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3. Juli 2012 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zu

ARD-Wochenspiegel vom 1.7.2012 um 12:45 Uhr
zur Syrien-Konferenz in Genf,

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 2.7.2012:
„Müder Dompteur“ von Wolfgang Koydl und

Kommentar: „Russlands Risiko“ von zri

Wissen, woher der Gegenwind weht

Der ARD-Wochenspiegel vom 1.7.2045 um 12.45 Uhr hat eine bedauerliche falsche Darstellung der Position Russlands verbreitet: Völlig daneben und propagandistisch unsachlich sagte der Moderator „Russland hätte „hoch gepokert“. Offensichtlich versteht die ARD-Redaktion nicht, worum es bei dem Treffen in Genf am 30.6.2012 eigentlich ging und worin eine substantielle Differenz zwischen der USA und Russland bzw. zwischen der USA und dem Kofi-Annan Plan besteht.

US-Außenministerin Hillary Clinton machte in Genf klar, dass Washington weiterhin auf dem Rückzug des syrischen Präsidenten beharrt. Nicht ohne Grund musste sich Hillary Clinton nach dem von Kofi Annan bestimmten Protokoll zur Konferenz in Genf weitab isoliert in einer Ecke sitzen, während ihr Kollege aus Russland, Sergej Lawrow, zwischen dem Außenminister Großbritanniens William Hague und dem Außenminister Frankreichs, Laurent Fabius Platz nahm. Auffällig ist auch, dass der britische Außenminister seinen russischen Kollegen oft konsultiert, nicht aber die US-Amerikanerin.

Man muss darauf aufmerksam machen, dass London nach Moskau das zweite europäische Land war, das sich für eine politische Lösung in Syrien auf der Grundlage des Kofi Annan Plans äußerte. So aus einer gemeinsamen Pressekonferenz beiden Außenminister William Hague und Sergej Lawrow Ende Mai.

Ein erfahrener Diplomat wie Kofi Annan weiß, woher der Gegenwind hinsichtlich seiner Friedensmission weht und konfrontierte deshalb sofort nach seiner Reise in die arabischen Länder die US-Außenministerin Hillary Clinton in Washington (8.6.2012), wohl wissend, dass sie die ganze Regie unter zionistischem Druck zur Destabilisierung Syriens führt.

Es muss Schluss sein mit der versteckten militärischen, finanziellen und geheimdienstlichen Unterstützung von mörderischen Terror-Banden in Syrien und anderswo. Hier gibt es eine konkrete Aufgabe für den deutschen Außenminister Guido Westerwelle, der unter der verhängnisvollen Regie von Hillary Clinton völlig aus der Bahn einer menschenfreundlichen Außenpolitik geworfen, gemeinsame Sache mit den bewaffneten Aufständischen gemacht hat. Gut möglich, dass Deutschland deshalb erst gar nicht zum Genfer-Treffen eingeladen wurde. Aber ein Außenminister, der sich seiner Außenpolitik sicher ist, hätte sich zu der Genfer Konferenz angemessen geäußert und zu diesem extrem ernsthaften Konflikt Stellung bezogen.

Taten sind überzeugender als Worte, vor allem was Deutschland betrifft, nach dem hin und her seines Außenministers, der die Regierung Deutschlands zu einem Vertrauensbruch und Unglaubwürdigkeit in der UN-Weltstaatengemeinschaft geführt hat. Berlin ist aufgefordert, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die bewaffneten Gruppen und Oppositionellen jede Unterstützung zu entziehen, um sie zur Unterzeichnung und Durchführung des Friedensplan von Kofi Annan zu bewegen. An diesen klaren Richtlinien seines außenpolitischen Verhaltens wird sich die politische Verantwortung Deutschlands messen lassen. Dringend ist es auch, dass Berlin die diplomatischen Beziehungen mit Damaskus endlich normalisiert.

Die deutsche Öffentlichkeit muss realistisch einsehen, dass bewaffnete Aufständische, die in Syrien gegen den Friedensplan von Kofi Annan agieren, zweifelsfrei einfach brutale Terror-Banden sind, die vor Massaker und Mord nicht zurückschrecken. Die westlichen Regierungen, die solche Leute bewaffnen und die Spannungen dort zur Eskalation treiben, handeln wie Kriminelle und haben Blut an ihren Händen, wie der SZ-Journalist Wolfgang Koydl zutreffend realistisch die tadelnden Worte von Kofi Annan vor den westlichen Außenminister in Genf versteht.

Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan ist eine große humane Persönlichkeit, die aus eigener persönlichen Überzeugung und Verantwortung handelt. Er ist ein Vorbild für jeden westlichen Staatsmann und Politiker. Annan hätte es gewiss nicht nötig, sich diese enormen Anstrengungen aufzuladen. Aber er macht es nicht für sich selbst, sondern aus Menschlichkeit und Sinn für Gerechtigkeit für die Menschen in Syrien. Er ist ein selbstsicherer Mensch, was internationales Recht und Menschlichkeit bedeuten. Das ist sicherlich schwierig oder fast unmöglich für einen Journalist zu verstehen, der in einer dekadenten egoistischen westlichen Gesellschaft lebt, deren politischen Führung der Korruption verfallen ist und wo alles nach Profit, persönlichen Vorteil, Eitelkeit und Macht trachtet. Nein, Kofi Anna fällt nicht unter diese Kategorien der Niedertracht. Er steht weit weg von der Eitelkeit und Selbstentfremdung westlicher Akteure, die sich immer weiter ihrer Verantwortung und Pflichten entziehen und sie nicht mehr wahrnehmen, weil sie gar nichts gegenüber ihren Mitmenschen empfinden, unfähig gegenüber dem menschlichen Leiden anderer Völker mitzufühlen.

In diesem Zusammenhang sind die Worte des ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan, der Gastgeber der Genfer Syrien-Konferenz am 30.6.2012 als mahnende Worte und Anstoß zum Nachdenken hoch zu bewerten: Die Außenminister sollten ihre Interessen nicht über jene des syrischen Volkes stellen. Sie machten sich mitschuldig an den Morden in Homs, in Hula, in Damaskus und Aleppo: „Die Menschen in Syrien werden die größten Opfer sein und ihr Tod wird nicht nur die Folge der Taten der Mörder vor Ort sein sondern auch die Konsequenz Eurer Unfähigkeit, die Gegensätze zwischen Euch zu überbrücken.“

Es wäre ein großer Beitrag der SZ, ein Interview mit dem ehemaligen UN-Generalsekretär, Kofi Annan, zu führen. Damit hätten Politiker und Journalisten eine reichhaltige Lektion in Politik, Völkerrecht und Menschlichkeit, eine Lektion, die im westlichen prekären medialen und politischen Zustand dringend notwendig ist.

Mit lebendiger plastischer Sensibilität beschreibt und begreift Wolfgang Koydl das Verhältnis zwischen dem ehemaligen UN-Generalsekretär und den anwesenden westlichen Außenminister in Genf am 30.6.2012:“Voller Energie hatte er am späten Vormittag die Konferenz eröffnet, strotzend vor Selbstbewusstsein, so dass UN-Generalsekretär Ban Ki Moon neben ihm wirkte wie ein beflissener Handlanger und nicht wie der Gastgeber.“ Eigentlich war Kofi Annan der Gastgeber, nicht Ban Ki Moon, der nur eine nebensächliche Rolle hatte, um die Anstrengungen und Anweisungen von Kofi Annan zu unterstützen und zu erfüllen, gemäß dem Antrag der Vereinten Nationen.

„Mit blitzenden Augen hatte Annan in die Runde der Außenminister geblickt wie ein Dompteur, der vor der Vorstellung sicherstellt, dass sich seine Raubkatzen auf den Podesten nicht anfauchen“. Die Methapher von Wolfgang Koydl trifft gut zu. Der Journalist ist ein Mann mit Geist und Phantasie. Er begreift die spannende Atmosphäre zwischen dem Friedensstifter Kofi Annan und den westlichen Außenministern, die an keinem Frieden interessiert waren bei dem Genfer Treffen am 30.6.2012.

Nach Annans Willen sollte Syrien einen friedlichen Neustart gewährleistet bekommen, wobei sich jede Einmischung von außen verbietet. Das wollte auch Russland, nicht aber die USA . Endlich hat sich Russland an der Seite von Kofi Annan in Genf durchgesetzt . Das richtig zu stellen, fehlt im Artikel von Wolfgang Koydl.

Eigentlich war Russland immer für den UN-Friedensplan von Anfang an. Ausgerechnet um die Unterstützung für diesen Annan-Plan aus westlichen und arabischen Regierungen zu bekommen hatte Moskau die Initiative einer Konferenz zu Syrien unter dem Vorsitz von Kofi Annan schon am 12.6.2012 angemeldet. Problematisch war von Anfang an nur die Position der USA, die immer weiter auf ein Regime-Wechsel in Syrien hoch pokerte und weiter auf diesem fragwürdigen Spiel besteht, wie Hillary Clinton nicht müde wird, alle Welt klar zu machen.

Der Friedensplan von Kofi Annan sieht aber kein Regime-Wechsel vor, sondern er strebt nach Verhandlungen und Dialog zwischen Regierung und Opposition. Aufgrund dessen hat der Syrien-Sondergesandte der UN und der Arabischen Liga Kofi Annan vorgeschlagen, in Syrien eine nationale Einheitsregierung zu bilden, der Vertreter sowohl der heutigen Behörden als auch der Opposition angehören würden, wie Reuters unter Hinweis auf diplomatische Quellen rechtzeitig vor der Konferenz meldete. Eben darauf habe sich die Weltgemeinschaft geeinigt, indem sie den friedlichen Regelungsplan von Kofi Annan, Syrien-Sonderbeauftragter von Uno und Arabischer Liga, unterstützt hatte, betonte der russische Außenminister Sergej Lawrow.

So wie die Dinge von Anfang an standen, dürfte sich Sonja Zekri nicht überrascht geben. Völlig daneben liegt sie in ihrem SZ-Kommentar vom 2.7.2012: „Russlands Risiko“ mit ihrem deplazierten Satz: „In Syrien ist die Diktatur nicht einmal gestürzt“. Der Sturz von Präsident Assad ist nicht im Plan vorgesehen, nicht einmal als Voraussetzung oder Bedingung für die notwendigen Verhandlungen. Dazu fand die Genfer Konferenz nicht statt, sondern lediglich, um gemäß dem Plan von Kofi Annan in Syrien einen friedlichen Wandlungsprozess nach zivilisierten Verhandlungen zwischen beiden Seiten zu ermöglichen. Um zu wissen, wie viel Unterstützung Baschar Al-Assad in seinem Land hat, müsste Sonja Zekri einen Blick auf die politischen Ereignissen in Syrien werfen: Das Referendum in Syrien am 26.2.2012 war als erster Schritt auf dem Weg zu einem friedlichen Übergang zur Demokratie zu begrüßen, das trotz aller internen Schwierigkeiten und Gewalt von aufständischen Gruppierungen mit einer Beteiligung von 57,4% der syrischen wahlberechtigten Bevölkerung stattfand. Diese Beteiligung war ein bedeutendes Signal in einem Land, wo die Schießereien von aufständischen Gruppierungen die Leute täglich an Leib und Leben gefährden. Ungefähr dieselbe Wahlbeteiligung gibt es in Ländern, wo solche Gefahr nicht existiert, wie bei den jüngsten Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen festzustellen ist. Zieht Sonja Zekri keine Konsequenzen daraus? Das Ergebnis des Referendums zugunsten des regierenden Präsidenten Bashar-Al-Assad, der eine Verfassungsreform damit vorschlug, bestätigte die vorherige Umfrage eines britischen Instituts im Oktober 2011 und die Einschätzung von Jürgen Todenhöfer, ehemaliger CDU-Abgeordneter, der in Damaskus mit Präsident Assad gesprochen hatte und sich danach für die Wahlkonsultation aussprach (FAZ vom 12.12.11).

Natürlich müssen die bewaffneten Aufständischen gebremst werden. Hier sind die westlichen Akteure gefragt, um die wilden Bestien richtig zu domptieren. Es gibt keine andere Lösung für Syrien als eine politische. Alles andere ist ein gefährlicher unverantwortlicher Weg ins Chaos und in die Anarchie. Sollten einige westliche Industriestaaten weiter diesen unverantwortlichen gefährlichen Weg gehen, ist die zivilisierte Welt dankbar gegenüber Russland, da es bis jetzt das einzige europäische Land ist, das dem wilden Westen die Stirn bietet. SZ-Redakteurin Zekri irrt sich weiter: Syrien ist kein von der Welt verlassenes Land.

China und Russland können Europa von den USA befreien. Europa muss mehr für sich tun. Das geht ganz ohne Amerika. Der Wille muss sich aber in Europa entwickeln.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait