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26. September 2011 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Die diplomatischen Aktivitäten zur Anerkennung Palästinas oder Verhinderung/Verzögerung derselben laufen auf Hochtouren, was sich auch in deutschen Medien niederschlägt, Anlass zu folgender Stellungnahme,  zu

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 23.9.2011:
„Ein Ego, das dem Frieden im Wege steht“,
„Sarkozy verärgert Europäer und USA“ von Stefan Kornelius,
„Der Freund des Feindes“ von Peter Münch
und SZ-Kommentar:
„Die Vermessung der nahöstlichen Welt“ von Sonja Zekri,

SZ vom 24.9.2011:
„Palästinenser beantragen UN-Mitgliedschaft“ von Stefan Kornelius
und SZ-Kommentar: „Neuer Anlauf, neue Hoffnung“ von Stefan Kornelius

Palästina versus USA und Israel

Der Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hielt seine Rede vor der UN-Vollversammlung am Freitagnachmittag 23.9.2011. Anschließend gibt er einen Antrag auf Anerkennung Palästinas als Staat beim UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ab. Der Generalsekretär gibt den Antrag umgehend an den amtierenden Vorsitzenden des Sicherheitsrats weiter, der einen Sonderausschuss des Sicherheitsrats einberuft, der sich am Montag 26.9.2011 mit dem palästinensischen Antrag befassen wird. Dieser Ausschuss ist identisch mit den 15 Mitgliedern des Sicherheitsrats.

Auf die Verzögerung im Ausschuss des Sicherheitsrat setzen Israel und die USA ihre gezinkten Karten. Dringen die Palästinenser auf Eile, brauchen sie mindestens neun Stimmen, neun Staaten für ihren Antrag. Neun von den 15 Mitgliedern des Sicherheitsrats können eine Notfall-Dringlichkeitssitzung der Vollversammlung einberufen. Ein Veto hat dann keine verbindliche Kraft mehr. Würden die Palästinenser belegen, dass die USA „ihrer Aufgabe bei der Erhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit“ nicht gerecht würden, könnte der Weg zu einer Notfall-Dringlichkeitssitzung geebnet sein.

Aber diese Mehrheit im Sicherheitsrat (9 Stimmen) wankt vor dem enormen Druck der USA, den Antrag Palästinas nicht zu unterstützen. Die europäischen Mitglieder müssten gegen ihren Willen Position beziehen. Der Sicherheitsrat ist zerstritten, Europa gespalten, bedeutungslos. Sowohl die USA als auch die EU werden in der arabischen Welt nicht mehr als glaubwürdiger Akteur wahrgenommen. Israel und die USA bemühen sich verzweifelt um eine Behinderung Palästinas und nehmen in Kauf isoliert und brüskiert zu werden.

Die EU gibt sich als Springer für die USA her. Das trügerische Manöver zielt darauf, einen „EU-Friedensplan“ dem Sicherheitsrat vorzulegen, um die Aufmerksamkeit von dem palästinensischen Antrag abzulenken, und damit die Anerkennung Palästinas zu verzögern oder sogar nach israelischem Gusto definitiv zu verhindern. Es geht darum, das Gesicht der USA zu wahren, damit sie nicht in die Lage geraten, mit ihrem Veto den Antrag der Palästinenser öffentlich zu blockieren. Stefan Kornelius SZ-Kommentar „Neuer Anlauf, neue Hoffnung“ (24.9.2011) singt dieses falsche israelische Lied vom Frieden und setzt sich für dieses anti-palästinensische Manöver ein.

Das abgekartete Spiel der USA und EU ist aber schon entlarvt. Der Präsident Abbas hat schon begriffen, dass mit dem amerikanischen Präsidenten und einer gespaltenen EU kein palästinensischer Staat anzuerkennen ist. Er hat schon den sogenannten EU-Friedensplan als unzureichend zurückgewiesen. Abbas muss in die Offensive gehen und seinen Antrag auf Anerkennung ohne Verzögerung in der UNO-Generalversammlung so bald wie möglich präsentieren. Die gestreckte Hand „zum Frieden“ von Netanjahu ist voller Blut der Palästinenser in Gaza, eine Hand, die nicht zu nehmen ist. Von niemanden. Frieden mit Israel ist möglich, doch nicht mir einer Regierung Netanjahu, die sich an keine Regeln hält, an keine Verträge. Eine Regierung, die sich nicht zum Frieden durch Taten bewegt.

Die USA und Europäer können ihre israelischen Pirouetten im Sicherheitsrat weitermachen, bis sie schwarz werden. Der lächerliche USA-EU Aktionismus wird nutzlos sein. Bei der UNO-Vollversammlung ist eine überwältigende Mehrheit für Palästina sicher. Die Handlungsunfähigkeit der USA und der EU im Nahen Osten ist für alle sichtbar. Der amerikanische Präsident Barack Obama stellt sich selbst als Sturkopf in eine Ecke. Und mit ihm eine triste perspektivlose EU, die den Rest ihres Einflusses im Nahen Osten verspielt. Aus diesem jämmerlichen Ausweg der „Nahost-Politik“ à la USA-EU ist Frankreich heraus getreten. Frankreich will Palästina anerkennen und dann eine Rolle im Nahen Osten spielen. Und Russland auch.

Israel hat 1947/1948 einseitig seine Staatsgründung gegen den Willen der Staatengemeinschaft erklärt, die sich mit dem Problem Palästina 1948 weiter befassen wollte. Die Palästinenser dagegen appellieren an die Anerkennung der UNO-Vollversammlung in der Hoffnung, dass die Staatengemeinschaft ihnen darin folgt.

Die USA unterstützen diese Initiative nicht, weil der Einfluss der pro-israelischen Lobby in den USA so stark ist, dass es selbst Präsident Obama nicht gelingt, gegen diese Lobby Politik zu machen. Dem intensiven Druck der zionistischen Lobby haben die USA und die EU nachgegeben und sind auf Netanjahus Linie eingeschwenkt. Das ganze Theater und die sinnlosen Bemühungen stellen bloß, dass Israel für Washington und Brüssel offensichtlich zu einer sicherheitspolitischen Belastung geworden ist. Seine Aggressionskriege, seine Besatzungspolitik, seine Verhöhnung internationaler Rechtsnormen hat Israel zunehmend in die internationale Isolierung getrieben. Die sture, ganz auf die Verhinderung des palästinensischen Staats gerichtete Politik der Netanjahu-Regierung hat Tel-Aviv und Washington in die Sackgasse geführt.

Unter Besatzungsbedingungen kann es keinen funktionierenden palästinensischen Staat geben. In der Tat. Aber der Antrag auf Anerkennung wird Palästina legitimieren und Israel in festgelegte Grenzen zurückweisen. Der Antrag ist ein politischer und diplomatischer Schritt nach vorne im Kampf gegen Israel und die USA. Der palästinensische Präsident Abbas ist der einzige Staatsmann, der den USA widersteht und ein klares lautes Nein sagt trotz des infamen monströsen Drucks der Supermacht.

Der russische UN-Botschafter, Witali Tschurkin, versprach den Palästinensern die Unterstützung seines Landes. Die Arabische Liga hat sich in Kairo ebenso hinter die Anerkennung Palästinas gestellt. Die Wut auf die USA und Israel ist in der arabischen Welt schon zu spüren. Der Versuch der USA, den arabischen Aufbruch zu ihren Gunsten zu steuern, ist eklatant gescheitert, allein schon deshalb, weil Barack Obama sein Versprechen von Kairo (4.6.2009) und der letzten UNO-Vollversammlung in New York (2010) gebrochen hat.

Der arabische Aufbruch richtet sich jetzt gegen die alten bekannten Feinde im Nahen Osten, gegen Israel und die USA, die ihre Masken fallen ließen. Israel hat diesen Kampf verloren, egal was am Ende in New York herauskommt. Die Weltbevölkerung steht an der Seite Palästinas und versteht ihren Freiheitskampf unter der illegalen Besatzung. Ein Veto aus Washington wird den Willen der Menschheit nicht ändern. Im Gegenteil: Es diskreditiert die USA und den UN-Sicherheitsrat weiter. Die Palästinenser schätzen die Lage mit Realismus ein: Sie werden immer wieder in die Vereinten Nationen gehen. Sie müssen die UNO-Vollversammlung einschalten. Inzwischen können sie auf weitere bilaterale Anerkennung setzen. Schon jetzt haben sie Botschafter in vielen Ländern.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait