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26. August 2012 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zum

ARD-Fernsehen: „Wochenspiegel“ vom 19.8.2012

Berichterstattung und Kommentierung der internationalen Politik zu Syrien in deutschen Medien

Zeit des Erwachens

Das ARD-Fernsehen mit seiner Sendung „Wochenspiegel“ (19.8.2012) hat sich wieder als Quelle von Lügen und Verwechselung bloßgestellt, die sich gegen die aktuellen diplomatischen Bemühungen um Syrien richten. Der vorgesehene Nachfolger von Kofi Annan als neuer UN-Sonderbeauftragte für den Syrien-Konflikt, der ehemalige Außenminister und Diplomat aus Algerien, Lakhdar Brahimi, der beim Lösen von Krisen-Konflikten große diplomatische Erfahrung hat, passt dem State Department nicht und deshalb auch nicht den unfreien Medien eines Landes wie Deutschland, das unter dem Joch eines Mafia-Staates USA steht, d.h. unter dem Joch der Mächtigen, diejenigen Mächtigen, die alles in ihrer Gewalt haben, Gesetze, Regierung, Beamte, Journalisten, Medien.

Das zeigte sich wieder einmal im ARD-Fernsehen: Im Hinblick auf Syrien versuchte der Moderator der ARD-Fernsehsendung „Wochenspiegel“ am 19.8.2012 das strapazierte Klischee zu propagieren, die Diplomatie sei gescheitert. Als gescheitert wurden von ihm der Plan von Kofi Annan und die UN-Beobachter-Mission gedeutet. Der in dieser Sendung auftretende ARD-Korrespondent Jörg Armbruster musste diese Fehldeutung der Realität korrigieren, aber er traute sich nicht deutlich auf die westlichen Länder, nämlich die USA, Großbritannien und Frankreich, als diejenigen Regierungen im Sicherheitsrat hinzuweisen, die den Plan von Annan von Anfang an torpedierten und nicht daran interessiert waren und sind, ihn zum Erfolg zu verhelfen, sondern im Gegenteil, andauernd darauf hinwirken, einen politischen Übergangsprozess in Syrien zu verhindern. Die Tatsache, dass Russland und China die Diplomatie unterstützen, wurde in dieser Sendung wie auch in vielen anderen deutschen Medien verschwiegen und bei der Weltspiegel-Redaktion total verdreht. Der lügnerische tendenziöse ARD-Wochenspiegel vom 19.8. war ein weiteres aktuelles Zeichen der unfreien deutschen Medien, die unter US-Kommando agieren oder sich aus anderen Motiven weigern, die Wahrheit zu sagen und das schmutzige USA-Spiel bloßzustellen.

„Kein Konflikt in der Welt ist unlösbar“, sagt vollkommen zu recht Lakhdar Brahimi. Er erkennt realistisch, dass er genauso wie Kofi Annan nicht vorangehen kann, wenn der Sicherheitsrat nicht geschlossen hinter ihm steht. Deshalb sind die USA, Großbritannien und Frankreich dazu verpflichtet, ihre Sabotage-Aktionen zu stoppen. Deutschland selbstverständlich auch. Hier müssen die Medien ansetzen, hätten sie tatsächlich an der politischen Lösung des Syrien-Konfliktes reale Interesse.

Unerhört, was aus dem Weißen Haus kommt. Unerwartet und unbegründet greift Obama zu weiteren Drohungen und Verfälschungen gegen Damaskus (20.8.2012). Unterdessen attackiert die Sprecherin des State Departments den designierten neuen UN-Sonderbeauftragten für Syrien Lakhdar Brahim, der Kofi Annan nachfolgen soll. Die USA demaskieren sich und begehen skrupellos wie gewöhnlich einen neuen Schlag gegen die Autorität der UNO, als sie unverblümt erklären, die eigene Linie „außerhalb der UN weiterzuverfolgen“. Zu Recht erinnert daraufhin das Institut für Orientkunde der Russischen Akademie der Wissenschaften an die US-Intervention im Irak 2003, eine Invasion, die unter Umgehung des UN-Sicherheitsrates geschah, und zwar unter dem erfundenen Vorwand, Saddam Hussein besäße nukleare Waffen. Das Muster der Lüge und Fälschung brandmarkt die kriminelle US-Außenpolitik seit langem. Deutsche Medien dürfen nicht in dasselbe perfide Muster verfallen. Ob sie sich aus Feigheit oder aus Untauglichkeit derart verhalten, die Folgen sind verheerend dieselben. Ausgerechnet als der Nachfolger von Kofi Annan, der neue designierte UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Brahimi im Gespräch ist, verhalten sich die Medien uniformiert entsprechend der Linie der USA, die auf Gewalt und nicht auf Diplomatie setzen.

Deutschland beteiligt sich in einer feigen verdeckten Kriegsführung gegen Syrien und die regierenden Eliten und ein erheblicher Teil der Opposition, SPD und Grüne, überspringen dazu das Parlament und übergehen die Öffentlichkeit. Die einzige Partei, die den Einsatz des Parlaments zur Aufklärung verlangt, ist die Linke. Nur sie allein hält sich an die Rechtsstaatlichkeit. Die Sprecherin der Fraktion Die Linke für Internationale Beziehungen, Sevim Dagdelen, verurteilt die verdeckte Einmischung als „völkerrechtwidriger Eingriff in einen Bürgerkrieg“. Dagegen, verschweigen die führenden deutschen Medien eine solche Verurteilung der kriegerischen Einmischung der Bundesregierung. „Die Bundesregierung muss endlich das Parlament und die Öffentlichkeit über den deutschen Einsatz in Syrien umfassend informieren“, so Sevim Dagdelen. Sie trifft den Nagel auf den Kopf. Außerhalb der Linken hat sich nur der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele von den Grünen ähnlich kritisch geäußert. Ist der Rest der Abgeordneten und deren Berater etwa gekauft? Schließlich wäre das in Deutschland immer noch kein Straftatbestand.

In der Tat auch hinsichtlich der Medien stellt sich diese Frage. Selektive Information, Geheimhaltung und Desinformation sind täglich beschämend auffällig bei Fernseh-Redaktionen und führenden Tageszeitungen. Das alles ist „längst Teil der Kriegsführung geworden...Mitarbeiter der BND sprechen selbst von einem 'Beitrag' „zum Sturz des Assad-Regimes“, während Bundesregierung und EU offiziell jede weitere Militarisierung des Konfliktes ablehnen. Völlig abwegig ist indes die Behauptung eines SPD-Bundestagsabgeordneten aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium (!), die Tätigkeit des BND sei durch das UNIFIL-Mandat gedeckt. Weder die NATO noch die USA sind an UNIFIL beteiligt. Wer so argumentiert beschädigt sämtliche UN-Einsätze, indem er sie dem Verdacht der verdeckten Operationsführung und der Spionage aussetzt... Über das Eingreifen in einem bewaffneten Konflikt muss das gesamte Parlament und damit auch die Öffentlichkeit informiert werden“, so Sevim Dagdelen. Die Linke-Fraktionssprecherin für Internationale Beziehungen rettet damit die Funktion, ja die Existenzberechtigung des Bundestages, nämlich die Regierungspolitik zu kontrollieren, vor allem, wenn es um Schutz von Menschenleben und Kriegsführung geht. Hier handelt es sich nicht allein um ein abstraktes politisches Problem, sondern um eine politische Praxis, die Menschen vernichtet. Das geht die Kirchen und alle Regierungen an, die ehrlich für die Menschenrechte einstehen. Politik durch Gewaltmaßnahmen wie unmenschliche Sanktionen und verdeckte Operationen zu ersetzen, ist ein gewaltiger Fehler, derselbe tradierte Fehler, der die deutsche Mentalität historisch geprägt hat, nämlich Ordnung mit Polizei zu verwechseln.

Anstatt sich für die Diplomatie und einen politischen Prozess einzusetzen, offen und vernünftig zu informieren, verfallen deutsche Medien wie gelähmt ins Schweigen. Von Anfang an waren sie verheerend uniformiert an der Seite der US-Kriegsführung in Syrien. Den ganzen Kalten Krieg entlang waren sie unter dem Joch der USA und nach der sogenannten deutschen Einheit wussten sie nicht, wie sie ihre formelle neue Freiheit benutzen sollten. Ohne Führung, ohne Anweisungen stehen sie verloren da,„ratlos“.

Die Blindheit der USA ist heute in vielerlei Sicht bemerkenswert. Die US-amerikanische Militärverankerung in einer alten Nuklearwaffen-Strategie aus Zeiten des Kalten Kriegs ist als unverantwortlich und leichtfertig zu bezeichnen. Um Spannungen zu lösen, sollten alle Beteiligten die Überbleibsel des Kalten Krieges über Bord werfen und neue, diplomatische Wege gehen.

Unter dem falschen Mantel der „Förderung von Demokratie“ oder „Menschenrechte“ ist die potentielle und aktiv vernichtende amerikanische Außenpolitik nichts anderes als die zügellose Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten. Die partikulären Urteile einzelner führender Neokonservativer der US-Regierung über das, was in der Welt geschieht, sind völlig unangemessen. Zu empfehlen ist, sich einmal ganz konkret mit den eigenen Problemen der USA und Europas bezüglich der Einhaltung der Menschenrechte zu beschäftigen – einschließlich der einschlägigen allgemeinen Normen des Völkerrechts. Stattdessen verwandeln sich USA und EU-Staaten in Henker anderer Völker und verursachen die tragischsten humanitären Katastrophen, deren Folgen sie selbst jetzt zu verantworten haben. Das gilt besonders für die Führung Deutschlands, die nicht die Herrschaft des Rechts anerkennen will. Ausländische Diplomaten in Berlin sind hellwach und besonders besorgt über diese Unrechtsentwicklung eines bedeutsamen Landes wie Deutschland. Europa muss sich von der NATO-Dominanz lösen, damit es frei wird und zur Menschlichkeit zurück findet.

Einiges von dem, was sich im Nahen Osten bewegt, ist nicht im Sinne dieser NATO-EU und wird hierzulande deshalb verschwiegen. Zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren will ein Staatsoberhaupt Ägyptens den Iran besuchen: Präsident Mohammed Mursi plane, in eineinhalb Wochen nach Teheran zu reisen, heißt es aus Kairo. Israel, die USA und andere blicken besorgt auf eine mögliche Annäherung der beiden Länder. Laut Agentur-Meldungen vom 19. August 2012 will Ägyptens Präsident Mohammed Mursi Ende August am Gipfeltreffen der blockfreien Staaten in der iranischen Hauptstadt Teheran teilnehmen. Mursi werde dort den Vorsitz des Verbundes an den Iran übergeben, berichtete die amtliche ägyptische Nachrichtenagentur Mena unter Berufung auf einen Insider im Präsidialamt. Ägypten führt derzeit den Vorsitz der Blockfreien.

Es wäre der erste Besuch eines ägyptischen Staatsoberhaupts im Iran seit mehr als drei Jahrzehnten. 1979 hatten sich die Beziehungen zwischen den beiden Staaten drastisch abgekühlt. Im Iran eroberten die Mullahs die Macht in der Islamischen Revolution, Ägypten schloss im gleichen Jahr Frieden mit Israel. Die neu etablierte Theokratie im Iran legte kurz darauf als Reaktion die diplomatischen Beziehungen mit Kairo auf Eis.

Es ist zu erwarten, dass die seitdem bestehende konfrontative Haltung zwischen dem schiitischen Regime in Teheran und dem sunnitisch geprägten Ägypten aufhört, um so zur Entspannung und Stabilität in dem fragilen Machtgefüge des Nahen und Mittleren Ostens beizutragen. Eine solche Annäherung der neuen Führung in Kairo an den Iran wird gewiss von dessen strategischen Gegenspielern nicht gut geheißen: Die USA und Israel an erster Stelle, aber auch die Golfstaaten mit Saudi-Arabien an der Spitze. Solche Mächte arbeiten an weiteren Feindseligkeiten, an Spaltung und Konfrontation.

Interessant ist auch, dass der ägyptische Präsident Mohammed Mursi kurz vor seinem Besuch in Teheran nach Peking reist. Es wurde deshalb spekuliert, dass lediglich ein Stellvertreter in den Iran reisen würde. Aber aus Mursis Umgebung weiß man jetzt, dass der Präsident selbst auf seinem Rückweg von China Teheran am 30. August besuchen werde.

Nach der Revolution 1952 der freien Offiziere stand Ägypten unter der brillanten Präsidentschaft von Abdel Nasser, der als einer der herausragenden Führer der Bewegung der blockfreien Staaten gemeinsam mit Nehru, Sukarno und Tito den Kampf für die Unabhängigkeit der alten Kolonien förderte. In Nasser findet Ägypten das programmatische Führungsziel innerhalb der islamischen, arabischen und afrikanischen Welt. International war Nasser gemeinsam mit Josip Broz Tito aus Jugoslawien, Jawarharlal Nehru aus Indien und dem indonesischen Achmed Sukarno eine zentrale Figur auf der ersten Gründungskonferenz der blockfreien Staaten 1955 in Bandung. Ägypten unterstützte in Algerien die Aufständischen gegen die französische Kolonialregierung. 1958 schlossen sich Ägypten und Syrien zur Vereinigten Arabischen Republik zusammen. Abdel Nasser wurde ihr Staatspräsident. Nasser war der Hauptvertreter des panarabischen und panafrikanischen Gedankens.

Die US-Vorstellung, sich durch Nasser und seine freien Offiziere potentiell einen regionalen Verbündeten zu schaffen und in Ägypten Großbritanniens Platz zu übernehmen, führte dazu, Ägypten in das amerikanisch dominierte Paktsystem, speziell den aggressiven Bagdad-Pakt, einzubinden. Im Kontext des Kalten Krieges schienen den Amerikanern nationalbewusste Militärs bessere Bündnispartner zu sein als reaktionäre Eliten. Jedoch kam Washington nicht zum Zug.

So unternahm die CIA letztlich einen Versuch, Nasser zu kaufen – mit drei Millionen Dollar. Aber genau das unterschied Nasser ganz grundsätzlich von den früheren Herrschern Ägyptens und von allen seinen Nachfolgern: Er war nicht käuflich. Er entschloss sich aber, das Geld für die Errichtung eines Funkturms in Kairo einzusetzen. „Soll unsere Abwehr die Tätigkeit der USA nur aufmerksam verfolgen“. So wurde der „Cairo Tower“ ein Monument, das die CIA ständig daran erinnert, dass sie bezüglich Ägypten ein Fiasko erlitten hat.“ (Nasser). Einen späteren Versuch der CIA, den Turm zu sprengen, konnten die Ägypter vereiteln.

Nach Nassers Tod 1970 brachten seine Nachfolger Anwar al-Sadat und später Hosni Mubarak das Land auf einen prowestlichen Kurs. Sadats neoliberale Politik wurde zum Totengräber des Nasserismus. Außenpolitisch gepaart mit der Abwendung von der Sowjetunion und von weiteren früheren Verbündeten und mit einem Kapitulationskurs gegenüber den USA und Israel.

Ägypten, dem arabischen Land mit der größten Bevölkerung (84 Millionen), kommt im Nahen Osten eine Schlüsselrolle zu. Die gegenwärtige verfahrene Situation im Nahost-Konflikt wurde erst deshalb möglich, weil Ägypten seine Rolle als antihegemoniales Gegengewicht nicht entscheidend gespielt hatte.

Nach Nassers Tod haben Sadat, Mubarak und seine Freunde nichts unversucht gelassen, das Andenken Nassers und der von ihm geführten ägyptischen Revolution auszulöschen. Das ist aber nicht gelungen. Ägypter ganz unterschiedlicher sozialer oder religiöser Zugehörigkeit lehnten recht unverhohlen in der Öffentlichkeit ihre aktuelle Obrigkeit ab, und betonten zugleich, dass die Zeit unter Nasser für Ägypten in vielerlei Hinsicht die beste Zeit seiner Geschichte war. Ein Ordenspriester der koptischen Kirche erklärt, „die beste Zeit, die Ägypten seit den Pharaonen jemals erlebt hat, waren die Jahre unter Gamal Abdel Nasser“. „Nach Nasser ging es für uns abwärts.“ Er begründete das ausführlich mit den sozialen und politischen Errungenschaften der Nasser-Zeit. Im Gegensatz zur im Westen üblichen Darstellung war es nicht die nationale demokratische Revolution, durch die die Kopten in immer schlimmerer Weise bedrängt worden waren, sondern das vollzog sich erst unter den vom Westen hofierten und allseitig unterstützten Präsidenten Anwar Sadat und Hosni Mubarak. Die arrogante und brutale Machtausübung des von Washington gestützten regierenden Militärrates wie auch das Agieren des neugewählten Präsidenten dürfte nicht geeignet sein, dass sich Patrioten aller Schichten auf lange Sicht davon abbringen lassen, das Land unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts wieder auf einen Kurs zu bringen, der den nationalen Interessen entspricht – und damit „der Erfüllung der großen Hoffnungen“ der Ägypter, wie sie Nasser 1953 formuliert hatte.

Der Westen strebt vorrangig danach, die wirklichen Ziele dieser patriotisch-demokratischen Erhebung zu entstellen und vor allem die Verdienste der konsequent revolutionären Kräfte um Gamal Abdel Nasser kleinzureden. Diese Tendenz ist seit Beginn des Aufbegehrens der Ägypter Anfang des Jahres 2011 wieder besonders deutlich geworden, als durch prowestliche und antinasseristische Kräfte alle Versuche der Rückbesinnung auf die revolutionäre Ära im Keim erstickt wurden. In den ersten Tagen der Massendemonstrationen auf dem Kairo Tahrir-Platz konnten Losungen gegen die Nahostpolitik der USA und Bilder von Nasser gesehen werden. Seitdem ist damit wohl Schluss, aber das Erbe Nassers lebt im Herzen Ägyptens weiter.

Nach Nasser kam Anwar Sadat an die Macht (1970), und mit ihm gab es eine Kehrtwende zur USA. So sehr, dass ausgerechnet Ägypten 1979 dem in der islamischen Revolution gestürzten und aus dem Land vertriebenen Schah von Persien Ali Resa Pahlewi Asyl gewährte. Im Gegenzug benannte Iran kurz nach dem tödlichen Anschlag auf den ägyptischen Staatschef Anwar al-Sadat, der den Frieden mit Israel geschlossen und die Annäherung an die USA gesucht hatte, eine Straße in Teheran nach dem Name des Attentäters.

Bereits kurz nach dem Sturz Husni Mubaraks im vergangenen Frühjahr hatte sich eine Lockerung dieser starren strategischen Linie angedeutet, an der unter der jahrzehntelangen Herrschaft von Sadats Nachfolger nicht zu rütteln war. Im Mai 2011 hatte der damalige Außenminister Ägyptens durchscheinen lassen, das Verhältnis zu Teheran verbessern zu wollen. Im gleichen Frühjahr durften erstmals seit 1979 wieder iranische Kriegsschiffe den unter ägyptischer Kontrolle stehenden Suezkanal passieren.

Ende Juni dieses Jahres hatte ein vermeintliches Interview Mursis mit der iranischen Nachrichtenagentur Fars für großen Wirbel gesorgt. Wenige Stunden vor seiner Ausrufung zum Sieger der Präsidentschaftswahlen soll Mohammed Mursi darin sein Interesse an einer Allianz mit Iran bekundet haben. Wenige Stunden später gab es aber ein entschiedenes Dementi von einem Sprecher des Präsidenten.

Allerdings hatte der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad vor einigen Wochen auf seiner Homepage mitgeteilt, er habe mit Mursi gesprochen und den ägyptischen Präsidenten persönlich eingeladen. Den Wahlsieg Mursis hatte das Regime in Teheran euphorisch als "islamisches Erwachen" begrüßt. Angesichts des Schwergewichts Ägyptens im Nahen und Mittleren Osten ist der Wahlsieg Mursis gewiss sehr zu begrüßen genauso wie seine Entschlossenheit, das Primat der Politik über das Militär wieder herzustellen und gelten zu lassen. Umgekehrt hat auch Ägypten deutliche Zeichen für eine veränderte Haltung gegenüber dem Iran gesetzt. Vor wenigen Tagen hatte etwa Mursi beim Gipfeltreffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in der saudischen Stadt Mekka (14/15.8.2012) den Iran als ein Mitglied für eine vorgeschlagene Kontaktgruppe genannt, die im Syrien-Konflikt vermitteln soll.

Eine Annäherung an das Mullah-Regime wird Mursi allerdings vor eine erhebliche diplomatische Herausforderung stellen. Die USA und Israel an erster Stelle, die an weiteren Feindseligkeiten und Konfrontation arbeiten und dazu die Golfstaaten und Saudi-Arabien als Marionetten benutzen.

Allerdings sind diese arabischen Länder aufgerufen, ein für alle Male zu erkennen, wohin sie gehören. Vor allem muss sich Saudi-Arabien besinnen und von seiner ursprünglichen Geschichte lernen, als es unzählige Male von den Kolonialmächten betrogen wurde. Die Zeit des Erwachens für die islamische Welt ist schon gekommen.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait