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10. Dezember 2011 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Das Verhältnis Russland-USA ist auf einem Tiefpunkt angelangt, Anlass zu einer Stellungnahme zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 9.12.2011:
Artikel „Der Alte Feind ist wieder nützlich“ von Peter Blechschmidt und Tim Neshitov

und Kommentar „Russlands Opfergänge“ von ck (Cathrin Kahlweit)

Rücksichtlosigkeit der USA gegenüber Russland,
gegenüber Europa

Im Auftrag der USA: Skrupelloses Anstiften zu Unruhen in Russland in SZ

Natürlich ist die Wut im Westen groß, weil eine neue Jelzin-Marionette keine Chance in Moskau mehr hat, um weitere neoliberale Wirtschaftspolitik zu spielen. Eher profiliert sich ein gewaltiges Übergewicht eines anti-neoliberal gesinnten Spektrums, das die politische Macht der Oligarchen brechen kann. Mit dem Duo Vladimir Putin/Dimitri Medwedjew wird außerdem jede US-amerikanische Einmischung auf starke Schranken stoßen. Der SZ-Kommentar „Russlands Opfergänge“ von „ck“ am 9.12.2011 bestätigt mit unübertroffenem Zynismus die westliche, die US-amerikanische Perfidie: „Die liberale Opposition in Russland ist verbittert...Nur langfristig besteht die Hoffnung darauf, dass die Macht der Antidemokraten bröckelt. Dazu bedarf es noch vieler mutiger Menschen – und vieler Opfergänge.“ So skrupellos schreibt ein Anstifter zu Unruhen am Schreibtisch der SZ offensichtlich im Auftrag der USA. Ein Schreiberling, der von Demokratie gar nichts versteht, aber genug Vorurteile hat, nach seinem Gutdünken „Antidemokraten“ in Russland zu konstruieren.

Hillary Clinton rechtfertigt US-amerikanische Einmischung in Russland

Die US-Außenministerin Hillary Clinton nahm in Brüssel bei einem NATO-Treffen am 7.12.2011 ihre Maske ab: Sie bemühte sich nicht einmal vor der Öffentlichkeit, die Anschuldigung des russischen Ministerpräsident Vladimir Putin, die USA würden die Straßenproteste in Russland organisieren, zurückzuweisen oder zu dementieren. Anmaßend wie nie zuvor rechtfertigte sie stattdessen die versteckte amerikanische Einmischung: „Die USA fühlten eine starke Verpflichtung, Demokratie und Menschenrechte zu fördern.“ (SZ-Meldung von 9.12.2011). Die ganze Welt weiß wie bedrohlich und verhängnisvoll die verbreitete Behauptung von „Demokratie und Menschenrechten“ aus dem Mund eines amerikanischen Regierungsvertreters ist. Solcher Anspruch aus den USA verursacht die schlimmsten Alpträume.

Schockierender Skandal nicht in Russland, sondern in Deutschland

Inzwischen muss sich Deutschland mit einem enormen inneren Problem befassen. Nicht nur in Norwegen, Ungarn und einigen anderen osteuropäischen Ländern verüben Neo-Nazis Gewalt-Verbrechen, sondern auch in Deutschland gibt es ein rechtsterroristisches Netzwerk, das gegen die demokratische Verfassung wirkt. Anständige Bürger und Diplomaten sind fassungslos, dass ausgerechnet in einem Land mit der Nazi-Vergangenheit des Massenmords an Juden und Andersdenkenden so etwas stattfinden kann, in einem Land also, in dem man zudem neuerlich stets davon ausgehen konnte, dass es über eine intakte Polizeistruktur und Rechtsordnung verfügt. Bestürzend ist insbesondere, dass diese Verbrechen staatlich gedeckt oder sogar mit staatlicher Beteiligung ermöglicht wurden. Der Neofaschismus ist von europäischer Tragweite und muss weltweit bekämpft werden. Nun findet er wieder Ausdruck in Deutschland.

Das Verhalten von Behörden, die eigentlich dazu beitragen sollten, dass solche Verbrechen nicht geschehen, verursacht den schockierenden Skandal. Vielmehr als die mordenden Nazis. Solche nutzlosen Behörden sind sogar involviert, was in einem Rechtsstaat unvorstellbar ist. Hier bestanden nicht nur Beziehungen zu neonazistischen Tätern, sondern vielmehr eine direkte Verquickung in deren verbrecherisches Tun. Das ist am meisten schockierend skandalös. Und einige SZ-Journalisten, die auf dem Mond zu leben scheinen, wollen mit dem Finger auf Russland zeigen!

Russland will neue Ordnung für Europa

Präsident Dmitri Medwedjew will eine neue Ordnung für Europa einfordern. Töricht und anmaßend blockiert eine unzuverlässige und unkontrollierbare Supermacht diese lebenswichtige europäische Diskussion. Der NATO-Generalsekretär Rasmussen als US-Gewährsmann, als Marionette der Neokonservativen und der Rüstungsmafia schließt das Thema von der Tagesordnung aus. Die Abrüstung ist eine schlüssige Sache für Deutschland, wie der Außenminister Guido Westerwelle eindeutig im Bundestag erklärte (11.11.2010). Dank seiner diplomatischen Anstrengungen konnte die Pflicht zur Abrüstung zum ersten Mal als NATO-Aufgabe festgeschrieben werden, und zwar auf der NATO-Gipfel-Erklärung in Lissabon, 20.11.2010. Weil die Abrüstung und der Ausschluss von Massenvernichtungswaffen zu verwirklichen sind, wie der deutsche Außenminister Guido Westerwelle richtig das NATO-Problem einschätzt, müsste man umgehend eine Abrüstungskonferenz für Europa organisieren, so wie schon für 2012 eine für die gesamte Nahost-Region vorgesehen ist, Israel eingeschlossen, das am höchsten bewaffnete Land in der Nahost-Region. Von Massenvernichtungswaffen ist jede Region der Welt zu befreien, Europa und USA eingeschlossen. Selbstverständlich ist die NATO-Abschreckungsstrategie völlig unvereinbar mit dem Abrüstungsziel.

SZ in westdeutschem Nachkriegsgedankengut befangen

Russland ist gewiss eine europäische Macht. Es hat eine stolze, heroische Geschichte und seit 1945 einen anerkannten Platz im Konzert der Staatengemeinschaft der Vereinten Nationen, zunächst als Sowjetunion und Gründungsstaat der Vereinten Nationen. Seine Entscheidungen verdienen Achtung. Wenn die Süddeutsche Zeitung sie nicht verstehen oder nicht akzeptieren kann, ist es ihr Problem, nicht das von Russland, aber die SZ-Redaktion muss sich damit weiter beschäftigen, gefällt es ihr oder nicht. Professionalität, Unbefangenheit und Respekt sind dazu angebracht. Eine Säuberung bei der Redaktion ist dazu vonnöten. Unbefangene, gut ausgebildete Journalisten können sich sachlich mit der Zukunft und Befreiung Europas beschäftigen anstelle von Journalisten, die aufgrund familiären und anderem sozialen Umfeld in westdeutschem Nachkriegsgedankengut befangen bleiben und zu einfach von fremdem PR-Material zu beeindrucken sind.

Europäisches Versagen gegenüber der USA-Anmaßung

Wieder einmal hat Europa gegenüber der Anmaßung der USA versagt. Alle europäischen Außenminister wissen längst, dass die geplante NATO-Raketenabwehr in Europa nicht im Interesse Europas liegt und sind deshalb immer skeptisch darüber gewesen. Aber sie geben sich klein vor der Führungsmacht der NATO, die rücksichtslos an dem Bush-Plan festhalten will. Das Problem der US-Weltherrschaft ist ein reales wahrnehmbares Problem. Der damalige russische Präsident Vladimir Putin sprach bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 offen und deutlich dieses Problem an. Dass die SZ-Redaktion es nicht erkennen, nicht wahrnehmen will, und sich nicht einmal fragt, ob diese Erkenntnis stimmt, steht auf einem anderen Blatt. Wer die Eskalation betreibt, weiß jeder. Der Anfänger, der Auslöser ist zu identifizieren und jeder weiß, dass dieser Auslöser aus der transatlantischen Ferne kommt und weiter auf Konfrontation, nicht auf Kooperation, setzt - nicht nur in Europa, sondern überall in der Welt. Die Uneinsichtigkeit und Unberechenbarkeit der US-Regierung führen immer wieder zu weiterer Konfrontation. Die internationalen Beziehungen werden dadurch vergiftet. Warum wurde das NATO-Gebiet nach dem Ende des Kalten Krieges ausgeweitet? Ist das nicht ein Verstoß gegen jede Abmachung, die selbstverständlich nur Misstrauen säen kann? Auch der Einsatz in Libyen ist keine vertrauensbildende Maßnahme. Die Bemerkungen vom Außenminister Sergej Lawrow in Brüssel (7.12.2011) sind absolut nachvollziehbar: Sie beziehen sich auf Tatsachen, die nicht nur beunruhigend, sondern auch inakzeptabel sind.

Nicht einmal die NATO-Mitglieder wissen, was die Amerikaner erzielen wollen und zu bieten haben. Washington fordert die Installation seines Raketen-Abwehrsystems, indem es behauptet, es könne eine Lösung für einige unerklärte Probleme sein, Probleme aber, welche die Amerikaner selbst nicht deutlich formulieren können, wie das Center of the German Council on Foreign Relations feststellt. (Meldung vom 19.11.2010).

Nirgendwo volle Transparenz und Gleichberechtigung für Russland

Volle Transparenz und vor allem Gleichberechtigung, wie Präsident Medwedjew von der NATO verlangt, sind nirgendwo zu erkennen. Weder gegenüber Russland, noch gegenüber der EU. Die EU muss sich distanzieren und darf sich keineswegs weiter instrumentalisieren lassen. Eine menschenverachtende Kumpanei mit den USA ist dringend zu beenden. Sonst rückt eine Zivilisierung der europäischen Außenpolitik in immer weitere Ferne.

Eine beispielhafte diplomatische Botschaft und ein eindeutiges diplomatisches Signal gab der Außenminister Russland, Sergej Lawrow, bei seinem Auftritt im Pressesaal des NATO-Hauptquartiers in Brüssel am Mittwoch 7.12.2011. Er wartete erst geduldig, bis die NATO-Flagge aus dem Hintergrund entfernt wurde. Zurück blieb nur die russische Trikolore. Nur dann begann er zu reden. (SZ von 9.12.2011)

Russen gehen auf Distanz zur NATO

Russland braucht die NATO nicht. Deutschland auch nicht, aber die deutsche Regierung hat weder den Mut noch die souveräne Würde, einen Schritt in Richtung Selbstbefreiung und Selbstachtung zu tun. Die Russen schon. Sie haben nach vielen Wortbrüchen und Eskapaden des Westens erkannt, dass es besser und vernünftig ist, von einer "Partnerschaft", die keine ist, auf Distanz zu gehen. Schmeichelhafte Worte für Russland aus dem NATO-Hauptquartier haben keine Wirkung. Weil nicht vertrauenswürdig, lassen täuschende Schmeicheleien eigentlich durchblicken, wie falsch, wie unglaubwürdig die NATO gegenüber Russland dasteht. Den Standpunkt Russlands hat deutlich und ohne Floskeln der russische Präsident Dmitri Medwewdjew beim NATO-Gipfel in Lissabon (19.11.2010) bekannt gegeben. Auch die Worte des russischen NATO-Botschafters, Dmitri Rogozin, sind ein Denkanstoß, ein fester Ausgangspunkt: „Moskau wird keine Antworten auf viele Fragen geben, die Rasmussen interessieren.... Die Administration der Allianz sollte jedenfalls wissen, dass Russland niemals seine Truppen in Afghanistan installieren wird. Das ist absolut ausgeschlossen.“ (Meldung vom 19.11.2010).

Die Rücksichtlosigkeit der USA gegenüber Russland, gegenüber Europa, ein militärisches Abwehrsystem auf europäischem Territorium zu installieren gegen den Willen eines europäischen Landes, das sich damit betroffen fühlt, diese Rücksichtslosigkeit trotz allem und trotz allen, provoziert natürlich die konsequente Reaktion Moskaus genauso wie damals 1962 die Installation von US-Missiles in der Türkei die Kuba Krise verursachte. Die neueste Provokation der USA lässt die berechtigte Frage offen: Wieso? Was verfolgt Washington mit dieser einkalkulierten gewagten Provokation, mit ihrer feindlichen Handlung auf dem europäischen Kontinent? Sie haben nicht einmal die Europäer konsultiert, sondern sie mit ihrer unerwünschten Machtentscheidung einfach überrumpelt. Verständlich haben die Russen Gegenmaßnahmen getroffen und Flugabwehrraketen an ihrer Westgrenze stationiert. Eine hässliche Situation, die Europa von Anfang an hätte verhindern müssen.

Abrüstungskonferenz für Europa

Jetzt sind Selbstverantwortung und Selbstbewusstsein dringend gefordert. Die Europäer müssen folgerichtig handeln. Dazu gelten nicht Worte, sondern Taten und die faktischen Möglichkeiten. Deshalb sollte dieses Territorium in Mitteleuropa von Nuklearwaffen befreit werden. Hier müssen die europäischen Außenminister den Hebel einsetzen. Eine Abrüstungskonferenz für Europa ist erforderlich. Europa braucht kein Abwehrsystem, wenn die Abrüstung Vorrang hat und die Beziehungen mit allen Ländern sich nach den friedlichen Regeln der Vereinten Nationen normalisieren.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait