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2. März 2012 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Syrien und das dort am 26.2.2012 erfolgte Referendum zu einer neuen Verfassung geben Anlass zu folgender Stellungnahme zum

Kommentar in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 28.2.2012:
„Referendum zur Kriegsführung“ von ave

Bravo Syrien!

Das Referendum in Syrien am 26.2.2012 ist als erster Schritt auf dem Weg zu einem friedlichen Übergang zur Demokratie zu begrüßen, das trotz aller internen Schwierigkeiten und Gewalt von aufständischen Gruppierungen mit einer Beteiligung von 57,4% der syrischen Bevölkerung stattgefunden hat. Diese Beteiligung ist ein bedeutendes Signal in einem Land, wo die Schießereien mit aufständischen Gruppierungen die Leute täglich an Leib und Leben gefährden. Ungefähr dieselbe Wahlbeteiligung gibt es in Ländern, wo solche Gefahr nicht existiert. Welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen?

Das Ergebnis des Referendums zugunsten des regierenden Präsidenten Bashar-Al-Assad, der eine Verfassungsreform damit vorgeschlagen hat, bestätigt die vorherige Umfrage eines britischen Instituts und die Einschätzung von Jürgen Todenhöfer, ehemaliger CDU-Abgeordneter, der in Damaskus mit Präsident Assad gesprochen hatte und sich danach für die Wahlkonsultation aussprach (FAZ vom 12.12.2011).

Alle Defizite der Verfassung können mit der Zeit korrigiert und überwunden werden. Wichtig ist, ein Fundament dafür zu haben, und gerade dieses Fundament bildet die neue Verfassung Syriens mit einem Mehrparteiensystem. Nach einer langen Militärdiktatur hatte Chile einen ähnlichen Übergang zur Demokratie mit einer autoritären Verfassung, die General Augusto Pinochet 1980 auch durch Referendum verabschieden ließ. Unter dieser Verfassung fanden Wahlen statt und eine Reihe von gewählten Präsidenten aller Couleur kam an die Macht. Die Verfassung von 1980 gilt bis heute noch in Chile, allerdings mit vielen Änderungen. Ebenso können in Syrien Verfassungsänderungen später vorgenommen werden. Wesentlich ist zu akzeptieren, dass das betroffene Volk selbst allein entscheidet, welche Regierung es haben will, und nicht eine Hillary Clinton oder ein Guido Westerwelle oder sonst jemand. Deswegen ist die kaum vorstellbare Reaktion Clintons hoch kriminell und anmaßend jenseits aller anständigen zivilisierten Regeln gegenüber dem offensichtlichen Erfolg für den syrischen Präsidenten Assad, der eindeutig die erhebliche Mehrheit seines Volkes hinter sich hat.

Völlig außer Kontrolle gerät eine US-Außenministerin, die ihre Niederlage vor den Vereinten Nationen und vor dem syrischen Volk nicht akzeptieren will und in ihrer Frustration zum bewaffneten Aufstand aufruft. Sie scheut sich nicht davor, so als eine billige Waffenschieberin, als eine feige Terroristin vor der Weltöffentlichkeit da zu stehen. Diese Verrohung der Außenpolitik kommt von einem Land, das einmal für Deutschland als Modell für Freiheit und Demokratie dastand. Dass es so extrem barbarisch herunter gekommen ist, können und wollen viele Menschen hierzulande nicht wahrhaben, aber es bleibt eine Tatsache. Politische Zirkel in Deutschland, gewöhnt, den USA zu folgen, sind jetzt orientierungslos. Die deutschen Normalbürger in gewissem Maße auch, aber sie spüren, dass den USA nicht mehr zu vertrauen ist, dass etwas grundsätzliches schief läuft. Es ist an der Zeit, die Grundwerte des Grundgesetzes in der Praxis zu leben und den Kurs Deutschlands ohne das anmaßende US-Diktat zu bestimmen und einzuschlagen. Vor allem ist es wichtig und wesentlich, den Respekt vor anderen Völkern zu erlernen und zu zeigen, ohne den Schulmeister spielen zu wollen. Das europäische oder westliche Modell ist nicht unbedingt das Modell für andere Völker. Jedes Volk ist souverän, sein eigenes Modell, seinen eigenen Weg zu gehen. In diesem Zusammenhang ist der SZ-Kommentar (28.2.2012) „Referendum zur Kriegsführung“ von „ave“ (Tomas Avenarius) das verkommene Echo der extremen US-Anmaßung, welche die mehrheitliche Teilnahme am syrischen Referendum nicht anerkennen und sich über den Willen des syrischen Volkes hinwegsetzen will.

Kommt es in einem Land zu schweren Ausschreitungen und Schießereien, gibt es hierzu das internationale Instrument der Untersuchung auf der Ebene der Vereinten Nationen. Allerdings war eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zu den Vorgängen in Syrien nicht zustande gekommen. Auffällig ist auch, dass der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Land nicht besuchte, wie damals der UN-Generalsekretär Pérez de Cuéllar vor dem Irak-Krieg eine Mission nach Bagdad persönlich leitete, um 1991 den US-Krieg zu verhindern, genauso wie es Kofi Annan später bis zum Schluss versuchte, bevor der US-Angriff auf den Irak 2003 stattfand. Statt eines solchen Besuches schließt sich UN-Generalsekretär Ban Ki Moon der anti-russischen Kampagne an und machte sich damit inkompetent, eine Friedensmission in Damaskus zu leiten. Aber eine hoch angesehene unbestrittene UN-Persönlichkeit, wie Kofi Annan war geeignet und traf als Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen schon vor dem Referendum in Damaskus ein. Die großen Privatmedien wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen verschwiegen seine Mission, weil sie sicherlich nicht im Interesse der Anstifter zum Krieg passt. Deswegen kein Kommentar von Tomas Avenarius (ave) darüber. Auch kein Wort über die begrüßenden Worte vom Außenminister Guido Westerwelle zur Mission Kofi Annans in Syrien.

Die verantwortungslose Zuspitzung im State Department, das keine Skrupel hat, das syrische Volk durch bewaffnete Banden morden zu lassen, ist ein ernster Fall für die Völkergemeinschaft, für die 193 Staaten, die sich unter Prinzipien der Zivilisation in einer Staatengemeinschaft verbunden fühlen. US-Abgeordnete und eine US-Außenministerin haben keine Hemmung, sich öffentlich als eine heruntergekommene Meute von skrupellosen Waffenschiebern zu zeigen: Anstatt sich für die Lösung des inner-syrischen Konflikts zu engagieren und einen Ausweg zu ermöglichen, hetzen sie die Aufständischen für noch mehr Mord und kriminelle Handlungen auf. In diesem verbrecherischen Chor schreit der SZ-Kommentator Tomas Avenarius (ave) so ambivalent wie inkongruent, weil er sich selbst nicht sicher ist, wohl aber einer Anweisung zu folgen hat. Oder er traut sich nicht, die US-Außenpolitik so zu sehen, wie sie ist, untragbar für alle zivilisierten Länder, die sich nicht auf Korruption und Massenmord einlassen wollen? Indem sich Journalisten in diesen Sumpf hineinziehen lassen, können sie nicht merken, wie abstoßend die Verrohung der US-Außenpolitik geworden ist.

Das ist eigentlich nichts Neues in den USA, nur dass es so unverfroren kriminell aus dem Kongress und von einer US-Außenministerin schallt, ist neu. Was aber wirklich äußerst erstaunt, ist die unerklärte überraschende Wende des deutschen Außenministers, Guido Westerwelle, eine diametrale Wende, die gewiss von einem starken Motiv veranlasst ist. Erstaunlich und unbegreiflich ist seine unwürdige, schäbige Sekundanten-Rolle an der Seite einer US-Außenministerin, deren erschreckende Kälte gegenüber Menschenleben öffentlich geworden ist, wie gegenüber den 50.000 Toten oder mehr, welche die US-NATO-Intervention und Drohnen in Libyen hinterließen.

Warum tanzt der deutsche Außenminister unwürdig und scheinbar völlig kopflos nach der Pfeife dieser untragbaren Frau Außenministerin, die eine Handlangerin der neokonservativen Falken geworden ist? Nicht einmal originell wirkt die Äußerung von Guido Westerwelle, wenn er lediglich die Sprache der reaktionärsten Kreise von Saudi Arabien und Katar übernimmt hinsichtlich des Referendums in Syrien. Wie das?

Völlig unangebracht ist auch die an den Haaren herbeigezogene Idee Clintons, die ihr Sekundant Westerwelle lediglich nachplappert, eine Gruppe für demokratische Freunde im Ausland zu gründen. Das hoch hinaus posaunte Treffen in Tunesien am 24.2.2012 mit solchen sogenannten „Freunden“ Syriens war ein eklatantes Scheitern für das intrigante Vorhaben von Clinton und ihren Souffleuren aus London. Sie bekam tags zuvor wie gewohnt in London Hinweise für die Intrige gegen Syrien. Aber gegen Clintons und Londons Erwartungen konnte das von der USA orchestrierte Treffen in Tunesien nicht das syrische Volk abhalten, sich im Referendum für seine Regierung zu manifestieren und so implizit gegen die unverschämte westliche Einmischung. Was sollte das Treffen in Tunesien? Es ist allein das syrische Volk, das sein eigenes Regime und seine Zukunft selbst zu bestimmen hat und niemand anderes, auch keine fremden, angeblichen „Freunde“, die eigentlich keine Freunde, sondern Feinde und Fremde sind.

Jämmerlich kontraproduktiv und unangebracht ist die Erklärung des deutschen Außenministers, den „politischen Druck auf Syrien weiter zu erhöhen“ angesichts der diplomatischen Bemühungen, die voll im Gang sind, um einen Ausweg aus der Krise zu finden und jetzt angesichts der eindeutigen Manifestation des syrischen Volkes im Referendum am 26.2.2012, das beweist, dass das syrische Volk seine Zukunft selbst in die Hand nimmt.

Lichtjahre von der teutonischen Borniertheit und Brutalität deutscher Außenpolitik entfernt erweist sich die diplomatische Haltung Chinas als vorbildlich zivilisiert und konstruktiv: Peking hat angekündigt, Diplomaten in mehrere arabische Staaten zu entsenden, um ein „Ende der Gewalt durch Dialog“ zu erreichen. Es muss einen Dialog geben, an dem alle Syrer teilnehmen sollten. Anstatt sich für die Entspannung der Lage einzusetzen und dafür eine seriöse konstruktive Diplomatie zusammen mit China und Russland voranzutreiben, legt Berlin weitere Steine auf den schon schwierigen Weg zur Stabilität in Syrien. Berlin begibt sich damit an die Seite der extremen Falken, der Kriegstreiber und erweist sich auch damit als unverbesserlicher Barbar und unzuverlässiges Land.

Die kriminellen Untaten der USA und ihrer Vasallen sind vor einem UN-Gerichtshof anzuklagen. Opfer ist das syrische Volk, das dadurch daran gehindert wird, seinen eigenen Weg zu gehen, wie es im Referendum eindeutig manifestiert hat. Wer verweigert ihm das Recht dazu? Die Völker müssen selbst entscheiden. Daher sind sämtliche ausländischen Einmischungen, Sanktionen, Kriegsdrohungen und Interventionen aller Art zu verurteilen. Anstatt die Bevölkerung zu schützen, provozieren die USA und ihre kriminellen Handlanger, die reaktionärsten arabischen Despotien am Golf, Saudi Arabien und Katar, weiteres Blutvergießen durch Bewaffnung und Aufruf zum Aufstand in einem arabischen Land, das seine Zukunft friedlich meistern will und kann mit dem Präsidenten Baschar Al-Assad an der Spitze der Regierung.

Die Verlogenheit der USA, was Menschlichkeit und Menschenrechte betrifft, signalisiert ihre bedingungslose Duldung der arabischen Despotien Saudi Arabien, Katar und die Golfemirate, die sich alle unter amerikanischer Regie bewegen und existieren, wo es niemals ein Referendum für eine demokratische Verfassung mit Mehrheitsparteiensystem je gab. Aber das interessiert die USA nicht, weil es allein um ihre Interessenpolitik geht. Syrien unter Assad entspricht aber nicht der neokonservativen Interessenpolitik der USA. Deswegen und nur deswegen versuchen die USA mit Hilfe der prowestlichen Vasallen (Saudis, Golfstaaten, Israel, Jordanien) den syrischen Demokratisierungsprozess zu unterwandern und das Regime unter dem Druck von Sanktionen und dem Singsang von „Freedom and Democracy“ in den Zusammenbruch zu treiben, auch durch fieberhafte Geheimdienstaktivitäten bis hin zu Waffenlieferungen an prowestliche Bürgerkriegselemente. Die Bevölkerung Syriens hat das begriffen und entsprechend reagiert sie entschieden gegen skrupellose Interventionsmächte. Solche Mächte dürfen sich nicht mehr in das Leben Syriens einmischen; sie müssen sich heraushalten, wenn ihnen das Leben der Menschen wichtig ist. Zur Eskalation und Krieg weiter zu treiben ist unvorstellbar brutal und entlarvt die US-Regierung als der höchste und größte Kriminelle der Welt.

Die Kriminellen im State Department und im US-Kongress haben sich demaskiert, um weiter zum Eingreifen in Syrien aufzuhetzen und das im aggressiven Chor der neokonservativen Falken, die den US-Präsidenten stark unter Druck setzen, um ihn zur Bewaffnung der Opposition und sogar zum militärischen Eingreifen in Syrien zu bewegen. Die syrische Bevölkerung hat das kriminelle Vorgehen entlarvt und ihre drastische Ablehnung im Referendum manifestiert. Das ist der Triumph des syrischen Volkes, nämlich die Niederlage der anmaßenden Interventionsmächte, der USA und ihrer Marionetten, durch die eindeutige mutige Stimme des syrischen Volkes. Bravo Syrien!

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait