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Freies Wissen / Wissensallmende und "natürliche Information"

Freies Wissen / Wissensallmende und "natürliche Information"

 

Der Titel des Referates zeigt schon, dass es hier um positive Perspektiven geht:
"Freies Wissen" und "Wissensallmende" sind die wichtigsten Alternativen zu den gegenwärtigem Bestreben mächtiger Wirtschaftinteressen ein neuen Eigentumsbegriff zu etablieren und rechtlich abzusichern, nämlich das sogenannte "geistige Eigentum".

1. Institutionen zur Durchsetzung von "geistigem Eigentum"

Es gibt eine Reihe von Abkommen und Verträgen, die sich nur mit ganz bestimmten Teilaspekten des geistigen Eigentums beschäftigen, wie z.B. dem Sortenschutz in der UPOV, oder aber lokal begrenzt sind (Z.B. Abkommen, die nur für den EU-Raum gelten.).

Im Folgenden möchte ich zwei Institutionen, mit denen geistiges Eigentums durchgesetzt werden soll, kurz vorstellen.

1.1. Die WTO und das TRIPS-Abkommen

Des WTO-Abkommen "Agreement on Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights" (kurz: TRIPS-Abkommen) trat im Jahre 1995 in Kraft. Zentrale Aufgabe dieses Abkommens ist der »Schutz des geistigen Eigentums«.

In den Bestimmungen des TRIPS-Abkommens finden sich Regelungen zu:

  • Patenten
  • Kontrollregelungen wettbewerbswidriger Praktiken in vertraglichen Lizenzen
  • Urheberrecht und verwandte Schutzrechte
  • Marken
  • Geographischen Herkunftsbezeichnungen
  • Gewerblichen Mustern und Modelle
  • Layout-Designs (Topographien) integrierter Schaltkreise
  • Schutzregleungen nicht offenbarter Informationen (Betriebsgeheimnisse)

Die Welthandelsorganisation WTO besitzt einen sehr großen Einfluss, "weil sie über einen effektiven Streitschlichtungsmechanismus (Dispute Settlement) verfügt, über den die Bestimmungen des TRIPS-Abkommens unter Androhung von Sanktionsmaßnahmen durchgesetzt werden können."

1.2. Die UPOV-Konvention

Die Konvention der Union Internationale pour la Protection des Obtentions Végétales (UPOV: Internationaler Zusammenschluss zum Schutz von Pflanzenzüchtungen) ist im TRIPS-Abkommen "als ein mögliches Schutzsystem (sui-generis-System) für Pflanzensorten genannt" 1. Deswegen gewinnt sie an Bedeutung und zählt bislang 58 Mitgliedsstaaten, darunter auch die USA.1

 

Die UPOV-Konvention trat 1968 in Kraft. Alle Mitgliedsstaaten der UPOV-Konvention verpflichten sich, Züchtern exklusive Eigentumsrechte an ihren Sorten zuzusprechen. "Nach UPOV ist die Zustimmung der Züchter bei der Erzeugung oder Vermehrung, dem Aufbereiten, Lagern, Feilhalten und Vertreiben sowie beim Import und Export von Vermehrungsmaterial einer Sorte erforderlich."1

2. Wichtige Themen die durch den Begriff "geistiges Eigentum" besetzt werden

Wie gezeigt wurde, spannt sich der Themenbereich "geistiges Eigentum" extrem weit. Es umfasst Wissen von lebendigen Systemen (wie am Beispiel der UPOV-Konvention deutlich wird) ebenso wie Urheberrechte und Patente (siehe TRIPS-Abkommen).

Also worum geht es? - Es geht u.a. um das Recht auf

  • freies Saatgut für indische Reisbauern
  • die Freiheit, den eigenen Computer programmieren zu dürfen
  • Produktion kostengünstiger HIV-Medikamente (vor allem in Südafrika)
  • die Veröffentlichung von Fernsehprogramm im Internet
  • die Organisation einer Schwulen-»Olympiade« auszurichten
  • die Patentierung von Brustkrebsgenen

 

3. Was macht die Kontrolle von Wissen so attraktiv!

Hier ist eine grundsätzliche Überlegung angebracht:
"Wissen ist im Unterschied zu vielen materiellen Gütern nur in einem eingeschränkten Sinn knapp: Einmal in der Welt, kann es praktisch beliebig leicht vervielfältigt werden. Zugespitzt gesagt: Wissensgüter sind entweder gar nicht oder im Überfluss vorhanden" 1.

3.1. Verknappung von Wissensgütern erhöht deren Wert

"Solange jedeR Wissensgüter kopieren und weitergeben kann, fällt es den ProduzentInnen und der Industrie schwer, mit ihren Produkten Gewinn zu erzielen." 1

Daher bemüht sich die Industrie, den freien Zugang zu Wissensgütern möglichst weit zu beschränken bzw. sogar zu monopolisieren. Dies erhöht den Wert drastisch. Folglich erleben wir eine zunehmende Einschränkung der freien Verbreitung des Wissens.

"Die enorme und schnell wachsende Bedeutung geistiger Monopolrechte zeigt sich exemplarisch an US-Exporterlösen für Copyright-Güter: 2003 lagen sie bei knapp 90 Mrd. $. (Zum Vergleich: Das ist deutlich mehr als die US-Ausgaben für die eigenen Ölimporte" 1).

(Diagramm aus 1.)

 

Interessant ist hier die ausgeprochen starke (und immer stärker werdende) Stellung von Softwareprodukten. Software wird in immer größerem Maße zu einer Schlüsseltechnologie, sie dient ihrerseits wieder der Informations (Wissens)-Verarbeitung sowie deren Erzeugung und beeinflusst somit alle andere Bereiche in großem Umfang. 

3.2. Kontrolle des Wissens verstärkt wirtschaftliches Gefälle

Schaut man sich die globalen Patentstatistiken genauer an, wird deutlich, dass der überwiegende Teil der Patente Unternehmen oder Forschungsinstituten der Industrieländer gehört. "Fast 96% der angemeldeten Patente entfallen somit auf die OECD-Länder und 90% der gesamten Technologien und patentierten Produkte besitzen globale Konzerne" 1. "Durch die Zahlung von Lizenzgebühren für Patente entstehen hohe Nettotransfers aus den Ländern des Südens in den Norden, was die ohnehin dramatische Verteilungsungerechtigkeit verschärft." 1

3.3. Kontrolle des Wissens garantiert eine große Macht

Wissen ist das Gebiet, welches praktisch alle Richtungen der menschlichen Kultur umfasst (eigentlich definiert sie sich sogar primär durch Wissen). Hierunter finden sich zentrale Schlüsselbereiche. Ich möchte exemplarisch nennen:

  • Die Nahrungsmittelproduktion:
    es ist der essentiellste Bereich, dieser setzt die Menschen in unmittelbarer Abhängigkeit (z.B. geregelt durch die UPOV-Konvention)
  • Die Medizin:
    gerade in Ländern deren Volkswirtschaft stark durch Massenkrankheiten wie z.B. AIDS betroffen ist lauert hier eine starke Abhängigkeit (v.a. geregelt durch Patente; siehe z.B. TRIPS)
  • Die Medien:
    nach dem Motto: wer die Köpfe der Menschen kontrolliert, kontrolliert den Menschen. (Geregelt durch das Urheberrecht; siehe z.B. TRIPS)
  • Die Softwareproduktion:
    ist zur Zeit der Punkt, der die Produktivität der vorgenannten Bereiche am meisten beeinflusst. Sie tendiert zu der zentralen Schlüsseltechnologie (siehe Abb.1) der Gegenwart zu werden. (Geregelt durch das Urheberrecht und das Patentrecht; siehe z.B. TRIPS)

 

4. Gegenwärtige Aktivitäten in wichtigen Wissensbereichen

In den genannten Bereichen finden sich gegenwärtig zentrale Kontollbestrebungen. Bei diesen werden a) erhebliche Lobbyarbeit geleistet um die Gesetzes- und Vertragslage zu verschärfen und b) begleitende juristische Maßnahmen in die Wege geleitet, um die "angeblichen" Rechte durchzusetzen.

4.1. Landwirtschaft

4.1.1. Sortenschutz

Schon die UPOV-Konvention ist ziemlich heftig. Wie schon erwähnt, verpflichten sich alle Mitgliedsstaaten den Züchtern exklusive Eigentumsrechte an ihren Sorten zuzusprechen.

Flankiert wird dies durch Verschärfung der Gesetzeslage. Züchter haben hier das besondere »Züchterprivileg «: d.h. "Züchter können jegliche Pflanzensorten verwenden, um neue Sorten zu züchten, ohne Lizenzgebühren zu zahlen" 1 (Bundessortenschutzgesetz § 10), sie sind also Nutznießer aller Pflanzensorten die von der Menschheit über Jahrtausende (insbesonders von Bauern) gezüchtet wurden.

Gleichzeitig wird der »Landwirtevorbehalt« demontiert. "Ein Landwirt hat das Recht, einen Teil der Ernte zurückzuhalten, um ihn für eine erneute Aussat zu verwenden" 1 (Bundessortenschutzgesetz§ 10a).

"Auf der Grundlage des seit 1994 geltenden EU-Sortenschutzrechts, das in den Grundzügen am 1.7.1997 in deutsches Recht umgesetzt worden ist, können die Züchter für die Wiederaussaat des von den Landwirten bereits bezahlten Saatguts so genannte Nachbaugebühren verlangen .... Somit findet gestützt durch das Sortenschutzrecht auch in der BRD eine Aneignung des Saatguts, der Lebensgrundlage der LandwirtInnen statt." 1

4.1.2. Patentschutz

"Bis 1968 war es in der BRD noch nicht einmal möglich, Patente auf Pharmawirkstoffe zu erhalten. Seit Anfang der 1980er Jahre werden die Möglichkeiten der Patentierung von belebter Natur international immer weiter ausgedehnt. Nachdem die Patentierung von Lebewesen in den USA bereits 1980 durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofes möglich geworden war, wuchs der Druck, Biopatente auch in der EU zu legalisieren" 1.

Eigentlich werden Pflanzensorten über den Sortenschutz geschützt.
"In den letzten Jahren wurden vom europäischen Patentamt dennoch über 300 Patente erteilt, die sich ausdrücklich auf Pflanzen und Saatgut beziehen (Greenpeace 2004: 17). Es hat den Begriff »Pflanzensorte « sehr restriktiv ausgelegt, so dass de facto das Patentierungsverbot für Pflanzensorten umgangen wurde." 1

Nach europäischem Recht gilt das "Auffinden und Beschreiben einer Gensequenz noch nicht als Erfindung, sondern als Entdeckung und ist somit nicht patentierbar. Wird jedoch die Sequenz manipuliert oder auch nur durch ein besonderes technisches Verfahren isoliert, wird durchaus ein Patent erteilt. Hochproblematisch ist, dass nach der EU-Richtlinie die Beschreibung einer einzigen Anwendung eines Gens ausreicht, um einen Monopolanspruch auf alle weiteren Anwendungen zu erlangen, die in Zukunft noch möglich sein werden ... . Die Sperrwirkung von Genpatenten ist viel breiter als die von herkömmlichen Patenten." 1

Entsprechend groß sind die wirtschaftlichen Interessen an einer weiteren Öffnung des Patentrechts.

Patente können jedoch nicht nur in Sachen "Patentierung von Genen und Gensequenzen" ausgeprochen kritisch beurteilt werden. Auch Patentierung von "Wirkeigenschaften und Extraktionsverfahren" können fatale Folgen haben.

Beispiel: Neem-Baum
"Ein bekanntes Beispiel sind die Patente rund um den Neem-Baum in Indien ... . Neem ist ein in Indien beheimateter Baum, aus dem seit Jahrhunderten Biozide und Heilmittel gewonnen werden. Im medizinischen Bereich sind bis jetzt über 20 verschiedene Anwendungen bekannt. Die Gemeinden Indiens tragen seit Jahrhunderten zum Schutz des Baumes bei und geben das Wissen um seine Nutzungsmöglichkeiten von Generation zu Generation weiter, ohne dafür Lizenzgebühren zu verlangen. Die Herstellung von Biopestiziden auf seiner Basis gehört in Indien seit fast 2000 Jahren zum Allgemeinwissen und wird in Eigenregie von zahlreichen Landwirten durchgeführt, die über Jahre hinweg komplexe Extraktionsverfahren und Anwendungsmöglichkeiten entwickelt haben.

Weltweit wurden seit 1985 von amerikanischen, japanischen und europäischen Firmen über 90 Patente auf Wirkeigenschaften und Extraktionsverfahren angemeldet. Die amerikanische Firma W.R. Grace begann damit, Produktionsstätten in Indien zu errichten, um von dort aus Produkte aus Neem herzustellen und zu vertreiben. Die Wertsteigerung der Neem-Samen von ehemals elf US-$ je Tonne auf ca. 110-150 US-$ führte dazu, dass kleinere indische Firmen und Landwirte nicht mehr in der Lage sind, Neemsamen einzukaufen. Wegen der Patente können einheimische Firmen ihre Produkte nicht mehr nach Europa und in die USA exportieren, was zu starken Umsatzeinbrüchen führt. W.R. Grace versucht zudem einheimische Betriebe aufzukaufen oder davon zu überzeugen, als Rohstofflieferant zu fungieren. Die Firma argumentiert, dass die Wertsteigerung der Neemsamen und Produkte der indischen Wirtschaft zugute kommen, vergisst dabei jedoch, dass einheimische Strukturen systematisch zerstört werden. Durch internationalen Protest und Einsprüche bei der Beschwerdekammer der EPA wurden zwei der insgesamt 22 europäischen Patente auf Neem nun endgültig widerrufen ... . Diese Entwicklung ist ein Schritt in die richtige Richtung und zeigt, dass sich der Widerstand gegen Biopiraterie lohnt." 1

4.2. Medizin

Für die ärmsten Länder droht der Patent-Schutz von Medikamenten zu einem essentiellen Problem zu werden.

"Vor allem für die Länder des Südens sind patentierte Medikamente unbezahlbar. 2001 zogen 39 Pharmakonzerne erst nach weltweitem Protest eine Klage gegen Südafrika zurück: Das von AIDS extrem betroffene Land hatte versucht, nachgeahmte AIDS-Medikamente günstig einzukaufen und so die Patente zu umgehen. Ein solcher Umgang mit Patenten verhindert Seuchenbekämpfung und gesellschaftlichen Fortschritt." 1

Es wird befürchtet, dass Patent des Pharmakonzerns Chiron Patente auf Genabschnitte des HIV-Erregers (AIDS) die AIDS-Diagnose erheblich verteuern könnte. "Laut Berechnungen des DRK könnten die Preise von 0,49 € für einen HIV-Test ... auf bis zu 9,20 € je Test steigen." 1 (Stand: 2001)

These:
"Patente auf Leben sind umso weniger gerechtfertigt, wenn große Teile der Grundlagenforschung mit öffentlichen Geldern finanziert werden, die Produktentwicklung und Vermarktung dann aber von privaten Pharmakonzernen übernommen wird. " 1

Es stellt sich die Frage, ob essentielle medizinische Forschung privat organisiert sein sollte:
Private Unternehmen sind grundsätzlich gewinnorientiert. Dies lenkt Investitionen in teilweise nicht nachvollziehbare Bahnen. "Ein Präparat wie Viagra sichert den Pharmakonzernen Millionengewinne, während Medikamente gegen »Armenkrankheiten« wie Malaria kaum Gewinne versprechen und daher auch nur wenig entwickelt werden. Zahlreiche NGOs fordern, dass zumindest lebensnotwendige Grundsatzpräparate für alle zugänglich gemacht werden müssen." 1

4.3. Medien

4.3.1. Kritische Medien

"Zu Beginn des 21. Jahrhunderts können die traditionellen Massenmedien wie Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen und Zeitschriften ihre Kritik- und Kontrollfunktion im politischen System nicht oder nur noch unvollkommen erfüllen. Sie zeichnen sich statt dessen durch eine extreme Kommerzialisierung ihrer Inhalte aus, während die kritische Berichterstattung immer mehr zurückgeht.

Eine wichtige Ursache hierfür ist die extreme Konzentration im Bereich der Unterhaltungsindustrie: In den 1980er und 1990er Jahren bildeten sich durch Fusionen und Übernahmen gigantische Unterhaltungskonzerne heraus. Jeder dieser Großkonzerne besitzt in unterschiedlichen Kombinationen Filmstudios, Fernsehstudios, Fernseh- und Hörfunksender, Musiklabels, Zeitschriften-, Zeitungs- und Buchverlage sowie andere Firmen (McChesney 1999: 19). Inzwischen existieren nur noch weniger als zehn dieser gigantischen Medienkonzerne: Time Warner, Disney, Viacom, General Electric, die News Corp. von Rupert Murdoch, Sony, Bertelsmann, Vivendi Universal und AT&T. Diese Firmen erreichen Konzernumsätze, die zwischen 15 und 100 Mrd. US-$ pro Jahr liegen, und sie kontrollieren zusammen mit 50 bis 60 etwas kleineren Medienfirmen einen bedeutenden Anteil der Weltkultur" 1.

Neue Medien -insbesondere das Internet- hinterfragen diese Machtstrukturen, sie erweitern die Möglichkeiten der freien Meinungsäußerung für Privatpersonen und kleinere Organisationen. "Hier können sie ihr im Grundgesetz verankertes Recht auf freie Meinungsäußerung auch tatsächlich nutzen und Informationen einem weltweiten Publikum zugänglich machen. Die aufzuwendenden Kosten sind minimal im Vergleich zum Kapital, das für den Betrieb von traditionellen Medien aufgebracht werden muss." 1Freie Software unterstützt diese Möglichkeiten in einem erheblichen Umfang (siehe folgendes Kapitel 4.4.).

Der Kampf um die geistigen Eigentumsrechte des verwertbaren Inhalten wird deswegen verschärft. (Allerdings sind die am meisten umkämpften Güter, m.E. kommerziell gut verwertbare Produkte, d.h. Mainstream-Produkte der Film- und Musikindustrie)

Tabelle 5: Verschärfung des Urheberrechts in den USA und der EU

1996 WCT, WPPT (WIPO Copyright Treaty, WIPO Performance & Phonogram Treaty): vier der fünf Verschärfungen: Vervielfältigungsrecht, Recht auf Zugänglichmachung, Juristischer Schutz von Kopierschutzmaßnahmen und Copyright- Kontroll-Informationen.
1997 NET-Act (No Electronic Theft Act), USA: 5 Jahre Haft und/oder 500.000 $ Geldbuße beim Tausch von urheberrechtlich geschützten Materialien auch zu privaten, nichtkommerziellen Zwecken, wenn diese den Wert von 1000 $ überschreiten.
1998 DMCA (Digital Millennium Copyright Act), USA: Juristischer Schutz von Kopierschutzmaßnahmen und Copyright-Kontroll-Informationen, Haftbarkeit und Auskunftspflicht der ISPs (Internet-Provider).
2001 EUCD (EU Copyright Directive), EU: Verschärfung des Vervielfältigungsrechts, Recht auf Zugänglichmachung, Juristischer Schutz von Kopierschutzmaßnahmen und Copyright-Kontroll-Informationen

Auswahl, Heise Online und Telepolis

 

(Tabellen-Quelle: 1)

4.3.2. Medien und deren Bedeutung für Forschung und Wissenschaft

Nach Stuart M. Shieber, Professor an der Faculty of Arts and Sciences (FAS) der Havard-Universität, ist das bisherige System rigide, z.B. "viele Verlage erlauben es den Wissenschaftlern nicht,ihre Arbeiten auch selber weiterzuverbreiten". Er kritisiert, "dass die Verlage die Abonnementspreise für wissenschaftliche Zeitschriften und Publikationen in astronomische Höhen getrieben hätten ...Diese Entwicklung stehe der von der Universität beabsichtigten Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse auch in ärmeren Ländern entgegen." 6

Momentan besteht ein Bestreben der großen Internet-Suchmaschinen-Betreiber Google und Microsoft die Bestände wichtiger US-Bibliotheken digitalisieren zu lassen und in "offener Form" verfügbar zu machen.

Bei diesem Unterfangen setzt das Urheberrecht und Copyright enge Grenzen, so dürfen nur Bücher ohne entsprechenden Schutz eingescannt werden, d.h. für die USA, dass diese in der Regel vor 1922 veröffentlicht worden sein müssen.

Aber selbst die von den Suchmaschinen-Herstellern digitalisierten Werke wären dann nicht wirklich "offen". Google verlangt, dass andere kommerzielle Suchmaschinen nicht auf die gescannten Bücher zugreifen können. Microsoft stellt die Bedingung, dass das gescannte Buch nur in der eigenen "Windows Live"-Suche einfließen darf. 8

Auch in Deutschland hat das neue Urheberrechtsgesetz (2. Korb der Urheberrechtreform) Forschung und Lehre nicht gut getan. Der wissenschaftliche Dokumentenlieferdienst Stubito hat seine Vertragsbedingungen deutlich verscharft.Die Preise für den elektronischen Versand wurden von 1,50 € auf mindestens 7,75 € erhöht. Die versendetet Dokumente läuft spätestens einen Monat nach den Datum der Lieferung ab und ist dann nicht mehr "zugänglich".
Hinzu kommt die Verpflichtung der Lieferbibliotheken, innerhalb von 18 Monaten höchstens zehn Kopien aus einer einzelnen Zeitschrift zu versenden.

Harald Müller, Direktor der Bibliothek des Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht meint hierzu. "Der gegenüber der Öffentlichkeit bislang weitgehend verborgen gehaltene "Knebelvertrag" sei "katastrophal" für die Nutzer wissenschaftlicher Informationsdienste ...". "Einen Stutdent, der durchschnittlich fünf Euro pro Tag für Essen und Trinken ausgebe, darf ... für eine Kopie geistiger Nahrung auf keinen Fall mehr abgeknöpft werden als sein Tagespensum auf Aufwendungen gegen Hunger und Durst hergebe." 4

4.4. Die Softwareproduktion

Software ist in Deutschland durch § 2 Abs. 1 Satz 1 UrhG rechtlich geschützt 3. Dieser Schutz beinhaltet eine wichtige Einschränkung, den nur der konkrete Software-Code ist geschützt. Es besteht z.Z. noch die Freiheit Software nachzuprogrammieren.
Die Bestrebungen von mächtigen internationalen Konzernen wie Microsoft, aber auch Nokia, Amazone und andere gehen momentan dahin diesen Schutz erheblich zu verschärfen. Das gewählte Mittel ist die Patentierung von Software.

4.4.1. Softwarepatente

Ein Softwarepatent ist nach der Definition der FFII (Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur) "...eine vom Computer ausgeführte Rechenregel. Damit sind de facto auch abstrakte Ideen patentierbar geworden." 1 Ideen sind aber viel allgemeiner als eine bestimmte, eingegrenzte Methode und ihre expliziede technische Umsetzung. Deshalb ist die Sperrwirkung von Softwarepatenten auch erheblich breiter als die herkömmlicher Patente (Kolle 1977) und natürlich erheblich umfangreicher als der Urheberschutz.

In Europa sind Softwarepatente durch das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) von 1973 eigentlich ausgeschlossen. In Art. 52 Abs. 2 heißt es ausdrücklich, dass Programme für Datenverarbeitungsanlagen nicht patentierbar sind.

Jedoch erteilte das europäische Patentamt seit 1998 direkt Patente auf Computerprogramme. Der FFII, eine Vereinigung von GegnerInnen der Softwarepatente, schätzt, dass das europäische Patentamt in eindeutiger Verletzung des EPÜ ungefähr 30.000 Patente auf Software und Geschäftsmethoden erteilt hat.

4.4.1.1. Softwarepatente als Waffe

Große Konzerne schließen z.Z. gegenseitig Patentabkommen; d.h. sie müssen für die gegenseitige Nutzung ihrer Patente nichts zahlen (z.B. Microsoft und Siemens 11). Diese Möglichkeiten haben kleine Firmen natürlich nicht. Diese Firmen müssen Patentkosten durch höhere Preise für ihre Produkte wieder hereinbekommen.

"Wenn führende Technologieunternehmen durch die gegenseitige Lizenzierung von geistigem Eigentum zusammenarbeiten, dann fördert dies Innovationen zum Vorteil von Kunden, Verbrauchern und der gesamten IT-Branche", lobt Horacio Gutierrez, Vizepräsident Intellectual Licensing bei Microsoft solche Praxis 2.

Software Patente werden genutzt um öffentlichen und wirtschaftlichen Druck auf Open Source - Produkte, deren Hersteller und Kunden auszuüben. Microsoft behaubtet z.B., dass Open-Source-Applikationen gegen 235 eigene Patentansprüche vertoßen. Interessant ist, dass Microsoft jeden Nachweis schuldig bleibt. Hier wird pauschal ein Druck auf Hersteller und Kunden aufgebaut, der zu Verunsicherung gegenüber Open Source führen soll. 9
Stallman (Gründer der Free Software Foundation (FSF) wirft Microsoft vor: "seit zehn Jahren mit dem Verweis auf angebliche Patentansprüche auf GNU/Linux Unsicherheit zu verbreiten und Klagen anzudrohen." 7

5. Freies Wissen / Wissensallmende und "natürliche Information"

5.1. "natürliche Information"

Die Bezeichnung "natürliche Information" stammt von mir und ich meine hiermit die Prozess-Information des Lebens selbst. D.h. nicht nur Informationen, die im Genom verschlüsselt liegen, sondern ebenso "selbstorganisierende Ordnungsprinzipien" der Natur, wie z.B. biologische Kreisläufe, die stabile ökologische Systeme auszeichnen.

D.h. natürlich sollte die Patentierung von Leben untersagt werden, ebenso wie von entschlüsselten Gensequenzen.

Aber ebenso sollten übergeordnete biologische Prinzip sollte z.B. Schädlingsbekämpfung durch "Nützlinge" oder grundlegende Aspekte des ökologischen Landbaus nicht patentierbar sein.

"Natürliche Informationen" können leicht vermehrt werden. Vereinfacht ausgedrückt; man nehme einen Samen, steckt ihn in die Erde und wartet. Schön wäre es wenn dieser Samen "frei" wäre, also getauscht werden könnte. Hier bieten Vereine wie der VEN (Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt) Hilfe.

5.2. Freies Wissen

Freies Wissen ist für mich die Grundlage für ein selbstbestimmtes und -bewußtes Leben. Wie will man sich eine eigene Meinung bilden, ohne Informationen? Interessanterweise wird diese mittelbare Verknüpfung mit der Staatsform "Demokratie" nur wenig kommuniziert. In der Tat habe ich noch keine Quelle gefunden in der dieser Punkt direkt angesprochen wird - dabei ist er doch so zentral ;-)

Deswegen möchte ich drei Punkte nennen, die meines Erachtens unmittelbar mit dem Begriff Demokratie genannt werden sollten:

  1. Das offene Wissen sollte die politischen Entscheidungsprozesse durchdringen. Was geschieht hinter den verschlossenen Türen? Welche Lobbyisten nehmen in welchem Umfang wo Einfluss? Welche Politiker haben welche Nebenverdienste usw.
  2. Zumindest die öffentlich rechtlichen Medien sollten ihrer informativen Verantwortung nachkommen; z.B. das Thema "geistiges Eigentum" problematisieren.
    Beim Thema "geistige Monopolrechte" werden nämlich die großen Medienkonzerne kaum unvoreingenommen berichten, da sie selbst eindeutige Interessen haben (wie bei einigen anderen Themen auch ;-).
  3. Forschung und Lehre sollten sich an der "akademische Wissenschaftsverfassung" bzw. nach der klassischen Wissensordnung humboldtschen Prägung orientieren, die fortgeschrieben wurden in der Forschungsgemeinschaft des letzten Jahrhunderts durch Autoren wie Weber, Popper, Robert K. Merton, Spinner usw. 3:
    • Die Trennung von Erkenntnis und Eigentum: Forschungsergebnisse müssen veröffentlicht werden, um sie in einem Peer Review-Prozess überprüfen, replizieren, kritisieren und fortschreiben zu können. Das ist es, was Robert Merton mit dem »Wissenskommunismus« der Wissenschaften meinte, 1
    • die Trennung von Ideen und Interessen,
    • die Trennung von Theorie und Praxis,
    • die Trennung von Wissenschaft und Staat: Lehre und Forschung folgen keinen externen Anweisungen. Das heißt nicht, dass sie nicht öffentlich finanziert werden dürften, ganz im Gegenteil. Tatsächlich wurde die Grundlagenforschung für die neue Ordnung digitaler Medien, also der Computer und Datennetze, mit öffentlichen Mitteln betrieben (Spinner, 1994, S. 15 f).

 

5.3. Wissenallmende

5.3.1. »Dilemma der Allmende«

Die gemeinsame Nutzung von natürlichen Ressourcen nennt sich mit einem althochdeutschen Wort »Al(l)mende«. Es bezeichnet: »gemeinsam genutztes Land einer Gemeinde, einer festen Nutzergemeinschaft; allen gemeinsamer Grund, besonders Viehweide, Waldgebiet, Fischgewässer; sonstiges gemeindeeigenes Gelände, z.B. Wege, Plätze u.ä. auch innerhalb von Ortschaften; als Einrichtung meint es das Recht der gemeinschaftlichen Nutzung von Ländereien und auch die Nutzergemeinschaft« (Grimm, 1998, S. 480 ff). 3

Das Dilema der Allmende besteht nach dem Humanökologen Garrett Hardin (1968) aus zwei Faktoren:

  1. Dem individuellen und korporativen Egoismus:
    "Als rationales Wesen werde jeder Allmendgenosse danach streben, seinen Vorteil zu maximieren. Als Viehhalter werde er sich fragen, welchen Nutzen es für ihn hat, seiner Herde ein weiteres Tier hinzuzufügen. Der Nutzen setzt sich aus einer negativen und einer positiven Komponente zusammen. Da er den zusätzlichen Ertrag erhält, ist sein individueller Nutzen annähernd + 1. Die negative Komponente ergibt sich aus der zusätzlichen Belastung der kollektiven Weide. Die aber wird von allen gemeinsam getragen und ist für ihn daher nur ein Bruchteil von – 1. Das Ergebnis der Abwägung sei somit, dass er ein weiteres Tier hinzufügt und noch eines und noch eines." 3
  2. Den begrenzten Ressourcen, also der Unmöglichkeit von "unbegrenztem Wachstum in einer begrenzten Welt":
    Jeder versuche, in einer begrenzten Umwelt seinen Nutzen grenzenlos auszuweiten, denn: »Freiheit der Allmende bedeutet den Ruin für alle.« In einem Interview fast 30 Jahre und eine Fülle von Diskussionen später präzisiert Hardin: »In einer übervölkerten Welt kann eine unregulierte Allmende unmöglich funktionieren« (Straub, 1997).3

 

5.3.2. Warum die "Wissensallmende" trotzdem funktioniert

  1. Wissen ist keine begrenzte Ressource:

    Wissen ist ein besonderer Gut, ebenso wie die Liebe wächst es durch Teilung! Es wurde schon erwähnt: "Wissensgüter sind entweder gar nicht oder im Überfluss vorhanden". Sollte Wissen nicht künstlich begrenzt werden, entfällt der zweite Kritik-Punkt der Wissensallmende.

  2. Schutz vor privater Aneignung (vor dem individuellen und korporativen Egoismus):

    Dies ist in Anbetracht der gegenwärtigen Aneignungstendenzen ein ernstes Problem. Hier geht es darum, das öffentliche Gut "Wissen" zu schützen. Hier hat die Hacker-Bewegung die wohl erfolgversprechenste Strategie mit der Entwicklung der GPL (General Public License) entwickelt. "In der Gesamtschau ist es keine Übertreibung, die GPL als den größten Hack der Wissensordnung zu bezeichnen, seit britische Verlegergilden das Urheberrecht erfanden." 3

    Die GPL ist eine zentrale Grundlage der Open Source-Bewegung. Was ist deren zentrale Ansatz?

    • die Freiheit, den Quellcode des Programms wörtlich zu kopieren und zu verbreiten, sofern der Copyright-Vermerk und die Lizenz mit kopiert und verbreitet wird. Die Erhebung einer Gebühr für die physikalische Übertragung einer Kopie und für andere Dienstleistungen, wie eine Gewährleistung, wird ausdrücklich erlaubt (Ziff. 1),
    • die Freiheit, das Programm zu verändern und diese veränderte Version zu kopieren und zu verbreiten, sofern das abgeleitete Werk Angaben über die Änderung enthält und gebührenfrei und unter denselben Lizenzbedingungen veröffentlicht wird, wie das ursprüngliche Programm.

    Die GPL nutzt also das gegenwärtige Copyright- und Urheberrecht um das Programm vor privater Aneignung zu schützen. Sie gibt den Code zur Nutzung, sogar zur Anpassung frei, allerdings wird das Ergebnis in Folge ebenfalls frei.

    Für den Programmierer bedeutet dies einen erheblich Vorteil, er muss nicht alles selbst erfinden, kann sich auf fertige Komponenten stützen. Er spart Zeit und Geld. Indem er sein Ergebnis wiederum der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, wächst der freie Software-Pool in einem schnellen und sehr starken Umfang. Einer für Alle, Alle für Einen ;-)

    Das Konzept ist so erfolgreich, dass es inzwischen auch für andere Wissensbereiche adaptiert wird. "Was "Open Source" für die Software-Entwicklung bedeutet, ist "Open Access" für die Wissenschaft. 10 In jüngster Zeit öffnen sich immer mehr amerikanische Universitäten diesen Gedanken. Jüngst ermuntert z.B Havard, konkret die Faculty of Arts and Sciences (FAS), ihre Wissenschaftlern ihre Arbeiten frei verfügbar zu machen. 6

    Selbst der internationale Dachverband der Bibliotheksvereinigungen (IFLA) unterstützen die "Open Access"-Bewegung. Deren Präsidentin Claudia Lux stellt die Forderung auf, "dass mit öffentlichen Mitteln geförderte Wissenschaft auch öffentlich frei zugänglich sein müsse".5

    Die bekannteste offene Lizenz ist Creative-Commons-Lizenz. Diese erlaubt, die Freiheit sehr genau und unterschiedlich zu spezifizieren. Einige Ausprägungen erlauben z.B. die kommerzielle Nutzung, andere nicht. Diese Lizenz ist erheblich jünger, findet aber einen immer größeren Anklang.

Abschließen möchte ich mit der Festellung: Open Source funktioniert!

1 Robert K. Merton, The Sociology of Science, Chicago 1973, S. 273 ff., zit. nach Spinner 1998, S. 36.

Literatur:

1 Bödeker,Sebastian; Moldenhauer Oliver, Rubbel Benedikt: Wissensallmende: Gegen die Privatisierung des Wissens der Welt durch »geistige Eigentumsrechte«. VSA-Verlag Hamburg 2005

2 Fried,Ina; Beiersmann Stefan: Patentabkommen zwischen Microsoft und JVC http://www.silicon.de/cio/wirtschaft-politik/0,39038992,39161533,00/patentabkommen+zwischen+microsoft+und+jvc.htm. CNET Networks Deutschland GmbH 16.01.2008

3 Grassmuck,Volker: Freie Software - Zwischen Privat- und Gemeineigentum. Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) 30.11.2004 S.11

4 N.N.: Online-Fernleihe via Stubio nur noch mit digitalen Fesseln http://www.heise.de/newsticker/meldung/103973. heise online 24.03.2008

5 N.N.: Bibliotheken überdenken ihre Roll in der Wissensgesellschaft http://www.heise.de/newsticker/meldung/103885/. heise online 21.02.2008

6 N.N.: Haward-Fakultät schafft offenen Zugang zu wissenschaftlichen Arbeiten http://www.heise.de/newsticker/meldung/103723. heise online 19.02.2008

7 N.N.: FSF-Guru Stallman fordert ausschließlich freie Software in Behörden http://www.heise.de/newsticker/meldung/103731/. heise online 19.02.2008

8 N.N.: Open Content Alliance erhält Unterstützung von wichtigen US-Bibliotheken http://www.heise.de/newsticker. heise online 20.10.2007

9 N.N.: Wirtschaftvereinigungen sehen Sofwarepatente mit wachsender Sorge http://www.heise.de/newsticker/. heise online 15.05.2007

10 N.N.: Open Access: Rechtlicher Leitfaden für die Praxis http://www.heise.de/newsticker/meldung/71636/. heise online 04.04.2006

11 N.N.: Microsoft will mit Siemens-Patenten neue Märkte erobern http://www.heise.de/newsticker/meldung/47068r. heise online 03.05.2004