung des Friedens und die gerechte Wirtschaftsentwicklung von einigen wenigen Staaten besonders stark eingeschränkt. Jeder Staat verfolgt seine eigenen Interessen, und die UNO hat sich in eine Rennbahn verwandelt, wo die Großmächte ihren grenzenlosen Egoismus demonstrieren. Gerade im Sicherheitsrat, wo die großen NATO-Staaten Veto-Mitglieder sind. Noch immer verbieten das geltende Völkerrecht und die UNO-Charta den Krieg als Mittel der Politik. Es ist deshalb völlig absurd zu erwarten, dass die Vereinten Nationen einen Krieg legitimieren könnten. Monströs ist die Vorstellung, die Vereinten Nationen könnten eine NATO-Intervention (einen Krieg) legitimieren oder führen. Das wäre Grund genug, die Vereinten Nationen sofort als gescheiterte Weltfriedensorganisation abzuschaffen. Gerade die NATO hat die Vereinten Nationen durch ihre monopolistische Tätigkeit im Sicherheitsrat manipuliert und pervertiert. 

Die Idee der kollektiven Sicherheit, wie in der Charta der Vereinten Nationen konzipiert und von der NATO missbraucht, ist eine gefährliche Täuschungsidee, die absolut keinen Frieden bewahrt, sondern eher zu einem Krieg von allen gegen einen unter der falschen Legitimation der UNO führt. "Kollektive Sicherheit birgt so eine Gefahr in sich, wenn sie funktionieren sollte. Eine automatische und bindende Verpflichtung aller Mitglieder, bei jeder Aggression auch militärisch zu intervenieren, könnte kleinere Konflikte in größere Kriege verwandeln. Lässt sich ein Mitgliedsstaat von der kollektiven Sicherheit aber nicht abschrecken, muss der Systemmechanismus ausgelöst werden, der dann immer die Eskalationsgefahr in sich birgt," warnt Dr. Heinz Gärtner aus dem Institut für Internationale Politik in Laxenburg, Österreich. Nicht einmal für die kollektive Verteidigung ist die NATO zu rechtfertigen. Im Gegenteil. Das Grundgesetz bindet die Bundeswehr strikt an den Auftrag der Landesverteidigung (Art.87a) und verbietet jegliche Aktivitäten zur Vorbereitung eines Angriffskriegs (Art 26). Die UN-Charta, das Grundgesetz der internationalen Staatengemeinschaft verbietet ausdrücklich jegliche Anwendung oder Androhung von Gewalt.

Eine europäische Friedensordnung ist zu schaffen. Das gezielte Falschspiel der Republikaner und Neokonservativen, die wie Albright auch innerhalb der Demokraten existieren, ist zu verhindern. Bei dem NATO-Gipfel in Lissabon haben diese Neokonservativen eine eklatante Schlappe erhalten. Das Scheitern der aggressiven Anmaßung von Albright und ihren Leuten war offensichtlich. 

Schließlich geht es um die Herausforderung, eine europäische Friedensordnung zu errichten, zu der selbstverständlich Russland gehört. Gleichzeitig ist Europa von dem hegemonialen Diktat einer unkontrollierten Hypermacht zu befreien. Diese Herausforderung ist jetzt auf allen Ebenen zu meistern: In der Politik und in den Medien.

Seit 1945 erlebt die Öffentlichkeit eine verkehrte Welt unter dem Diktat des Westens. Diese verkehrte Realität ist jetzt endlich zu erkennen, gerade deshalb, weil das US-Diktat immer noch rund herum versucht, eine neue europäische Sicherheitsordnung zu verhindern. Ein Raketenabwehrprojekt ist keineswegs für eine solche politische Aufgabe notwendig, die von den europäischen Staatsmännern erst noch anzugehen ist. Wo vermutet man potentielle Angreifer? Tatsächlich gibt es in Moskau viele begründete ernsthafte Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit bei diesem Bush-Projekt. „Der Aufbau einer Raketenabwehr in Europa könne das nukleare Gleichgewicht zerstören, weshalb sein Land aufrüsten müsse, falls man keine befriedigende Lösung finde. Das könne sogar zu einem nuklearen Wettrüsten führen.“ So der russische Präsident Dmitri Medwedjew vor der Presse in Lissabon. (FAZ, 22.11.2010). 

Die nukleare Abschreckung bleibt ein strittiges Thema. Eine Überprüfung der NATO- Gesamtstrategie wurde in Lissabon 2010 allerdings vereinbart, die womöglich am Ende doch noch zum Abzug der letzten Atomwaffen aus Deutschland führen könnte, wie der deutsche Außenminister Guido Westerwelle unbedingt erreichen will (FAZ, 22.11.2010). Solange diese verhängnisvolle Allianz existiert, gibt es keine Basis für „einen neuen Start“. Die Gedankenlosigkeit bei einigen Redakteuren und Generälen, wie Egon Ramms, grenzt an Phantasterei. 

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait