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EU ermöglicht Konzernklagen gegen Umwelt- und Sozialgesetze

Attac kritisiert von Industrielobbys beeinflusste Investitionspolitik

Die Europäische Union will künftig internationale Verträge aushandeln, die transnationalen Konzernen das Recht geben, gegen Umwelt- und Sozialgesetze souveräner Staaten zu klagen. Auch das Europäische Parlament hat dem in seiner Abstimmung über die zukünftige
EU-Investitionspolitik am 6. April keinen Riegel vorgeschoben. Durch so genannte "Bilaterale Investitionsabkommen" (BITs) können Investoren vor intransparenten internationalen Schiedsgerichten demokratisch legitimierte Gesetze mit Milliardenklagen aushebeln, wenn ihre Profite bedroht erscheinen.

BITs sind Abkommen zwischen zwei Staaten, welche die Regeln und Bedingungen für private Investitionen festlegen. In BITs sind Pflichten für Investoren weitestgehend ausgeschlossen. Sie haben in der Regel keine Standards zum Schutz der Umwelt und natürlichen Ressourcen, der
Arbeitsrechte oder sozialer Vorkehrungen. Im Falle von Konzernklagen werden die Verfahren meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten, da die Vertragsparteien kein Interesse an einer breiten Diskussion haben.

Solche Abkommen haben die EU-Mitgliedstaaten, vor allem auch Deutschland, bereits zahlreich abgeschlossen. Der Lissabon-Vertrag hat die Kompetenz für ausländische Direktinvestitionen von den 27 Mitgliedstaaten auf die Ebene der EU verlagert. Die EU will diesen Kurs nun in neuen Verträgen mit großen Ländern wie China, Russland oder Indien fortschreiben.

Diese Investitionsabkommen hebeln die Demokratie aus. Konzerne haben dadurch häufig mehr Rechte als Regierungen. Sie sind eine Gefahr für jede ökologische und soziale Politik und das öffentliche Interesse. Durch sie haben Steuerzahlerinnen und Steuerzahler bereits millionenschwere Gerichtskosten und Kompensationszahlungen in Folge von Konzernklagen schultern müssen. Der politische Gestaltungsspielraum wird dadurch massiv eingeschränkt – nicht nur in Entwicklungs- sondern auch in Industriestaaten. In Brüssel hat die NGO "Corporate Europe Observatory" (CEO) den direkten Einfluss der Industrielobbys und Anwaltsfirmen auf die jüngsten EU-Entscheidungen zur Investitionspolitik dokumentiert.

Zudem wird durch das Recht der Investoren, Gewinne uneingeschränkt ins Ausland zu transferieren, die Möglichkeit für Regierungen stark eingeschränkt, Kapitalflüsse zu begrenzen oder ihre Zahlungsbilanz zu schützen. Dies sind jedoch wichtige Instrumente zum Schutz gegen spekulative Kapitalbewegungen und Finanzkrisen.

In einem gemeinsamen Aufruf fordern Attac, dutzende internationale NGOs und tausende europäische Bürgerinnen und Bürger eine Investitionspolitik, die die Einhaltung von Menschenrechten und internationalen Arbeitsstandards sowie nationalen Umwelt- und Sozialgesetzen garantiert. Das intransparente Klagerecht von Investoren gegen Staaten muss abgeschafft werden. Staatliche Regulierungen dürfen nicht als 'indirekte Enteignungen' interpretiert und von Investoren angegriffen werden. Auch die gegenwärtigen und weiterhin gültigen Bilateralen Investitionsabkommen der einzelnen EU-Staaten müssen daher so früh wie möglich überprüft und ersetzt werden.