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30. August 2010 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Eine leere Show steht am kommenden Freitag, 3.9.2010, im State Department der USA bevor, wenn dort Netanjahu, Abbas, Mubarak und der jordanische König mit Hilary Cinton zusammentreffen. Der saudische König, die Staatsoberhäupter von Syrien, Libanon und andere Mitglieder der arabischen Liga haben haben sich dafür nicht hergeben lassen. Das ganze und zugehörige Pressestimmen geben Anlass für folgenden Kommentar zu Artikeln in

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 30.8.2010, Thema des Tages:

„Schwarzer Peter vor den Augen der Welt“ von Peter Münch

und SZ-Artikel: „Er muss persönlich ran“ von Reymer Klüver

Rückgrat in der europäischen Außenpolitik wiederherstellen

Schon vor einem Jahr wusste die Bundeskanzlerin Angela Merkel Klartext zu sprechen gegenüber einem eindringlichen Besucher in Berlin, dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu. Merkel forderte eindeutig den Stopp der illegalen Siedlungen, wie der sachliche Bericht von Christiane Schlötzer damals in der Süddeutschen Zeitung darstellte. („Merkel drängt Israel zu Siedlungsstopp“ vom 28.8.2009). Die deutliche Mahnung der Bundeskanzlerin Angela Merkel war nur zu begrüßen. Berlin schien sein lasches politisches Verhalten endlich überwunden zu haben. Dadurch erhoffte man sich in der Reihe von gravierenden Versäumnissen in der deutschen Nahostpolitik eine Zäsur, die jedoch immer noch auf sich warten lässt. Deutschland und Europa müssen sich endgültig von ihrer Unverbindlichkeit verabschieden und eine unmissverständliche Nahost-Politik auf der Grundlage des Völkerrechts vertreten. Illegale Siedlungen schaffen keine Basis für ein Existenzrecht.

Israel ist der einzige Staat der Welt, der seine Grenze nicht festlegen will und nach Gutdünken aller israelischen Regierungen Expansion und Willkür durch militärische Überlegenheit betreibt. Der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer beschrieb diesen illegalen Expansionismus völlig zutreffend, als er Israels wiederholte Kriege seit seiner Gründung 1948 ans Licht bringt (SZ-Außenansicht: „Sieben Kriege – und nichts gewonnen“ von Joschka Fischer, 27.1.2009). Solange dieses inakzeptable Verhalten weiter geht, ist Israel aus der Weltstaatengemeinschaft auszuschließen. Kein Rechtsstaat der Welt sollte diplomatische Beziehungen mit einem solchen Angreifer und Bedrohungsstaat pflegen.

Das gesamte politische europäische Spektrum umgeht den Kern der Sache, verkehrt sie und trägt absolut nichts dazu bei, eine glaubwürdige Basis oder Richtlinien für einen Friedensprozess vorzugeben, nämlich innerhalb völkerrechtlicher Grenzen das Existenzrecht Palästinas anzuerkennen. Indem die deutsche Öffentlichkeit diesen Kernpunkt außer Acht lässt, marginalisiert sie das Kernproblem, nämlich den Nahost-Konflikt, seit sich ein illegaler Besatzer starrsinnig weigert, die Besatzung vollständig zu beenden. Diese illegale Lage ist öffentlich und sachlich entschieden anzuprangern, vor allem jetzt, wenn einer der angeblichen Gesprächspartner in Washington ausgerechnet dieser grenzenlose illegitime Besatzer ist, der seine illegale Expansion durch Siedlungsbau zementieren will und damit die Idee eines Staates Palästina demoliert.

Seit Anfang 2001 läuft das Verhältnis Israel zu Palästina von Extrem zu Extrem. Im Frühjahr 2001 wurde das Westjordanland von Israel militärisch zurückerobert. Was dann folgte – der Hausarrest von Jassir Arafat, die Zerstörung der palästinensischen Infrastruktur und der Bau der Sperranlagen im Westjordanland – schockierte die Welt. Europa blieb stumm und inaktiv. „All die alten Probleme bestehen weiter, und eine Lösung ist nicht in Sicht“, wie das Center for Strategic and International Studies in Washington richtig konstatiert. Die Lagebewertung vom Journalisten Reymer Klüver im SZ-Artikel vom 30.8.2010: „Er muss persönlich ran“ist sachlich und begründet.

Der österreichische Premierminister Bruno Kreisky und der schwedische Premierminister Olaf Palme hatten damals die richtigen Worte gefunden und richtig gehandelt, um die israelische Aggressions- und Expansionspolitik zu verurteilen und die Legitimität des palästinensischen Widerstands anzuerkennen. Die deutsche Bundesregierung und alle anderen europäischen Regierungen müssen erst noch die richtige Sicht von den Staatschefs Kreisky und Palme lernen und das Rückgrat in der europäischen Außenpolitik wiederherstellen.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag ordnete im Jahr 2004 den Abriss der israelischen Mauer an und erklärte sie für illegal. Auch die UN-Vollversammlung (September 2004) machte sich dieses Urteil zu eigen. Und das sogenannte Nahost-Quartett (UNO, USA, EU und Russland) forderte die israelische Regierung auf, die in seiner „Roadmap“ formulierten Bedingungen zu erfüllen. Israels Verweigerungsreaktion führte dazu, den Friedensprozess immer wieder einzufrieren.

Die lang andauernde falsche Haltung Israels ist jetzt an einen Punkt angelangt, dass alle illegale Siedlungen geräumt und der Siedlungsbau endgültig gestoppt werden müssen. Der König von Saudi Arabien hat vollkommen Recht: Gespräche mit Israel sind unter den aktuellen Umständen verlorene Worte ins Leere. Sie würden zu nichts führen, sondern Israel nur eine Plattform bieten, um weitere Lügen und Ablenkungsmanöver in die Öffentlichkeit zu lancieren. Die arabischen Regierungen und die Palästinenser waren gut beraten, sich kühl und distanziert gegenüber der Falschheit der Machthaber in Tel Aviv zu verhalten. Bezeichnenderweise glänzt der König von Saudi Arabien für seine Abwesenheit bei der bevorstehenden Show in Washington. Gerade der Staatschef des arabischen Landes, der einen konkreten Friedensplan erarbeitet und vorgelegt hatte, dem zufolge Israel gefordert ist, sich hinter seine Grenzen von 1967 zurückzuziehen und die besetzten Gebieten zurückzugeben. Der Ägypter Hosni Mubarak und der jordanische König Abdullah hätten dem würdigen Verhalten ihrer saudischen Kollegen folgen sollen, um die Seriosität der palästinensischen Causa hochzuhalten.

Luz María De Stéfano de Lenkait