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28. April 2011 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Über die Bedeutung der Nürnberger Prozesse im Zusammenhang mit dem Krieg gegen Libyen ist Klarheit zu erlangen, Anlass für eine Stellungnahme zum

Kommentar in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 26.4.11:
"Die Angst der Diktatoren vor der Nordsee" von Nicolas Richter

und SZ-Leitartikel von Stefan Kornelius:
"Schutzzonen für Libyen"

Selbstbewaffnung und Beschießen von Polizei und Armee

ist überall Landesverrat -

Gerichtliche Instanzen gegen Rechtsbrecher gefragt.

Sowohl der SZ-Leitartikel vom 26.4.2011 "Schutzzonen für Libyen" von Stefan Kornelius als auch der SZ-Kommentar vom selben Tag "Die Angst der Diktatoren vor der Nordsee" von Nicolas Richter gehen am vorliegenden strafrechtlichen Tatbestand vorbei: Nicht Diktatoren, sondern Aggressoren stehen im Rampenlicht des Strafgesetzbuchs. Zahlreiche Autokratien und Diktaturen sind zulässige Mitglieder der Weltstaatengemeinschaft, nämlich der Vereinten Nationen. Eine Demokratie zu haben, ist keine Voraussetzung, um Mitglied der Vereinten Nationen zu sein. Solange die Diktatoren oder Autokraten die UN-Grundsätze achten, bedeuten sie keine Gefahr für den Weltfrieden. Nicht sie, die Autokraten und Diktatoren, sind die neuen Aggressoren, sondern gerade die hochgelobten westlichen "Demokraten": George Bush Sr., Bill Clinton, George W. Bush, Barack Obama, David Cameron und Nicolas Sarkozy, um nur die Hauptkriegsverbrecher zu nennen.
Nicht Gaddafi, sondern solche Aggressoren verhindern Friedensverhandlungen in Libyen und setzen auf militärische Gewalt und weiteren Mord mittels ständiger NATO-Bombardierungen. Gehören sie etwa nicht vor ein Strafgericht? Sich mit dem westlichen Aggressionsverbrechen zu befassen, darf der Redaktion der Süddeutschen Zeitung nicht länger verweigert werden; das gilt auch für Stefan Kornelius und Nicolas Richter, die sich diesem schwersten Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit entgegenstellen müssen wie jeder zivilisierte Mensch. Seit den Nürnberger Prozessen wurde das inhumane Verhalten nach dem gesunden Menschenverstand geahndet. Außenminister Guido Westerwelle würdigte die Nürnberger Prozesse als "Antwort auf die Perversion des Rechts im nationalsozialistischen Deutschland." Der russische Außenminister Sergej Lawrow nennt die Nürnberger Prozesse die "bedeutendsten Prozesse in der Geschichte der Zivilisation." Die Nürnberger Prinzipien sind von allen Journalisten, Politikern und Richtern zu beachten: Der Grundsatz VI verdammt den Angriffskrieg. Im Jahr 2002 haben sechzig Staaten das Statut des Internationalen Strafgerichtshof ratifiziert, jenes Statut, das auf den Nürnberger Prinzipien beruht. Die USA haben es aber nicht ratifiziert. Die Amerikaner treten dem Tribunal nicht bei aus Furcht vor Ermittlungen wegen ihrer eigenen Kriegsverbrechen. Washington sollte sich dem Strafgericht endlich selbst unterwerfen. Die Doppelmoral der USA ist unhaltbar. 
Eine dauerhafte, weltweite anerkannte Strafjustiz muss sich mit den aktuellen Angriffskriegen und der Gewalt westlicher Staaten befassen. Bezeichnenderweise hat das Haager Weltstrafgericht noch keinen westlichen Verbrecher verurteilt. Diese großen neuen Kriminellen laufen frei herum, auf freiem Fuß in den USA und Europa.
Es ist eine verbreitete konstruierte Lüge, dass Gaddafi Krieg gegen Zivilisten führe. Seriöser, unbefangener und professionell sachlicher als die Süddeutsche Zeitungsredaktion beurteilt die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Bürgerkriegslage in Libyen (22.3.2011): "Der libysche Aufstand gegen Gaddafi ist illegitim. Gaddafi führt Krieg gegen bewaffnete Rebellen, die ihrerseits Krieg gegen ihn führen. Kämpfende Aufständische sind keine Zivilisten. Dass Gaddafis Truppen gezielt Zivilisten töteten, ist vielfach behauptet, aber nirgends glaubhaft belegt worden. Jeder legitimierte, also autonome Staat der Welt, darf... bewaffnete innere Aufstände...bekämpfen. Die Reaktion der Staatsgewalt ist in der Verfassung aller Länder der Welt als legitim fixiert. Auch im Grundgesetz! Eine Selbstbewaffnung und Beschießung von Polizei- oder Armeeeinheiten im eigenen Lande wird in den USA selbst mit Landesverrat und Todesstrafe geahndet. 
Der Angriff der drei NATO-Mitglieder USA, Frankreich und Großbritannien auf Libyen unter dem Vorwand, die Zivilbevölkerung dort zu schützen, ist von der UNO-Charta gar nicht gedeckt. Sie höhlt den Kern der UNO-Charta aus, diskreditiert die Weltorganisation in höchstem Maße und widerspricht ihren eigenen Prinzipien!"
Hätte die NATO nicht interveniert und sollte sie erst jetzt ihren Bomben-Terror einstellen, hätten längst Friedensverhandlungen stattfinden und sogar eine Abmachung zwischen den beiden Seiten zustande kommen können. Umso gravierender die NATO-Kriegsverbrechen gegen Libyen.
Die Weltstaatenorganisation für den Frieden, die UNO, wurde nach dem Ende der verbrecherischen faschistischen Aggressionskriege Nazi-Deutschland 1945 gegründet. Seitdem ist der Angriffskrieg als Kriegsverbrechen anzusehen.
In den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen 1945/1946 hat der US-Hauptankläger Robert Jackson, damaliger USA-Bundesrichter, den Aggressionskrieg als schwerstes Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Seine gerichtliche Erklärung ist heute zu aktualisieren und anzuwenden: "Dieses Gesetz hier wird zunächst auf deutsche Angreifer angewandt. Es schließt aber ein und muss, wenn es von Nutzen sein soll, den Angriff jeder anderen Nation verdammen, nicht ausgenommen die, die hier zu Gericht sitzen." Niemand hätte sich damals vorstellen können, dass sechzig Jahre danach gerade drei der Ankläger-Mächte und zwar die USA, Großbritannien und Frankreich, die neuen Aggressoren würden, und zwar mit noch zerstörerischem Potential als das Dritte Reich. 
Auch nach den Nürnberger Prozessen werden Kriegsverbrechen wie Verbrechen aller Art erneut verübt. Umso sehnsüchtiger erwarten doch die Menschen, dass der Nürnberger Richterspruch dem Völkerrecht die notwendige Kraft verleiht, dass dessen Maximen und Verbote, vor allen dessen Sanktionen, um Frieden zu erhalten oder wiederherzustellen, anzuwenden sind, so dass Männer, Frauen und Kinder in allen Ländern friedlich unter dem Schutz des internationalen Gesetzes leben können. Insofern war der Sinn und Zweck der Nürnberger Prozesse, über die Zukunft des Friedens auf der Erde zu entscheiden, wie damals die amerikanische Öffentlichkeit richtig bekanntgibt.
Die wahre Klägerin war und ist die Zivilisation, die Verbrechen gegen den Frieden der Welt niemals akzeptiert, sondern bestraft. Es geht darum, Aggressionen und Aggressoren zu bestrafen, im Namen der Zivilisation, im Namen des Rechts und Gesetzes. An die Stelle der alten Nazi-Verbrecher gehören heute die neuen aggressiven Faschisten auf die Anklagebank : Die Führungsspitze der USA, Großbritanniens und Frankreichs.
Die deutsche Öffentlichkeit muss mit allen jenen Parteien hierzulande ins Gericht gehen, die wie SPD und Grüne die brutale Bombardierung eines ehemaligen Koloniallandes rechtfertigen. Haben sie kein Gewissen? Oder heißt ihr Gewissen NATO? Die größte Schuld besteht darin, dass sie ihre Augen verschließen. In Freiheit und Demokratie. 
Zivilisierte Politiker und zivilisierte Journalisten sollten aus den Nürnberger Prozessen gelernt haben, um deren historischen gerechten Zweck für heute zu begreifen: Die Nürnberger Prozesse sollten die Grundlage für das Verhalten der Nationen bilden und Einfluss auf die Geschichte der Menschheit haben. Sonst bleibt es dabei, dass wieder die Infamie neuer Kriegsverbrechen, neuer Angriffskriege und Aggressoren, genauso wie die damaligen, vor Gericht gebracht werden müssen. Vasallenpolitik und Vasallenverhalten gegenüber den USA verblenden den allgemeinen menschlichen Verstand Europas. Dagegen muss eine zivilisierte und aufgeklärte Weltöffentlichkeit, Diplomatie und Politik mit Würde und Entschlossenheit reagieren. 
Deutsche Politiker und Journalisten müssen sich heute nicht nur völkerrechtlich, sondern auch aufgrund des Grundgesetzes gegen einen Angriffskrieg wenden. Nach seinem Artikel 26 ist schon die Vorbereitung eines Angriffskriegs unter Strafe gestellt. Nach Paragraph 80 des Strafgesetzbuches ist dieses Delikt mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter 10 Jahren zu ahnden. 
