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16. Oktober 2011 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Syrien ist weiter im Fokus der US-amerikanischen Interessenpolitik und der internationalen Diplomatie, Anlass zu folgender Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 4.10.2011:
„Syriens Opposition vereint sich gegen Assad“
von Tomas Avenarius
,

SZ vom 6.10.2011:
„China und Russland verhindern Syrien-Resolution“
von Daniel Brössler und Paul-Anton Krüger
und SZ-Kommentar: „Syriens falsche Freunde“
von pkr (Paul-Anton Krüger)

Syrien: Der Fall Irak und der Fall Libyen als Abschreckung

Die Berichte der Süddeutschen Zeitung vom 4.10.2011: „Syriens Opposition vereint sich gegen Assad“ von Tomas Avenarius, und der SZ vom 6.10.2011: „China und Russland verhindern Syrien-Resolution“ von Daniel Brössler und Paul-Anton Krüger verrennen sich in die verhängnisvolle Konfrontationspolitik der USA und ihr Anhängsel, die EU. Russland und China haben sich deutlich von diesem Konfrontationskurs vor der UN-Vollversammlung distanziert und setzen auf den politischen Dialog. Tomas Avenarius muss erkennen, was aus einer von westlichen Mächten eingebrachten UN-Resolution folgen kann. Der Fall Libyen ist abschreckend genug, um aus dessen Wendung die Lehre zu ziehen, dass sich derartiges um keinen Preis wiederholen darf, weder in Syrien noch sonst wo.

Nie wieder werden Russland und China und mit ihnen alle wachsamen, nicht erpressbaren Mitglieder des Sicherheitsrats in die Falle einer UN-Resolution tappen. Auch in Libyen „wollten“ die Sponsoren der Libyen-Resolution „Zivilisten“ schützen. Stattdessen bekamen sie Krieg, Bomben und Drohnen gegen das Land, das sie zu schützen wünschten. Die Zerstörung ist ausgesprochen katastrophal mit mehr als 50.000 Toten. Reicht das nicht für Tomas Avenarius und den labilen Bundesaußenminister Guido Westerwelle? Der deutsche Außenminister weigert sich, der Realität ins Auge zu sehen und dem Druck aus den USA Kontra zu geben.

Der UN-Sicherheitsrat ist seiner Verantwortung schon seit langem in keiner Weise gerecht geworden, schon seit dem ersten Irak Krieg 1991. Seitdem stellen viele seiner Resolutionen die Vorstufe für Aggression und Krieg dar und die Zustimmung zu ihnen kommt mit Hilfe reiner US-Mafiapolitik zustande, mit Hilfe von Lügen, Täuschung, Dokumentenfälschung, gekaufter Zeugen, Nötigung, Erpressung und vermutlich Auftragsmord.

Beim ersten USA-Krieg gegen den Irak (1991) hat es lange gedauert, bis der amerikanische Kongress die Propaganda-Lügen des Weißen Hauses enthüllen konnte. Erst mehr als eine Jahrzehnt danach ist die Entlarvung der Manipulation und Fälschung an die Öffentlichkeit gelangt, (BBC-World, 7.2.2003, ARD, Europa-Magazin 8.2.2003, 16.30 Uhr). Nach dem Eklat über die Londoner Enthüllung der Fälschung im britischen Regierungsdossier, das US-Außenminister Colin Powell dem UN-Sicherheitsrat am 5.2.2003 vorlegte, erkannte das Foreign Office in London (14.3.2003 mittags) vor der internationalen Öffentlichkeit, dass eine zweite Irak-Resolution durch den Sicherheitsrat wegen fehlender Mehrheit unmöglich geworden war. (BBC-World, 14.3, 2003, um 12 Uhr.). Wenige Stunden später, um 16 Uhr MEZ erschien vor der Öffentlichkeit völlig überraschend und unerwartet ein Frieden versprechender Bush vor der Presse, als Taube des Friedens für den Nahen Osten, ohne ein Ton über den Irak zu verlieren. Ganz offensichtlich war dies ein kurzfristig angesetztes Täuschungsmanöver für die Medien, um das zur selben Zeit öffentlich gewordene Debakel für die USA im Sicherheitsrat zu vertuschen. Die Blamage der USA durch das Debakel im Sicherheitsrat war schon offensichtlich, als die kriegerischen Staaten am 14.3.2003 wussten, dass sie keine Mehrheit für ihren Kriegskurs erreichen würden. Trotz allem, trotz kaltblütiger Erpressung und Nötigung haben sich die meisten Länder, vor allem die afrikanischen und die lateinamerikanischen wie Chile und Mexiko nicht auf die Seite des Krieges gestellt. Eine ähnliche Blamage wie damals hat die heutige US-Regierung erlitten, und zwar durch das eklatante Scheitern ihres Versuchs, eine zweite Syrien-Resolution hartnäckig und rücksichtslos zu bekommen. Auf dieses Scheitern und diese Blamage haben die Medien wie SZ nicht konsequent reagiert. Sie bleiben Gefesselte der US-Propaganda-Masche gegen Damaskus. Fragt sich, was dieses Mal als Ablenkungsmanöver dient: die Affäre um den saudi-arabischen Botschafter in den USA?

Die völkerrechtswidrigen Angriffskriege gegen Irak, Afghanistan, Jugoslawien und Libyen sind schändliche Beweise für die Entgleisung des Sicherheitsrats unter der Dominanz der Gewalt-Politik der USA. Es überrascht daher nicht, dass nur sechs NATO-Staaten sich aktiv an dem Libyen Einsatz beteiligten und wichtige NATO-Länder im Irak abwesend waren. Die Frustration der USA über diese Entwicklung ist weitgehend bekannt.

„Vertreter der wichtigsten Oppositionsgruppen hatten in Istanbul einen Nationalrat gewählt“ informiert Tomas Avenarius („Syriens Opposition vereint sich gegen Assad“, SZ vom 4.10.2011). Er lässt die normalen Fragen völlig außer Acht, und zwar die, die daraus folgen: Warum in Istanbul? Warum gerade im Ausland? Kritik an dem Vorgehen kam von syrischen Oppositionellen aus Damaskus, welche die Bildung eines Gremiums im Ausland zu Recht ablehnen. Vor wenigen Tagen wurde eine Gründung einer neuen oppositionellen Partei in Damaskus bekannt gegeben.

Inzwischen sind mehrere Attentate gegen syrische Persönlichkeiten verübt worden, die sich für den nationalen Dialog einsetzten.

Was die Stellungnahme Russland gegenüber Syrien betrifft, sollten sich die SZ-Journalisten am besten mit der Rede des russischen Außenministers, Sergej Lawrow, vor den UN-Vollversammlung (27.9.2011) befassen, anstatt sich in banalen Spekulationen zu verlieren: „As for Syria, it is inadmissible to boycott proposals on a national dialogue, stir up confrontation and provoke violence, while neglecting albeit late but still achievable reforms proposed by President Baschar al-Assad. It is important to encourage the authorities and the opposition to start negotiations and agree on the future of their country. We hope that the League of Arab States will make relevant efforts.“

Ebenso müssen sich SZ-Journalisten mit der Position Chinas auseinandersetzen, die der Außenminister Chinas, Yang Jiechi vor der UN-Vollversammlung (26.9.2011) eindeutig bekannt gab: “All countries, big or small, strong or weak, rich or poor, are equal members of the international community... Mutual respect and equality are the basic norm governing international relations... In the current context, it is of particular and practical importance to adhere to the purposes and principles of the Charter of the United Nations, to uphold the authority and role of the United Nations, to observe in good faith the principle of non-interference in each other's internal affairs,... We should respect the sovereignty and territorial integrity of all countries, and the internal affairs of a country should be decided by its own people. We oppose interference in other countries' internal affairs by whatever means and under whatever pretext.”

Was stört die SZ-Redaktion an diesen vernünftigen Stellungnahmen Chinas und Russlands, die in vollem Einklang mit dem Wort und Geist der UN-Charta stehen? Was stört sie an den Prinzipien und Zielen der Vereinten Nationen? Wieso stehen manche SZ-Journalisten wiederholt für die destruktive Konfrontation der USA, die zu weiteren Aggressionen und Blutvergießen führt? Wo soll das enden? Verantwortungsvolle Journalisten müssen sich darüber Gedanken machen, wenn die Zivilisation ihnen etwas bedeutet.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait