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30. August 2014 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zum

Leitartikel in Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 28.8.2014:
"Ukraine - Der verlorene Osten" von Cathrin Kahlweit,

ARD/ZDF-Mittagsmagazin 29.8.2014 um 13 Uhr

Ukraine-Krise und NATO:
Richtlinien der Bundeskanzlerin fehlen,
um die gemeinsame Sicherheit Europas
zusammen mit Russland aufzubauen.

Die Journalistin Cathrin Kahlweit degradiert sich, wenn sie in ihrem Leitartikel "Ukraine - Der verlorene Osten" (SZ, 28.8.2014) in Verleumdung und in die inzwischen übliche Beschimpfung von Russlands Präsident Wladimir Putin verfällt. Offensichtlich agiert sie unter Druck einer Kriegsfraktion, deren selbe Linie offenkundig auch die SZ vertritt. Nicht umsonst hat die SZ den Ruf, das Zentralorgan des Pentagon in Deutschland zu sein.

Allerdings gehören Lügen und Verdrehen der Fakten nicht zur Aufgabe eines seriösen Journalismus, vor allem nicht, wenn hinter solcher perfider Tarnung verheerende unkontrollierte Krisen stecken, eine davon mitten im Herzen Europas, in der Ukraine. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass nicht Präsident Putin an einer Destabilisierung eines Nachbarlandes Russlands interessiert ist. Das Gegenteil medial zu behaupten, ist völliger Unsinn, der die Intelligenz aller gut informierten Leser beleidigt. Von Anfang an hat der russische Präsident nach Verhandlungen mit den Ostukrainern aus dem Donbass und Lugansk verlangt, die sich von Kiew unabhängig erklärten, weil sie nichts mit der Kiewer Putsch-Regierung zu tun haben wollen, die von Neo-Nazis durchsetzt ist.

Ein Waffenstillstand wurde und wird nicht nur vom russischen Außenminister Sergej Lawrow, sondern auch vom deutschen Außenminister Walter Steinmeier gefordert. Ein Waffenstillstand wurde auch als Voraussetzung für die versprochene Hilfe von der Bundeskanzlerin Angela Merkel signalisiert , als sie in Kiew mit Präsident Petro Poroschenko am Samstag 23.8.2014 zusammentraf. Etwas anderes wäre völlig sinnlos, wirtschaftliche Hilfe einem Land zu leisten, das sich in einen endlosen Krieg stürzt und dadurch zerrüttet. Der von Angela Merkel geforderte Waffenstillstand wurde aber offensichtlich unter Druck eines NATO-Mitglieds in deutschen Medien verschwiegen, ein NATO-„Partner“, der kein Interesse an einem Waffenstillstand in der Ukraine hat. Lediglich ARD-Tagesschau informiert vollständig davon am 23./24.8.2014; weder der Deutschlandfunk noch das ZDF, selbstverständlich auch nicht die SZ.

Für den Waffenstillstand ist nicht der russische Präsident zuständig. Das ist eine Sache zwischen der Kiew-Regierung und den Vertretern der sich unabhängig erklärten Regionen der Ostukraine, die hart und entschlossen die Attacken der Kiew-Truppen zurückweisen. Die Erklärung von Wladimir Putin in diesem Sinne ist selbstverständlich und dürfte kein Grund zum Jammern sein. Einige Regionen des Donbass wollen definitiv nicht unter Kiewer Kontrolle sein und haben sich gerade deshalb für unabhängig erklärt. Also neu ist nur, dass jetzt anscheinend Europa diese Realität erkennt und Kiew auch.

Die bittere Wahrheit ist, die USA, aber auch die Bundesregierung setzen auf eine Regierung in der Ukraine, an der Faschisten beteiligt sind. Denn die faschistische Regierungsbeteiligung ist die Garantie, dass die Ukraine sich zu einem geopolitischen Frontstaat der NATO gegen Russland entwickelt.
("Ukraine: Poroschenkos Eskalation - Faschisten bleiben an der Macht" von Sevim Dagdelen, MdB, UZ, 27.6.14)

Die Krise in der Ukraine wird von einer ukrainischen Bevölkerung zusätzlich angeheizt, die auf das Kiewer Regime wütend ist, weil das Land keinen Frieden findet, viele Soldaten und Zivilisten sterben müssen und sich bittere Armut ausbreitet. Ein Interview in der Ukrainskaja Prawda vom 20. August mit dem ukrainischen Generaloberst Wladimir Ruban, der den gleichen militärischen Rang innehat wie der ukrainische Verteidigungsminister, klärt über die gespannte Lage auf. Das Interview wurde in der Tageszeitung „Junge Welt“ vom 22.8.2014 veröffentlicht. Daraus auszugsweise:

Was sind das für Menschen in der ukrainischen Armee und in den Freiwilligenbataillonen? Sind für sie sechs Millionen Bewohner der Region um Donezk und Lugansk plötzlich zu Feinden geworden? Und die 15.000, die bewaffnet sind - sind die für sie Feinde? ... Für mich sind diese Menschen keine Feinde. .. Man hätte ja wohl innerhalb von drei Monaten das Feuer einstellen und sich einigen können. Es gibt Leute, die sind an einem Ende des Krieges nicht interessiert... Wir haben ja offiziell keinen Krieg. ... Ob es der Westukraine gefällt oder nicht: sie hat Teil am Krieg. Das ist keine Antiterroroperation. Das ist ein Krieg. Ein neuer, unverständlicher, hybrider Krieg. ... Beide kämpfenden Seiten wollen ordentlich leben. Für sie macht es keinen großen Unterschied, ob die Ukraine in Richtung Russland oder EU gleitet oder ob sie allein bleibt. Alle wollen besser leben, und alle, beide Seiten, sind durch diese Führungsfiguren ins Elend gestürzt worden ...

Reinhard Lauterbach informiert uns darüber, was Cathrin Kahlweit in ihrem tendenziösen Leitartikel "Ukraine - Der verlorene Osten" (SZ, 28.8.2014) zu verschweigen versucht:

Ein Kommandeur des Bataillons "Donbass" riet seinen Leuten davon ab, sich zurückzuziehen. Er berichtete über Panik und Auflösungserscheinungen bei der Armee und forderte Präsident Poroschenko ultimativ auf, Verstärkungen zu schicken. Bei Ilowajsk sind offenbar erneut mehrere Bataillone der Armee und der rechten Milizen von Aufständischen eingekesselt worden.

Der US-Botschafter in Kiew twitterte von einem "zielgerichteten Gegenangriff" Russlands. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums sprach dagegen nur von Sorge über anhaltende russische Waffenlieferungen an die Aufständischen und äußerte Zweifel am Charakter des bevorstehenden zweiten Hilfskonvois aus Russland.

Die Medienkampagne soll vermutlich davon ablenken, dass die Lage für die Kiewer Truppen in Donbass schlecht ist. Die Aufständischen greifen in mehreren Richtungen an. Die Kiewer Armeeführung bestätigte den Vorstoß der Rebellen auf Nowoasowsk an der Küste zum Schwarzen Meer.
("Vorstoß der Rebellen. Aufständische stoßen nach Süden vor.
Kiew antwortet mit Medienkampagne" von Reinhard Lauterbach,
Junge Welt, 27.8.2014)

Zu dieser Medienkampagne gehört die Desinformation und Schuldzuweisung an den russischen Präsidenten. Unwürdig ist es, sich dafür zur Verfügung zu stellen, wie es Cathrin Kahlweit tut.

Brigitte Queck entlarvt die verhängnisvolle lügnerische mediale Kampagne in ihrem Buch "Die Ukraine im Fokus der NATO, Russland das eigentliche Ziel“ (Zambon Verlag, 2014) und bringt die Fakten aufklärerisch vor Augen:

Analog zu den vergangenen Kriegen versuchen die Propagandisten der NATO-Länder der Bevölkerung einzutrichtern, dass die Aggression in Wahrheit eine Verteidigung gegen Russland sei, das sie als den eigentlichen Aggressor darstellen. ...Welche Absichten verfolgt die Russische Föderation? Deren oberstes Interesse ist Stabilität sowohl im Inneren als auch in den internationalen Beziehungen. Zu dieser Stabilität ist auch der Erhalt seiner Sicherheitsarchitektur notwendig, weshalb Moskau besonderen Wert auf die Stabilität von Ländern legt, die russische Militärstützpunkte beherbergen. Das Land hat weiterhin ein Interesse an der Entwicklung seiner Wirtschaft. ... Insgesamt handelt es sich also um eine Art von Interessen, die zu haben und zu verfolgen man keinem Land vorwerfen kann.

Aber auf welche Weise werden sie von der Russischen Föderation verfolgt? Überfällt und besetzt Russland andere Nationen, wie es die NATO tut? Finanziert, bewaffnet, beherbergt und bildet es Terroristen aus, die in fremden Ländern Massaker an der Zivilbevölkerung verüben, um sie ins Chaos zu stürzen, wie es derzeit eine Koalition aus der USA, NATO- und Golfstaaten in Syrien tut? Stranguliert Moskau andere Staaten eigenmächtig mit Sanktionen, um ihnen seinen Willen aufzuzwingen? ... Russlands Politik zur Wahrung seiner genannten Interessen war bisher von Zurückhaltung und Zugeständnissen geprägt.

Inzwischen verschärft sich die Ukraine-Krise weiter: US-Präsident Obama hat die merkwürdige Erklärung abgegeben, die USA werden keinen Krieg gegen Russland führen (ARD/ZDF-Mittagsmagazin 29.8.2014 um 13 Uhr). Eine solche Erklärung bedeutet ein notwendiges Bremsen und eine Schlappe für die radikalen Kriegstreiber und Irren, die ihm sowohl im Weißen Haus als auch im Kongress keine Ruhe lassen. Und Europa? Obama hat Europa nicht erwähnt. Hier gibt es auch solche Wahnsinnigen und Kriegstreiber. Gerade aus dem NATO-Militärzentrum in Mons (Belgien) stammen Satellitenphotos, die russische Truppen in der Ostukraine zeigen wollen. In Wirklichkeit ist dadurch gar nichts zu sehen. Die verzweifelte Inszenierung aus NATO-Kreisen lässt an das Vorspiel zum Angriff der USA und ihrer Vasallen auf den Irak und auf Belgrad erinnern, als sich die Medien auch von einer US-gesteuerten Kriegskampagne mit Lug und Trug lenken ließen und dafür Stimmung machten. Angesichts der Irren, die auch in der Umgebung von Kanzlerin Angela Merkel gegen Russland desinformieren und angesichts eines offensichtlichen Kriegskurs und dem vielfach wiederholten Aufrüstungs-Aufruf aus den NATO-Hoch-Etagen ist eine Erklärung von Angela Merkel auch dringend erforderlich, eine Erklärung, die eindeutig einen Krieg gegen Russland ausschließt genau wie es US-Präsident Obama im Namen der Vereinigten Staaten getan hat. Gerade vor einem gewichtigen NATO-Gipfel müsste die Kanzlerin die europäische und die Weltöffentlichkeit über eine Regierungserklärung im Bundestag wissen lassen, wie Deutschland die Zukunft Europas und die Zukunft der NATO sieht.

Willy Wimmer, ehemaliger verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium plädiert aufklärerisch für eine deutsche Position in Bezug auf Russland vor dem NATO-Gipfel in Wales nächste Woche. (Artikel "Russland unser feind? von Willy Wimmer, Junge Welt, 20.8.2014) Krieg gegen Russland ist auszuschließen. Angela Merkel darf keineswegs dem lügnerischen Schmierentheater von irrsinnigen Kriegstreibern gegen Russland auf den Leim gehen. Der Kreml hat alle aus der NATO lancierten Anschuldigungen kategorisch dementiert. Es gibt keinen triftigen Grund, einer aggressiven Organisation mehr zu glauben als Russland, ein zuverlässiger Partner, der kein Land angegriffen hat und der sich ständig bei allen Konflikten für Friedensverhandlungen einsetzt. Die NATO ist keine glaubwürdige Quelle für mediale oder politische Informationen, seitdem sie selbst in das Schlamassel der Ukraine von Anfang an involviert ist und Europa gegen Russland aufhetzt. Obama kann nicht alles unter Kontrolle haben. Die Bundeskanzlerin als "die mächtigste Frau der Welt" sollte wissen, sich richtig einzuschalten, um die Friedensordnung in ihrem eigenen Land und in Europa nicht weiter zu gefährden und um dafür zu sorgen, dass endlich die Waffen in der Ukraine schweigen.

Die Perspektive eines Kriegs mit Russland trägt für Deutschland und Europa apokalyptische Züge. Die einzige Chance zur Verteidigung des Friedens besteht in der Annäherung an Russland. Die Russische Föderation ist die Schutzmacht des Friedens in Europa. Dies ist die praktische wichtige Erkenntnis, die der ständig verstärkten antirussischen NATO-Propaganda entgegengesetzt werden muss.
(Aus dem Buch „Die Ukraine im Fokus der NATO, Russland das eigentliche Ziel“ von Brigitte Queck, Zambon Verlag 2014: Kapitel „Moskaus Interessen und Solidarität mit Russland“)

Wird Cathrin Kahlweit etwas mit dieser hoch professionell dargestellten nüchternen Realität anfangen können und dürfen? Die Journalistin muss sich mit den Fakten vorurteilsfrei befassen und im Interesse Europas schreiben. Sie hat die Intelligenz dazu. Propagandistische Einflüsterer braucht sie nicht. Sie führen auch zu nichts, außer Feindseligkeiten zu säen und von der bedrohlich ernsten Lage abzulenken.

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht die Gefahr der gegenwärtigen, von der NATO angeführten Außenpolitik gegenüber Russland. Es fehlen jedoch die notwendigen Richtlinien der Bundeskanzlerin, um die gemeinsame Sicherheit Europas zusammen mit Russland aufzubauen. Bei ihrem Treffen in Kiew mit Präsident Petro Poroschenko am vergangenen Samstag 23.8.2014 forderte sie,

"keine unnötigen Reibungen mit Russland entstehen zu lassen." Und durchaus im Unterschied zu Poroschenkos martialischen Sprüchen erklärte Merkel in Kiew, eine militärische Lösung des Konflikts im Donbass sei nicht möglich. Ihr Vize, SPD-Chef Sigmar Gabriel, belebte derweil die Forderung nach einer "klugen Föderalisierung" des Landes... Nichts anderes hatten die Bewohner des Donbass zu Beginn ihres Widerstandes gegen Kiew gefordert. In der Hauptstadt wählte man stattdessen die militärische Option... Der Krieg der Kiewer Junta gegen die Bewohner des Donbass ist trotz aller Geländegewinne politisch gescheitert. Die Aufständischen haben der ukrainischen Armee erhebliche Verluste beigebracht, und ihr Widerstand wird eher härter. Was die Regierungstruppen noch erobern könnten, ist eine Wüste. Die Infrastruktur des Donbass müsste von Grund auf neu gebaut werden. In dieser Situation sind die Kreditgarantien über 500 Millionen Euro, die Merkel Poroschenko mitbrachte, ein Tropfen auf den heißen Stein.
So Reinhard Lauterbach in seinem Leitartikel "Staatsbesuch in Kiew - Merkels Ordnungsruf", Junge Welt, 25.8.2014

Als der NATO-Versuch, sich zur militärischen Interventionsmacht nach dem Vorbild ihres Bomben-Angriffs 1999 auf Jugoslawien zu etablieren, auf dem NATO-Gipfel in Lissabon 2010 scheiterte, begann die Kriegsfraktion Washingtons ihren Plan B anzugehen, und zwar Länder wie Polen und die baltischen Staaten durch bilaterale Verträge für ihre militärischen Interventionspläne zu gewinnen. Auf diese Weise übergingen die USA den NATO-Beschluss von Lissabon vom 20.11.2010 und konnten sich mit Hilfe des angezettelten Ukraine-Konflikts gegen Russland in Stellung bringen. Diese Gefährdung der internationalen Ordnung durch das Vorgehen der USA in Europa können die Staaten der EU einschließlich Deutschland unmöglich ignorieren.

Europa befindet sich wegen des Krieges in der Ukraine in einer ernsten Krise, ein Krieg an der Grenze zu Russland, der von US-Machtkreisen angezettelt ist. Verbrecherische Provokationen, wie der kriminelle Absturz eines Passagierflugzeugs am 17.7.2014 und womöglich weitere Provokationen können unberechenbare Folgen haben. Wir haben es hier mit dem eiskalten Kalkül einer militärischen Organisation zu tun, deren Legitimation für ihre weitere Existenz am Schwinden ist. Hohe deutsche Politiker (Gernot Erler und Völker Rühe) warnen vor einer unkontrollierbaren Ausweitung des Krieges. Aber anstatt deeskalierend zu wirken, starten EU und USA vollkommen verantwortungslos einen Wirtschaftskrieg mit Russland. Die Bundesregierung muss diese wahnsinnige Eskalation innerhalb der EU bremsen. Es sind einige wenige Irre, die sowohl hierzulande als auch in Brüssel die Spannung auf die Spitze treiben wollen. Der freie Fall in den Abgrund ist sofort entschlossen zu stoppen.

María De Stéfano Zuloaga de Lenkait