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 Archiv der Attac Heidenheim CBL-Kampagne 2008


- Oktober 2008 - Kampagne von Attac Heidenheim zur weltweiten Finanzkrise, zu Cross-Border-Leasing und Public-Private-Partnerships und deren Auswirkungen auf Heidenheim


Die weltweite Subprime-Finanzkrise, ausgelöst durch unersättliche Börsianer, macht sich bereits in vielen Lebensbereichen bei den Bürgern bemerkbar. Auch bezahlt er bereits jetzt durch seine Steuern die Zeche für riskante Spekulationen diverser Landesbanken, alleine für die IKB-Bank mußte der Steuerzahler schon dreimal einspringen.

http://www.cross-border-wuppertal.de/forum/index.php?act=index

Die aktuelle Cross-Border-Leasing(CBL)-Krise

2002/2003 verkaufte die Stadt Heidenheim ihre Abwasseranlagen für ca. 119 Mio. Euro per Geheimvertrag an bislang anonyme amerikanische Banken um es für 25 Jahre zurückzuleasen und dadurch Steuerschlupflöcher in Amerika auszunutzen. Die Hintergründe der Cross-Border-Leasing-Geschäfte sind weiterhin größtenteils geheim, selbst die Gemeinderäte haben den CBL-Originalvertrag nie zu Gesicht bekommen. Was ist Cross-Border-Leasing ?

Attac-Regionalgruppen warnten bundesweit bereits vor Vertragsabschluß vor den jetzt eintretenden Risiken, dokumentiert zum Beispiel auf der Ulmer Kampagnenseite von 2002 : "Das Leasing der Ulmer Kloaken hat einen Haken".

Und jetzt tritt nur 5 Jahre nach Vertragsabschluß bereits das Horror-Szenario ein: Durch eine weitere Finanzkrisen-bedingte Verschlechterung der Kreditwürdigkeit (Bonität) der Banken, könnte Heidenheim durch den 2003 geschlossenen CBL-Vertrag nun gezwungen sein, sich unter immensen Kosten neue Banken für die Vertragserfüllung zu suchen. So erging es aktuell der Österreichischen Bundesbahn: Die ÖBB muß, weil ihre amerikanischen Banken in die Verlustzone rutschen, für zusätzlich notwendige Absicherungen ihrer CBL-Verträge jetzt 130-170 Mio. Dollar zusätzlich aufbringen. Und hunderte deutsche Kommunen prüfen seit Ende September heimlich ihre CBL-Verträge. Erste Zuzahlungen "in sechsstelliger Höhe" werden im Ruhrgebiet erwartet, andere CBL-Opfer wie die Bodenseewasserversorgung wollen plötzlich die Bank wechseln oder denken über einen Vertragsausstieg nach ... - Medienecho dazu. 

Und obwohl die Namen der beteiligten Banken von der Stadt nicht preisgegeben werden, ist doch Einiges zwischenzeitlich bekannt geworden: So steckt auch die sehrwahrscheinlich am Heidenheimer CBL-Deal mitbeteiligte AIG (American Insurance Group) in Schwierigkeiten : Beim ehemals weltgrößten Versicherer ist im Mai 2008 der höchste Quartalsverlust der Firmengeschichte bekannt geworden. Die Ratingagentur Moodys verringerte prompt die Bonität, zuletzt wurde sie konkursreif unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt. Ein Vorgang, wie sie die Stadtväter z.B. in Ulm vor 5 Jahren noch für "Panikmache" und "Vollkaskomentalität" abkanzelten.

Aber mehr noch: AIG mußte zugegeben, daß die amerikanische Steuerbehörde IRS wegen CBL Geschäften gegen die Firma aktiv wurde. So fordert das IRS jetzt (Stand Mai 2008) mehr als 329 Mio. Dollar als Steuerschulden und Strafen für "nicht erlaubte ausländische Steuerkreditgeschäfte die mit CBL zusammenhängen". Da die amerikanischen Behörden praktischerweise AIG unter ihre Zwangsverwaltung gestellt haben, werden sie ihrer eigenen Steuerbehörde sicherlich Amtshilfe leisten ...

Aktienkurs UBS - Entwicklung der letzten 6 Monate

Attac Heidenheim fordert angesichts dieser neuen Risiken die Stadt Heidenheim auf:

1) die Geheimverträge endlich der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die beteiligten Banken zu nennen,

2) eine transparente Risikoabschätzung einzuleiten, die sich nicht nur auf die beschwichtigenden Aussagen der Arrangeure verlässt,

3) bereits eingetretende oder erwartete Rückstellungen durch CBL öffentlich zu machen und eine transparente Finanzierungslösung für die zu erwartenden Mehrkosten zu erarbeiten.

Die nächste Falle PPP (Public-Private-Partnerships)

Eine PPP-Definition: "Bei PPP übernimmt ein privater Investor nicht nur wie bisher Sanierung oder Bau etwa einer Schule, eines Rathauses, eines Krankenhauses oder eines Gefängnisses, sondern auch Planung und Finanzierung sowie dazu gleich noch den langfristigen Betrieb. Die öffentliche Hand zahlt im Gegenzug 20-30 Jahre lang eine Miete." Problem: Die Miete ist auf lange Sicht gesehen höher (teilweise doppelt so hoch) als wenn die Kommune die Finanzierung selbst übernommen hätte. Klar, denn der private Investor muß Kredite mit marktüblichen Zinsen aufnehmen und will auch noch Gewinn machen - aber in 30 Jahren sind die meisten Verantwortlichen bereits verstorben ... die kommenden Generationen stehen dann für die Bilanztricks ihrer Eltern gerade.

Man sollte meinen, daß die Heidenheimer Finanzverantwortlichen bei den Begriffen "Tausendseiten-Vertrag" oder "Leasing über 30 Jahre" aus der CBL-Misere gelernt hätten ... aber Heidenheim tritt gleich ins nächste Fettnäpfchen. Geblendet von den Versprechungen der Rechtsanwälte lösen sie den beschworenen 'Investitionsstau' und lassen durch Private Prestigeprojekte bauen, deren Geld die Kommune einfach nicht hat.

Es gibt mannigfaltige PPP-Modelle, der Heidenheimer Stadtkämmerer Herr Zeeb scheint sich aktuell (vgl HZ 9.7.08) mit der Ausweitung von PPP zu beschäftigen ... doch es gibt genug Negativbeispiele.

Denn neben bereits negativen Erfahrungen in Großbritannien besteht ein klassischer Zielkonflikt: Die Kommune soll ihre Infrastruktur möglichst kostengünstig dem Bürger zur Verfügung stellen, der private Unternehmer (der diese Infrastruktur bei PPP betreiben würde) jedoch muß seinen Profit maximieren. Und dann kommen Begriffe wie 'Effizienzsteigerung durch Private' hinzu. Klar, will der Private seine Effizienz steigern, ebenso wie es jede Kommune auch nach Kräften tut, aber der Private wird alle Spielräume seines PPP-Vertrags ausnutzen um dies zu erreichen - auf Kosten der Verfügbarkeit und des Services. Die typische PPP ist tief eingestrickt in einen Dschungel von dubiosen Vertrags- und Finanzgeflechten - etwas was schon bei CBL schiefgehen mußte.

Fazit

Das Cross-Border-Leasing ist eine tickende Zeitbombe für Heidenheim geworden, der vor 5 Jahren prognostierte Gewinn wird bereits jetzt von der Finanzkrise aufgefressen. Attac Heidenheim hat dazu Forderungen aufgestellt um zumindest jetzt eine transparente Lageeinschätzung für die Bürger zu ermöglichen.

Die nächste Generation - nachdem CBL verboten ist - sind die neuen, alten Public-Private-Partnerships. Es gibt leider auch hier genug Beispiele, die zeigen, daß die Kommune dadurch nicht nur Einflußmöglichkeiten für Generationen aus der Hand gibt. Auch ist PPP über die gesamte Laufzeit gesehen ein Verlustgeschäft - unabhängig von Risiko der Finanzkrisen. Die Verantwortlichen Heidenheims sollten in Zeiten leerer Kassen deshalb nicht auf Pump klotzen und hoheitliche Aufgaben abwälzen sondern lieber die ihnen anvertraute Infrastruktur schützen !

Der Hintergrund und Nährboden für diese beiden Finanzinstrumente ist jedoch ein völlig unkontrolliert agierender Finanzmarkt. Attac hat zur aktuellen Finanzkrise ein Konsensus-Papier veröffentlicht. In ihm werden leicht verständlich die Ursachen der Krise erklärt und konkrete Verbesserungsvorschläge gemacht. Hier abrufbar:

"Die Zeit ist reif"
Demokratische Kontrolle der Finanzmärkte!

Attac Statement zur Finanzkrise und demokratischen Alternativen
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