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4. Februar 2009 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Meldungen und Kommentare zu Israel und Gaza,
Süddeutsche Zeitung vom 3.2.,
Rubrik Außenansicht "Unser Frieden oder gar keinen Frieden"
von Schimon Stein 

Druck auf Israel erhöhen 

Die Einheit der Palästinenser hat Priorität für einen erfolgreichen Friedensprozeß. Sich gegenseitig zu bekriegen ist sinnlos und hilft nur dem Gegner. Inzwischen muß die EU  von ihrer Fehlpolitik abweichen und die Hamas anerkennen, damit sie zusammen mit den Vereinten Nationen oder einigen UN-Institutionen die Hilfe und den Aufbau für Gaza kanalisieren und organisieren kann. Europäische Länder haben kein Recht, diese Hilfe mit blinder Einseitigkeit weiter zu torpedieren, was nur den unmenschlichen inakzeptablen Status Quo in einer Sackgasse zementiert.

Sollte sich Berlin fortwährend manipulieren lassen und das abgekartete Spiel der israelischen Falken weiter spielen, um vernünftige gerechte menschliche Initiativen zu verhindern wie neulich am 27.1. in Brüssel, muß man sich mit dem Problem Deutschland befassen, und es als unzuverlässig oder behindert ansehen, so daß es sich in Diskussionen für eine friedliche Lösung im Nahen Osten selbst  ausschließt. Zu Recht hat der amerikanische US-Sondergesandte George Mitchell keinen Kontakt mit Berlin gesucht, als er die Reise in den Nahen Osten unternahm. Berlin ist nicht zu trauen, weil die deutsche Regierung falsche Entscheidungen getroffen hat und betonköpfig kein Signal gibt, sich korrigieren zu wollen. Bezeichnend für den deutschen Boykott einer gerechten Friedenspolitik im Nahen Osten ist die merkwürdige Tatsache, daß es in großen deutschen Medien keine Berichterstattung über die Ereignisse in Brüssel beim Außenminister-Treffen vom Dienstag 27.1. gab, keine einzige Zeile, kein einziges Wort, weder in führenden Presseorganen noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. 

Der Friedensprozeß im Nahen Osten muß auf ehrlichen Richtlinien beruhen. Unehrliche, unaufrichtige Verhandlungen würden die Glaubwürdigkeit der USA weiter zerstören. 

Die EU ist längst diskreditiert und zeigt bisher keine Bereitschaft für ihre Rehabilitation.

Washington darf nicht einmal eine minimale Idee eines israelischen Premiers zulassen. Ein kurzer Blick auf die Evolution der Nahost-Politik des amerikanischen politischen Apparates seit 1980 dient zur Aufklärung der Lage: 

  • 1956 forderte ein empörter Präsident Dwight Eisenhower den Rückzug Israels aus Sinai und Gaza bis spätestens im Jahr 1957.
  • 1982 forderte Ronald Reagan den sofortigen Rückzug der israelischen Truppen aus Beirut.
  • 1991 mußte der damalige Außenminister James Baker enormen Druck auf Israel ausüben, um es zu zwingen, an der Madrid-Konferenz teilzunehmen, wo die PLO zum ersten Mal repräsentiert war (1991). 

Heute muß ein zu erhöhender starker Druck dringend die Aufhebung der Blockade und die Öffnung der Grenze in Gaza erzielen, und dann muß der Druck aus Washington, London und Paris erreichen, daß sich Israel aus allen geraubten Territorien zurückzieht, die den Palästinensern und Syrien gehören.

Extrem zynisch schreibt  der ehemalige Botschafter Israels in Deutschland, Shimon Stein, als er uns in der Süddeutschen Zeitung die Barbarei der Vernichtungsaktion seines Landes gegen 1,5 Millionen eingekesselte Palästinenser als selbstverständlich für sogenannte „asymmetrischen Kriege“ verkaufen will (SZ-Außenansicht - 3.2.09). So pervers der Täuschungsversuch, so seltsam die Person, die sich mit ihm entlarvt, die für Menschlichkeit nichts übrig hat, wobei die humanitären Genfer Konventionen ihr im Wege stehen. Diese merkwürdige Person versucht deshalb, sie zu desavouieren, als ob sie in einer Zeit der „asymmetrischen Kriege“ keine Geltung hätten. Mit abstoßender selbstgerechter Erfindung versucht dieser kaltblütig kalkulierende Mann sein Land über Recht und Gesetz zu setzen. Kein Wort im Sinne des Rechtes, der Gerechtigkeit, kein Wort der Menschlichkeit:  Mit keinem einzigen geäußerten Gedanken geht der Israeli auf die allgemeine Forderung ein, die Blockade aufzuheben und die Grenze in Gaza zu öffnen.  Journalisten mit einem gut formierten Gewissen und normalen Rechtsempfinden sollten sich nicht beirren lassen, auch wenn ein bekannter Lügner raffiniert versucht, den Spieß umzudrehen, wie er es damals auch in allen möglichen deutschen Medien tat, als Israel 2006 den Libanon überfiel. Wenn die Staatsführung Israels die Sicherheit ihrer Staatsbürger in den Vordergrund stellen würde, hätte sie sich längst besinnen müssen und ihre seit langem fehlgeleitete Raubpolitik revidiert. 60 Jahre verfehlter Politik und noch immer keine Einsicht geben keinen Anlaß, Israel zu trauen.

Regierungen, die ihre Augen davor verschließen und solch verbrecherisches Verhalten der Hardliner-Staatsführung Israels dulden, sich die Willkür der Blockade weiter zu erlauben und die Grenzen nicht zu öffnen, machen sich schuldig und verdienen ebenso Sanktionen wie Israel. EU-Staaten, die im 21. Jahrhundert vor dem schlimmsten Hohn gegenüber dem Völkerrecht und der Menschlichkeit schweigen oder sich mit einem Kriegsverbrechen identifizieren, sind durch nichts gerechtfertigt und dürfen nicht länger der zivilisierten Völkergemeinschaft angehören. Denn in Gaza geht es jeden Tag um Verbrechen gegen die Menschlichkeit.  

Die Zulassung Israels, Mitglied in den Vereinten Nationen zu sein (11.5.1949), erfolgte lediglich unter der Bedingung, den vertriebenen Palästinensern ihre Eigentümer zurückzugeben oder sie zu entschädigen und ihnen zu erlauben, nach Palästina zurückzukehren. Die Vereinten Nationen bestätigten in wiederholten Resolutionen diesen fairen Standpunkt der Weltstaatengemeinschaft. Die Weigerung Israels führte zu einem vollständigen Impasse. Die Hälfte der Palästinenser wurde zu Flüchtlingen. Unsicherheit für alle Bewohner war die unmittelbare Folge. 

Dem Völkerrecht verpflichtete Staatsmänner müssen mutig entscheiden, die israelische Politik der Besetzung Palästinas anzuprangern. Jeder Staat hat das Recht, innerhalb seiner legitimen Grenzen zu existieren. Israel ist der einzige Staat der Welt, der seine Grenze nicht festlegen will und nach Gutdünken aller israelischen Regierungen Expansion und Willkür durch militärische Überlegenheit betreibt. Der ehemalige deutsche Außenminister Joschka Fischer beschrieb dies völlig zutreffend, als er Israels wiederholte Kriege seit seiner Gründung 1948 ans Licht bringt (SZ-Außenansicht: „Sieben Kriege – und nichts gewonnen“ von Joschka Fischer, 27.1.2009). Solange dieses inakzeptable Verhalten weiter geht, ist Israel aus den Vereinten Nationen auszuschließen. Kein Rechtsstaat der Welt sollte diplomatische Beziehungen mit einem solchen barbarischen Angreifer und Bedrohungsstaat pflegen. Das gesamte politische deutsche Spektrum umgeht den Kern der Sache, verkehrt sie und trägt absolut nichts dazu bei, eine glaubwürdige Basis oder Richtlinien für einen Friedensprozess vorzugeben, nämlich innerhalb völkerrechtlicher Grenzen das Existenzrecht Palästinas anzuerkennen. 

Hätte die damalige begründete britische Perspektive (1939) von einem unabhängigen binationalen arabisch-jüdischen Staat mit Vorherrschaft der damaligen Mehrheit, nämlich der Araber, an der Regierung, Erfolg gehabt, so fragt man sich heute, wären dann die Palästinenser so räuberisch und brutal gegenüber den Israelis gewesen und hätten sie sich so unmenschlich verhalten wie die Israelis gegenüber ihnen?

Luz María De Stéfano de Lenkait,

Juristin und Diplomatin a.D.