Die Medien haben eine besondere Rolle bei der Vorbereitung von Kriegen gespielt und beteiligen sich an einem Angriffskrieg, indem sie die deutsche Öffentlichkeit die Kriegsverhetzung predigen. Sie müssen sich dafür mit allen strafrechtlichen Konsequenzen verantworten, genauso wie erst recht bestimmte Politiker und ihre Referenten von SPD und Grünen, die von ihrer politisch einflussreichen Stellung aus gegen das Grundgesetz und die internationale Ordnung arbeiten. Wir leben in einem Rechtsstaat. Wie erklären sie ihr Verhalten selbst? Befolgen sie Anordnungen oder Befehle dazu? Geht es ihnen darum, ihr Einkommen zu sichern, ihren Arbeitsplatz zu behalten? Befürworten sie eine Karriere ohne Gewissen? Millionen Deutsche im Dritten Reich fielen für ein falsches Ideal; sie alle haben Dinge getan, von denen sie wussten, dass sie falsch waren. Sind sie heute bereit, dasselbe zu tun? 
In diesem Zusammenhang ist es für das richtige Rechtsverständnis und wirksame zutreffende Funktionieren der heutigen gerichtlichen Institutionen sehr lehrreich, sich den Prozess und das Urteil von Nürnberg gegen deutsche Richter, Justizminister und Beamte des Justizministeriums der NS-Zeit vorzunehmen. Von Anfang an stellte der Ankläger fest: "Sie haben das Recht untergraben, vergewaltigt und zerstört. Sie untergruben, vergewaltigten und zerstörten Recht und Gesetz, ohne jede Hemmung. Das allein ist ohne Zweifel ein schweres Verbrechen. Gerade sie - Richter und Beamte - sollten wissen müssen und sogar besser als jeder andere, welche Bedeutung das Recht hat." 
Unrecht in Recht umzukehren ist als Perversion des Denkens, d.h. als Perversion des normalen Menschenverstand monströs und destruktiv im weitesten Sinn. Verbrechen sind als solche von jedem Menschen anzuerkennen und zu bezeichnen, egal wo und egal, wer der Täter ist. Richter und offizielle Institutionen müssen sich einschalten, um das Grundgesetz im vollen Einklang mit der UN-Charta hochzuhalten und sie vor ignoranten oder böswilligen Attacken zu verteidigen.
Das Ziel, einen Diktator zu stürzen und bewaffneten Aufständischen dabei zu helfen, ist kein legitimer Titel zur gewaltsamen Intervention dritter Staaten. Das Zusatzprotokoll der Genfer Konventionen von 1977 (Art.3) und das Urteil des Internationalen Gerichtshof von 1986 "Nicaragua gegen die USA" bestätigen vollkommen den Straftatbestand einer Intervention und ahnden ihn. Damals (1986) wurden die USA verurteilt und zu Reparationszahlungen verpflichtet, weil sie jahrelang in Nicaragua US-hörige Rebellen-Truppen, die Contras, gegen die Sandinista-Regierung finanziert, bewaffnet und bei Anschlägen auf die Infrastruktur und auf Politiker des Landes angeleitet hatten. Die amerikanische Regierung hat dieses Urteil nie anerkannt. Sie hat jahrzehntelang in zahlreichen fremden Ländern immer wieder gewaltsam interveniert, um ihre wirtschaftlichen und militärischen Interessen zu verfolgen. Der grobe Bruch des Völkerrechts in den Kriegen gegen Jugoslawien, Afghanistan und den Irak wurde genauso vorbereitet durch die Manipulation der Medien wie jetzt beim illegitimen Angriffskrieg gegen Libyen. Die Herangehensweise der Vorbereitung und Durchführung von Kriegen ist immer die gleiche.
Nach dem 2. Weltkrieg wollte Deutschland mit dem Verbrechen Krieg nichts mehr zu tun haben. In der Präambel des Grundgesetzes verpflichtet sich das deutsche Volk, dem Frieden in der Welt zu dienen. Diese Verpflichtung steht in vollem Einklang mit der Präambel der Charta der Vereinten Nationen: "Wir, die Völker der Vereinten Nationen - fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal . unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat ..."
Die UN-Charta und das Grundgesetz sind mehr als Denkanstöße für jeden Journalisten und Politiker. Sie sind Richtungsnormen, an die sich eine zivilisierte Gesellschaft zu halten hat.
Sie zu überschreiten ist strafbar. Gerichtliche Instanzen gegen Rechtsbrecher sind gefragt.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait