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6. Februar 2010

In der Kieler Innenstadt fand trotz Schneekatastrophe und Eiseskälte eine Kundgebung gegen die Afghanistan-Konferenz in London statt. Friedensinitiativen aus Kiel und Neumünster, Attac, DFG-VK, SDAJ, DIE LINKE und DKP beteiligten sich mit Redebeiträgen.  Der Aufruf des Friedensratschlags zu Demo am 20.2. in Berlin wurde unterstützt.

Nachfolgend der Redebeitrag der Kieler ATTAC-AG GlobKrieg:


Liebe Kielerinnen und Kieler,

wir protestieren hier und heute erneut gegen den Krieg in Afghanistan und wenden uns mit aller Kraft gegen die Beteiligung deutscher Truppen an dem Krieg.

Auch in München demonstrieren heute einige tausende Kriegsgegner aus Anlass der NATO-Sicherheitskonferenz. In diesem Jahr stehen die Proteste unter dem Motto "Bundeswehr raus aus Afghanistan!" Wir erklären unsere Solidarität mit Ihnen, denn wieder einmal versammeln sich Politiker, Militärs und Rüstungsindustrie in München, um über Kriegspolitik zu beraten. Ein breites Bündnis aus pazifistischen, sozialen, globalisierungskritischen und antikapitalistischen Gruppierungen ruft zu den Aktionen gegen die Kriegstagung auf, neben der Großdemo findet auch eine Friedenskonferenz statt.

Der Krieg in Afghanistan hat bisher mind. 50.000 zivile Opfer gefordert. Gesamtzahlen darüber schwanken stark. Sicher ist aber, dass seit 2008 die Zahl der Opfer mit zunehmender Aufstockung der Truppen stark zugenommen hat. Im Jahre 2009 waren es mindestens 2.300 zivile Opfer. Bisher starben 1547 Soldaten der kriegsführenden Länder, davon u.a. 36 deutsche Bundeswehrsoldaten. Über getötete Taliban-Kämpfer und Aufständische gibt es keine Zahlen.

Die verstärkten Kriegseinsätze mit zunehmenden Opferzahlen führte zum Rückgang der humanitären Hilfe. Deren zugesagte Gelder wurden nur in geringen Ausmaß tatsächlich gezahlt und landeten entweder wieder bei westlichen Wiederaufbau-Firmen oder wurden für die Aufstandsbekämpfung zweckentfremdet. Humanitäre Nichtregierungsorganisationen haben sich wegen der verschärften Sicherheitslage zurückgezogen. Nur 433 Mio. wurden bisher für Nahrungs- und Gesundheitsprogramme ausgegeben.

Die USA haben für den Krieg bisher 223 Mrd. Dollar ausgegeben. Deutschland kostete der Krieg in Afghanistan bisher 4 Mrd. Euro. In diesem Jahr erhöhen sich die Kosten um weitere 820 Mio. Dieses Geld fehlt für Gesundheit und Soziales. Und es fehlt in den kommunalen Haushalte von Städten und Gemeinden.

Von den angeblichen Zielen der westlichen Besatzer in Afghanistan Menschenrechte, Frauenrechte, Demokratie und Frieden zu bringen, ist nichts übrig geblieben. Stattdessen boomt der Drogenhandel, deren Profite von den Regierungsbeamten der Marionettenregierung eingestrichen werden und vermutlich für die innere militärische Aufrüstung bei westlichen Rüstungsfirmen landet.

Die Gesamtstärke der Invasionstruppen beträgt mittlerweile 115.000 Soldaten.

Auf der am 28. Januar 2010 in London stattgefundenen Afghanistan-Konferenz wurde von den Kriegsmächten erklärt, dass sie den Krieg schnell beenden wollen und beschlossen dafür eine weitere Aufstockung der Truppen. 40.000 Soldaten sollen aus den USA und 7.000 aus den NATO-Ländern hinzukommen, um endlich den Krieg zu gewinnen. Helfen sollen auch noch 70.000 Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen. Die deutsche Regierung hat angekündigt, weitere 850 Soldaten an den Hindukusch zu schicken.

- Eine weitere Taktik soll es sein, Taliban-Kämpfer abzuwerben. Dazu wollen sie 500 Mio. Dollar zur Verfügung stellen. Der Erfolg ist sehr fragwürdig.

- Noch eine weitere Strategie soll die sog. Afghanisierung des Krieges sein. Afghanisches Militär und Polizei soll verstärkt ausgebildet werden, damit die Marionetten-Regierung um Karsai den Krieg für die westlichen Interessen weiterführen kann. 270.000 afghanische Soldaten und Söldner sollen rekrutiert werden, um die schmutzige Arbeit der westlichen Kriegskoalition fortzusetzen.

Aber Krieg ist keine Lösung, sondern verschärft nur den Widerstand, denn die Bevölkerung hat die leeren Versprechungen und die Ausweitung des Krieges satt.

Seit 30 Jahren herrscht ununterbrochen Krieg in Afghanistan. Seit 8 Jahren führt die USA zusammen mit ihren Verbündeten einen Krieg gegen einen zunehmend größeren Teil der afghanischen Bevölkerung. Sie reden deshalb mittlerweile nicht mehr nur vom Krieg gegen die Taliban, sondern von Aufstandsbekämpfung. Auch in Deutschland wird mittlerweile nicht mehr von einem Friedenseinsatz der Bundeswehr gesprochen, sondern es wird festgestellt was alle bereits wussten: Deutschland befindet sich im Krieg.

Ein Krieg, den die USA als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begonnen hat. Mit der Begründung, in Afghanistan würden sich die Täter des Anschlags auf das Word-Trade Center am 11. September 2001 verstecken. Dazu wurde die Taliban-Regierung beschuldigt, dass sie Komplizen der Anschlags gewesen seien. Beweise dafür gibt es bis heute nicht, aber es gibt immer mehr Hinweise, dass der 11. September in den USA selbst initiiert wurde.

Die deutsche Regierung stand von Anfang an kritiklos an der Seite der US-Regierung und hat niemals die Völkerrechtswidrigkeit angeprangert, sondern sogar Kriegsverbrechern wie Bush die Hand gereicht. Dazu gehörten auch grüne und sozialdemokratische Politiker. Selbst, als sich die USA mit dem Krieg im Irak ihren Zugriff auf das irakische Öl sichern wollten, gab es zwar verbalen Protest, letztlich dienten aber dem US-Militär ihre Militärstützpunkte in Deutschland als Basis für die Kriegsführung und die deutsche Regierung erteilte Überflugsrechte. Als Rechtfertigung diente der sogenannte „Krieg gegen den Terror“, an dem sich seitdem deutsche Marineeinheiten unter anderem aus Kiel beteiligen. Sie gaben dem US-Militär Versorgungshilfe während des Krieges und sicherten die Seewege. Sie waren also auch beteiligt am völkerrechtswidrigen Krieg im Irak.

Der Anlass des 11. September 2001 war für die US-Regierung nur ein Vorwand, um endlich ihre Vormachtstellung im Mittleren Osten auszubauen und sich den Zugang zu den reichen Öl- und Gasressourcen zu sichern. So geht es u.a. in Afghanistan um die Realisierung einer Ölpipeline mit Zugang zu den reichhaltigen Ölreserven im Kaspischen Meer.

Hintergrund sind die machtpolitischen und geostrategischen Interessen der USA und auch der europäischen Länder wegen der Rohstoffvorkommen und der militärischen Kontrolle des Nahen und Mittleren Ostens und das Zurückdrängen des Machtbereichs der Sowjetunion.

Die reichsten Länder der EU versprechen sich durch die Unterstützung dieser Kriege gleichwohl eine Beteiligung an der Vormachtstellung, an den Märkten und den Ressourcen des Ostens um an der neuen und versteckten Kolonialisierung teilzuhaben.

- Diese neue Art von Kolonialkriegen wird getrieben von dem Profit- und Machtstreben einer Wirtschaftform, die mit der jetztigen Weltwirtschaftkrise erneut bewiesen hat, dass sie nur Ausbeutung, Unterdrückung, Sozialabbau, Hunger, Armut und Verelendung für die Mehrheit der Weltbevölkerung zu bieten hat. Mit ständig neuen Kriegen und Kriegsdrohungen soll von dem Scheitern der kapitalistischen Wirtschaftweise abgelenkt werden. Den Menschen soll immer wieder eingetrichtert werden, dass es ohne Krieg in dieser Welt nicht geht und dass sie sich fügen sollen. Dazu dient dann der Glauben an einen Gott auf der einen Seite wie auch Bomben und Folter auf der anderen. Die brutalsten Krieger lassen sich gleichzeitig als die größten Gönner und Propheten feiern. Der Überfall auf Afghanistan wurde von Bush mit dem Willen Gottes begründet. Der Friedensnobelpreisträger Obama schickt weitere 40.000 Soldaten in Krieg und lässt weiter in Guantanamo foltern. Deutsche Regierungspolitiker aller großen Parteien reichen den größten Kriegsverbrechern auf der Welt die Hand und schweigen zu den Menschenrechtsverletzungen in Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Palestina.

In allen diesen Ländern zeigt sich zudem die menschenverachtende Kriegsführung der USA , z. B. durch den Einsatz von Uranmunition.

Gerade aus der deutschen Geschichte können wir lernen. Die Verantwortung der deutschen Bevölkerung in Erinnerung an die verheerenden Aggressionskriege aus Nazideutschland mit Millionen von Toten liegt doch darin, dass sich Deutschland nie wieder an Kriegen beteiligen sollte. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist deshalb gegen den Krieg.

- Stoppt die deutsche Beteiligung am Krieg in Afghanistan!

  Kein Soldat mehr!

- Sofortiger Abzug aller Bundeswehrsoldaten!

In Kiel haben wir eine besondere Beziehung zu Krieg und  Aufrüstung in aller Welt.  Modernste Waffen werden in Kiel entwickelt und in aller Welt verkauft. Dazu gehören die Produktion moderner Kriegselektronik, dazu gehören die Entwicklung von Kampfpanzern bei Rheinmetall, dazu gehören Fregatten und U-Boote bei HDW/ThysssenKrupp. Seit einiger Zeit sogar atomwaffenfähige U-Boote für Israel. Nach dem israelischen Angriffskrieg gegen den Libanon stehen Kieler Marineeinheiten im Mittelmeer vor der Küste Libanons. Sie verhindern aber nicht die Waffenlieferungen an die Kriegstreiber in Israel sondern kontrollieren den libanesischen Seeverkehr.

Südafrika wird umfangreich mit U-Booten und Fregatten aus Kiel ausgerüstet und gemeinsame Manöver mit Kieler Marineeinheiten finden regelmäßig und demnächst wieder in Südafrika statt, um wieder weltweite Militärpräsenz zu zeigen und um Südafrika zur gemeinsamen Kontrollmacht in Afrika aufzubauen. Das türkische Militär wird mit Waffen aus Kiel beliefert und führt gleichzeitig einen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung.

- Wir fordern: Stoppt alle Waffenexporte aus Kiel.

Aber was soll jetzt in Afghanistan passieren?

Gibt es eine Lösung ohne Krieg?

Es gibt nur einen vernünftigen Weg:

Dazu gibt es seit einem Jahr einen Friedensvorschlag der Friedens-Jirga Afghanistans.

Dieser konkrete Vorschlag ist auf der Internetseite der Friedenskooperative veröffentlicht und wird von der deutschen Friedensbewegung unterstützt.

Er enthält verschiedene wirksame Vorschläge und einen Plan zur Lösung der Probleme auf Verhandlungsebene. 

- Für die Lösung des afghanischen Konfliktes sollte entweder eine internationale Konferenz oder eine traditionelle Loya Jirga einberufen werden. Diese (internationale) Konferenz oder eine traditionelle Loya Jirga sollte die Regierung, Gegner der Regierung (Taliban, Hekmatyar-Partei), politische und nationale Vertreter und andere Persönlichkeiten mit einbeziehen und unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen stattfinden.

- Voraussetzung ist die bedingungslose Einstellung der Kampfhandlungen zwischen den kriegsführenden Parteien. 

- Krieg ist keine Lösung. Nur Frieden kann Afghanistan Sicherheit und Stabilität bringen. Der einzig wirksame Weg aus dem Krieg ist der Frieden, und Frieden ist das Gebot der Stunde.

Sofortiges Ende des Krieges und Abzug aller Besatzungstruppen!

Frieden und Aufbau statt Unterstützung für den Krieg!