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7. Juni 2011 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Die Bombardierungen von Libyen gehen weiter, verschärfen sich sogar, und in der Süddeutschen Zeitung bekommen die Kriegsbefürworter weiterhin ihren Auftritt, Anlass für folgende Stellungnahme zum

Kommentar in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 4.6.2011:
„Kein Weg führt da raus“ von Joachim Käppner

Mit der Kraft des Wortes das Übel bekämpfen

Nicht nur Deutschland,  sondern alle Mitglieder des Sicherheitsrats sind aufgerufen, dem Druck aus den USA standzuhalten. Das Primat der Politik ist vor der Clique von unverantwortlichen kriegstreiberischen Figuren zu sichern, die sich hinter dem Rücken des US-Präsidenten oder in seiner Umgebung zusammengetan haben und die riskieren, nicht nur die USA, sondern auch Europa und die Welt in die Katastrophe zu führen.

Ex-Präsident Jimmy Carter erkannte die Gefahr eines US-Unrechtsstaates, einer US-Regierung, die sich über Recht und Gesetz hinwegsetzt:

„Eine Gruppe von Konservativen versucht mittlerweile, lang gehegte Ambitionen unter dem Deckmantel des Krieges gegen den Terrorismus zu verfolgen“ ...
„Respektable Organisationen beargwöhnen nun, ob unser Land (die USA) noch zu den Grundprinzipien des demokratischen Lebens steht“ ...
“Bei uns im eigenen Land wurden amerikanische Bürger als Feinde inhaftiert, ohne Anschuldigung und ohne juristischen Beistand. Trotz aller Kritik der Bundesgerichte verweigert sich das Justizministerium diesem Problem“ ...
„All das passt zu Unrechtsstaaten, die von amerikanischen Präsidenten in der Vergangenheit immer verurteilt wurden“ ...
„Stimmen des Krieges und der Spaltung scheinen in Washington zu dominieren, aber bislang haben weder der Präsident noch der Kongress oder die Bundesgerichte abschließende Entscheidungen getroffen. Diese ganze einseitige Politik (Bush-Politik) isoliert die Vereinigten Staaten immer mehr von den Nationen ... Die historischen und wohl begründeten Verpflichtungen Amerikas müssen die Oberhand gewinnen: Für Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechte, Umwelt und internationale Kooperation“.
(Jimmy Carter in The Washington Post, September 2002)

Diese zutreffende öffentliche Mahnung vom ehemaligen US-Präsident Jimmy Carter wird durch Einschätzungen der John Hopkins University und des The Council of Foreign Relations bestätigt. Wenn eine amerikanische Regierung gesetzlos handelt, missachtet sie den allgemeinen Willen zum Frieden, induziert in anderen Staaten ein analoges Verhalten und spielt als Folge davon Staaten, die eigentlich freiheitlich-demokratische Rechtsstaaten sein wollten, gegeneinander aus.

Auf diese Weise schafft Amerika in der Tat eine gefährliche Welt – eine Welt, wo die besten westlichen Ideale missachtet werden und das wichtigste Land, das solche Ideale immer unterstützt hat – die Vereinigten Staaten von Amerika – mit schlimmen Beispielen vorangeht, wo diese Ideale verachtet, missbraucht oder geschwächt werden. Die Zeit drängt. Die demokratischen Institutionen müssen sich an die Seite von Recht und Gesetz stellen und somit dabei helfen, das Land wieder auf den richtigen Kurs des Friedens, der internationalen Verhandlungen und der Zusammenarbeit zurück zu bringen. Nationale Interessen sind rechtmäßig mit internationalen Verträgen zu sichern, nicht mit Krieg.

Der UN-Sicherheitsrat ist ein Entscheidungsorgan der Vereinten Nationen (United Nations, UN), der die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit trägt. Alle seine Mitglieder sind dazu verpflichtet und müssen unvoreingenommen darüber völkerrechtsmäßige Entscheidungen treffen.

Angeführt von den USA und auf amerikanischer Initiative hin sind mehrmals Aggressionen gegen ein Land in den letzten Jahrzehnten durchgeführt worden. 1991, 1998 (zwei Mal: Februar und Dezember), 2001 und 2003 haben die USA und Großbritannien Aggressionskriege gegen den Irak orchestriert, gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen, das ein Recht wie jedes andere auf ein friedliches Zusammenlebens mit den anderen Völkern hat. Vier Aggressionen gegen dasselbe Land von denselben Tätern. 1999 Aggressionskrieg in Europa gegen Jugoslawien mit NATO-Bombardierungen auf Belgrad und die ganze serbische Region, gegen ein europäisches Land, das nicht nur Mitglied, sondern auch Mitbegründer der Vereinten Nationen war. 2001 Aggressionskrieg gegen Afghanistan auch mit NATO-Bomben. 2011 Aggressionskrieg gegen Libyen mit NATO-Bombardierungen und Zerstörungen von Krankenhäusern, Schulen und Infrastruktur.

Es ist höchste Zeit, die allgemeinen zivilisierten Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Menschlichkeit gelten zu lassen, vor allem was die internationalen Beziehungen betrifft. Diese Prinzipien sind die Grundlage der UN-Charta, und so muss es bleiben. Andernfalls verwandelt sich die Welt und das friedliche Zusammenleben aller Völker in Willkür und das Völkerrecht in das Gesetz des Dschungels.

Niemand konnte sich 1945 vorstellen, dass Gründungsmitglieder der UN sich im Laufe der Zeit in Aggressionsstaaten verwandeln würden, unter ihnen die USA als größter Aggressor.

Menschenrechtsverletzungen bilden keine Aggression im Sinne der UN-Charta. Die UN-Charta ist kodifiziertes Völkerrecht, also internationales Gesetz für die internationalen Beziehungen. Ihr Spielraum befindet sich zwischen den Staaten, nicht innerhalb eines Landes. Sie regelt das Zusammenleben zwischen Staaten, zwischen Ländern: Sie regelt, wie sich ein Land gegenüber einem anderen in dem Konzert der Nationen verhalten muss. Deswegen sollen Mitglieder der UN alle „friedliebenden Staaten“ sein (Art.4). Demokratie zu sein, ist keine Voraussetzung für die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Eine bestimmte Regierungsform ist nicht erforderlich: Monarchien, Autokratien, Diktaturen oder absolutistische Despotien können Mitglieder werden und sind es, vorausgesetzt, sie verhalten sich friedlich und mit Respekt untereinander im außenpolitischen Bereich. Wenn es eine ausdrückliche Voraussetzung für die UN-Mitgliedschaft gibt, dann ist es die Friedfertigkeit eines jeden Landes. Gerade hier sind die Handlungen der USA verwerflich als Mitglied einer friedfertigen Staaten-Familie. In den letzten Jahrzehnten haben sich die USA längst nicht friedlich verhalten – aus welchem Grund auch immer. Zusammen mit anderen westlichen Demokratien haben sie sich sogar als Aggressor aufgeführt, wie jetzt gegen ein kleines afrikanisches Land, was den ganzen afrikanischen Kontinent zu Recht entfremdet.

Seit der Administration John F. Kennedy ist der Zerfall der USA offenkundig, was die Gesetzlosigkeit ihrer Außenpolitik angeht. Ein Regime gewalttätig zu stürzen, weil es den USA nicht passt, ist durch kein Recht oder Gesetz gedeckt, es ist keine Aufgabe, kein Ziel der UN, trotz aller Menschenrechtsverletzungen, die ein solches Regime selbstverständlich unerwünscht machen. Andere Wege für die Wandlung von Diktaturen in einen Rechtsstaat, sind empfehlenswert im Einklang mit den UN-Prinzipien: Der politische Weg, die Zusammenarbeit (Art 13 b), keineswegs der gewalttätigste Weg, einen Krieg zu führen. Die neuere Weltgeschichte zeigt, wie effektiv der politische Weg funktioniert, ohne Blutvergießen, ohne weiteres Leiden der Zivilbevölkerung: Der Fall Spaniens, der Fall Chiles und anderer Staaten verdient Aufmerksamkeit. „Zur Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle“... ist die „internationale Zusammenarbeit“ ausdrücklich in der UN-Charta signalisiert (Art.13 b), keineswegs ein Krieg oder ein Militärschlag, der die höchste anmaßende Aggression gegen ein Land und seine Bevölkerung darstellt.

Joachim Käppner (nach seinem SZ-Kommentar vom 4.6.2011: „Kein Weg führt da raus“) muss sich auf Rechtsgrundlagenbesinnen. Nur dann wird er seinen verlorenen inneren Kompass wiederfinden. Die UN-Charta enthält das geltende zivilisierte Kriterium für die Wahrung der Menschenrechte: Die internationale Zusammenarbeit. Nach der Zeitenwende von 1990 gibt es kein Novum. Es gelten dieselben Werte und dieselben Verpflichtungen für das vereinigte Deutschland wie vorher für die beiden getrennten deutschen Staaten und alle anderen: Als Mitglied der Vereinten Nationen verpflichtet sich Deutschland zum Gewaltverzicht. Als europäischer Staat und Mitglied der OSZE-Charta, ebenso, da die OSZE-Charta den Gewaltverzicht auch vorschreibt. Das Grundgesetz, nämlich die Verfassung Deutschlands, enthält die zivilen und politischen Werte, die für die deutsche Gesellschaft und ihre Regierung gelten. Mit Gewalt haben sie überhaupt nichts zu tun. Ein Plädoyer für die Gewalt im Namen von „Werten“ eines „demokratischen Deutschlands“ wie im SZ-Kommentar von Joachim Käppner („Kein Weg führt da raus“, 4.6.2011) ist abstoßend und führt in die Irre. Der verwirrte Journalist versucht damit die SZ-Leserschaft, die aus wichtigen Meinungsmultiplikatoren besteht, und die Bevölkerung zu korrumpieren, die sich gegen die Militarisierung von Konflikten stellt und sich im Sinne des Grundgesetzes richtig entwickelt hat. Für Käppners Fehlverhalten verschärfend kommt hinzu, dass er mit seinem Kommentar öffentlich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, gegen das Grundgesetz Deutschlands und seine Werte verstößt. Hat er den Mut, sich selbst mit diesem Sachverhalt zu konfrontieren und persönliche Konsequenzen daraus zu ziehen? Es wäre ehrenhaft, nach sorgfältiger gewissenhafter Überlegung Fehler und Irrtümer einzusehen, als Voraussetzung dafür, sich dann gründlich zu korrigieren.

Der Sicherheitsrat ist wie gesagt ein Entscheidungsorgan der UN, dessen Hauptverantwortung die Wahrung des Weltfriedens ist. Diese Hauptverpflichtung hat der Sicherheitsrat nicht erfüllt. Im Gegenteil.

Vor aller Augen zeigt sich die aggressive Haltung der ständigen Mitglieder USA, Frankreich und Großbritannien gegen ein nordafrikanisches kleines Land. Die Absicht zum Mord, zum Angriffskrieg seitens der USA, transatlantischen Partners Deutschlands, steht außer Frage, weil sie durch wiederholte Untaten bekräftigt ist. Briten, Franzosen und Amerikaner blockieren Friedensverhandlungsmöglichkeiten in Libyen und setzen sich stattdessen auf die nackte Gewalt, auf weitere Vernichtungsschläge gegen Tripolis. Gegen diese Perversion, für die sich der Journalist Joachim Käppner skrupellos einsetzt, müssen sich die Bürger Europas und alle moralischen und institutionellen Instanzen einschalten, um die abstoßenden Mörder von ihren Posten der Macht zu vertreiben und vor Gericht zu stellen. Sonst werden sie weiter Böses tun, was uns alle betreffen wird. Gerechtigkeit mit der Wiederherstellung des Rechts ist zu verlangen.

Die Unmenschlichkeit, die alle Welt aus den Führungsetagen und Redaktionen Europas wahrnimmt, ist blamabel, ja extrem beschämend. Die Redaktion der Süddeutschen Zeitung und viele andere Medien-Redaktionen nehmen das verbrecherische Verhalten von ein paar europäischen Regierungen als ganz normal hin und so auch die weiteren mörderischen Bombenangriffe auf Tripolis. Solchen Ländern mit einer derart herunter gekommenen öffentlichen Moral und fehlgeleitetem korrupten Journalismus ist nicht mehr zu trauen, weil sie unzuverlässig, unzivilisiert geworden sind. Länder, die die internationalen Regeln nicht einhalten, verlieren ihre Legitimität als Alliierten. Deutschland ist an erster Stelle eine verfassungsmäßige Republik, die verfassungsmäßig und ebenso völkerrechtsmäßig handelt, weil es Achtung vor der Vereinten Nationen hat und als Mitglied des Sicherheitsrats eine besondere Verantwortung für die Wahrung des Weltfriedens trägt. Die missliche internationale Lage ist durch miese Handlungen von europäischen Staaten an der Seite der USA entstanden. Eine perverse Verflechtung von Politik, Wirtschafts-, Finanzmacht und Verbrechen geschieht hier, in Europa, vor den Augen der Medien, die nicht hinsehen wollen. Das Wegsehen von dieser Korruption und Perversion muss endlich aufhören. Das Hinsehen und Aufdecken, Öffentlichkeit herstellen ist angesagt mit allen weitreichenden Konsequenzen für die Verursacher dieser unsäglich dekadenten, korrupten Zustände. Auf nationaler und europäischer Ebene.

Die gesamte NATO-Führung gehört längst vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Warum sind die NATO-Verbrechen von der Untersuchung eines internationalen Strafgerichts ausgenommen? Solche Verbrechen gegen die Menschen in Tripolis sind extrem und offenkundig. Darüber gilt das Zeugnis vom Vikar des Papst in Tripolis, Erzbischof Giovanni Martinelli der Franziskanischen Orden, aufgrund dessen der Papst Benedikt XVI einen Sonderbeauftragten ins Weiße Haus geschickt hat, mit der Botschaft, die grausame Aggression gegen Libyen zu stoppen und sofortige Verhandlungen mit dem libyschen Staatschef Muammar Gaddafi zu beginnen.

Die deutsche Öffentlichkeit schweigt darüber, schweigt über die Mission des Gesandten des Papstes nach Washington und über die wahre Geschichte der NATO-Attentate gegen die Menschlichkeit, über das Elend, die Verderbtheit und den infernalen Kurs, in dem Europa, an die USA gekettet, gelebt hat und weiter lebt. Da ist die Pest: Mächte, die sich über Recht und Gesetz setzen, bringen nur Tod und Verderben. Das Böse manifestiert sich wie nie zuvor in der Geschichte des 20. Jahrhunderts und ist in das neue Jahrhundert eingetreten. Wer tritt an, um im 21. Jahrhundert möglichst alles zum Guten zu wenden? Ist es eine Zumutung, die aktuelle Kloake aufzudecken?

Mut ist eine feine Sache, aber sehr selten. Alle anständigen Journalisten sind aufgerufen, mutig mit der Kraft des Wortes gegen das Übel anzukämpfen. Solange die Medien den verdorbenen Zustand in Europa und den USA hinnehmen und schweigen, sind sie Komplizen. Hass verschwindet nicht durch feindselige Aggressionen. Im Gegenteil, sie lösen nur noch mehr Hass aus. Das ist in Afrika, Asien und Lateinamerika ersichtlich. Auch wenn es in der ganzen Welt Regierungen gibt, die von den USA abhängig sind, beschleunigt sich ihr Zerfall erstaunlich schnell. Diese aggressivste übelste Hypermacht der Weltgeschichte steht vor ihrem Ende und wird deshalb besonders gefährlich und unberechenbar. Redakteure wie Joachim Käppner gehören an den öffentlichen Pranger und gegebenenfalls in die Hände der Justiz, falls sie nicht aufhören, sich blind in Dienst der USA zu stellen und ihre kriminellen Taten zu befürworten, aus welchen Motiven und Umständen heraus auch immer.

Dem Terror westlicher Staaten unter der Führung der USA ist ein Ende zu setzen. Angesichts der Verwüstung, von Tod und Schmerz, die diese Hypermacht mit ihren Vasallenregierunegn den Nationen bringt, ist es nur zu hoffen und daran zu arbeiten, dass sie so bald wie möglich wirtschaftlich-politisch zusammenbricht, bevor sie die ganze Welt mit weiteren Kriegen in noch viel größeres Unglück stürzt. Ein US-Wirtschaftszusammenbruch ist deshalb letztlich hinnehmbar für die Welt, nicht aber weitere auslöschende Kriege. Letztendlich ist es besser, ein friedvolles, sicheres Leben in bescheidenen Verhältnissen zu genießen als gar keines.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait