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8. November 2011 - Annette Groth:

Presseerklärung:

Russell Tribunal zu Palästina fordert
Druck auf israelische Regierung!

Vom 5. bis 7. November 2011 fand in Cape Town/Südafrika das dritte
Russell-Tribunal zu Palästina statt, dem ich beiwohnte:

„Das Russell-Tribunal zu Palästina wurde im März 2009 in Folge des
Gaza-Krieges gegründet und lehnt sich in seiner Arbeitsweise und
Zielsetzung an das Vietnam-Tribunal von 1966 in London an. Schwerpunkt
des dritten Russell-Tribunals war die Frage, ob die Behandlung der
palästinensischen Bevölkerung durch den israelischen Staat den
internationalen Definitionen von Apartheid entspricht. Während das
Tribunal tagte, wurde seine Webseite gehackt und damit der
Informationsfluss behindert.

Nach einleitenden Worten von Erzbischof Desmond Tutu kamen Zeugen, auch Apartheid-Opfer aus Südafrika, zu Wort. Für die palästinensische Seite
verlasen u.a Jeff Halper vom Israelischen Komitee gegen Hauszerstörungen
und Jamal Jumaa, Aktivist gegen den Bau der Mauer, ihre Zeugnisse.
Während das palästinensische Mitglied der israelischen Knesset, Haneen
Zoabi, ihr Zeugnis abgab, wurde bekannt, dass im Ethikkomitee der
Knesset ein Antrag eingereicht wurde, der fordert, ihr aufgrund ihrer
Teilnahme am Tribunal die Staatsangehörigkeit zu entziehen. Dagegen
müssen wir protestieren!

Experten des internationalen Rechts wie John Dugard aus Großbritannien,
Raji Sourani aus Gaza und Lea Tsemel aus Israel gaben ihre juristischen
Einschätzungen zu den Diskriminierungen gegenüber der palästinensischen
Bevölkerung ab. Am 7. November ging die Jury mit ihren
Schlussfolgerungen an die Öffentlichkeit: Danach erfüllt die Behandlung
der palästinensischen Bevölkerung durch den israelischen Staat den
Tatbestand des Verbrechens der Apartheid gemäß Artikel 2 der
UN-Anti-Apartheid-Konvention und Art.7 Absatz 2 h des Römischen Statuts
des Internationalen Strafgerichtshofs.

Nach Auffassung der Jury handelt es sich bei der jüdischen und
palästinensischen Bevölkerung um zwei unterschiedliche „rassische“
Gruppen im soziologischen Sinn. Als unmenschliche Akte von Apartheid
gegen die palästinensische Bevölkerung führte sie u.a. die Politik der
„gezielten Tötungen“, der Folter und der Freiheitseinschränkungen durch
die Politik der willkürlichen Verhaftungen und Administrativhaft an.
Akte von Apartheid stellen nach Aussage der Jury auch die systematischen
Menschenrechtsverletzungen dar, die die volle und ebenbürtige
Partizipation der palästinensischen Bevölkerung am politischen,
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben verhindern, ebenso die
kontinuierliche Verletzung bürgerlicher und politischer Rechte, wie das
Recht auf Bewegungsfreiheit, Wohnortwahl sowie Meinungs- und
Versammlungsfreiheit. Diese Verletzungen seien systematisch und zum Teil
auch institutionalisiert.

Einige Gesetze im israelischen Rechtssystem wie z.B. das
Staatsangehörigkeitsgesetz privilegierten die jüdische gegenüber der
palästinensischen Bevölkerung. In der West Bank unterliegen alle
Palästinenser_innen dem israelischen Militärrecht während die jüdischen
Siedler_innen in der West Bank der zivilen Gesetzgebung und
Zivilgerichten unterstünden.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde z.B. mit dem Nakba-Gesetz
verletzt, das die öffentliche Erinnerung an die gewaltsame Vertreibung
der Palästinenser 1948 verbietet. Laut Nurit Peled-Elhan, israelischer
Mitbegründerin des Russel Tribunals zu Palästina, hat die israelische
Knesset alleine im Jahre 2011 bereits 16 rassistische Gesetzesvorlagen,
die gegen die palästinensische Bevölkerung diskriminieren, diskutiert
und zum Teil verabschiedet.

In seinen Empfehlungen fordert das Tribunal die Staatengemeinschaft auf,
gemeinsam dahingehend zu wirken, dass die israelische Apartheid-Politik
durch Druck in internationalen Organisationen sowie in multi- und
bi-lateralen Verträgen beendet wird. Der Chefankläger des IStGH wird
aufgefordert, für die Klage der palästinensischen Autonomiebehörde vom
Januar 2009 bezüglich der Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg die
Jurisdiktion zu akzeptieren.

Tanja Tabbara
Wissenschaftliche Mitarbeiterin von
Annette Groth, MdB
Fraktion DIE LINKE im Bundestag
Menschenrechtspolitische Sprecherin

PDF ] [ Summary of Findings ]