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Samstag 9.30 - 12.30 Uhr: Vormittagsseminare

Die Rolle der EU in Lateinamerika

ReferentInnen: Andreas Hetzer, Dietrich Tuschhoff, Rudi Kurz

Diese sog. Global Europe Strategy beschreibt die hegemonialen Zielsetzungen der EU, die sich in diversen Assoziierungsabkommen, deren entscheidender Teil Freihandelsabkommen sind, niederschlagen. Inhalte sind u.a. Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse, Investitionsschutz, Schutz geistiger Eigentumsrechte, Öffnung von Dienstleistungsmärkten, Öffnung des öffent. Auftragswesen, Ungehinderte Niederlassungsfreiheit.

Zum Assoziierungsabkommen EU und Zentralamerika: Für die EU ist das wirtschaftliche Potential Zentralamerikas zunächst zweitrangig.Vielmehr stehen geopolitische Interessen im Vordergrund. Die EU möchte ihren Zugriff auf die natürlichen Ressourcen Zentralamerikas absichern und ihre Einflusssphäre ausweiten. Das „menschliche Antlitz", das sich die EU in Zentralamerika gerne gibt, erschwert jedoch das Aufdecken der realen Interessen, die hinter diesem Abkommen stehen, sowie die Formierung des Widerstands.

Chiapas im Visier von Politik und Kapital - Zur aktuellen Situation des Aufstands der zapatistischen Befreiungsbewegung

Referent: Luz Kerkeling

Der erste Teil des Seminars beginnt mit einem ca. 45-minütigen Dia-Vortrag über die aktuelle Situation in Chiapas. Auf der Basis zahlreicher Interviews, u.a. in Unterstützungsgemeinden der EZLN (Zapatistische Armee zur nationalen Befreiung), die 2008 in Chiapas durchgeführt wurden, soll die zapatistische Autonomie erläutert werden, die in hohem Maße auf einem System unentlohnter Kollektivarbeit basiert. Neben Themen wie Ernährungssouveränität, Situation der Frauen innerhalb der Bewegung, Entwicklungen im Gesundheit- und Bildungssektor wird darüber hinaus auf mexikoweite und internationale Prozesse eingegangen, die von Relevanz für die aufständischen Gemeinden sind. Im Anschluss bleiben 30 Minuten für Diskussion und Nachfragen.

Nach 15 Min. Pause wird im zweiten Teil des Seminars mit einem 45-min. bebilderten Vortrag auf aktuelle Entwicklungen eingegangen, die die Errungenschaften der sozialen Bewegungen in Chiapas und Mexiko bedrohen, darunter die Vertiefung der neoliberalen Wirtschaftspolitik und die Militarisierung - v.a. im Kontext der "Nordamerikanischen Allianz für Sicherheit und Prosperität" (ASPAN) -, neue "Entwicklungsprojekte" ("Öko"-Tourismus, "Bio"-Sprit und Bergbau) sowie die Zerstörung der indigenen Lebensweisen. Im Anschluss bleiben erneut 30 Minuten für Diskussion und Nachfragen.

Militarisierung in Lateinamerika

ReferentInnen: Jonna Schuerkes, Erhard Crome, Reiner Braun (Moderation), Kristine Karch (Moderation)

Dargestellt werden soll die Militarisierung Lateinamerikas durch das Engagement der USA, sei es durch Militärstützpunkte in verschiedenen Ländern als auch durch den Einsatz u.a. der 4. Flotte. Aufgezeigt wird die Funktion dieser Aufrüstung vor allem zur Destabilisierung der linken Regierungen. Hinterfragt werden soll die Funktion des „Lateinamerikanischen Verteidigungsaktes“, der unter Federführung von Brasilien und Venezuela entstehen soll.

Folge dieser Aufrüstung von außen aber auch bedingt durch innere Entwicklungen sowohl in einzelnen Ländern als auch in der Region findet eine – wenn auch sehr unterschiedlich starke – (Auf)Rüstung in den Ländern Lateinamerikas statt. Diese wird an ausgewählten Beispielen z.B. Boliviens aber auch der regionalen Hegemonialmacht Brasiliens dargestellt.

In der Diskussion soll dann auch Abrüstungsperspektiven für den Kontinent, die über die Ablehnung einer militärischen Intervention weit hinausgehen und sich an einer Welt ohne Krieg und Armee orientieren, entwickelt werden. Auch hier können Utopie und politischer Realismus in einen interessanten Konflikt geraten.

Amazonien im Fokus der internationalen Klima- und Energiediskussion

ReferentInnen: Anne Mette, Silke Lunnebach, Thomas Brose

Amazonien gerät immer stärker in den Blickpunkt der internationalen sowie regionalen Klima- und Energiediskussionen. Je nach Sichtweise ist die Region die Lunge der Welt oder eine Schatzkammer, die Reichtum und Entwicklung bringen wird. In diese zum Teil gewalttätigen Konflikte um die richtige Nutzung der Ressourcen geraten vor allem die in Amazonien lebenden Bevölkerungen wie Indigene Gemeinschaften, Kleinbauern und andere Gruppen. Die Situation verschärft sich dadurch, dass viele nationale Regierungen damit beginnen die Erschließung der Region systematisch und über Ländergrenzen hinaus zu betreiben. In dem Seminar sollen die Komplexität der Problematik anhand des Beispiels der Agrotreibstoffe aufgezeigt sowie Strategien gesellschaftlicher Gruppierungen vorgestellt und diskutiert werden. Zudem wird der Frage nachgegangen, wie man die Komplexität des Themas verständlich kommunizieren kann - welcher Botschaften und Handlungsoptionen es bedarf, um dem derzeitigen Trend entgegenzusteuern. In einem Planspiel werden sich die Seminarteilnehmer in die Rolle der Konzerne, der Politikmacher, der Betroffenen und der Kampagnengestalter begeben.

Agro-Gentechnik in Brasilien

Referent: Antonio Andrioli

1994 bekam der weltweite Großkonzern Monsanto die Zulassung für den Anbau der herbizidresistenten Roundup Ready-Sojabohnen. Das besondere an der RR-Soja ist die Herbizidresistenz: Ihr wurden Gene eingebaut, damit sie vom Totalherbizid Glyphosat nicht zerstört wird. Die Argumente der BefürworterInnen sind die Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der Landwirtschaft, die Erhöhung der Exporte und die Hungerbekämpfung. Den Bauern werden drei Hauptargumente genannt: 1) Herbizidtolerante Sojabohnen sollen den Ertrag steigern; 2) die Herbizidmengen würden reduziert und so die Betriebskosten vermindern; 3) die Verringerung von Herbizidmengen reduziere die Umweltverseuchung und verbessere die Qualität des Lebensmittels. Die realen Auswirkungen auf die Produktionsbedingungen der Bauern und das Leben der Menschen sind in Brasilien bereits heute abzusehen. Aus diesen Erfahrungen könnte Europa lernen.

Medienstrukturen in Lateinamerika

ReferentInnen: Viviana Uriona, Malte Daniljuk

Der Berichterstattung durch Massenmedien kommt eine wichtige Rolle bei der Meinungsfindung in einer Gesellschaft zu. In dem Seminar wollen wir den Zusammenhang zwischen Medien und Politik in Lateinamerika diskutieren. In dem Seminar geben wir anhand einzelner Fallbeispiele eine Übersicht über Medienstrukturen (Medien, Gesetze, Ökonomie) und möglichen Medienwirkungen. Welche Folgen kann die Konzentration von Medienunternehmen haben? In der gemeinsamen Diskussion werden wir anschließend Beispiele aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern diskutieren und überlegen, welche Strategien für eine demokratische Öffentlichkeit sinnvoll sind. Können lokale Alternativmedien gesellschaftliche Debatten beeinflussen? Sind öffentlich-rechtliche oder staatliche Medien eine Alternative zu privaten Medien? Inwieweit soll der Staat Medienstrukturen regulieren?

Soziale Bewegungen in Lateinamerika

Referent: Prof. Dieter Boris

In dieser Veranstaltung sollen im Wesentlichen sechs verschiedene Problemebenen angesprochen werden, wobei je nach Zeit und Umständen neben allgemeinen Bemerkungen auch Beispiele und länderspezifische Konkretisierungen herangezogen werden sollen:

Ausgangs- und Rahmenbedingungen: neoliberale Orientierung,
Demokratisierungsprozesse; Entstehung und Entfaltung sozialer Bewegungen; Typen und Wirkungsmechanismen sozialer Bewegungen; Anteil sozialer Bewegungen am Politikwechsel; Mitte-Links-Regierungen und soziale Bewegungen; Fortführung autonomer und basisorientierter Projekte durch soziale Bewegungen

Die Linksregierungen in LA und ihre Außenbeziehungen

Referenten: Ingo Niebel, Ricardo Pena

Vor dem Hintergrund der US-amerikanischen und EU-Geopolitik analysieren die Referenten die Außenbeziehungen der progressiven Staaten Lateinamerikas. Geographisch legen sie den Schwerpunkt auf die Staaten, die sich in der Bolivarischen Alternative für die Amerikas (ALBA) zusammengeschlossen haben. Im Mittelpunkt stehen dabei Venezuela und Kuba, Bolivien und Nicaragua. Inhaltlich zeigen die Referenten, dass die außenpolitischen Beziehungen nicht nur die Kooperation unter den Ländern verstärken, sondern auch als Schutz gegen die Einmischung (Putsch, Destabilisierung) von außen dient.

Geschichte Lateinamerikas - Geschichte der Abhängigikeit

Referentin: Katharina Löber, Steffen Stierle

Die Situation der lateinamerikanischen Staaten ist nicht von heute auf morgen entstanden. Aber ist sie durch die historische Entwicklung determiniert? Der Kontinent blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Von der Kolonialzeit über die Unabhängigkeitskriege bis hin zu den Militärdiktaturen der 1980er Jahre lässt sich eine Kontinuität der Unterdrückung und Abhängigkeiten von ausländischen Kolonial- und Wirtschaftsmächten sowie einheimischen Eliten und Diktatoren zurückverfolgen. Die Geschichte Lateinamerikas ist jedoch nicht nur eine Geschichte der Abhängigkeit sondern auch eine Geschichte des Widerstandes und der Revolutionen, verbunden mit Namen wie Zapata, Sandino oder Castro. Diese „Helden“ sind zwar allseits bekannt, aber Bewegung beruht nicht auf einzelnen Personen. Auf kaum einem anderen Kontinent wurden und werden so viele politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Alternativen ausprobiert.

Das Seminar soll kein Geschichtsunterricht sein. Zwar wird es einen kurzen Abriss über die Entwicklung von der Kolonialzeit bis heute geben, Schwerpunkt liegt aber auf der Entwicklung einer lebendigen Debatte über gesellschaftliche, politische und ökonomische Prozesse, mit denen wir uns früher wie heute auseinandersetzen, verbunden mit der Frage, inwieweit wir hier und in Lateinamerika die Macht haben, den Lauf der Dinge zu gestalten.

Kolumbiens Dauerkrieg – Aussicht auf eine friedliche Lösung?

ReferentInnen: Heike Hänsel, Alexandra Huck

Menschenrechtsverletzungen, gewaltsame Vertreibung und die Ermordung von GewerkschafterInnen sind in Kolumbien an der Tagesordnung. Der "Demobilisierungsprozess" der Paramilitärs hat nicht zu deren Auflösung geführt. Eine Verhandlungslösung mit den Guerillagruppen kommt trotz Bemühungen internationaler Vermittler nicht voran. Inmitten des Konfliktes sind Binnenflüchtlinge auf ihr Land zurückgekehrt und bauen in Friedensgemeinden zivile Alternativen auf. Die "Politik demokratischer Sicherheit", Paramilitärs und Palmöl-Megaprojekte bedrohen ihre Existenz. Im Seminar wird über die aktuelle Situation und diese alternativen Ansätze berichtet (teils mit Film). Die Regierung schafft ökonomische Bedingungen, die Kleinbauern und Vertriebene immer mehr benachteiligen. Die EU fördert Agroenergie und setzt Anreize dafür, immer mehr Land im Süden für ihren Energiehunger zu nutzen.

Samstag 16.30 - 18.30 Uhr: Workshops

Soziale Fortschritte, demokratische Rückschritte: Neosandinismus in Nicaragua

Referent: Klaus Heß

Kritisch und skeptisch wird der Workshop das Regierungsprojekt der „alten-neuen“ FSLN betrachten. Welche sozialpolitische Bedeutung hat die Regierung für die armen Bevölkerungsgruppen? Was bedeutet die faktische Aushebelung der Organe der Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene, die Diffamierung vieler zvilgesellschaftlicher Organisationen und die gleichzeitige Instrumentalisierung sog. Räte als quasi außerparlamentarische Machtbasis der FSLN? Was ist mit der Liaison zwischen katholischer Amtskirche und Ortega – manifestiert im rigiden totalen Abtreibungsverbot. Welche Rolle spielt der Pakt zwischen FSLN und PLC (seit der korrupten Regierungszeit Arnoldo) - letzter Akt dieses Paktes ist die Entscheidung des Obersten Wahlrates die Parteien MRS (sandinistische Erneuerungsbewegung) und PC (konservative Partei) nicht für die Gemeindewahlen zuzulassen.

Wir fragen nach der Bedeutung der Bündnisse und wirtschaftspolitischen Abkommen der linken Regierungsprojekte in Lateinamerika. Zeichnet sich hier eine Alternative zu den Freihandelsabkommen mit der USA und der EU bzw zu IWF-Verträgen ab?

Bergbau in Peru - Armut geht, Reichtum bleibt

ReferentInnen: Elena Muguruza, Dr. Rainer Lucht

Wegen des internationalen Rohstoffhungers boomt der Bergbau in Peru wie nie zuvor. Heute produziert er 50% der Deviseneinnahmen und unterstützt das Makrowachstum von 8%, aber schafft er kaum Arbeit und Entwicklung, bringt Umweltschäden und verursacht viele Konflikte mit der betroffenen Bevölkerung. Themenschwerpunkte der Veranstaltung: Bergbausektor in Peru: Entwicklung, Akteure, Interessen; Betroffene Bevölkerung/zivile Organisationen: Widerstand, Forderungen, Alternativen; Rolle Deutschlands: wirtschaftliche Interessen/politische Verantwortung, Was können wir tun?

Perspektiven der Studierendenbewegung in Kolumbien und Venezuela

Referent: Ernesto Klengel, Sergio Salaza

Die kolumbianische Universitäten gehört zu den wenigen gesellschaftlichen Bereichen des Landes, in denen progressive, regierungskritische Tendenzen mehrheitsfähig sind. Die breite Protestbewegung gegen den neoliberalen Umbau der Hochschulen erhebt auch allgemein-politische Forderungen gegen die ultrareaktionäre Politik der Regierung Uribe. Folgerichtig richten sich Repressionen von paramilitärischen Kräften und staatlichen Akteure gegen studentische Aktivistinnen und Aktivisten an fast allen Universitäten des Landes. Präsident Uribe selbst spricht über die Protestierenden als „von Venezuela infiltrierte Anarchisten“.

Doch wie gestaltet sich deren Beziehung zum Nachbarland wirklich? Und wie steht es dort um eine progressive Studierendenbewegung? Im Mittelpunkt des Workshops soll die Frage stehen, welche Rolle die Studierendenbewegungen beider Länder und die kommunistische Jugend Kolumbiens bei einer demokratischen oder gar sozialistischen Entwicklung der Region spielen kann.

Illegitime Schulden

ReferentInnen: Jürgen Kaiser, Jimi Merk, Wolfgang Hees, Irene Knoke

Forderungen nach der kompletten Streichung aller Auslandsschulden wurden in Lateinamerika immer lautstark vertreten. Wegen der Ausbeutung durch die Kolonialzeit, ungerechte Handelsstrukturen bis heute und die „ökologische Schuld“ des Nordens seien sie per se illegitim. Seit einiger Zeit sind aber auch offizielle politische Prozesse in Gang gekommen, die versuchen, das Thema der Illegitimität von Forderungen differenzierter auszuleuchten. Im Mittelpunkt stehen die aktuellen Erfahrungen mit der unter Präsident Correa (Ecuador) eingesetzten Auditoria-Kommission zur Überprüfung des gesamten Schuldenstandes und dem Ziel, die illegitimen Schulden zu benennen. Daneben sollen die Erfahrungen aus Brasilien und Peru diskutiert werden.

Die deutsche Lateinamerika-Politik

ReferentInnen: Heike Hänsel, Alexander King

Das Seminar soll einen Überblick über die Strategien der deutschen Politik gegenüber Lateinamerika bieten: Welche politischen Ansätze werden in wessen Interesse verfolgt? Wie funktioniert die praktische Umsetzung, insbesondere im Rahmen der politischen Stiftungen aus? Welche Wirkung auf die politische Situation vor Ort entfalten diese Strategien? Diese Fragen sollen anhand einiger Beispiele (Kolumbien, Bolivien) erläutert werden. Daran anschließend, wollen wir alternative Ansätze einer solidarischen und gleichberechtigten Partnerschaft diskutieren, um den sozialen und demokratischen Aufbruch von unten zu unterstützen.

Gewerkschaftliche Globalisierung von unten

ReferentInnen: Beatrix Sassermann, Fritz Stahl, Fritz Hoffmann

Der Mannheimer AK wird über 20 Jahre Erfahrung mit internationaler gewerkschaftlicher Zusammenarbeit zwischen Belegschaften von Großbetrieben, vor allem Mercedes und BASF, in Deutschland und Brasilien berichten.

Die Basisinitiative Solidarität hat die internationale Zusammenarbeit mit der Zeit auch auf andere Länder ausgedehnt. Kolumbien ist das Land, in dem weltweit die meisten GewerkschafterInnen ermordet werden. Hier haben sich Basisgewerkschafter mit kirchlich Aktiven und Menschenrechtlern zusammen getan, um diese bedrohliche Situation bekannt zu machen und gemeinsam für eine andere Welt zu kämpfen.

Können diese Formen internationaler Zusammenarbeit einen Beitrag leisten gegen die Globalisierung des Kapitals von oben?

Tanzen steigert das Wohlbefinden

ReferentInnen: Waltraud Hutte

Einführung in die karibischen Tänze Merengue und Bachata.

Mediale Transformationsprozesse in Bolivien und Venezuela

Referent: Andreas Hetzer

Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass der „Kampf um die Medien“ sich besonders dort verschärft, wo wir es mit politischen und sozialen Transformationsprozessen zu tun haben. Die Umstrukturierung der Mediensysteme in Bolivien und Venezuela ist insgesamt in einen politischen Reformprozess eingebettet, der wesentlich geprägt ist von hegemonialen Auseinandersetzungen um alternative Deutungsmuster und Diskurse. In Venezuela kann der Widerstand gegen die Übermacht der privaten Medien-Monopole bereits auf einige Erfahrungen verweisen. In Bolivien hingegen, wo der politische Emanzipationsprozess der indigenen Bevölkerungsmehrheit gerade erst begonnen hat, steckt die Diskussion um neue Formen der Kommunikation noch in den Kinderschuhen. Trotzdem hat auch die Regierung Morales auf die Herausforderungen im Mediensektor reagiert und Maßnahmen gestartet, die auf eine ähnliche Entwicklung wie in Venezuela hindeuten.

Alternative Medien hüben und drüben

ReferentInnen: Eva Völpel, Boris Schöppner

Der Workshop geht beispielhaft auf die Arbeitsweisen, Ansprüche und Grenzen einer alternativen Berichterstattung in/über Lateinamerika ein. Zum einen wird die Arbeit des chilenischen Stadtteilsenders Señal 3 La Victoria vorgestellt. Dieser Sender arbeitet seit 11 Jahren in Santiago. Neben der Berichterstattung ist es dem Kanal auch ein Anliegen, andere Menschen in die Lage zu versetzen, selbst Fernsehen zu machen. Zum anderen wird Poonal (www.npla.de/poonal), der wöchentliche Nachrichtendienst des Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. (NPLA) vorgestellt, der für seine Berichterstattung auf das Angebot lateinamerikanischer alternativer Nachrichtenagenturen zurückgreift, deren Texte ehrenamtliche ÜbersetzerInnen ins Deutsche übertragen. Zudem gibt es einen Einblick in das mit opensource-Software programmierte neue Übersetzungsportal Pooble des NPLA.

Sozialismus oder Sozialstaat?

ReferentInnen: Dario Machado, Cristian Horton, Blancanieve Portocarrero, Kerstin Sack (Moderation)

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schien sich die Frage des Sozialismus erledigt zu haben. „Es gibt keine Alternative“ war die zentrale Botschaft der neoliberalen Heilsbringer. Privatisierung öffentlichen Eigentums, Sozialabbau und Flexibilisierung der Arbeit sowie Standortkonkurrenz und Exportorientierung waren die Kernelemente dieser Politik.

Cuba, das wirtschaftlich nach 1989 in eine große Krise geriet, hielt am Sozialismus fest. Dafür wurde es kritisiert und belächelt, und der Zusammenbruch des Systems wurde vorausgesagt. Mittlerweile erholt sich die cubanische Wirtschaft. In Ländern wie Venezuela, Ecuador oder Bolivien finden wir auch die Verwendung des Begriffes „Sozialismus“, es scheint aber so, dass die Definitionen recht unterschiedlich sind. Wie sieht die Diskussion in Argentinien aus? Die Regierung scheint weniger radikal zu sein, und die Forderungen der Gewerkschaften beziehen sich auf (Wieder-) Verstaatlichungen, Unterstützung selbstverwalteter Betriebe etc. Ist die soziale Marktwirtschaft der neue „Sozialismus".

In dem Workshop wollen wir darüber diskutieren, welche Ziele verfolgt werden sollten und wie die Umsetzung aussehen könnte um eine „andere Wirtschaft“ und eine „andere Gesellschaft“ zu etablieren.

Indigene Bewegungen in der Andenregion: Mobilisierung der Marginalisierten

Mit: Zeljko Crncic

Die Andenregion ist in den letzten Jahren einem drastischen Wandel unterworfen. Manche Beobachter sprechen sogar von einem Krisenbogen in
der Zone. Von Kolumbien im Norden bis Bolivien im Süden lassen sich verschiedene Konflikte, aber auch Prozesse der Autonomie und des Widerstandes beobachten. Hauptakteure dieser Prozesse sind die
indigenen Bevölkerungen der jeweiligen Länder. Nach Jahrhunderten der Marginalisierung und Ausgrenzung haben sie in den 90er Jahren die politische Bühne ihrer Länder betreten und verschaffen ihren Forderungen nach Einbindung und Anerkennung Gehör. Vorläufiger Höhepunkt war im Jahre 2005 die Wahl des Indigenen Evo Morales zum Präsidenten Boliviens. Die ecuadorianische CONAIE hatte sich im Jahre 2002 erstmals an einer nationalen Regierung beteiligt.

Der Workshop möchte den Aufstieg der Indigenen der Region anhand der
Beispiele Boliviens und Ecuadors nachzeichnen. Ein einführendes Referat
soll den Teilnehmern ein Basiswissen vermitteln. Mit Hilfe eines kurzen
Videos sollen Mechanismen des Widerstandes skizziert werden. In einer
Abschlussdiskussion mit den Beteiligten sollen positive Effekte der
sozialen Mobilisierung, Risiken und Zukunftschancen ausgelotet werden.

Nachhaltige Entwicklung in Lateinamerika: Herausforderungen und Chancen

ReferentInnen: Dr. Carlos Larrea (angefragt), MSc. Ing. Luz Maria Contreras (angefragt), José Rigane (angefragt)

In der Vergangenheit haben in Lateinamerika die Strategien der wirtschaftlichen Entwicklung zu einer massiven Ausbeutung natürlicher Ressourcen geführt, ohne dass dadurch ein allgemeiner gesellschaftlicher Wohlstand erreicht worden wäre. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie neue Wege aussehen könnten, die einerseits ökologisch verträglich sind und andererseits zu mehr sozialer Gerechtigkeit führen. Herausforderungen und Chancen einer solchen nachhaltigen Entwicklung sollen insbesondere am Beispiel Ecuadors und Cubas diskutiert werden. In Ecuador wurden Ziele einer nachhaltigen Entwicklung in die neue Verfassung integriert, und die indigenen Bewegungen stellen das Konzept vom „guten Leben“ („sumak kawsay“) zur Debatte. Cuba gilt vor allem im sozialen Bereich, aber auch z.B. in Hinblick auf Energieeffizienz und ökologische Landwirtschaft als Vorreiter nachhaltiger Entwicklung.

Neue Verfassungen - Feministische Diskussionen – Gleichstellungspolitik/ Emanzipationspolitik

ReferentInnen: Silvia Lazarte, Christa Wichterich (angefragt), Moderation: Kristine Karch

Mit dem Eingang des „Gender Mainstreaming“ in die offizielle (Ambivalenz
dieser Entwicklung soll herausgearbeitet werden) und der (fast) weltweiten Durchsetzung neoliberaler Ideologie in allen gesellschaftlichen Bereichen sind die klassischen Feministischen Diskussionen (patriachale Macht- und  Herrschaftsstrukturen, Sprache, Sichtbarkeit des Weiblichen, autonome Räume und/oder Strukturen, etc.) in der breiten Öffentlichkeit - national und international - in den Hintergrund getreten. Haben die demokratischen und linken Veränderungen in Zentral-/ Lateinamerika diese Fragen oder neue Denkansätze (ganzheitliches Denken vs. Technik- und Fortschrittsgläubigkeit, etc.) nun wieder auf die Agenda gesetzt, auch hier bei uns?

"Neue Allendes" verhindern - Solidarität mit den linken Regierungen? Unterstützung für die Veränderungsprozesse

Referent: Günter Küsters, Ricardo Pena

Im September eskalierten in Bolivien die Auseinandersetzungen zwischen der linken Regierung und den sozialen/ indigenen Bewegungen auf der einen und der rechten Opposition und Oligarchie auf der anderen Seite. Das Land geriet an den Rand eines Bürgerkrieges. In Venezuela wurden Putschpläne gegen die progressive Regierung aufgedeckt und in Ecuador drangen vor einigen Monaten kolumbianische Militärs ein um gegen die FARC-Guerilla zu operieren. In all diesen Fällen häuften sich die Verdachtmomente, einer US-amerikanischen Beteiligung. Bolivien und Venezuela haben daher bereits die US-Botschafter außer Landes verwiesen.

 

Welche weiteren Gefahren drohen den sozialen AkteurInnen und den linken Regierungen in Lateinamerika? Wer sind die Hintermänner und –Frauen, die Drahtzieher solcher Operationen? Welche Rolle spielen, deutsche/ europäische und us-amerikanische Think Tanks, Stiftungen, Regierungen und Behörden? Welche Verbindungen gibt es zwischen den Oligarchien Lateinamerikas und den übrigen o.g. externen AkteurInnen? Diese und weitere Fragen sollen in dem Workshop thematisiert werden. Außerdem wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, was wir hier tun können um den Prozess zu unterstützen. Außerdem wollen wir ggf. damit beginnen, eine solidarische Erklärung des Kongresses zu diesen Entwicklungen zu verfassen.

Solidarische Ökonomie in Lateinamerika - zw. Staat und Selbstorganisation

ReferentInnen: Dagmar Embshoff, David Heep

Seit einiger Zeit findet verstärkt eine Auseinandersetzung mit Solidarischer Ökonomie (SÖ) in Lateinamerika statt, da solidarökonomische Projekte dort bisher deutlich mehr Dynamik entfalteten als anderswo. Widersprüchlich und spannungsreich gestaltet sich das Verhältnis zwischen solidarökonomischer Selbstorganisation und dem Staat. In einigen Ländern wurden staatliche Institutionen zur Unterstützung der SÖ geschaffen. Sind diese Unterstützungstrukturen erfolgreich oder stehen sie einer selbstbestimmten Gestaltung der Projekte ‚von unten’ entgegen? Wir möchten spannende Beispiele aus Lateinamerika vorstellen und uns auch mit den Zwischenformen und Konflikten zwischen selbst getragenen und staatlich unterstützen Formen Solidarischer Ökonomie beschäftigen.