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Globalisierung und Krieg

Schokolade von der Elfenbeinküste in Afrika, modische Jeans aus China, duftende Rosen aus Guatemala, Coltan für coole Handys aus dem Kongo...
Der weltweite Handel macht das Leben farbiger und reicher. Die Werbung – sinnlich prickelnd – zeigt freie, glückliche Menschen.
Stimmen diese Bilder? Sie zeigen nur die eine Seite. So, wie es die Befürworter der neoliberalen Globalisierung tun, die Freiheit, Frieden und Demokratie versprechen.
Es gehört zur Doppelgesichtigkeit des Kapitalismus, dass auf der anderen Seite „ganz unverhüllt und offen Gewalt, Betrug, Bedrückung, Plünderung zutage treten“(#1). An der Elfenbeinküste hat Schokolade einen bitteren Geschmack. Sie steht für Ausbeutung und gestohlene Kindheit. Auf den Kakaoplantagen (die auch die deutsche Schokoladenindustrie beliefern) schuften Kinder. Bei der Rosenzucht in Guatemala erleiden dort arbeitende Frauen Vergiftungen durch Pestizide. Näherinnen in Chinas Textilfabriken leisten Zwangsarbeit zu Hungerlöhnen. Im Kongo tobt ein verheerender Krieg, in dem es um den Raub von Gold, Diamanten und Coltan geht.

Der Handel - ein Bruder des Krieges
Die Welt ist durch offenen Handel nicht friedlich geworden. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der Beendigung des Kalten Krieges schien es, dass friedliche Zeiten kommen könnten. Doch das Gegenteil ist eingetroffen. Die danach einsetzende Phase der neoliberalen Globalisierung, bei der es um die Neuaufteilung der Welt geht, hat das Gefälle zwischen Arm und Reich in rasantem Tempo vergrößert.
Die Entwicklung der Produktivkräfte ließe es zu, dass alle Menschen auf unserer Erde satt werden könnten. Doch stattdessen gibt es immer größere Regionen, wo der entfesselte Welthandel zu Unsicherheit, Armut und Krieg führt. Der freie Handel gilt als Bruder des Krieges (#2).

Woran liegt das?
Die Ursachen sind in den Besitz- und Herrschaftsstrukturen zu finden. Die heute weltweit agierenden Großkonzerne werden im internationalem Konkurrenzkampf durch Staaten gestützt. Die acht mächtigsten Staaten sind einerseits Konkurrenten, andererseits verbünden sie sich zwecks Machterhalt. Mit IWF, Weltbank und WTO haben sie geeignete Instrumente.
Forscht man nach den wahren Gründen des Hungers in Somalia, nach den Ursachen des Völkermords in Ruanda, nach den Hintergründen von Massakern und Vertreibungen an der Elfenbeinküste, nach dem Bürgerkrieg in Kongo, so kommt immer wieder die Sprache auf die Politik von IWF, Weltbank und WTO.
Mit sogenannten Strukturanpassungsprogrammen wurden Volkswirtschaften zerstört und Währungen destabilisiert. Die folgende Armut wurde in vielen Regionen zur Ursache für das Entstehen von Hass, Gewalt und Krieg. Als Beispiel ist die Geschichte des ehemaligen Jugoslawiens zu nennen. Die durch Weltbank und IWF erzwungenen Umstrukturierungsmaßnahmen führten die Wirtschaft zum Kollaps. In der Folge zersplitterte das Land und es gab Kriege, an denen sich die NATO beteiligte.

Das Militär sichert die Märkte ab
Im weltweiten Konkurrenzkampf wird ein harter Kampf geführt, bei dem es um die Gewinnung von rentablen Produktionsstätten und um Absatzmärkte geht. Wenn die angestrebten Ziele mit wirtschaftlichen Druckmitteln nicht erreicht werden, kann es zum Krieg kommen. Die Präsenz des Militärs ist ein wichtiger Faktor. Der amerikanische Journalist Thomas Friedman schrieb dazu: "Die unsichtbare Hand des Marktes kann ohne die unsichtbare Faust nicht funktionieren. McDonalds kann ohne McDonnell-Douglas (US-Waffenproduzent) nicht florieren."Vor diesem Hintergrund sind auch die Interventionen der stärksten Staaten der Erde im Nahen und Mittleren Osten zu verstehen, einer Region, die mehr als dreiviertel aller Öl- und mehr als die Hälfte aller Erdgasvorräte der Welt birgt.

Krieg und Besatzung im Irak - ein Desaster
Der völkerrechtswidrige Krieg gegen den Irak und die Besatzung sind ein Beispiel, wie eng ökonomische Interessen und Krieg miteinander verflochten sind. Die USA und ihre Verbündeten haben ihre militärische Stärke zur Verbesserung ihrer Position im weltweiten Handelskrieg benutzt. Dafür haben sie Tausende von Toten und Verletzten, die Zerstörung der Infrastruktur und der Kulturgüter, die Verwüstung der Umwelt und die Destabilisierung der gesamten Region in Kauf genommen.
Noam Chomsky sagte hierzu: "Ein ´Schurkenstaat` ist nicht einfach ein Verbrecherstaat, sondern einer, der die Regeln der Mächtigen missachtet."
Mit diesem Krieg wurde nicht nur die Kräfteverhältnisse im Nahen Osten verändert. Er richtete sich auch gegen ökonomische Konkurrenten auf dem Weltmarkt wie Europa, Japan, Russland und China. Denn wer heute den Öl-Hahn bedient, hat einen strategischen Vorteil. Er kann Preisdiktate weltweit als Waffe einsetzen. Im Herzen der erdölreichsten Region der Welt wurde eine gesicherte Militärbasis in einem von den USA abhängigen gesteuerten Staat errichtet.

Barbara Fuchs

Literatur
#1: Rosa Luxemburg (1913),
Die Akkumulation des Kapitals
#2: Michel Chossudovsky,
Global brutal,
www.Zweitausendeins.de