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21. Juni 2014 - Luz Maria de Stefano de Lenkait:

Kommentar zu

ARD-Tagesschau vom 19.6.2014 um 20 Uhr:
Deutsche Verteidigungsministerin in Washington,

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 20.6.2014:
"Auf schwieriger Mission" und
Kommentar "Von der Leyen - Immer schön wolkig bleiben" von Christoph Hickmann

Bei Sinnen bleiben: Krieg und militärische Einsätze ablehnen,
gemeinsame Sicherheit mit Russland zu Ende denken

Für führende USA-EU-Politiker und deren willige Helfer in den großen Privatmedien haben der Frieden und die Menschlichkeit keine Bedeutung. Das Trachten, das zum Ersten Weltkrieg führte und über den Zweiten Weltkrieg bis heute andauert, ist das gleiche. Dabei ist es diesen Leuten völlig egal, was Mord und Vernichtung für andere Menschen und Völker bedeuten. Keine Zurückweisung aus der führenden deutschen Presse.

Alle Ansätze einer Friedenspolitik erfahren seit 1990 schwere Behinderungen. Besonders auffällig dabei die USA und ihre Sabotage aller Versuche zum Frieden bis zur weiteren irrationalen Aufrüstung anstatt der notwendigen Abrüstung, die der US-Präsident Obama auch versprach. Der Block USA-EU richtet sich eindeutig gegen den Friedenswillen der Menschheit. Den Krieg generell als unabänderlichen Teil der Menschheitsgeschichte zu werten, entlarvt den Ungeist der Regierenden und ihres medialen Chors. Ursache und Verantwortung dafür kehren die Medien unter den Teppich.

Mit einer solchen destruktiven Einstellung zur Welt und zum Leben ist solche seltsame Clique bereit, alte Feindbilder zu "legitimieren" und neue zu konstruieren. Die letzten westlichen Aggressionen in Irak, Libyen, Syrien und in der Ukraine lassen diese besorgniserregende Abnormität bloßstellen, die bisher 50 Millionen Flüchtlingen verursacht hat. Und deutsche Journalisten und Redaktionen? Kein Sturm der Entrüstung gegen diese monströse sogenannte Politik der USA und EU-Regierungen, die diese Ungeheuerlichkeit zu verantworten haben!

In dem Interregnum zwischen 1918 und 1939 entstand die kritische Warnung,

es sei in Deutschland zur entscheidenden Frage geworden: "Zurück zu 1914 oder los von 1914?. Zwar wüssten auch die Rechten, dass Deutschland keinen Krieg führen könne, aber sie wollen den kriegerischen Geist im Volke aufrechterhalten oder ... ihn wieder wachrufen. Sie predigen Hass und Hoffnung auf Revanche." Im Felde unbesiegt! Trotz allem! ... Es ist übelste Wichtigmacherei... geistige Aufrüstung an allen Ecken und Enden und Reklame für den nächsten Krieg.

Manfred Weißbecker dokumentiert nüchtern die Katastrophe nach 1918 in seinem Artikel "Geschichte als Waffe: Erinnerungspolitik, um den verlorenen Ersten Weltkrieg nachträglich zu gewinnen", Junge Welt,18.6.2014

Und Manfred Weißbecker weiter:

... der Versuch, die eigene Unschuld am Krieg und die Schuld, zumindest aber die Mitschuld, der anderen nachzuweisen (wurde seit 1920 offiziell betrieben). Alles rankt sich um die Behauptung, die militärische Niederlage sei von ... verantwortungslosen Pazifisten usw. verursacht worden. Im Auswärtigen Amt wurde eine deutsche Kriegsschuld geleugnet und zugleich jenen Vorwürfe entgegnet, Deutschland habe im Krieg das Völkerrecht missachtet. Diese Lüge und Verleugnung der Wahrheit wurde offizielle Politik Deutschlands....Eine übergroße Mehrheit der deutschen Historiker diente beflissen dem (verlogenen) Mainstream. ... Das Gedenken an die Toten des Weltkrieges werde "missbraucht, um einen verderblichen Revanchegedanken zu wecken und wachzuhalten".... Mitleid, Weinen, Trauern galt als unheroisch, als unvölkisch und wurde regelrecht stigmatisiert.

Es ist nicht verwunderlich, dass amerikanische Psychologen nach den Nürnberger Prozessen die Nazis als unfähig erkannten, mit ihren Mitmenschen mitzufühlen. Margarete Mitscherlich dachte in ihrem Buch "Die Unfähigkeit zu Trauern" weiter darüber nach.

Deutsche Medien und einige Politiker lassen erkennen, dass gar keine ernsthaften Anstrengungen für den Frieden erwünscht sind. Mit anderen Worte, der Frieden ist nicht gewollt, weder in der Ukraine noch im Nahost.

Deutschland an der Seite von kriegstreiberischen und kriminellen Interventionisten ist eine Schande gerade im Vorfeld des Gedenkens an den Beginn des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren und an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor fünfundsiebzig Jahren.

Den wahren Misskredit einer verfehlten westlichen Politik zu verschweigen, ist seit der wilhelminischen Epoche Tradition in Deutschland. Kaiser Wilhelm und sein militaristisch-politischer Kreis missachteten so sehr die Diplomatie, dass sie sogar einen Krieg provozierten. Dieses enorme Friedens-Defizit ist besorgniserregend. Nach zwei Weltkriegen gibt es immer noch bei Regierungen und Machtzentren Europas seltsame Elemente, die sich in Friedenszeiten als Brandstifter betätigen. Geschichtspolitisch und propagandistisch instrumentalisieren solche Ungeister den Ersten Weltkrieg und werfen die Lebensmaxime der meisten Deutschen über Bord, die sich bereits unmittelbar nach der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts erhob: "Nie wieder Krieg!“ Was führt die europäische Gesellschaft heute wieder in diesen Abgrund? Sind deutsche Regierungsvertreter verblendet und bewusstlos vor dem unaufhaltsamen Verfall in eine ähnliche Barbarei?

Die deutschen Kirchen verraten immer weiter ihre Kirchenraison als Vertreter der christlichen Botschaft durch ihre abstoßende "klerikale Kriegsrechtfertigung" und durch ihre Bemühungen, "den Krieg mit einer religiösen Aura zu versehen". So weit und so tief ging und geht die Perversion des Geistes.

Manfred Weißbecker:

Ebenso dürfen die Schulen nicht unerwähnt bleiben. Der Weltkrieg war noch nicht zu Ende, da veröffentliche ein Schuldirektor unter dem Titel "Schulerziehung nach dem Krieg": Die Vorbereitung auf einen künftigen, hoffentlich in weiter Ferne liegenden Krieg... muss unser ganzes Volkstum erfassen... Es gilt erneut und zweifellos in noch höheren Grade als schon bisher die Schaffung eines Volkes in Waffen, und ein ganz wesentlicher Teil an der Lösung dieser Aufgabe fällt unstreitig der Schulerziehung zu." ... Die Jugend war (also) das "Menschenmaterial" eines künftigen Krieges.... In dieser Hinsicht stellt der 30.Januar des Jahres 1933 keine besonders tiefgreifende Zäsur dar. Vielmehr wurden schon vorher weitgehend die hauptsächlichen Elemente des Kriegs- und Heldengedankens der Faschisten als konsensfähig betrachtet.... sie wurden als selbstverständlich hingenommen und für bündnispolitische Erwägungen genutzt... Der verlorene Krieg, der sollte gleichsam rückwirkend gewonnen werden. Dafür wurde indoktriniert und mobilisiert.... der geistigen und mentalen Vorbereitung die körperliche "Ertüchtigung" folgen zu lassen, entsprechend einer nicht erst seit 1933 geltenden Devise, alles Denken und Handeln der künftigen Krieger so auszurichten, als ob ein neuer Krieg unmittelbar bevorstehe oder sogar schon da sei. Und das alles in Friedenszeiten!

"Worte müssen rollen für den Krieg". So "Die Welt" Ende Januar dieses Jahres. Die Geschichte sei einsetzbar als eine gefährliche Waffe. ...

Eine Verdrehungspolitik und ein prägnantes pervertiertes Denken steuern weitgehend ein unmenschliches Verhalten, das kriegsfördernden Charakter trägt. Bis heute noch weigern sich die Medien die Realität anzuerkennen und leugnen verbrecherisch die historische Wahrheit: Die Politik der rechten Parteien und der deutschen Faschisten als eine verheerende Nachkriegskatastrophe zu bewerten. Bezeichnenderweise sagte ein irrsinniger CDU-Verteidigungsminister, ein Volker Rühe, in den 90iger Jahren öffentlich, die Deutschen brauchten noch 20 Jahre, um "ihre psychologische Hemmungen für den Krieg" zu überwinden! Das ist der schändliche Ungeist auf höchster Ebene bei der CDU im vereinten Deutschland, für jeden erkennbar. Gott sei Dank stand der verirrte Völker Rühe völlig neben der normalen Wahrnehmung der Bevölkerung: Sie bleibt bei Sinnen und lehnt mit überwältigender Mehrheit den Krieg und militärische Einsätze ab.

Aber deutsche staatliche Verantwortungsträger skandalisieren weiter die Öffentlichkeit. Vor einigen Tagen war es ein armseliger Gauck, niemand geringeres als der deutsche CDU-Bundespräsident, der versuchte, den alten Kriegswahnsinn wiederzubeleben. Es handelt sich um geistige Brandstiftung, um eine Vorkriegszeit einzuleiten.

Sie missachtet alle Menschenrechte, und das allein verlangt, generell geächtet zu werden. Zu überlegen wäre, wie ihr nicht allein politisch und geistig zu widerstehen ist, sondern auch, wie sie sogar als strafrechtliches Verbrechen behandelt und geahndet werden kann (und muss), bevor es zu spät ist.
(Aus dem Artikel "Geschichte als Waffe" von Manfred Weißbecker:
"Erinnerungspolitik, um den verlorenen Ersten Weltkrieg nachträglich zu gewinnen", Junge Welt, 18.6.2014)

Gerade die neuen Aggressionen seit 1990 und die gegenwärtigen, die sich in Europa und Nahost abzeichnen, lassen westliche demokratische Regierungen als gegenwärtige Kriegsverbrecher erkennen. 50 Millionen Flüchtlinge klagen sie an! Nicht nur deshalb, aber gewiss gerade auch deshalb haben sich die Europäer gegen die EU ausgesprochen, nicht gegen Europa. Die EU ist eine degenerierte bürokratische Veranstaltung geworden, die mit einem Europa als freiheitliche demokratische Friedensvision aller Europäer nicht vereinbar ist.

Die Schande, die Werte der Zivilisation mit Füßen zu treten, indem europäische Regierungen in ein barbarisches Verhalten verfallen, ist als Last und Bedrohung Europas anzusehen. Gerade dieser moralische Sumpf schadet und zerstört Europa. Er rechtfertigt die zunehmende Ablehnung der europäischen Bevölkerung gegenüber einer degenerierten EU, die niemand wünscht. Es ist das Nein zu einer EU, die von Deutschland geführt wird, ein Deutschland, dessen Regierenden längst offizielle Versprechungen und Grundsätze gebrochen haben, um schon wieder unverblümt "Weltpolitik" à la Kaiser Wilhelm hinter der Supermacht USA zu betreiben. Das Nein zu dieser EU ist sonnenklar: Eine solche EU repräsentiert Europa nicht, nicht das Europa, das die europäische Bevölkerung gestalten will zum Wohl aller Europäer und aller Völker auf der Grundlage von menschlichen Werten und Regeln.

Vor diesem jämmerlichen Hintergrund findet der Besuch der CDU-Verteidigungsministerin Deutschlands in Washington D.C. statt. Mit einem charmanten Lächeln beantwortet sie den freundlichen Gruß ihres amerikanischen Kollegen, Chuck Hagel, der schon auf sie am Ausgang ihres Wagens wartete. Die Erscheinung des US-amerikanischen Verteidigungsminister außerhalb jeden üblichen Protokolls war keine Geste eines Gentleman vor der Dame aus Deutschland, sondern gewiss ein Einschüchterungsversuch, wissend, dass sich Ursula von der Leyen an die Presse wenden würde trotz der Absage einer Pressekonferenz aus dem Pentagon. In der SZ berichtet Christoph Hichmann (21.6.2014):

"Im vergangenen Jahr besuchte der damalige Amtsinhaber Thomas de Maizière seinen US-Kollegen Chuck Hagel, bis kurz zuvor war in der Schwebe, ob es nach dem Treffen einen gemeinsamen Auftritt vor der Presse geben würde. Am Ende gab es keinen."

Aus dieser Erfahrung hat sicherlich die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nach Gesprächen mit ihrem Kollegen de Maizière eine realistische Lehre gezogen, und zwar sich von einer derartigen Anmaßung des Pentagon nicht abhalten lassen, sich an die Presse zu wenden. Christoph Hichmann weiter:

Bei ihrem "Antrittsbesuch in Washington sollten sie und Hagel nach ihrem Gespräch am 19.6.2014 vor die Journalisten treten. Einige Stunden vorher aber wird auch dieser Presseauftritt abgesagt.“

Nichtsdestotrotz hatte die deutsche Verteidigungsministerin ihren eigenen Auftritt vor der Presse arrangiert. Daher der einkalkulierte Einschüchterungs- oder Ablenkungsversuch des Amerikaners, der aber nicht bei der entschlossenen deutschen Ministerin funktionierte. Bevor sie in das Pentagon mit ihm eintrat, adressierte sie sich selbstsicher an die amerikanische Presse und an die Weltöffentlichkeit und erklärte sinngemäß:

„Allein wegen des Stichwortes von fremden Kämpfern in Syrien und in Irak wissen wir, dass alle gefordert sind, um unser Wissen und unsere diplomatischen Fähigkeiten einzubringen..."
(ARD-Tagesschau vom 19.6.2014 um 20 Uhr)

Danach lächelt sie ihren US-Kollegen an und betritt mit ihm das Pentagon. Das war deutlich. Die deutsche Verteidigungsministerin kann nicht deutlicher darüber sein, was ein internationales Engagement für Berlin bedeutet, was unter deutscher Verantwortung zu verstehen ist. Ihre Erklärung war so klipp und klar, so eindeutig, dass von ihrem amerikanischen Kollegen überhaupt keine Widerrede, keine Erklärung zu hören war, lediglich aus Brüssel der unsägliche, unverbesserliche NATO-Sekretär Rasmussen, der als Ventil für die militaristischen US-amerikanischen Kreise herhalten muss.

Was veranlasst diese dreiste Absage des Pentagons eines Presseauftritts bei beiden Verteidigungsminister Deutschlands, einem vorgeblichen US-Verbündeten? Sowohl der vorhergehende Verteidigungsminister Thomas de Mazière als auch die amtierende Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen haben offensichtlich Differenzen mit Washington, was eine internationale Verantwortung gegenüber den gegenwärtigen Konflikten angeht, vor allem heute gegenüber einem Krieg, der auf europäischen Boden geführt wird, und zwar in der Ukraine, im Nachbarland Russlands. Diese substantiellen Differenzen versucht die SZ zu vertuschen. Viele Male hat Ursula von der Leyen in NATO-Kreisen wiederholt, dass Deutschland eine gemeinsame europäische Sicherheit nur zusammen mit Russland versteht. Allerdings fehlt bei ihr wie in ihrer Regierung und bei den Parteiführungen der Regierungsparteien, diese gemeinsame europäische Sicherheit mit Russland konsequent zu Ende zu denken, was den Austritt aus der illegalen, illegitimen NATO (einstimmiges Urteil des Internationalen Gerichtshofs Den Haag, 8.7.1996) und ihre Auflösung einzuleiten bedeuten müsste.

Aus dem Weißen Haus ließ Obama wissen, er würde Militär-Berater und einige Soldaten in den Irak entsenden. Eine Rarität aus dem Mund desselben US-Präsidenten, der vom amerikanischen Volk gerade als eine Hoffnung gewählt wurde, um die kriegerischen US-Schlamassel zu beenden. Die ARD-Korrespondentin in Washington kommentierte zutreffend den Spagat aus dem Weißen Haus.

Ursula von der Leyen erfüllt geschickt und hervorragend die Aufgabe eines Außenministers. Zu Recht wollte sie Außenministerin, keine Verteidigungsministerin werden. Zu bedauern ist, dass von Walter Steinmeier, der eigentliche Außenminister, kein Ton zu hören ist im Sinne der diplomatischen Linie, auf die die CDU-Vizevorsitzende in Washington einen entschlossenen Akzent setzt. Es ist eine beispielhafte Klasse-Diplomatie, die die CDU-Ministerin Ursula von der Leyen im Umgang mit hohen US-Verantwortungsträgern betreibt. Sie zeigt Intelligenz und Selbstsicherheit im Zentrum des Geschehens bei der Supermacht in Washington.

Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait